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Benutzername: 
M.M.
Wohnort: 
Rheinland Pfalz

Bewertungen

Insgesamt 91 Bewertungen
Bewertung vom 30.11.2017
Wer ist B. Traven?
Seifert, Torsten

Wer ist B. Traven?


sehr gut

Bereits dem Cover ist anzusehen, dass uns der Autor in eine vergangene Zeit entführt. Als ich erstmals das Buch "Wer ist B. Traven" von Torsten Seifert auf der Buchmesse in Frankfurt in Händen hielt, fühlte sich der Einband - für mich - absolut gut an. Zu manchen Büchern gibt es eine haptische Verbindung.

Doch mir gefiel auch der Inhalt, obwohl ich dieses Buch als Männerroman bezeichnen würde, den auch Frauen lesen können. Von einem früheren Autor B. Traven hatte ich zuvor noch nie gehört. Allerdings war mir der Bestseller "Das Totenschiff" ein Begriff. In dem vorliegenden Roman geht es um die Verfilmung von "Der Schatz der Sierra Madre" mit Humphrey Bogart, die im Nirgendwo in Mexico stattfindet. Die große Frage, wer steckt hinter dem Pseudonym B. Traven blieb trotz der literarischen Erfolge des nebulösen Autors noch immer unbeantwortet. Alle, die ihm bisher auf die Spur kamen, verloren unter mysteriösen Umständen ihr Leben. Zufall? Und nun wird Leon, ein aufstrebender junger Journalist, mit der Lösung dieses Rätsels von seinem Chef nach Mexico beordert.

Am Set trifft Leon auf ein ganzes Heer von Mitarbeitern der Filmcrew, von denen ihm aber niemand weiterhelfen kann. Auch der Beauftragte des Autors, der dem Regisseur auf die Finger schauen soll, damit dieser sich an die Vorlage hält, scheint seinen Auftraggeber nicht persönlich zu kennen. Also sucht Leon die Nähe des Hauptdarstellers Humphrey Bogart und hält ihn mit Schachspielen bei Laune, in der Hoffnung Informationen von ihm zu ergattern.

Ich muss gestehen, diese Passagen las ich mit besonders großem Vergnügen. Vor meinem inneren Auge erstand H. B. wieder von den Toten, mit dem legendären zerknitterten Gesicht und seinem ganz eigenen Dackelblick, der sicher ein Teil dessen war, was ihm die Sypathien seiner Zuschauer(innen) entgegen brachte. Doch auch H. B. weiß nur das über B. Traven, was in den Zeitungen stand. Leon kommt der Lösung keinen Schritt näher.

Dass sich auch eine geheimnisvolle Liebesgeschichte mit Maria entwickelt, die nicht die Person ist, die sie zu sein vorgibt, gibt dem Buch einen Kick in eine ganz weibliche Richtung.

Mit Leon reisen wir später nach Österreich und kommen dort der Lösung des Rätsels etwas näher, doch das Geheimnis wird noch immer nicht gelüftet. Zurück geht es nach Mexico. Der Leser erfährt sehr viel von Land und Leuten, einem Lebensstil der uns - oder besser mir - sehr fremd ist. Aber die Welt ist nun mal bunt. Leon lernt nette und weniger nette Menschen kennen. Gerät in eine Schlägerei, nach der er im Krankenhaus wieder zur Besinnung kommt.

Und des Rätsels Lösung? Dafür muss man das Buch lesen.

Bewertung vom 02.11.2017
Der Lukas Rieger Code
Rieger, Lukas

Der Lukas Rieger Code


sehr gut

Lukas Rieger war für mich bisher kein Begriff. Kein Wunder, ist dieser bemerkenswerte junge Mann so gar nicht meine Altersklasse. Aber das heißt nicht, dass mich sein Werdegang nicht interessiert.

Dieses Buch "Lukas Rieger Code" gehörte wohl zu den am meisten umworbenen Büchern auf der Frankfurter Buchmesse. Mit Plakaten zu den Autogrammstunden wurden die Besucher bereits am Eingang empfangen. Leider habe ich es nicht geschafft, zur rechten Zeit an den angegebenen Orten zu sein.

"Der Lukas Rieger Code" ist ein junges Buch, welches ich in den Kategorien 5.2 oder auch "Junge Erwachsene" in unserer öffentlichen Bücherei einordnen würde. In diesen Altersgruppen sind wohl auch am ehesten seine Fans - vor allem weibliche - zu finden.

Das Buch ist in einem sehr jungen Schreibstil verfasst und mit etlichen Modewörtern gespickt. Die kann man mögen oder auch nicht. Jedoch interessant ist der Werdegang des jungen You tube Stars. Schon als Kind wusste er, dass er auf der Bühne stehen und singen wollte. Von seinen Eltern erhielt er immer die notwendige Rückendeckung. Ohne diese Unterstützung wäre es wohl noch schwerer geworden.

Lukas schreibt von Talentwettbewerben bei denen er siegte oder auch Niederlagen erlitt. Ich glaube, von den Niederlagen profitierte er am meisten. Er steckte nicht auf. Und das ist in meinen Augen die wichtigste Botschaft dieses Buches: "Wenn man etwas erreichen will, braucht man Durchhaltevermögen und darf sich auch nicht vom Scheitern entmutigen lassen." Sätze wie: "Das kannst du nicht", muss man generell aus seinen Gedanken und seinem Wortschatz verbannen - sonst erreicht man nie das Ziel. Wenn dann auch noch Talent und das nötige Quäntchen Glück dazu kommen, dann wird es auch was - wie man bei Lukas Rieger sehen kann.

Dieses Buch ist keine große Literatur. Aber ich glaube, es wird bei einer jungen Gruppe von Lesern seine Fans finden.

Bewertung vom 31.10.2017
Verfolgung / Millennium Bd.5 (2 MP3-CDs)
Lagercrantz, David

Verfolgung / Millennium Bd.5 (2 MP3-CDs)


sehr gut

Ich muss gestehen, dass ich die Millennium Serie von Stieg Larsson nicht gelesen habe, sonder "nur" die Filme sah. Aber diese gefielen mir ausnehmend gut, obwohl die Handlung mehr Gewaltszenen beinhaltete, als ich normalerweise mag. Doch die Filme waren Spannung pur.

Nun also als Fortsetzung das Hörbuch von David Lagercrantz, "Verfolgung", gelesen von Dietmar Wunder. Über die Sprechstimme von Dietmar Wunder braucht man Hörbuchfans im Grunde nichts erklären. Er liest einfach genial. Seine Stimme ist dermaßen anpassungsfähig und wandelbar, dass man glauben könnte, es wären mehrere Sprecher involviert.

Die Millennium Serie sollte man schon kennen, wenn man sich diesem Hörbuch widmet, damit man sich in die Geschichte einfindet. Ansonsten dürfte vieles unverständlich bleiben. Da ich die Filme kenne, hatte Lisbeth von Anfang an für mich ein Gesicht.

Lisbeth sitzt wegen eines kleinen Deliktes - sie tat das Richtige, obwohl es falsch war - im Frauengefängnis ein. Auch hier ist ihr Gerechtigkeitssinn stärker als ihre Sorge um die eigene Sicherheit. Lisbeth legt sich mit "Benito", einer äußerst gewalttätigen Mitgefangen an, die Faria Kasi nahezu täglich quält.

Doch was mir an diesem Hörbuch wichtiger erscheint, dass langsam etwas Licht in die Vergangenheit als auch Kindheit von Lisbeth gebracht wird. Bereits damals entwickelten die Beteiligten eine große kriminelle Energie. Obwohl diese inzwischen gealter sind, wird noch immer zugeschlagen. Zum Glück kann sich Lisbeth nach wie vor auf den Journalisten Mikael Blomkvist verlassen, der auch in diesem (Hör)Buch wieder eine besondere Hilfestellung gibt. Mehr möchte ich über die Handlung nicht verraten. Nur so viel, dass für mich die Geschichte irgendwann mal an mitreißender Spannung verlor.

Deshalb also "nur" 4 Sterne. Mir fehlte so der letzte Funke der übersprang, obwohl mir das Hören Spass machte. Trotzdem kann ich das Hörbuch allen Fans der Millennieum Serie empfehlen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.10.2017
Sonntags fehlst du am meisten
Drews, Christine

Sonntags fehlst du am meisten


sehr gut

Dieses Buch "Sonntags fehlst du am meisten" von Christine Drews spielt auf unterschiedlichen Zeitebenen. Das macht diesen Roman so interessant.

Einerseits erfahren wir aus dem Leben der Protagonistin Caro - nicht unbedingt eine Sympathieträgerin - und auf der anderen aus dem schwierigen Leben ihres Vaters Karl, der im Krieg die schweren Angriffe auf Dresden überlebte und als Junge mit seiner Mutter und Schwester flüchten musste. Nie wieder wollte er, dass seine Lieben hungern müssten. Dieser Wunsch begleitet ihn seine ganzes Leben lang und treibt ihn an. Seine harte Arbeit wird von Erfolg gekrönt. Schon als Kind musste Karl stark sein und erlaubte sich auch als Erwachsener, als ihn der Krebs einholt, keine Schwäche.

Caro, seine Tochter, wird mit einem goldenen Löffel im Mund geboren. Ihr Vater liebt sie über alles und nennt sie nur Prinzessin. Er will alles Böse von ihr fern halten. Doch für Caro ist diese Fürsorge kein Segen. Wie heißt es: "Das Gegenteil von gut, ist gut gemeint". Sie lernt nie etwas durchzustehen und für ihre Fehler einzustehen. Immer gibt es jemanden, den man als Schuldigen brandmarken kann. Auch als sie nächtelang durchfeiert, immer wieder mehr trinkt als sie vertragen kann, windet sie sich durch. Kein Wunder, dass ihr Vater kein Vertrauen in ihre Fähigkeiten hat. Es ist, als würden beide aneinander vorbei leben und reden. Doch nicht nur ihrem Vater macht sie etwas vor, auch ihrem Ehemann und ihrem Sohn.

Im Heute ist Caro trocken, hat einen Partner gefunden und ergreift die Chance, eine Wohnung zur Alten-WG umzugestalten. Dabei lernt sie ganz besondere, ältere Menschen kennen, die ihr etwas zutrauen, sie in ihrem Tun unterstützen. Caro bestätigt sich selbst, als auch ihren Mitmenschen das Vertrauen, das in sie gesetzt wird.

Dieses Buch könnte man auch als einen Entwicklungsroman bezeichnen.

Seite 165 - "Wir sind alle für unsere Fehler selbst verantwortlich" oder Seite 180 - "Wir sind so wie uns das Leben prägt". Diese Aussagen muss Caro erst einmal annehmen und verinnerlichen. Ein hartes Stück Arbeit.

Am Ende bleibt (Seite 180) "Gestehen und verzeihen können".

Bewertung vom 15.10.2017
Wo noch Licht brennt
Özdogan, Selim

Wo noch Licht brennt


ausgezeichnet

Spontan ins Auge fiel mir dieser Roman „Wo noch Licht brennt“ von Selim Özdogan, seines wunderschönen Covers wegen, das mich auf Anhieb an einen lichtdurchfluteten Garten Eden erinnerte. Noch immer liegt dieses Buch auf meinem Schreibtisch und ich ertappe mich dabei, wie ich öfters liebevoll mit der Hand über das Deckblatt streiche.
Erzählt wird die Familiengeschichte einer türkischen Familie. Die deutsche Industrie brauchte billige Arbeitskräfte, was zu der Idee führte, Arbeitskräfte aus den unterschiedlichsten Ländern anzuwerben. Was man nicht bedachte, es kamen keine Gastarbeiter die nach getaner Arbeit wieder zurück gingen, sondern Menschen, die der Armut ihrer Länder entfliehen wollten, für sich und ihre Kinder ein besseres Leben in diesem reichen Deutschland erhofften und in diesem Land eine neue Heimat finden wollten, bzw. fanden. Der Leser steht nicht außerhalb und schaut der Handlung zu sondern dem Autor gelang es, uns in die Gedankenwelt von Gül mitzunehmen. Wir erleben die Geschehnisse aus Güls Sicht. Es ist, als seien es unsere Gedanken, unser Empfinden und unser Alltag, der sich vor unseren Augen ausbreitet. Bereits auf Seite 5 der Satz: „Schlaflosigkeit ist schlimmer als Sehnsucht“, setzte in meinem Kopf ganz eigene Überlegungen frei. Selim Özdogan drückt sich in einer wunderschönen Sprache, in vielfach blumigen Wortgebilden aus. Kratzt nicht nur an der Oberfläche. Seite 129: „Was Licht wohl wiegen mag“.
Gül, eine einfache, aber beeindruckende Frau, aufgewachsen in der Tradition ihres dörflichen Lebens in der Türkei, muss den Spagat zwischen dem Althergebrachten und dem Leben in Deutschland hinbekommen. Ihr Deutsch blieb immer in den Kinderschuhen stecken. An Sprachkurse hat früher niemand einen Gedanken verschwendet und dann war es zu spät. Sie ist fest in ihrer türkischen Familie verwurzelt. Als Älteste war sie nach dem Tode ihrer Mutter für die jüngeren Geschwister verantwortlich und fühlt sich auch jetzt, in fortgeschrittenem Alter, noch immer in der Verantwortung und Pflicht. Doch auch in der Türkei blieb die Zeit nicht stehen und im Laufe des Romans wehren sich ihre Geschwister gegen die eingeforderte ewige Dankbarkeit. Sie ist in deren Augen nicht länger jemand, den man kritiklos achten muss. Bedingt durch Erbstreitigkeiten gibt es heftigste Auseinandersetzungen unter Gül und ihren Geschwistern, wie es deren Vater der Schmied, voraussagte. Sie entzweien sich, vermeiden sich zu begegnen. Ein schwerer Schlag für Gül.
Doch zurück nach Deutschland. Als Fuat ins Krankenhaus kommt entdeckt Gül, dass ihr Ehemann während der Jahre ihrer Abwesenheit mit einer anderen Frau eine Beziehung einging, die noch immer besteht. Von ihrem Fenster aus sieht sie die kleinen Dealer auf der Straße, wie sie ihren Stoff unter die Leute bringen. Lernt einen windigen türkischen Jungen kennen, der immer wieder mit dem dtsch. Gesetz in Konflikt kommt und Monate im Gefängnis verbringen muss. Doch sie sieht auch den Verfall der Sitten. Seite 131, „..... das Klauen von Kopierpapier, Klopapier im Betrieb. Und keiner hat ein schlechtes Gewissen“.
Einer der für mich bemerkenswertesten Sätze steht auf Seite 276: „ Die Kinder die wir bekommen, sind keine weißen Blätter. Sie sind bunt und wir müssen ihre Farbe nur erkennen.“ Oder auch auf Seite 317: „Die Menschen sind wie Regentropfen. Manche fallen in den Dreck, manche auf ein Rosenblatt“.
Ich glaube, dieses Buch wird sich seine Leser selbst suchen. Es werden interessierte Menschen sein, die wissen wollen wie sich türkischstämmige Bewohner dieses Landes mit der neuen Heimat in der Fremde arrangierten. Oder auch Nachkommen von eingewanderten Türken, die sich beim Lesen verwundert die Augen reiben und erstaunt ausrufen, „ach, so war das für Oma und Opa, als sie hier ankamen. Das habe ich ja gar nicht gewusst!“.
Von mir bekommt dieses Buch eine absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 13.10.2017
Mein Tod war mein Glück
McVea, Crystal;Tresniowski, Alex

Mein Tod war mein Glück


sehr gut

In dem Buch "Mein Tod war mein Glück" von Crystal McVea/Alex Tresniowski beschreibt die Protagonistin eine Nahtoderfahrung, die ihr späteres Leben total umkrempelte.

Es ist ein amerikanisches Buch, wie man es in Deutschland in dieser Form wohl nie schreiben würde. Deshalb liest es sich anfangs etwas befremdlich für jemanden, dem die amerikanische Mentalität oder Spiritualität unbekannt ist. Doch nach mehreren Seiten hat man sich an den Schreibstil gewöhnt. Trotzdem, man kann dieses Buch nicht wie einen Roman verschlingen.

Crystal lässt den Leser an ihrem Leben teilhaben. Ihrem sexuellen Missbrauch, der viel zu frühen Schwangerschaft, ihrer Abtreibung, der Scham über alles, was ihr zustieß. Alles Erlebte zieht sie immer tiefer, bringt ihr Leben immer weiter aus dem Gleichgewicht.

Doch dann steht ihr Herz still und sie empfindet sich an einem Ort angekommen, den sie nie wieder verlassen möchte. Doch da ist etwas, was sie in ihr Leben zurückzieht. Es sind diese wenigen Momente, an die sie sich auch noch nach Jahren erinnert als seien sie gerade erst geschehen - die ihr Leben und ihre Lebenseinstellung total verändert haben.

Es ist für Crystal wie ein Erweckungsruf, Gott in ihr Leben zu lassen und ihm zu folgen. Ihr zweiter Ehemann geht diesen - ganz sicher nicht einfachen Weg - mit ihr. Crystal berichtet in TV Sendungen von ihrem Erleben und wird von einigen Zuschauern dafür öffentlich beschimpft. Trotzdem gibt sie nicht auf. Es sind die zufälligen Begegnungen und Gespräche mit Menschen die wissen, dass sie bald sterben müssen und sich davor fürchten. Crystal kann ihnen erzählen was auf sie wartet und wird so zu deren gutem Engel.

Doch damit nicht genug. Sie besucht mit gleichgesinnten Frauen die übelsten Gegenden und Nachtclubs um diesen Frauen, auf die alle herabblicken, von Männern benützt werden, zu sagen, dass auch sie eine Würde haben und von Gott geliebt werden.

Seite 200: "Das Bild von Christen in der heutigen Welt ist weder einfach noch klar. Erst vor Kurzem wurde eine Studie zu ebendieser Frage durchgeführt: Wie gut gelingt es Christen, der Haltung und den Taten von Jesus Christus nachzueifern? Die Ergebnisse waren schockierend - über die Hälfte der Christen, die an der Studie teilnahmen, zeigten sich enorm selbstgerecht, und sie hatten nur sehr geringe Ähnlichkeit mit dem Wesen Jesu. Lediglich 14 % schienen in ihrem Verhalten mit dem übereinzustimmen, was Jesus vorgelebt hat. Ist es möglich, dass Christen mehr für das bekannt sind, was sie ablehnen, als dafür, wofür sie einstehen?"

Ich glaube, jeder der sich auf dieses Buch einlässt wird sich während des Lesen irgendwann selbst die Frage stellen: Welche Art von Christ bin ich?

Vielleicht ist genau das der Sinn dieses Buches.

Bewertung vom 30.07.2017
Die kleinen Sterne leuchten immer - Briefe einer Sternenkindmutter
Wenz, Tanja

Die kleinen Sterne leuchten immer - Briefe einer Sternenkindmutter


ausgezeichnet

Das vorliegende Buch, "Die kleinen Sterne leuchten immer - Briefe einer Sternenkindmutter" von Tanja Wenz ist ein Briefroman der besonderen Art. Die Protagonistin schreibt ihrer verstorbenen Mutter liebevolle Briefe, in denen sie über ihr Leben berichtet. Unterschrieben sind die Briefe immer mit "Deine Große".

Zu Anfang klingen diese Briefe fröhlich und sind voller Zuversicht auf das, was für die junge Familie - Vater, Mutter, Kind (Hund) - noch alles in der Zukunft liegt. Doch trotz dieses leichten Plaudertons ist eine Trauer herauszuhören, da die Große ihre Mutter sehr vermisst.

Sie erzählt von ihrem Alltag mit einem viel zu beschäftigten Ehemann, der kaum Zeit für seine Familie hat. Alles hängt an ihr. Doch dann die wunderbare Wendung: Ihr Mann wechselt die Stellung, da er selbst merkt, wie sehr er von seinem Beruf aufgefressen wird und wie wenig er vom Aufwachsen seines Sohnes mitbekommt. Das Glück scheint vollkommen, als ein Schwangerschaftstest bestätigt, dass die Familie ungeplanten Zuwachs bekommt und am neuen Wohnort ein Haus mit Garten erstehen kann. Alles scheint vollkommen, wären da nicht die Ängste der Protagonistin.

Bei einer Ultraschalluntersuchung bricht das Unglück in dieses Idyll. Es gibt keinen Zweifel, das ungeborene Kind ist schwerst behindert und wird nicht lebensfähig sein. "Warum wir? Was haben wir falsch gemacht?" Diese Fragen stehen im Raum. Doch sie müssen sich damit abfinden, es ist eine Laune der Natur. In dieser Situation bräuchte "die Große" ihre Mutter am dringendsten. Plötzlich ist da gleichzeitig die Trauer um die verstorbene Mutter und dieses Baby, welches nie aufwachsen wird.

Die Ärzte raten zur Abtreibung. Wieso eine Schwangerschaft mit all ihren Einschränkungen durchleben, von der man weiß, dass sie kein gutes Ende nehmen wird? Doch Menschen sind nicht nur Verstand sondern vor allem Gefühl. Es ist ihr Kind - ein Mädchen - dem sie das weitere Leben verwehren sollen. Hat es nicht auch ein Recht darauf, auf dieser Welt mit Freuden begrüßt zu werden - auch wenn es behindert ist?

Die angehenden Eltern geben diesem Kind einen Namen - Mariella - und entgegen vielem Unverständnis entschließen sie sich, diesem Baby ihre Liebe und die Zeit zum Leben zu geben, die ihm die Natur zubilligt. Es sind wohl die innigsten Momente, die ein Ehepaar erleben kann. "In guten wie in bösen Tagen", erfüllt sich, was sie sich bei der Trauung versprachen.

Mariella kommt sehr schnell und vor allem lebend zur Welt. Es bleibt Zeit genug sich an dem kleinen Gesichtchen des neugeborenen Mädchens zu erfreuen, den Anblick in sich aufzunehmen und in der Seele zu verankern, diesem Kind die Taufe zu geben um es dann gehen zu lassen.

Doch nach der dunklen Zeit der Trauer kommt auch wieder Sonnenschein. Das Leben ist ein steter Wechsel.

Da es sich um ein eher dünnes Büchlein handelt, könnte man die Seiten an einem Abend weglesen. Doch emotional schafft man dies eher nicht. Es ist ein Roman, der in die Tiefen der Seele zielt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.06.2017
Jeder Tropfen zählt
Bromeis, Ernst

Jeder Tropfen zählt


ausgezeichnet

Zuerst war ich etwas skeptisch, was mich mit diesem Buch erwarten würde. Ein langweiliges Sachbuch mit unzähligen Tabellen, die man als Laie nicht versteht?

Doch als ich das Buch in Händen hielt, war ich bereits auf den ersten Seiten gefesselt. In sehr anschaulicher Weise - total spannend - schreibt Ernst Bromeis über seinen Werdegang zum Wasserbotschafter. Oftmals sind es solche Aha-Erlebnisse, die Menschen zuerst nur aufmerksam auf einen misslichen Zustand machen und später den völligen, persönlichen Einsatz nach sich ziehen. Ernst Bromeis hat erkannt, auf welch wackligen Füßen unser tägliches, gutes und bequemes Leben steht.

Für uns ist es selbstverständlich: Wir drehen den Wasserhahn auf und schon läuft es - gutes und sauberes Trinkwasser. Doch was diesen Luxus angeht, sind wir privilegiert. In anderen Teilen der Welt, ja selbst in südlichen Teilen Europas sieht es ganz anders aus. Erst wenn es nicht da ist, lernt man seinen tatsächlichen Wert zu schätzen. Man muss nur einmal Wüstengebiete bereisen und schon wird man demütig.

Natürlich kann Erst Bromeis niemandem vorschreiben, Wasser zu sparen und sorgfältig damit umzugehen. Es liegt in der Verantwortung jedes einzelnen Menschen. Aber was er kann ist, auf die aktuelle Situation aufmerksam machen.

Selbst als langjährige Skifahrerin war mir nicht dermaßen bewusst, welchen Einsatz von Wasser es benötigt, jedes Jahr die Skipisten sportlertauglich zu machen. Ohne künstlichen Schnee könnten die beliebten Skigebiete dicht machen - selbst in ehemals niederschlagreichen Bergregionen. Alles ist im Wandel begriffen.

Als ehemaligem Leistungstrainer ist für Ernst Bromeis Schwimmen in Seen und Flüssen ein erprobtes Können. Dieses Können nützt er, um auf sein Anliegen "Wasser" aufmerksam zu machen. Das Durchschwimmen des Rheines liest sich spannender als ein Krimi. Es hat mich fasziniert zu lesen, auf welche Hilfen und Widerstände er bei diesem Vorhaben stieß. Ich zitterte mit, wenn ihn seine Kräfte verließen, er zu unterkühlen drohte oder die Kapitäne ungehalten reagierten, wenn er sich in deren Fahrspur befand. Als Ernst Bromeis endlich an der Mündung des Rheins ankam, habe ich erleichtert aufgeatmet und leise gemurmelt: Geschafft! Erschreckend die Beschreibung seines Schwimmens im Kanal. Man sah sprichwörtlich die Ratten und Fäkalien in der schmutzigen Brühe schwimmen und es hat mich vor Ekel geschüttelt. Auch so gehen wir mit Trinkwasser um.

Mein Buch hat schon Wellen geschlagen. Wir hatten Besuch und ich zeigte es unseren Gästen. Plötzlich erinnerte sich ein Gast an den Rheinschwimmer, blätterte interessiert durch und las an einigen Stellen. Sein Interesse war geweckt. Auch auf solchen zufälligen Wegen trägt sich diese Botschaft in die Welt.

"Jeder Tropfen zählt", bekommt von mir auf jeden Fall eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 20.06.2017
Mein Leben mit dem Tod
Werde, Tom

Mein Leben mit dem Tod


ausgezeichnet

Wir alle wissen, dass wir uns vom Tage der Geburt an immer näher auf unseren Todestag zubewegen und trotzdem klammern wir gerne diese unumstößliche Tatsache aus, dass wir sterben müssen. Befindet man sich auf einer Geburtstagsfeier, einem Jubiläum oder einem Klassentreffen, kommen die Gespräche nach geraumer Zeit unweigerlich zu den überwundenen oder anhaltenden Krankheiten und fast jeder trägt sie vor sich her, wie eine Trophäe. Doch den Tod, welcher uns unweigerlich in – hoffentlich noch ferner, vielleicht aber auch in naher – Zukunft ereilen wird klammern wir aus, als bestünde die Möglichkeit, diesem zu entrinnen. Doch niemand wird auf dieser Welt vergessen!

In diesem äußerlich unauffälligen Buch, „Mein Leben mit dem Tod“ hält uns der Autor Tom Werde an der Hand und nimmt uns mit zu seinen Einsätzen im Alltag, an dem am Ende auch der Tod eines alten oder jungen Menschen, auch eines Kindes stehen kann. In diesem Buch kommt aber nicht nur der Feuerwehrmann und Notfallarzt zu Wort, hier schreibt ebenfalls der Mensch Tom Werde, den ein Einsatz auch an die Grenzen seiner psychischen Belastbarkeit bringen kann.

Wir lesen nichts von diesen heroischen TV-Ärzten, die im Vorübergehen mal schnell eine schwere und doch richtige Diagnose stellen, die dem Patienten in letzter Minute das Leben rettet, dem „Herrgott in Weiß“, dem Angehörige ehrfürchtig begegnen.

Stattdessen lässt uns der Autor an seinem anfänglichen Übereifer als junger Feuerwehrmann teilhaben, seiner ersten Leiche die man durch das ganze Haus bereits riechen konnte, (zum Glück erspart er dem Leser die intensive Beschreibung!) sowie seinen späteren alltäglichen Einsätzen als Notarzt. In mehreren kurzen Geschichten greift Tom Werde diese auf und erzählt sie laientauglich, ohne viele Fachausdrücke, die man nachschlagen müsste. Dank seiner guten und langjährigen Ausbildung kann er in vielen Fällen helfen, aber immer wieder kommt durch, dass seinem Können auch Grenzen gesetzt sind und er sich dessen immer wieder bewusst wird/ist. Auch, als die Krankheit den eigenen Vater trifft.

Wie anfangs schon geschrieben, hier meldet sich nicht nur ein Arzt zu Wort der im Noteinsatz funktioniert, sondern ein Mensch der auch Schmerz und Trauer mit seinen Mitmenschen empfindet. Das tut gut.

Von meiner Seite kommt eine klare Leseempfehlung – vielleicht auch an Medizinstudenten, angehende Ärzte, damit diese immer schön mit den Füßen auf dem boden bleiben.