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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 1098 Bewertungen
Bewertung vom 17.10.2022
Sonnberger, Gabriele

Zeiten neuer Hoffnung / Böhmen-Saga Bd.3


gut

Dieser letzte Teil der Trilogie ist für mich der schwächste Teil der Reihe. Wie schon im zweiten Teil („Aufbruch voller Sehnsucht“) wirkt einiges zu konstruiert und stellenweise auch unglaubwürdig.

Worum geht’s?

Erikas Ehe mit Erich ist nicht glücklich. Man bleibt aber der Kinder wegen zusammen. Doch die entwickeln sich anders als geplant oder erwünscht und als dann Erikas Jugendliebe Jakub nach dem SCheitern des Prager Frühlings 1968 wieder in Wien kommt, beginnt sie ein neues Leben. Doch ganz können sich Erika und Erich nicht voneinander lösen, denn als Jakub nach einigen Jahren mit Erika stirbt, kehrt sie zu ihrem Ex-Mann zurück.

Auch andere Familienmitglieder erleiden Schicksalsschläge: So stirbt Georg, Billies Mann kurz vor der Geburt der Zwillinge und Erikas Tochter ist auf die Unterstützung von Mutter und Freundin Ulla angewiesen.

Die Lebensgeschichten von Hanns und seinem Sohn Paul sowie anderer Personen wird weiter gesponnen.

Meine Meinung:

Erika, die im ersten Band sympathisch erschienen ist, weil sie unter der herrschsüchtigen, verbitterten Tante Mimi, zu leiden hatte, hat leider selbst eine nicht so nette Entwicklung genommen. Als nämlich 1968, nach dem Prager Frühling, Kamilla, die angibt Tante Mimis Tochter zu sein, im Haushalt von Erika und Erich auftaucht, begegnet ihr Erika nicht wirklich mit Wohlwollen. Kamilla wird zwar als „arme Verwandte“ in den Haushalt aufgenommen, aber akzeptiert wird sie von Erika ob der fehlenden Geburtsurkunde nicht. Selbst mit 91 Jahren schupft Kamilla noch immer den Haushalt. Erika scheint vergessen zu haben, dass auch sie einst als Flüchtling nach Wien gekommen ist und jedoch von ihren hier lebenden Verwandten sehr liebevoll aufgenommen worden ist.

Dann gibt es noch die Episode mit Pavel, der nicht nur ein Buchhändler und Vertrauter ist, sondern mit geraubten Kunstschätzen handelt. Ausgerechnet er kommt in Besitz eines Bildes, das einst Erikas Familie gehört hat und auf wundersame Weise plötzlich auftaucht. Das halte ich dann doch für ein bisschen zu dick aufgetragen, zumal ausgerechnet Paul, der jetzt Billie heiratet, Provenienzforschung betreibt. Verwirrt? Dieser Handlungsstrang hätte für meinen Geschmack ein wenig mehr ausgearbeitet werden können. Denn in der ehemaligen Heimat Hohenfurth haben fast alle Besitztümer neue Eigentümer gefunden.

Gut hat mir der Besuch von Erika und Billie in Hohenfurth gefallen, der alle Illusionen von einer möglichen Rückkehr nun endgültig zunichte gemacht hat. Dass sie dabei ausgerechnet Paul begegnen, ist einer jener Zufälle, der mit persönlich zu viel sind.

Hanns hat sich meiner Meinung nach am weitesten entwickelt.

Witzig, wenn auch sehr vom Zufall getrieben, ist wie Pauls Tochter Laura und Billies Zwillinge für ihren Vater bzw. ihre Mutter eine neue Partnerin/Partner suchen. Auch hier wird die Gunst des Schicksals ziemlich strapaziert, dass gleich der erste Versuch von Erfolg gekrönt ist, zumal sich Paul und Billie ja schon in Hohenfurth begegnet sind.

Und dass dann noch zu guter Letzt Beweise für Kamillas Herkunft auftauchen, erscheint für mich ein bisschen gar zu dick aufgetragen.

Fazit:

Das Ende der Trilogie, die nach Angabe der Autorin, wahre Begebenheiten aus ihrer Familie enthält, gleitet für meinen Geschmack ein wenig Richtung Kitsch ab. Leider kann ich hier nur 3 Sterne vergeben, schade!

Bewertung vom 11.10.2022

Global Female Future


sehr gut

Herausgeberin Andrea Zelinka sammelt in diesem Buch die Statements 40 verschiedener Frauen aus verschiedenen Ecken der Welt.

Diese Frauen betrachten die feministischen Auseinandersetzungen der letzten Jahrzehnte. So erhält die Leserschaft Einblick in die Fortschritte auf dem Weg zu einem selbst bestimmten Lebensweg und noch viel mehr in die feministischen Auseinandersetzungen, wenn es darum geht, Veränderungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft durchzusetzen.

Die Beiträge sind in sechs Themengruppen eingeteilt:

(Anti)Rassismus und Postkolonialismus
Gewalt
Reproduktion
Politik
Arbeit
Umwelt und Klima

Beiträge und Interviews mit Cânân Arın, Iris Frey, Verónica Gago, Wendy Harcourt, Naila Kabeer, Gaby Küppers, Shalini Randeria, Rocío Silva Santisteban, Nadia Shehadeh, Christa Wichterich, Weina Zhao sowie anderen, zeigt deutlich, dass das Ende des Kampfes noch lange nicht vorbei ist.

Meine Meinung:

Das Buch spricht viele feministische Themen an, ist aber in erster Linie eine Hommage an Sigrun Berger (1934-2021), eine der Initiatorinnen der „Frauen*solidarität“.

Diese Zusammenfassung über 40 Jahre Kampf um Gleichstellung, lässt die aktuelle Genderdiskussion in den Hintergrund treten, denn sehr viele der Autorinnen bezahl(t)en ihre Aktivitäten mit dem Verlust von Heimat oder gar mit ihrem Leben.

Fazit:

Eine interessante feministische Sichtweise, der ich gerne 4 Sterne gebe.

Bewertung vom 01.10.2022
Morris, Heather

Die Schwestern von Auschwitz


sehr gut

Die slowakischen Schwestern Cibi, Magda und Livia versprechen einander und ihrem Vater, immer zusammen zu bleiben. Doch 1942 kommt alles anders! Während die älteste Schwester Magda durch einen Krankenhausaufenthalt der Deprtation vorerst entkommt, bringt man Cibi und Livia nach Auschwitz. Dort müssen sie am Aufbau des Lagers Birkenau mitarbeiten. 1944 wird auch Magda deportiert und die drei Schwestern trotzen gemeinsam dem KZ und den anschließenden Todesmärschen.

Nach Kriegsende kehren die Schwestern noch einmal in ihr Heimatdorf zurück und müssen feststellen, dass ihr Elternhaus von einer fremdem Familie bewohnt wird. Sie verlassen ihre alte Heimat, um im neu gegründeten Staat Israel ein neues Leben zu beginnen.

Meine Meinung:

Dieser Roman ist der zweite, den ich von der Autorin gelesen habe und muss gestehen, „Der Tätowierer von Auschwitz“ hat mir besser gefallen.

Die Geschichte der drei slowakischen Schwestern ist mir persönlich von viel zu vielen Zufällen geprägt, die das Überleben erst möglich gemacht haben. Soviel Glück kann es gar nicht gegeben haben. Natürlich hängt das Überleben in einer Diktatur und hier in der Herrschaft der KZ-Aufseher immer von der Willkür der Mächtigen ab, aber trotzdem bleibt bei mir ein leises Unbehagen.

Im Nachwort beschreibt die Autorin, dass dieser Roman nach wahren Schicksalen und Ereignissen verfasst worden ist. Es sind mehrere Geschichten von Überlebenden zusammengeführt worden. Interessant auch das weitere Leben der Schwestern.

Der Schreibstil ist emotional und balanciert manchmal - für meinen Geschmack - am Rande des Kitsches. Wer es, wie ich, ein wenig sachlicher haben möchte, muss Bücher anderer Autoren lesen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem emotionalen Roman über drei Schwestern, die Auschwitz überlebt haben, 4 Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.09.2022
Anour, René

Donaunebel / Die Totenärztin Bd.3 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

"..jenen Toten eine Stimme geben, um die sich niemand kümmert ..."


Wien, 1909. Dass der jungen Gerichtsmedizinerin Fanny Goldmann bei einer Obduktion auch die kleinsten Details auffallen, ist Fluch und Segen zugleich. Es bedeutet einerseits, dass sie ausgesprochen gut ist in dem, was sie tut, andererseits entdeckt sie immer wieder Geheimnisse, die besser unentdeckt geblieben wären. Ihre Neugier und ihr Wissensdurst hat Fanny schon mehr als einmal in Lebensgefahr gebracht.

In diesem dritten Fall für Fanny gibt es ein Novum: Sie wird gemeinsam mit ihrem Kollegen Franz Wilder an einen Tatort am Donauufer nächst Albern gerufen. Sechs Menschen liegen tot in ihren ärmlichen Lehmhütten und eine Todesursache ist zunächst nicht sichtbar. Es wird von einer Bestie gesprochen, die die Menschen überfällt und tötet. Bei den Obduktionen fällt Fanny dann ein zerstörtes Lungengewebe auf. Ähnliches hat sie schon bei der Leiche eines Hausmeisters gesehen, der zusätzlich noch Brandblasen an den Händen hatte.

Neugierig geworden, beginnt sie gemeinsam mit Cousin Schlomo und Freundin Tilde zu recherchieren, um das zu tun, was seit dem ersten Fall „Wiener Blut“ ihr Credo ist: "..jenen Toten eine Stimme geben, um die sich niemand kümmert ..."

Dass sie zu Recherchezwecken im Altarm der Donau, dem Gänsehäufel muss, hätte sie nicht gedacht. Blöderweise herrscht dort strikte Geschlechtertrennung, außer man ist ein Ehepaar. Schlomo und Tilde sowie Fanny und Franz tun als ob. Dabei erfahren sie unter anderem, dass das Grundstück auf dem die Behausungen der Toten stehen, für den Ausbau des Alberner Hafens gedacht ist.

Meine Meinung:

Es scheint, als hätte Autor René Anour einige Anmerkungen seiner Leser genau gelesen und diese im dritten Band berücksichtigt.

So hat Cousin Schlomo mehr Platz erhalten und der Autor gönnt Erzherzog Ludwig Viktor, genannt „Luziwuzi“, dem homosexuellen und nach Salzburg verbannten Bruder des Kaisers, einen kurzen Auftritt.

Einen etwas längeren Auftritt haben die beiden deutschen Chemiker Wilhelm Lommel und Wilhelm Steinkopf, wenn auch „nur“ durch ihr chemisches Produkt „LOST“, später als Senfgas bezeichnet, das hier eine entscheidende Rolle spielt.

Dafür kommt dem undurchsichtigen Graf Waidring diesmal keine Rolle zu, sorgt aber dafür auf der letzten Seite für einen Cliffhanger.

Fannys Rolle als Gerichtsmedizinerin hat diesmal wieder mehr Raum erhalten. Sie hat auch einiges dazugelernt, was vor allem ihrem Kollegen Dr. Franz Wilder zu verdanken ist. Denn nach wie vor wird sie von Prof. Dr. Kuderna und Dr. Clemens Valdery nicht ernst genommen. Allerdings hat unser werter Herr Autor möglicherweise schon ein Ausstiegsszenario im Kopf: Immerhin hat sie ja gemeinsam mit Franz einen Artikel über Fuchsbandwürmer verfasst, der in der Zeitschrift für Pathologie veröffentlicht worden ist. Und dann gibt es noch die Histologie, die vielleicht eine neugierige Forscherin benötigt. Lassen wir uns überraschen.

„Meinen Sie, ich brauche noch einen Speichellecker an meinem Institut? Zuerst die Sache mit der gemeinsamen Obduktion. Es hat Sie doch niemals interessiert, ob Sie noch etwas lernen können, nur dass ich Sie lobe, darum ging‘s!“
Da hat der alte Kuderna ja nicht ganz unrecht.

Allerdings, ein Lob zur rechten Zeit, ist ein gewaltiger Ansporn, immer nur gemaßregelt zu werden, regt den Widerspruchsgeist an, wie wir bei Fanny ja sehen.

Daher darf ich dem Herrn Autor ein großes Lob für seine medizin-historischen Kenntnisse und deren Vermittlung aussprechen. Ich habe diesen dritten Teil mehr oder weniger in einem Tag ausgelesen. Dazu hat der fesselnde, bildhafte Schreibstil sehr viel beigetragen. Ich gebe zu, dass ich recht bald auf das LOST gekommen bin. Das hängt allerdings damit zusammen, dass ich mehrere Bücher über den Ersten Weltkrieg (Stichwort Ypern) gelesen habe.

Fazit:

Schade, dass hier nicht mehr als 5 Sterne vergeben werden können. Die gibt es auf jeden Fall sowie eine unbedingte Les

Bewertung vom 29.09.2022
Klementovic, Roman

Wenn der Nebel schweigt


ausgezeichnet

Jana, die seit der Ermordung ihrer Mutter keinen Kontakt zu ihrem Vater hat, reist nach einem Anruf über seinen Gesundheitszustand doch in ihr ehemaliges Heimatdorf. Sie findet den Vater, der seinerzeit unter Mordverdacht stand, und das Elternhaus in einem unerträglichen vermüllten Zustand vor.

Bei dem Versuch ein wenig Ordnung zu schaffen, entdeckt sie vergilbte Briefe, die eine andere Perspektive auf den Tod der Mutter eröffnen. Unschlüssig, wem sie vertrauen kann, bringt sie etwas ins Rollen, ohne zu wissen, dass sie in allerhöchste Gefahr geraten wird.

Meine Meinung:

Wie alle anderen fünf Thriller von Roman Klementovic besticht auch dieser hier durch seinen hohen Spannungsbogen. Der wird unter anderem durch die bedrohliche Kulisse eines nebelverhangenen Tales hervorgerufen.

Die Charaktere sind wie immer lebendig beschrieben. Man kann sie schnell sympathisch oder eben unerträglich finden. Der Schreibstil ist wie immer flüssig und fesselnd.

Geschickt lockt der Autor seine Leser auf falsche Fährten. Die Auflösung ist gelungen.

Zum Abschluss muss ich wieder einmal Heimito von Doderer zitieren: „Wer sich in Familie begibt, kommt darin um.“

Fazit:

Ein gelungener Thriller, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 29.09.2022
Matschke, Matthias

Falschgeld


weniger gut

Gleich vorweg, ich bin als Österreicherin vermutlich eine der wenigen, die den Schauspieler Matthias Matschke nicht kennen.

„Falschgeld“ - sein Erstlingswerk als Autor hat mich ein wenig ratlos zurück gelassen. Ich habe keine Ahnung, was er mir mit diesem Roman mitteilen möchte.

Dass seine Kindheit auch so etwas wie Falschgeld war? Das war zu jener Zeit (ich bin Jahrgang 1960) nicht Ungewöhnliches. Auch bei uns daheim wurde stets die Fassade gewahrt. Interessant habe ich gefunden, dass vor allem seine Mutter das Leben in ein „Innen“ und ein „Außen“ geteilt hat. Allerdings, die Erinnerungen an die eigene Kindheit kann trügerisch sein - Falschgeld möglicherweise.

Dass er ein Aufschneider war, weil ihn niemand wirklich beachtet hat? Ein falscher Fuffziger also?

Dass sowohl Vater als auch Mutter Geheimnisse vor ihm hatten? - Völlig normal.
Dass der Onkel in etwas Kriminelles verwickelt war?

Erst auf den letzten Seiten enthüllt sich vielleicht ein Konnex zum Titel.

Der Schreibstil hat mir nicht wirklich zugesagt. Besonders das x-malige „Ich bin Matthias Matschke“ ist mir tierisch auf die Nerven gegangen.

Die einzig nette, fast gefühlvolle Szene war, als er mit seinem Vater Winterreifen auf das Auto montiert hat. Das ist ja auf dem Cover zu sehen. Das ist mir aber zu wenig.

Daher kann ich das Buch leider nur mit 2 Sternen bewerten.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.09.2022
Lorath, Peter

Fluch der Venus - Wiener Abgründe (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Peter Lorath entführt uns in das Wien von 1880.

Der Tod der Nobelprostituierten Fanni Matzner lässt einen ihrer betuchten Freier nicht unberührt. Er besteht auf einer Obduktion. Das Ergebnis ist leider nicht ganz zufriedenstellend, weil einerseits kommt heraus, dass Fanni an Syphilis erkrankt war und zweitens durch einen gezielten, kaum wahrnehmbaren Stich in den Nabel getötet worden ist. Polizeipräsident Marx, ebenfalls Kunde der Toten, setzt Leopold Kern als Sonderermittler ein. Leopold, im Milieu als „Huren-Poldl“ bekannt, ist nicht ganz unumstritten. Er ist weder bei der Polizei noch bei den Verbrechern gerne gesehen, weil er unkonventionelle Maßnahmen ergreift.

Ohne Rückendeckung durch den Polizeiapparat beginnt er Fannis letzte Wochen zu rekonstruieren und entdeckt gemeinsam mit dem Pathologen, dass es noch weitere Opfer gibt, die auf dieselbe Art getötet worden sind. Läuft hier ein Serienmörder herum? Was haben die Toten außer der Todesart gemeinsam?

Je weiter Leopold Fannis Geheimnisse eindringt, desto tiefer verstrickt er sich in die Machenschaften alter Bekannter aus dem Milieu. Und dann hat er noch den militärischen Geheimdienst am Hals ....

Meine Meinung:

Dieser historische Krimi zeigt das Wien des 19. Jahrhunderts von seiner schäbigen Seite. Die Hauptstadt der Donaumonarchie ist Sammelpunkt von Adeligen, Beamten, Glücksrittern und zahlreichen Armen, die glauben, in der Großstadt ihr Glück zu finden. Doch in diesem Moloch ist sich jeder selbst der nächste. So ist auch die Untersuchung von Fannis Tod dem Eigennutz des Polizeipräsidenten geschuldet und nicht dem Interesse für die Tote.

Leopold Kern ist „ein wegen Insubordination und Brutalität entlassener Beamter, der Albtraum jedes Vorgesetzten“ und wird nun als persönlicher Konfident vom Polizeipräsidenten eingesetzt.

Leopold Kern ist nicht unbedingt ein Sympathieträger. Er wirkt wie eine Bulldogge, die sich in ihre Aufgabe verbissen hat.

Der Schreibstil ist gelungen und fesselt bis zur letzten Seite. So erfährt der Leser einiges über die neue Entdeckung und Erfindungen sowie über Struktur der Beamtenschaft, wobei hier manchmal der Verdacht aufkommt, dass die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut, weil die Geheimnisse der einzelnen Ressorts wichtiger als Menschenleben sind.

Fazit:

Diesem fesselnden Krimi im Rotlichtmilieu des Wien von 1880 gebe ich gerne 5 Sterne und hoffe auf eine Fortsetzung.

Bewertung vom 28.09.2022
Blaikner, Peter

Virginia Hill


ausgezeichnet

Der Salzburger Autor Robert Blaikner hat einen biografischen Roman über eine schillernde Persönlichkeit geschrieben: Virginia Hill (1916 - 1966) war die Geliebte und Vertraute von Gangsterbossen der amerikanischen Cosa Nostra wie Joe Adonis und Bugsy Siegel, gescheiterter Gründer von Las Vegas. Der Bezug zu Salzburg? Virginia Hill war die Ehefrau von Hans Hauser, einem bekannten Schirennläufer von der Zistelalm/Salzburg.

Virginia Hill (1916–1966) wurde als 6. von zehn Kindern in ärmlichsten Verhältnissen in Alabma geboren. Mit knapp achtzehn Jahren trifft sie in Chicago ein und arbeitet sich mit Sex-Appeal, Dreistigkeit und Entschlossenheit in die höchsten Kreise der Cosa Nostra, der amerikanischen Mafia, hinauf.

Virginia wird von den Gangsterbossen wegen ihrer Schönheit und ihres Einfallsreichtums gerne als Geld- und Drogenkurier eingesetzt.

Nicht immer gelingt alles und Busgy Siegel wird, nachdem er Mafia-Geld für sich (und Hill?) abgezweigt hat, 1947 erschossen. Damit gerät Virgina Hill in den Fokus des FBI, der Presse und der Steuerbehörden. Sie muss 1951 vor dem amerikanischen Untersuchungsausschuss gegen das organisierte Verbrechen aussagen. Auf die Frage nach ihrem Vermögen antwortet sie: „I’m the goddam best lay in the country.“ – „Ich bin die gottverdammt beste Matratze im Land.“

Zuvor hat Virginia Hill Hans Hauser bei einem Schikurs in Sun Valley kennen- gelernt, bricht mit der Mafia, heiratet ihn und zieht mit ihm nach Salzburg. Damit verstößt sie gegen die ungeschriebenen Gesetze der Mafia, der Niemand entkommt. Sie kann auf ihren gewohnten luxuriösen Lebensstil nicht verzichten und versucht, die Cosa Nostra mit der Veröffentlichung ihres Tagebuchs zu erpressen. Wenig später wird sie tot aufgefunden. Selbstmord steht in den Akten. 1974 - also acht Jahre später wird Hans Hauser, der abermals versucht hat, aus den Aufzeichnungen seiner verstorbenen Frau Kapital zu schlagen, in seiner Salzburger Bar erhängt aufgefunden, die offizielle Todesursache lautet auch hier Selbstmord.

Meine Meinung:

Ich habe schon einiges - Sachbücher wie Krimis und Romane - über die amerikanische Mafia gelesen.

Wie wenig dem organisierten Verbrechen ein Menschenleben gilt, lässt sich aus diesem Dialog ableiten, obwohl, wenn diese Personen getötet worden wären, wäre möglicherweise der Welt einiges erspart geblieben:

Bugsy Siegel erhält während eines Aufenthaltes im Jahr 1939 an der Riviera ein Telegramm und verlässt seine Geliebte, eine italienische Gräfin, die enttäuscht meckert:

“... außerdem hast du mir versprochen, Mussolini zu ermorden.“
„Mussolini muss warte. Hitler und diesen dreckigen Goebbels werde ich dann auch gleich umbringen. Das geht in einem Aufwaschen.“ (S.66)

Das Buch liest sich leicht und locker. Es ist einfach, in dieser Geschichte zu versinken.

Fazit:

Dieser schier unglaublichen Geschichte gebe ich gerne 5 Sterne.

Bewertung vom 28.09.2022
Louis, Saskia

Mordsmäßig angetrunken (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In ihrem 8. Fall für Lou Manu und Josh Rispo müssen die beiden feststellen, dass Verbrecher auch vor der fünften Jahreszeit nicht Halt machen.

So fällt ein Funkenmariechen tot vom Umzugswagen und, wie könnte es auch anders sein, Lou direkt vor die Füße.

Rispo, dem der Karneval und seine Auswüchse tierisch nerven, hat ebenso wie Louisa alle Hände voll zu tun, den Tod des Mädchens aufzuklären. Diesmal nimmt er Lou sogar mit, denn zwischen Tüll und Glitzerzeug fühlt er sich sichtlich unwohl. Doch eigentlich hat Lou noch andere Verpflichtungen. Trudi, beschließt spontan heiraten zu wollen, und da muss ein Brautkleid gekauft und eine Rede geschrieben werden. Nebenbei muss sie Emmy, ihre schwangere Schwester davon überzeugen, den werdenden Vater Finn Rispo von der freudigen Nachricht zu onformieren, die eigenen Beziehungsprobleme in den Griff zu kriegen ... Hab ich etwas vergessen?

Meine Meinung:

Nun ja, wie in den anderen sieben Lou-Manu-Krimis geht es hoch her und es fliegen coole Sprüche und auch einmal die Fäuste hin und her.

Am besten gefällt mir das Abendessen bei der Familie Rispo - alle Söhne und der Vater: Jede Menge Testosteron! Und endlich, endlich wird Tacheles geredet - Emiliy und Finn, Lou und Josh und keiner kümmert sich um Flo, der seinen neuen Freund mitgebracht hat.

Der Schreibstil ist wie immer humorvoll. Diesmal hat Marvin nur eine Nebenrolle, dafür hat die Hochzeit von Trudi und Manni viel Raum.

Selbst nach acht Krimis langweilt das Beziehungschaos zwischen Lou und Josh nicht.

Beinahe hätte ich mich von einer Nebenfigur auf eine falsche Fährte locken lassen. So mag ich das!

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Krimi 5 Sterne, obwohl den Karneval überhaupt nicht leiden kann. Als Kulisse für diesen Krimi ist er aber gut geeignet.

Bewertung vom 28.09.2022
Silva, Samantha

Diese wilde Freude in mir


ausgezeichnet

Die Autorin Samantha Silva beschreibt in ihrem Roman das Leben von Mary Wollstonecraft, die als eines von sechs Kindern des Webers und Landwirtes Edward John Wollstonecraft aufwächst. Wie im 18. Jahrhundert üblich, werden ausschließlich Söhne gefördert, selbst wenn sie nichts taugen. Die intelligente Mary, darf nur wenige Jahre zu Schule gehen und wird - genauso wie ihre Mutter und Schwestern vom Vater verprügelt. Doch die Mutter kann sich nicht mit ihren Töchtern solidarisieren, sondern hängt mit einer Affenliebe an ihrem Sohn.

Mary weiß instinktiv, dass nur mehr Bildung aus dieser Sackgasse des Elends herausführt. Sie lernt was und wo immer es geht und gründet als Erwachsene eine Schule für Mädchen, die dann den Bach hinuntergeht, als sie ihre Freundin Fanny Blood in Lissabon besucht, wo sie mit ihrem Mann wohnt. Fannys Tod im Kindbett verarbeitet sie in einer Novelle (Mary: A Fiction“).

Mary Wollstonecraft hat erste Erfolge als Schriftstellerin und kann ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten. Privat wird ihr wenig Glück zuteil. Erst mit William Godwin findet sie einen Partner fürs Leben. Das wird allerdings nicht mehr lange dauern, denn Mary stirbt elf Tage nach der Geburt ihre Tochter Mary, die später als Mary Shelley durch ihren Roman „Frankenstein“ bekannt werden wird. <

Meine Meinung:

Das Spannende an diesem historischen Roman ist, dass die Autorin Mary Wollstoncrafts Leben in jenen elf Tagen zwischen der Geburt und ihrem Tod ablaufen lässt. Die schon geschwächte Mary erzählt ihrer Tochter ihr Leben.

Zwischendurch erhalten wir immer wieder Einblick in den Gesundheitszustand, doch weiß der geneigte Leser, dass Mary Wollstoncraft sterben wird.

Wir erfahren einiges aus der Zeit, in der Frauen keine Rechte hatten und auf Gedeih und Verderb ihren Ehemännern bzw. Vätern und Brüdern ausgeliefert waren. Mary Wollostoncraft gilt als eine der ersten Feministinnen. Die Französische Revolution 1789 hat in ihr Hoffnung aufkeimen lassen, dass eine Änderung möglich sein könnte. Doch der Kriegsruf „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ gilt nur für Männer, wie auch Olympe de Gouges (1748-1793) leidvoll erfahren muss. Sie wird wegen ihrer feministischen Reden verhaftet, zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Fazit:
Ein interessantes Sittengemälde einer frauenfeindlichen Zeit, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

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