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Top-Rezensenten Übersicht

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Frau M. aus M.
Wohnort: 
Magdeburg

Bewertungen

Insgesamt 112 Bewertungen
Bewertung vom 25.11.2022
Ein Abend mit Marilyn
Wildner, Maxine

Ein Abend mit Marilyn


ausgezeichnet

Norma Jean - Die Frau hinter der Rolle Marilyn

"Ein Abend mit Marilyn" ist eine sehr schöne Romanidee. Alle wichtigen Menschen in Marilyns Leben versammeln sich am Vorabend ihres 36. Geburtstages, der leider ihr letzter sein wird, in einer gemütlichen Kneipe in New York. Während Marylin noch auf sich warten lässt, tauschen sich die Anwesenden über ihre Erlebnisse mit ihr aus. Sie alle sind wichtige Wegbegleiter von Marylin. Da sind Billy Wilder, Laurence Olivier, Lauren Bacall und ihre geisteskranke Mutter, die von ihrer Pflegerin begleitet wird.
Zeitgleich bemüht sich Marylin in ihrer Wohnung, irgendwie auf die Beine zu kommen. Ihre persönliche Mentorin steht ihr bei und unterstützt sie nach Kräften.
Zwischendurch gibt es immer wieder Rückblenden in Norma Jeans Leben. Der Leser erfährt von ihrer chaotischen und verwirrenden Kindheit, in der es hin und her geht, so dass Norma Jean keine Wurzeln schlagen kann. So entsteht ein Bild des Lebens von Norma Jean Baker, die sich im Laufe ihres Lebens in Marylin Monroe verwandelte.
Sehr eindrucksvoll wird ein Bild der ewigen Filmikone gezeichnet, die alle wollten und anhimmelten, die aber doch eher eine ziemlich schmalspurige Rolle war. Es ist die Rolle, die Norma Jean spielen musste, um gemocht und geliebt zu werden und hinter der Norma Jean blasser und blasser wurde. Wird Marilyn noch auf ihrer Feier erscheinen?
Die Geschichte ist sehr spannend lässt sich leicht lesen. Ich habe das Buch geradezu verschlungen.

Bewertung vom 24.11.2022
Mein Kinderwissen-Comic - Das Leben auf der Erde (Planet Erde, Pflanzen, Tiere, Der Mensch)
Ledu, Stéphanie;Frattini, Stéphane

Mein Kinderwissen-Comic - Das Leben auf der Erde (Planet Erde, Pflanzen, Tiere, Der Mensch)


ausgezeichnet

Terra X für Kinder

"Das Leben auf der Erde" ist ein superschönes Sachbuch für Kinder. Thema ist die Erde mitsamt allem, was auf ihr kreucht und fleucht. Das Besondere ist, dass dieses Buch als Comic gestaltet wurde. Alles ist zeichnerisch dargestellt, was richtig klasse gelungen ist. Anhand von typischen Kinderfragen werden auf insgesamt 128 Seiten die Themen Pflanzen, Tiere, Menschen und zuallererst natürlich die Erde selbst erklärt.

Beispiele sind folgende Fragen: Woraus besteht Erde? Warum sind Pflanzen grün? Warum duften Pflanzen? Warum haben Zebras Streifen? Warum ist das Faultier so langsam? Warum haben Menschen kein Fell? Warum leben so viele Menschen in Städten?

Die Antwort auf die Fragen nimmt jeweils eine Doppelseite im Buch ein. Alle Informationen sind mit Bildern und ein wenig Text auf den Punkt gebracht. Am Ende jeder Doppelseite gibt es eine kleine Quizzfrage zum behandelten Thema. So kann jede/r nochmal testen, ob er/sie verstanden hat, was erklärt wurde.

Ich gebe eine uneingeschränkte Leseempfehlung und sehr gerne auch 5 Sterne.

Bewertung vom 09.11.2022
Aufbrüche ins Ungewisse

Aufbrüche ins Ungewisse


ausgezeichnet

Integration von Altem und Neuem

"Aufbrüche ins Ungewisse" beschäftigt sich mit dem Thema Flucht und Vertreibung von Deutschen am Ende des Zweiten Weltkriegs. Dieses Thema hat an Bedeutung nach wie vor nichts verloren, da die Aufarbeitung noch lange nicht abgeschlossen ist. Möglicherweise ist es mit einem größeren zeitlichen Abstand überhaupt erst machbar, das Schmerzvolle zu benennen und zu verarbeiten.

Im Buch kommen eine Künstlerin und fünf Künstler zu Wort. Sie stammen aus sehr verschiedenen Gebieten des heutigen Tschechien und Polen und fanden alle in der ehemaligen DDR eine neue Heimat. Hier wurde das Drama mit dem Begriff "Umsiedelung" verharmlost. Eine Auseinandersetzung mit dem Thema war unerwünscht. Es wurde also geschwiegen. Immernoch steht es als Tabu im Raum. Dabei ist es sehr wichtig und auch entlastend, Frieden damit zu schließen.

Dr. Wolfgang Knop hat sich schon seit vielen Jahren für dieses Thema interessiert und konnte einige Künstler dafür gewinnen, sich in Wort und Bild zu äußern. In den Porträts der erfolgreichen Maler und Grafiker werden die sehr persönlichen Geschichten erzählt. Sehr eindrucksvoll sind die vielen Bilder. Etwas ganz besonderes aber sind die zum Teil illustrierten Briefe der Künstler. Diese sind zum besseren verständnis stets auch als gedrucktet Text vorhanden. Alle Bilder sind gut erörtert und helfen dem Leser, besser zu verstehen, was abgebildet ist. Sehr sympathisch finde ich auch den persönlichen Bezug, den der Autor zu jedem der Maler und Grafiker hergestellt hat.

Es ist ein wirklich schöner, informativer und vor allm sehr berührender Bildband über ein sehr sensibles Thema deutscher Geschichte.

Bewertung vom 07.11.2022
Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen
Sträter, Torsten

Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen


ausgezeichnet

Kammanommalesen
Da ich ein totales Fan-girl von Torsten Sträter bin, schaue ich mir natürlich alle seine Sendungen in Fernsehen an. Natürlich gucke ich auch die Wiederholungen und auch gern die Clips mit ihm auf Youtube. Viele Sachen aus diesem Buch kannte ich also schon. Das tat der Freude jedoch keinen Abbruch. Es hat mir großen Spaß gemacht, mir alles nochmal schriftlich reinzuziehen. Mir geht es da ungefähr so wie Torsten mit seiner Hommage an alte Filme. Im Überangebot aller Unterhaltungsmedien ist die Freude am wiederholten Komsumieren des selben Films oder Buches wohl ein wenig verloren gegangen.
Jedenfalls haben wir hier das Beste von Torsten aus den letzten drei Jahren. Mit seiner intelligenten und speziellen Sträter-rotzigen Art gibt es nichts, wovor er zurück schreckt und meistens spricht er mir direkt aus der Seele. Von der Bundestagswahl über (natürlich) coronabedingte Themen, Depressionen, über kleine lustige dicke Königs-Geschichten bis hin zum Feiern von Spielzeugen aus seiner Kindheit und ebenso alter Filme sind die Texte ebenso breit gefächert von sehr rührend über sarkastisch bis hin zu puppenlustig. Man kann also abwechselnd weinen und lachen. Natürlich hatte auch ich die ganze Zeit über Torstens Stimme im Kopf. Ich weiß also nicht, wie sich die Texte lesen, falls man ihn nicht kennen sollte. Am Ende war ich perplex, dass ich so abrupt am Ende des Buches angekommen war. Aber zum Glück kann ich ja gleich von vorne wieder anfangen. Kammanommalesen! lautet meine Empfehlung. Ich gebe gerne fünf Sterne.

Bewertung vom 02.11.2022
Caroline Märklin - Sie brachte Kinderaugen zum Leuchten, doch kämpfte um ihr eigenes Glück
Feyerabend, Charlotte von

Caroline Märklin - Sie brachte Kinderaugen zum Leuchten, doch kämpfte um ihr eigenes Glück


sehr gut

Der Beginn der Karriere des Kinderspielzeugs

"Caroline Märklin" ist eine sehr gründlich und umfangreich recherchierte Romanbiografie über eine starke Frau, die sich in den gesellschaftlichen Zwängen Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland behaupten musste und die Geschichte geschrieben hat.

Carolins Lebensstationen werden eingehend und sehr einfühlsam in jeweils kleineren oder größeren Zeitsprüngen erzählt. Sehr gut sind die allgemeinen Lebensumstände geschildert.:
Dass von einer Frau in jedem Fall erwartet wurde, dass sie einen Mann heiratet, dem sie dann nach dessen Wünschen zur Hand zu gehen hat.
Dass mit Erfindung der Eisenbahn die Menschen erstmals mit höherer Geschwindigkeit konfrontiert waren, was sie sehr irritierte.
Dass es eine ziemliche hohe Kindersterblichkeit gab.
Welche Berufe es damals gab, die heute keine Rolle mehr spielen.
Dass die Warenkataloge handgemalt waren.
Wie die Mode und Trachtenmoce dieser Zeit im Raum Göppingen aussah uvm.
Der Leser fühlt sich direkt in diese Zeit hineinversetzt, in der sich durch die Industrialisierung der Kapitalismus entwickelte und sich viele Veränderungen abspielten. All das hat sich natürlich sehr auf Carolines Leben ausgewirkt. Sie heiratete einen Witwer mit zwei Kindern. Nachdem sie selbst drei Kinder geboren hatte, verstarb ihr Mann. Sie war gezwungen, erneut zu heiraten, da sie allein keine Geschafte machen durfte. Stets war es ihr Traum, Blechspielzeug für Kinder herzustellen und zu verkaufen. Trotz aller Widrigkeiten kommt sie immer wieder darauf zurück. Tatsächlich ist es zu ihrer Zeit noch nicht üblich, Kindern viel Spielzeug zu schenken. Es ist sehr schön beschrieben, wie beispielsweise ihre kleinen Kinder mit Reis und einigen Tassen spielen. Mit der Entwicklung der technischen Möglichkeiten, eine größer werdende Menge zu produzieren, entwickeln sich auch die Möglichkeiten, das Spielzeug populär zu machen und Märkte dafür zu erschließen.
Als Carolins Söhne die Firma übernehmen, ist die Zeit reif für den großen Erfolg. Sie lassen sich ihre Ideen patentieren und schließen sich mit anderen Partnern zusammen. Vor allem die Spielzeugeisenbahnen sind für sehr lange Zeit der Renner.
Die Autorin hat ihre Quellen in Anhang alle sehr genau benannt. Gerade im Fall Caroline Märklin waren diese wohl nicht so besonders zahlreich vorhanden, so dass auch viel Phantasie nötig war, um die Lücken zu füllen. Dies ist Charlotte von Feuyerabend jedenfalls sehr gut gelunngen, so dass wir hier ein sehr unterhaltsames Zeitzeugnis haben.

Bewertung vom 27.10.2022
Schöne Zeit
Siehl, Harald

Schöne Zeit


ausgezeichnet

Und alles ohne Liebe

Dieser Roman liest sich mit einem gewissen pelzigen Gefühl im Hals. Arnold ist ein ziemlich verdrehter Charakter. Er kriegt nichts so richtig auf die Kette, will keine Entscheidungen treffen und sich stets alle Wege offen halten. Da er also keinen der möglichen Wege gehen will, bleibt er einfach stecken in seinem Leben. Er hat keine Freunde und auch seine Frauengeschichten bleiben im Ungefähren. Das zieht natürlich jene, meist einige Jahre ältere Damen an, deren Naturell es ist, andere herumzukommandieren und für sich zu vereinnahmen. Frauen, die nicht darauf warten, dass möglicherweise eine Nähe entsteht und eine Beziehung auf Augenhöhe daraus erwächst.
Arnold wird im Buch als Steigbügelhalter und Erfüllungsgehilfe bezeichnet. Er bringt einfach alleine nichts zustande, gehorcht den Forderungen seiner Gefährtinnen jedoch umgehend. Tatsächlich gibt es hier eben auch Deckelchen, die genau auf dieses Töpfchen passen.

Ein einziges Mal scheint sich Arnold im Alter von 45 Jahren doch noch zu verlieben. Leider gelingt es ihm jedoch auch hier nicht, sich auf die Beziehung und alles damit verbundene Ungewisse, einzulassen, so dass Edelgard sich von ihm distanziert.

Er endet in einem "kühlen Konstrukt" mit Ingrid, einer früheren Kommilitonin, die nach langer Zeit wieder Kontakt zu ihm aufnimmt. Sie verfügt eiskalt über ihn und zwingt ihn in eine Abhängigkeit, aus der es kein Entkommen mehr gibt.

"Schöne Zeit" ist eine meisterhaft und sehr elegant erzählte Geschichte, die einem das Blut in den Adern gefrieren lässt.

Ich wünsche diesem Buch sehr viele Leser und gebe gern fünf Sterne.

Bewertung vom 26.10.2022
Eine Geschichte in Weiß
Deißenberger, Barbara

Eine Geschichte in Weiß


ausgezeichnet

Zwei interessante Frauenfiguren aus zwei Generationen

"Eine Geschichte in Weiß" kommt tatsächlich in einem sehr weißem Einband daher. Auch das Papier ist ganz besonders weiß. Und auf diesem weißen Hintergrund kommen die botanischen Malereien sehr schön zur Geltung. Diese Bilder haben mich sehr beeindruckt und ich habe mich sehr lange und immer wieder damit beschäftigt. Schlehdorn, Knoblauch, Weißtanne und viele andere Pflanzen wurden übergroß bis ins letzte Detail getreu in ihrer jeweiligen Lebensphase gemalt. Verblüffenderweise führte das bei mir zu einer veränderten Betrachtung der mich in meinem Garten umgebenden Pflanzen.

Ebenso besonders werden die Geschichten der beiden Frauen Minna und Valerie erzählt. Die beiden kennen sich, sind aber nicht wirklich miteinander verbunden. Minna, die ältere ist in den sechziger und siebziger Jahren groß geworden. Valerie könnte eine Tochter von ihr sein. Es wird aus der jeweiligen Ich-Perspektive der Protagonisten erzählt, wobei auch die Lebenspartner und die Kinder der beiden Frauen zu Wort kommen. Sehr spannend ist, wie unterschiedlich oder auch gleich die Lebensereignisse empfunden und durchgestanden werden. Besonders interessant finde ich die Schilderung der ersten Monate nach der Geburt ihrer Kinder, die ihr Leben von einem auf den anderen Tag so drastisch verändern und sämtliche Ressourcen von ihnen fordern. Sowohl Minna als auch Valerie kommen im Velaufe ihrer Entwicklung zu der Erkenntnis, wie wichtig die Natur und die Erhaltung einer gesunden Umwelt für ein gutes Leben sind. Es ist erkennbar, dass sich Valeries Generation sehr viel intensiver mit der Problematik auseinandersetzen muss, weil die Ausbeutung von Natur und Umwelt bereits viel weiter fortgeschritten ist als es noch zu Minnas Jugendzeiten war. Minna hat während ihrer Tätigkeit als Lehrerin erkannt, dass einige Kinder aufgrund häuslicher Probleme psychisch so belastet sind, dass ihr Lernen erschwert bis unmöglich ist. Als Beratungslehrerin und spätere Psychotherapeutin ist sie sehr engagiert und erfolgreich, muss aber dennoch irgendwann vor dem Ausmaß der Probleme kapitulieren, um nicht selbst kaputt zu gehen. Sie zieht sich zurück und findet in der botanischen Malerei Ruhe und Nahrung für ihre Seele.

So wie die Bilder der Pflanzen zum genauen Hinschauen einladen, so laden auch die Geschichten von Minna und Valerie zum genauen Hinschauen ein. Dadurch kann es dazu kommen, dass man bestimmte Vorgänge in seiner nahen Umgebung nach dem Lesen des Buches möglicherweise anders wahrnimmt als vorher.

Ich wünsche diesem Buch sehr viele Leser.

Bewertung vom 13.10.2022
Die Mauersegler
Aramburu, Fernando

Die Mauersegler


ausgezeichnet

Ein großer humanistischer Roman über einen Mann namens Toni
Vor den mehr als 800 Seiten Lesestoff bin ich zunächst erstmal zurückgeschreckt. Dann interessierte mich das Thema aber doch sehr. Und es hat sich wirklich gelohnt, dass ich mich darauf eingelassen habe. Von den vielen sehr guten Büchern, die ich in den letzten Jahren gelesen habe, hat mich keins so sehr berührt wie „Die Mauersegler“ von Fernando Aramburu.

Wir lernen Toni kennen, einen vierundfünfzigjährigen Gymnasiallehrer, der Spanier ist und in Madrid lebt und der sich in einer heftigen Krise befindet. Er beschließt, sein Leben zu beenden und setzt dafür einen Termin in genau einem Jahr. Bis dahin will er seine Angelegenheiten ordnen und sich von seinen Sachen getrennt haben. Er macht tägliche Notizen über die Gedanken, die ihm durch den Kopf gehen. Da er das nur für sich selbst tut, ist er absolut ehrlich und es entsteht „eine persönliche Chronik mit gnadenloser Wahrhaftigkeit“. So wird dieses Tagebuch zur Therapie für ihn. Ich war sehr fasziniert von Tonis Empfindungen, seinen Gedankengängen, von seiner Betrachtung der Welt aus seiner männlichen Sicht. Er lässt nichts aus. Seine Kindheit, seine Eltern, seine Ehe, sein Sohn, die Frauen im Allgemeinen und im Besonderen, seine Schüler, die politische Lage in Spanien und vieles mehr. Mit der Zeit gehen seine Betrachtungen mehr und mehr in die Tiefe. Ganz langsam über viele Seiten hinweg verliert sich Tonis Depression mehr und mehr und der Text bekommt zunehmend eine Tragikomik.

Toni hat drei Begleiter an seiner Seite. Da ist sein Freund aus Jugendtagen, den er Humpel nennt und der sein Spiegelbild sein könnte. Da ist seine Jugendliebe Agueda, die niemals aufgehört hat, ihn zu lieben und nie einen anderen Mann angesehen hat. Und da ist Pepa, seine Hündin, die er einst für seinen Sohn angeschafft hat, der sich aber nie wirklich dafür interessierte. Die drei halten zusammen und stehen einander bei.

Indem Toni alle nur denkbaren Themen seines Lebens betrachtet, manche davon kochen mehrmals und immer wieder hoch, verarbeitet er viel angestauten Schmerz und unterdrückte Enttäuschung und Wut. Er hat auch einigen Blödsinn verzapft, den er sich wohl auch zu vergeben hat. So lässt Toni Stück für Stück seine Vergangenheit hinter sich und trennt sich auch von seinen persönlichen Sachen, die er in der Stadt an verschiedenen Orten ablegt. Er tut dies ganz ohne Pathos und Geheule. Er tut dies mit „Witz und Stil“ und einer geradezu virtuosen Sprachgewandheit. Sehr schön finde ich auch die immer wieder mal eingestreuten philosophischen Betrachtungen.

Ich bin sehr begeistert von diesem Buch. Ich gebe eine absolute Leseempfehlung und mindestens 6 Sterne ;-).

Bewertung vom 28.09.2022
Die Wolkenstürmerin
Zimmermann, Birgit

Die Wolkenstürmerin


sehr gut

Engagiert und leidenschaftlich
"Die Wolkenstürmerin" ist die Geschichte einr selbstbewussten jungen Frau in Hamburg Ende der neunzehnhundertfünfziger Jahre. Marlene Lilienthal ist eine der Erbinnen der Flugzeugfabrik. Der Firma geht es in den fünfziger Jahren sehr schlecht, da es im Ergebnis des Zweiten Weltkrieges verboten war, in Deutschland Flugzeuge herzustellen. Marlenes Onkel will die Firma verkaufen. Doch Marlene wird dagegen stimmen. Sie ist eine leidenschaftliche Pilotin und fühlt sich der Firmengeschichte sehr verbunden. Sie begegnet während eines Besuchs im Ferienhaus der Familie an der Ostsee einem jungen Mann, in den sie sich sofort sehr heftig verliebt. Schwierig ist nur, dass Bernhard Södermann im Wismar wohnt. Das liegt in der DDR, die auch schon Ende der fünfziger Jahre ihre Bürger und ihre Grenze ziemlich streng bewacht hat.
Es ist ein leicht zu lesender Roman mit HappyEnd auf allen Ebenen. Dennoch ist es ein wichtiges Buch, das ein detailliertes Schlaglicht auf die Befindlichkeiten der Menschen in dieser Zeit wirft. Der Leser erlebt vorrangig aus der Sicht der Industriellentochter Marlene Lilienthal die Jahre des Wirtschaftswunders, die Situation der Kriegsheimkehrer, den Kummer der Heimatvertriebenen, die Probleme der deutschen Teilung, aber auch die Situation der jungen Leute, die ihr Leben gestalten und glücklich werden wollen.
Ich wünsche diesem Buch viele Leser.

Bewertung vom 16.09.2022
Überlebenstraining
Böhle, Daniela

Überlebenstraining


ausgezeichnet

"Überlebenstraining" ist ein ganz wundervoller Roman über eine sehr wichtige Lebensphase von Müttern. Ellens Kinder sind erwachsen geworden und zuhause ausgezogen, um ihr eigenes Leben zu leben. Die jetzt drastisch veränderten Rahmenbedingungen ihres Lebens stürzen sie in eine tiefe Krise. Sie tat bisher viele Dinge, um das Familienleben zu managen, die jetzt weggefallen sind. Sie kann nicht mehr so weitermachen wie bisher. Ihr Leben ist neu zu justieren. Scheinbar kann sie sich ihrer Umgebung, insbesondere ihrem Mann nicht mitteilen, so dass sie ziemlich unglücklich ist. Doch dann zeigt ihr Leben ihr den Weg. Ellen bricht erstmal aus, zieht in die vorrübergeehend freie Wohnung einer Bekannten in einem anderen Stadtteil. Mit diesem Abstand wird es möglich, sich ihren Ängsten und Wünschen zu stellen. Die Menschen, denen sie dort begegnet, geben ihr wichtige Impulse. Es geht um die Herausforerungen einer sehr langen harmonischen Beziehung, um schwierige Mutter-Tochter-Beziehungen, um problematische Kollegen und den heimlichen Wunsch, eine Hutmacherin zu sein anstelle einer Job-Center-Mitarbeiterin in der Beschwerdeabteilung.
Die Protagonisten sind sehr fein gezeichnet. Die charakterlich sehr unterschiedlichen Figuren sind mit ihrer jeweiligen Geschichte sehr authentisch und vielleicht auch typisch. Mir kommen jedenfalls viele davon, Ellen an erster Stelle, sehr bekannt vor. Mit ihrer sehr leichten und bildhaften Sprache lässt die Autorin den Leser durch das Buch fliegen.
Es hat mir große Freude gemacht, dieses Buch zu lesen. Ich gebe eine klare Leseempfehlung und wünsche dem Buch sehr viele Leser.