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Petra Sch.
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Gablitz

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Insgesamt 571 Bewertungen
Bewertung vom 06.08.2024
Casale, Alexia

Ein Mann zum Vergraben


ausgezeichnet

überzogen schwarzhumorige Krimikomödie mit ernsten Hintergrund

4,5 Sterne

Die Autorin will mit viel Humor auf ein ernstes Thema aufmerksam machen: Gewalt gegen Frauen und Mädchen - von Männern; sehr oft Mord. Meistens sind Lebenspartner oder ehemalige Partner oder andere männliche Familienangehörige die Schuldigen. Zur Corona-Zeit sind diese Zahlen astronomisch in die Höhe geschossen.

Es ist der erste, lange Lockdown in der Corona-Zeit; die Kinder sind erwachsen und ausgezogen, und Sallys Ehemann Jim wird in dieser Zeit noch gewalttätiger als bisher.
Bis sie sich eines Tages ganz automatisch, ohne groß nachzudenken, gegen einen Angriff wehrt: mit der alten gusseisernen Pfanne ihrer Granny, über die Jim immer so gelästert hat.
Erstmals lässt sie sich ein Schaumbad ein, dann gilt es erst zu überlegen, was frau mit der Leiche machen soll, denn eins ist klar: Jim muss verschwinden.

Die meisten Kapitel sind in ich-Form aus Sicht von Sally geschrieben, sie erzählt den Leserinnern ihre Geschichte. Und das mit viel nüchternem Humor. Auch wenn ich Sallys Verhalten oft nicht nachvollziehen kann, denn ich lasse doch nicht eine in Folie gewickelte Leiche mitten in der Küche liegen?!
Zwischendurch gibt es Kapitel aus Sicht der anderen Frauen in erzählender Form. Jedoch nicht minder unterhaltsam, haben doch alle das gleiche Problem: ein ungewollter Todesfall des gewalttätigen Mannes der Familie.
So trifft Sally nach und nach auf Ruth, Samira und deren Töchter Leila und Maryam und auf ihre Jugendfreundin Janey, die erst vor kurzem ein Baby bekommen hat.

Natürlich ist vieles überzogen und unglaubwürdig - dass es genau in dieser Siedlung bzw. der näheren Umgebung vier gewalttätige Männer gibt, deren Frauen sie ungewollt umgebracht haben, die Gründung des Mordclubs, das (versuchte) Verschwindenlassen der Leichen, was niemandem auffällt - aber der Lockdown war in dieser Hinsicht halt auch sehr hilfreich: kaum jemand unterwegs. Doch Obacht vor übergenauen und die Nachbarschaft genaustens beobachtenden alten Damen!
Und eine Deadline gibt es auch noch, denn in 14 Tage muss Jim physisch ins Büro kommen. Also schnell her mit guten Ideen zum Leichen verschwinden lassen!
Doch gerade dieses Überzogene war Absicht der Autorin, um auf diese Missstände hinzuweisen, vor denen viel zu oft die Augen verschlossen werden.

Ich wurde jedenfalls sehr gut unterhalten, musste sehr oft schmunzeln, und auch wenn mir eine Wendung gleich klar war, war es schön zu verfolgen, wie die misshandelten Frauen zusammengehalten haben und dadurch, sowie durch ihre Freundschaft und Hilfsbereitschaft an Kraft, Stärke, Selbstbewusstsein und Mut gewonnen haben.
Ich könnte mir diese Geschichte wirklich sehr gut verfilmt vorstellen! Es ist Kopfkino pur!


Fazit:
Eine schwarzhumorige, unterhaltsame und zum Nachdenken anregende Krimikomödie.

Bewertung vom 01.08.2024
Prose, Nita

Ein mysteriöser Gast / Regency Grand Hotel Bd.2


ausgezeichnet

2. Teil um das liebenswert-andere Zimmermädchen Molly

4,5 Sterne

Auch der zweite Teil um das außergewöhnliche Zimmermädchen im Regency Grand Hotel, Molly Gray, die nun Chefzimmermädchen ist, fesselt durch Wohlfühlcharakter (man fühlt sich in dem Hotel schon wie zuhause), einer sympathisch-liebenswerten Protagonistin und liebevollen Nebencharakteren (Mollys Freund Juan Manuel, der Portier Mr. Preston und nun das neue Zimmermädchen, das bei Molly in die Lehre geht: Lily).
Lily gerät dann auch gleich (wie Molly im ersten Band) unter Mordverdacht, als der bekannte Kriminalschriftsteller J.D. Grimthorpe tot umfällt, bevor er seine große Ankündigung machen kann. Dafür hatte er den neuen Tee-Salon des Regency Grand gebucht und Lily hatte ihm den Tee serviert - der vergiftet war.
Die nun 29jährige Molly setzt alles daran, Lily aus dieser brenzligen Situation zu helfen; hat sie doch noch gut in Erinnerung, wie es ihr vor 4 Jahren ergangen ist, als sie des Mordes beschuldigt wurde. Und ihr stand damals niemand zur Seite.
Sehr unterhaltsam fand ich den Hühnerhaufen älterer Damen, die sich die größten Fans von J.D. Grimthorpe nennen und das schon im ersten Teil wirklich garstige ehemalige Chefzimmermädchen.

Molly ist einfach liebenswert, und durch ihren besonderen Charakter (mit autistischen Zügen), fallen ihr Dinge auf bzw. stellt sie Zusammenhänge her, was "normalen" Menschen nicht auffällt. Dafür musste sie erst das Sozialverhalten hart erlernen, und noch immer fällt es ihr nicht leicht, weil sie oft falsch verstanden wird und sie das Zwischenmenschliche oft nicht bemerkt bzw. Vieles auch wörtlich nimmt. Doch sie hat sich weiterentwickelt, ihr Verhalten ist nicht mehr wie im Vorgängerband teilweise enervierend.
Schön war zu sehen, dass es Molly nun mit ihrem Freund besser geht, denn im ersten Band hatte sie ihre kürzlich verstorbene Gran noch stark vermisst. Auch jetzt noch hat sie immer die Weisheiten ihrer Großmutter im Ohr, die sie durch den Tag führen. Und die Vergangenheit ihrer Gran, worüber man immer zwischendurch liest, ist für diesen Fall immens wichtig.
Auch die Ermittlerin, Detective Stark, die Molly im ersten Band verdächtigt hat, ist zu Beginn nicht gut auf sie zu sprechen - ist sie denn wieder im Mittelpunkt einer Mordermittlung im Hotel. Doch auch Detective Stark entwickelt sich weiter.
Nur die Erklärung, wie Molly auf die Lösung kam, konnte ich nicht so ganz nachvollziehen - allerdings denke ich eben nicht so wie Molly - ich hatte nämlich jemand anderen verdächtigt ;)
Das Ende verspricht einen weiteren Band - auf den ich schon mächtig gespannt bin!


Fazit:
Ein elegantes Setting im Regency Grand Hotel, Wohlfühlcharakter, eine sympathische, außergewöhnliche Protagonistin und ein spannender Fall im Krimi-Schriftstellermilieu bescheren großen Lesespaß.

Bewertung vom 30.07.2024
Reichs, Kathy

Die Hand des Todes / Tempe Brennan Bd.22


sehr gut

Der 22. Fall für Tempe Brennan: verstümmelte Touristen in der Karibik

Ihr 22. Fall führt Tempe Brennan auf die wunderschönen Turks-and-Caicos-Inseln in der Karibik. Dort soll sie helfen, verstümmelte, junge, männliche Touristen zu identifizieren.
Es sieht so aus, als ob diese Todesfälle in Zusammenhang mit den aktuellen Bandenkriegen in Quebec stehen würden.

Der Schreibstil ist wie gewohnt trocken-humorig, ich mag diese nüchterne Erzählweise in ich-Form von Tempe in kurzen, oft nur Ein-Wort-Sätzen. Man kann so noch besser mit ihr mitfühlen bzw. sich in sie hineinversetzen. Und die meisten Kapitel enden mit einem neugierig machenden Cliffhanger.
Man trifft wieder auf alte Bekannte, u.a. ihren Freund Andrew Ryan, mit dem sie nun zusammenlebt, und selbstverständlich der eigenwillige Kater Birdie.
Der Fall ist in sich geschlossen und kann eigenständig gelesen werden.
Und wie immer bringt sich Tempe durch ihre Recherchen in Gefahr.

Ich fand ehrlich gesagt etwas unglaubwürdig (allerdings kenne ich mich rechtlich überhaupt nicht aus), dass eine forensische Anthropologin, die in den USA und Kanada tätig ist (schon das allein finde ich außergewöhnlich; die USA kam diesmal aber überhaupt nicht vor), von den karibischen Turks-and-Caicos-Inseln (die zu Großbritannien gehören und wohl ansonsten immer Pathologen aus den USA/Florida kommen lassen) um Hilfe geben wird.
Und dann ist aus meiner Sicht nicht einmal Tempes "richtiges" forensisch-anthropologisches Wissen gefordert, denn sie hat es nicht wie sonst mit verwesten Leichen oder Knochen zu tun.
Deshalb hat mich die aktuelle Geschichte trotz des spannenden und komplexen Falls nicht ganz so mitreißen können.


Fazit:
Der 22. Fall ist außergewöhnlich und komplex, doch mir fehlt diesmal das besondere Wissen von Tempe um Knochen und verweste Leichen.

Bewertung vom 19.07.2024
Walliams, David

Spaceboy


sehr gut

ein intergalaktisches Abenteuer

Ruth muss bei ihrer schrecklichen Tante aufwachsen. Sie hat keine Freuden, außer ihren gefundenen Hund, dem sie nach dem dem berühmten russischen Kosmonauten Juri genannt hat und ihr Fernglas, mit dem sie abends immer den Sternenhimmel beobachtet.
Bis sie eines Tages eine fliegende Untertasse abstürzen sieht - und sie den Außerirdischen namens Spaceboy kennenlernt.

Mir gefällt der comicartige Stil sehr gut; der eher kurze, leicht gehaltene Text wird durch einzelne Wörter, die größer und/oder in einer andere Schriftart verfasst sind, aufgepeppt. Somit werden auch Lesemuffel animiert, weiterlesen zu wollen.
Außerdem gibt es viele schwarz-weiß Illustrationen und zu Beginn ausführliche Steckbriefe aller vorkommenden Charaktere und eine einfache Landkarte von Amerika.
Leider ist das auf dem Cover angepriesene Ufo ein bisschen eine Enttäuschung.

Jetzt zu Ruth: sie ist ein tolles Mädchen, ehrlich, geradeheraus, mutig und steht für Gerechtigkeit und Akzeptanz ein. Und sie ist neugierig bzw. wissbegierig; es war soo genial, wie viele Fragen aus ihr heraussprudeln, als sie Spaceboy gegenübersteht.
Aber auch Spaceboy ist außergewöhnlich; nicht nur, weil er ein Außerirdischer ist, sondern weil auch er viel Mut bewiesen hat und technisch sehr bewandt ist.
Was es mit Spaceboy auf sich hat, war allerdings fast von Anfang an klar ;)

Die Geschichte ist humorvoll geschrieben, allerdings sind viele Dinge sehr überzogen. Der dümmliche Sheriff und Major Majors und seine Soldaten vom Militär von der Streng geheimen Geheimbasis.
Es gibt also viel Action, Bösewichte, Humor (oftmals überzogen), und zwei taffe zweibeinige- samt einem niedlichen vierbeinigen Protagonisten.


Fazit:
Ein actionreiches, chaotisches Abenteuer um ein mutiges Mädchen und einen außergewöhnlichen Außerirdischen, wundervoll verpackt in einem Comic-Stil.

Bewertung vom 19.07.2024
Kölpin, Regine

Oma hat die Hosen an


sehr gut

Oma Elise hat für alles eine Lösung

3,5 Sterne

Die alleinstehende Oma Elise wohnt in ihrem Häuschen im beschaulichen Otterndorf an der Nordsee, direkt am Fluss Medem. Dort sieht sie regelmäßig einen alten Deichschrat vorbeischippern, der ihr immer zuwinkt. Das ist auch ihre ganze soziale Interaktion, denn die Verwandtschaft kommt so gut wie nie zu Besuch.

Die Geschichte selbst hat wirklich viel Wohlfühlcharakter; das Setting in dem kleinen Ort an der Nordsee, das bildhaft beschrieben ist; die beschaulichen Häuser von Elise und Merten; die Familienzwistigkeiten, die beigelegt werden.
Auch der Handlungsstrang mit den getürmten Teenagern ist total fesselnd.
Doch Elise verhält sich mMn manchmal wie ein bockiges Kleinkind; dann konnte ich einfach nicht nachvollziehen, warum sie ihrem Sohn nicht einmal die Meinung gegeigt hat bzw ihm ordentlich klargemacht, dass sie sehr gekränkt ist, dass er und ihr Enkel es nicht ein einziges Mal im Jahr schaffen, sie zu besuchen. Es muss ja nicht genau zum Erdbeertag sein, aber da ist sie wohl stur.
Unglaubwürdig fand ich auch, dass Elise ständig über Einsamkeit klagt. Doch sie lebt doch schon seit Ewigkeiten in diesem Ort, sie muss doch Leute kennen, sich mit Freunden, Bekannten treffen. Oder in Vereinen tätig sein.
Aber kaum lernt sie Marten kennen, hat sie zig Ideen, was sie alles machen kann, um der Einsamkeit zu entgehen.
Und dann noch die 3-fach Pärchenbildung war zu unglaubwürdig.


Fazit:
Ein Familienroman mit einem behaglichen Setting; jedoch gab es einige Dinge, die für mich unglaubwürdig waren.

Bewertung vom 17.07.2024
Schwiecker, Florian;Tsokos, Michael

Der 1. Patient / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.4


ausgezeichnet

spannend und hochaktuell: KI in der Medizin

4,5 Sterne

In seinem 4. Fall vertritt Rechtsanwalt Rocco Eberhardt eine Chirurgin, der ein Ärztefehler vorgeworfen wird: bei einem Routineeingriff, den sie mithilfe des von einer KI erstellten OP-Plans durchgeführt hat, stirbt ihr Patient am Ende durch einen anaphylaktischen Schock. Dessen Allergie wurde jedoch vor der OP bekannt gegeben.
War es ein Fehler der Ärztin? Oder hat die KI versagt?
Das versucht Rocco mithilfe seines besten Freundes, des Detektivs Tobi Baumann und unter Einbeziehung des Fachwissens von Gerichtsmediziner Dr. Justus Jarmer, herauszufinden.

Die Aktualität dieses Justizkrimis ist höher denn je, denn KI betrifft uns immer mehr und kann in so vielen Bereichen - besonders auch in der Medizin - äußerst hilfreich sein. Ich kann aber auch die Skepsis verstehen.
Deshalb war man von diesem fiktiven Gerichtsverfahren so extrem gefesselt; und auch die kurzen Kapitel und schnellen Perspektivwechsel halten die Spannung konstant hoch.

Leider muss ich für die für mich nicht so wirklich nachvollziehbare Begründung bzw. Intention einen halben Stern abziehen.
Ansonsten war ich wieder mitten in der Welt der Gerichte, habe mit Spannung den Aufbau der Verteidigung und die Recherche der Fakten verfolgt sowie den Ablauf bei Gericht.
Dadurch, dass die Autoren viel Fachwissen auf ihren Gebieten haben, und zu den anderen Themenbereichen detailliert recherchiert haben, ist die Geschichte so authentisch und lebensecht.


Fazit:
Ein brisanter, da hochaktueller 4. Fall für Anwalt Rocco Eberhardt und den Pathologen Justus Jarmer zum Themenbereich KI (in der Medizin).

Bewertung vom 14.07.2024
Lindqvist, John Ajvide

Signum / Stormland Bd.2


sehr gut

solide Fortsetzung von "Refugium"

Signum schließt direkt an Refugium an, deshalb ist es gut, die Reihe chronologisch zu lesen.
Auch was die Charaktere und deren Entwicklung angeht sowie die Beziehung zwischen der Autorin Julia Malmros und dem Hacker Kim Ribbing.
Und besonders was die Geschichte und das Schicksal der jungen Astrid Helander betrifft, denn darum geht es im ersten Band.

Nun hat Kim Ribbing den Schockdoktor Martin Rudbeck entführt und hält ihn im Keller fest, weil er ihn befragen will, um seine grausamen Taten zu verstehen. Er hatte Kim vor vielen Jahren, ebenso wie andere Jugendliche, mit Stromtherapien "behandelt".
Doch es kommt anders als gedacht und nun gilt es, Schadensbegrenzung zu betreiben.
Dieser Teil hat mir am besten gefallen, weil es einfach super spannend zu verfolgen ist, was Kim so alles unternimmt, auch cybertechnisch, und was Astrid (die ja erst 14 Jahre alt ist!) dazu beiträgt. Und dass Julia, die früher Polizistin war, trotz ihrer anfänglichen Bedenken und Gewissensbisse dann doch hilft, weil sie Kim liebt und nicht möchte, dass er rechtlich belangt wird. (Und seien wir mal ehrlich: dass so jemand wie Rudbeck vor Gericht ohne Strafe davongekommen ist, ist einfach nur unfassbar.)

Der andere Handlungsstrang ist Julias Recherche für ein neues Buch in den Kreisen der rechtsex.tremen Partei "Die wahren Schweden" und der Rockerszene, die denen angeschlossen ist.
Dieser Teil ist zwar auch total interessant, konnte mich aber nicht ganz so fesseln, weil es für mich kleine Längen hatte.
Auch waren manche Szenen etwas unglaubwürdig (zB als Kim ins Vereinshaus der Rockerbande eingedrungen ist, da musste ich öfter mal nur den Kopf schütteln.)

Die Liebesgeschichte fand ich mal wieder etwas anstrengend, weil Julia sich wie ein Teenager verhält, obwohl sie schon um die 50 ist (wenn ich das richtig in Erinnerung habe). Dass Kim nicht leicht zu handeln ist, weil er - auch aufgrund seiner schlimmen Vergangenheit - einfach anders ist, war ihr doch klar, warum verhält sie sich dann so kindisch?!
Der Cliffhanger mit dem anderen Hacker lässt ein spannendes Finale der Trilogie erwarten.


Fazit:
Solider zweiter Teil der Mittsommer-Trilogie mit zwei spannenden Handlungssträngen und einem Cliffhanger, der ein spannendes Finale erwarten lässt.

Bewertung vom 03.07.2024
McFadden, Freida

Wenn sie wüsste / The Housemaid Bd.1 (MP3-Download)


sehr gut

der Schein trügt

Millie wird von der wohlhabenden Nina Winchester als Hausmädchen eingestellt - sie kann ihr Glück kaum fassen, war sie doch 10 Jahre im Gefängnis und lebt schon seit längerer Zeit in ihrem Auto und hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser.

Es war lustig zu verfolgen, wie Millie denkt, sich mit gediegener Kleidung lieb Kind bei Nina Winchester zu machen, sodass diese keine Angst wegen ihres Ehemannes zu haben braucht - doch genau das passiert: Millie verliebt sich in Andrew Winchester. Kein Wunder, so charmant dieser ist und liebevoll Nina gegenüber er sich immer verhält.

Doch Millies Verhalten ging mir im ersten Teil extrem auf die Nerven; es war auch einfach so extrem unglaubwürdig. Sie muss sich falschen Anschuldigen gegenüber ja nicht verteidigen, aber zumindest festhalten, wie es tatsächlich war. Warum ist sie so unterwürfig Nina gegenüber? Jeder Mensch würde doch unbegründete Vorwürfe richtig stellen.
Denn Nina schikaniert sie wo es nur geht. Normalerweise würde man doch einen Wochenplan fordern (schriftlich!), oder Allergien/Krankheiten usw. der Familienmitglieder erfragen. Und auch mal sagen, dass man nicht lügt. Da musste ich ständig den Kopf schütteln.
Ebenso unglaubwürdig fand ich, dass Millie mit 17 Jahren schon für 10 Jahre ins Gefängnis musste und warum.

Doch die Autorin hat es ab der Hälfte geschafft, mich doch noch für das Buch einzunehmen, denn den Twist hatte ich so nicht kommen sehen. Auch wenn natürlich klar war, dass mit Nina etwas nicht stimmt, deren Verhalten lässt dies ja von Anfang an vermuten.
Dennoch ist es für mich eher kein Thriller, vor allem in der ersten Hälfte nicht, denn allein Ninas seltsames Verhalten ist dafür kein Grund.
Doch ab der Hälfte dreht die Spannung, und es wird doch noch thrilling.

Die Sprecherin Leonie Janda kenne ich bereits von anderen Hörbüchern und ich mag ihre Art zu betonen; auch ist die Sprechgeschwindigkeit angenehm. Nur an ihre etwas höhere Tonlage muss man sich zu Beginn vielleicht erst gewöhnen; ebenso an ihre quengelige (wenn auch passende) Interpretation der Nina.


Fazit:
Millies Verhalten ist zu Beginn einfach nur obernervig; doch ab der Hälfte folgt ein spannender Twist!

Bewertung vom 03.07.2024
Bonetto, Andrea

Azzurro mortale / Commissario Grassi Bd.2


sehr gut

Sein 2. Fall gibt Commissario Grassi Rätsel auf

Die malerische Gegend Cinque Terre ist wieder Schauplatz des neuesten Falles von Commissario Vito Grassi, der seine Frau und seinen Sohn zu Besuch hat, weswegen seine Mitbewohnerin Toni ausziehen musste (was dieser natürlich gar nicht passt).
Obwohl Vito eigentlich Urlaub hat, gibt eine angeschwemmte Leiche Rätsel auf: Unfall oder Selbstmord? Vito glaubt an Mord und stolpert bei seinen Ermittlungen über den Einsturz der Morandi-Brücke in Genua und die (Bau)Mafia.

Diesmal war mir zu wenig die schöne Landschaft im Focus; auch Vito und Toni waren irgendwie nicht so nahbar wie im ersten Band, Vitos Kollegin Marta Ricci geht unter und die ligurische Lebensweise und das Dolce Vita kommen zu wenig rüber.
Trotzdem fühlt man sich wieder in Ligurien mit dem eigenwilligen Kommissar und seiner etwas sturen Mitbewohnerin in der unterhaltsamen Schreibweise sehr wohl.

Besonders gut hat mir gefallen, dass Andrea Bonetto ein tatsächliches Drama (den Einsturz der Morandi-Brücke in Genua im Jahr 2018) sowie die immer noch vorhandenen kriminellen Strukturen der Mafia in die Geschichte eingebaut und geschickt einen Fall darum herum gesponnen hat.
Die Ermittlungsarbeit ist diesmal nicht ganz so authentisch dargestellt, da Toni sehr oft Dinge im Alleingang unternimmt; die Auflösung ist jedoch wieder real und nachvollziehbar.


Fazit:
Ein authentischer 2. Fall für Commissario Vito Grassi im wunderschönen Ligurien, der einen tatsächlichen Unglücksfall verarbeitet hat.

Bewertung vom 26.06.2024
Winkelmann, Andreas

Hast du Zeit?


sehr gut

Wer seine Zeit verschwendet...

Im neuesten Thriller von Andras Winkelmann steht die Zeit im Mittelpunkt.
Unterschiedliche Personen verschwinden oder werden offensichtlich entführt; die Polizei ermittelt nicht, da Erwachsene Menschen freiwillig verschwinden dürfen. Und bei einigen sah es auch so aus, als wären sie aus eigenen Stücken gegangen.
Bis der pensionierte Bundestagspolizist Grotheer, den seine Tochter engagiert hatte, um auf ihre Arbeitskollegin aufzupassen, da diese sich verfolgt fühlte, nach und nach die Zusammenhänge aufdeckt, die 4 Jahre zurückreichen.
Die Freundin seiner Tochter konnte er nicht retten, und der Täter hatte aus Rache seine Tochter entführt - daher beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.

Im Prolog liest man aus Sicht des ersten Opfers vor 4 Jahren, danach springt man in die Gegenwart, die aus verschiedenen Handlungssträngen besteht. Als Leser weiß man ja schon, dass alles zusammenhängt; trotzdem ist es spannend zu verfolgen, wie Grotheer diese Zusammenhänge nach und nach aufdeckt.
Die Einschübe aus Sicht des Täters, der stolz auf seine "Wand" ist, lesen sich sehr wirr und ergeben keinen Sinn.
Ebenso die immer gleichen Worte des Entführers über die Zeit (auch der Täter kommt immer wieder auf das Zeit-Thema zurück). Was diese "Wand" ist und welche Bedeutung sie hat, löst sich erst am Schluss auf. Ebenso, was es mit den wirren Gedanken des Täters auf sich hat (wobei ich mir da einiges schon zusammenreimen konnte).
Die unterschiedlichen Charaktere sind gut und authentisch gezeichnet.

Die Auflösung konnte mich nicht so ganz überraschen, das Zeit-Thema hat den Grund eigentlich schon offensichtlich gemacht. Auch war mir der Showdown zu einfach gelöst.
Am liebsten mochte ich die Abschnitte, in denen Grotheer vorkommt, denn er erinnert mich an div. abgehalfterte Ermittler, die einem durch ihre Sonderlichkeiten nahe gehen.


Fazit:
Viele Handlungsstränge; verwirrende Tätergedanken und eine vorhersehbare Auflösung. Dennoch war der Spannungsbogen da und ich wurde gut unterhalten.