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gaensebluemche

Bewertungen

Insgesamt 174 Bewertungen
Bewertung vom 22.05.2021
Dara, Domenico

Der Zirkus von Girifalco


gut

Ein beschauliches Dorf in Italien mitten im Hochsommer - hier leben und hier sterben sie, die zahlreichen Charaktere, die in diesem Buch auf ganz wundersame Weise miteinander verwoben sind. Alle werden sie nacheinander vorgestellt, ihr Leben in knappen Kapiteln im Schnelldurchlauf zusammengefasst. Bis der Zirkus anreist und der Wind der Veränderung den Bewohnern von Girifalco um die Nase weht.

Was für ein Buch! Und vor allem ein großes Lob an die Übersetzerin. Ich kann mir vorstellen, sie hat Großartiges geleistet, diese verwobene, teilweise zarte, teilweise aber auch knallharte Ausdrucksweise des italienischen Autors auch im Deutschen zur Geltung und zum Klingen zu bringen. Kein Wort ist zu viel, alles sitzt da, wo es sitzen soll, um die eigenwilligen, mal mehr, mal weniger liebenswerten Charaktere lebendig werden zu lassen und ihre Geschichten zu erzählen, die so vielfältig sind wie das Leben.

Bewertung vom 16.05.2021
Halls, Stacey

Die Verlorenen


sehr gut

Die Geschichte rund um "Die Verlorenen" hat meine Erwartungen absolut übertroffen. Ich hatte nicht mit einer so tiefgründigen und so spannend erzählten Geschichte gerechnet. Besonders begeistert hat mich der reale Hintergrund der Geschichte, der ihr das gewisse Etwas gibt.

Menschliche Abgründe tun sich auf, am Ende bleibt jedoch großes Mitgefühl. Ich bin tief berührt von den Schicksalen der Charaktere, von den Wendungen, die die Geschichte genommen hat, und von ihrem Ausgang. So geschickt hat Stacey Halls die Handlungsstränge miteinander verwoben, eingebettet in das London des mittleren 18. Jahrhunderts. Es ist nobel und vornehm auf der einen Seite, doch dreckig und düster auf der anderen. Beide Seiten sind mit den vielseitigen Charakteren vertreten, die der Geschichte Leben einhauchen.

Dazu wird sie so intensiv und lebendig erzählt, dass es eine große Freude und ein großes Vergnügen war, dieses Buch zu lesen. Kleinere Längen haben sich schnell wieder gelegt und zurück bleibt das Gefühl, eine wirklich fesselnde und tiefgründige Geschichte von der Autorin erzählt bekommen zu haben.

Bewertung vom 14.05.2021
Welding, Carlotta

Fühlen lernen


sehr gut

Gefühle lassen uns lebendig fühlen. Es gibt Gefühle, nach denen wir streben, und Gefühle, die wir als negativ bewerten, vor denen wir uns verschließen oder vor denen wir wegrennen. Manchmal fehlen uns die Worte, um zu beschreiben, wie wir uns fühlen, und manchmal wissen wir gar nicht, ob wir traurig, wütend oder ängstlich sind.

Mit ihrem Buch "Fühlen lernen" macht Dr. Carlotta Welding den Lesern bewusst, wie Gefühle funktionieren, welches Gefühlsspektrum das Menschsein umfasst, wie wir lernen, zu fühlen, und wie wir mit und über unsere Gefühle kommunizieren. Dabei ist sie stets sehr nah am Leser, sehr verständnisvoll und mitfühlend, aber doch auch direkt genug, um ihre Leser zum Nachdenken zu bringen und ihnen ins Bewusstsein zu rufen, was nötig ist, um gesünder mit den eigenen Gefühlen und denen der Mitmenschen umzugehen. Berichte aus ihrer eigenen Erfahrung zeigen, dass wir im Menschsein alle gleich sind, und dass wir daher alle lernen können, gesund mit unseren Emotionen umzugehen.

Ein wichtiges Buch, wie ich finde, denn es sind unsere Gefühle, die das Menschsein ausmachen.

Bewertung vom 14.05.2021
Miyashita, Natsu

Der Klang der Wälder


ausgezeichnet

"Der Klang der Wälder" ist fast so etwas wie eine Hommage an die Musik. An das Instrument Klavier. An Töne an sich. Beinahe fühlt es sich so an, als würde die Autorin ihre eigene Faszination für den Klang von Tönen durch ihren Protagonisten zum Ausdruck bringen. Und dieser geht so sehr darin auf, dass er sich fast darin zu verlieren scheint. Das hat es für mich manchmal sehr schwer gemacht, mich auf die Geschichte einzulassen, denn es gibt nur sehr wenig Handlung, dafür viel Raum für fast poetische Betrachtungen, in denen der Protagonist sich verliert, wenn er seiner Arbeit als Klavierstimmer nachgeht. Oder wenn er über seine Arbeit als Klavierstimmer nachdenkt. Oder wenn er sich mit anderen über seine Arbeit als Klavierstimmer und seine Rolle und Verantwortung austauscht. Immer feinfühliger werden seine Gedanken, immer mehr verliebt und verliert er sich in Klang und Tönen. Nichts anderes bestimmt seinen Alltag so sehr wie die Arbeit mit den Instrumenten, weswegen nichts anderes so sehr dieses Buch bestimmt.

"Der Klang der Wälder" ist ein sehr leiser, feinfühliger, achtsamer und entschleunigender Roman. Er ist sehr besonders, daher gleichzeitig für mich als Leserin so ungewohnt, dass ich nur drei Sterne vergeben kann.

Bewertung vom 08.05.2021
Cho, Nam-joo

Kim Jiyoung, geboren 1982


gut

Kim Jiyoung hat geschwiegen. Viel zu lange. Bis all das, was schon so lange hätte gesagt werden müssen, aus ihr herausbricht. Und so kommt nicht nur sie zu Wort, sondern auch die anderen Frauen ihrer Familie, die viel zu lange still waren.

Es war so interessant, mehr über das Rollenbild in Südkorea zu erfahren. Und gleichzeitig erschreckend. Noch dazu erzählt aus der Perspektive eines Mannes. Nüchtern und sachlich spiegelt er Kim Jiyoungs Leben wider. Um am Ende ganz in seiner Rolle zu bleiben.

Was der Leser aus dieser kurzen Biografie Kim Jiyoungs macht, bleibt ganz allein ihm überlassen. Ich glaube, es wird sich sehr danach unterscheiden, wer dieses Buch liest. Mit was für einem Blick man ihr Leben verfolgt. Und jeder Leser wird daraus seine eigenen Erkenntnisse ziehen. So ist Kim Jiyoung nicht nur ein Spiegel für das Frauenbild in Südkorea, sondern weltweit. Denn Frauen wie sie leben überall.

Bewertung vom 07.05.2021
Pásztor, Susann

Die Geschichte von Kat und Easy


ausgezeichnet

Mehr als vierzig Jahre sind vergangen, seit Kat und Easy gemeinsam in einer Silvesternacht in das Jahr 1973 gerutscht sind, das so vieles verändert hat. Sie selbst, ihre Freundschaft, das Leben in ihrer kleinen Stadt. Doch etwas ist geblieben. Der Kern, der ihre Freundschaft ausgemacht hat. Und so sehen sie sich wieder, unter besonderen Umständen, und was so lange unausgesprochen zwischen ihnen hing, kommt zur Sprache.

Susann Pásztor hat mich mit "Die Geschichte von Kat und Easy" unglaublich beeindruckt. Diese Geschichte ist so gut erzählt. So dicht, so klug, so intensiv. Die Worte der Autorin, ihr Erzählstil, haben einen ganz eindringlichen Sog auf mich ausgeübt. Zusammen mit den so echten und lebensnahen Charakteren bin ich mit jedem neuen Kapitel von der Vergangenheit in die Gegenwart und wieder zurück gesprungen und habe nach und nach aufgedeckt, was so lange im Dunkeln lag. Dabei hat die Autorin mich zum Lachen gebracht, mich aber auch tief berührt. Sie schreibt so wundervoll echt und authentisch, dass es sich für mich so angefühlt hat, als wäre ich selbst ein Teenager zu der Zeit gewesen, in der der Roman spielt, dabei wurde ich erst mehr als zehn Jahre später geboren.

Ganz viel Tiefe liegt in diesem Buch, zwischen den Zeilen. Die Charaktere haben so feine Verflechtungen miteinander. Es macht einfach nur Spaß, sie zu entwirren und ihnen zu folgen.

Eine ganz klare Empfehlung von mir!

Bewertung vom 29.04.2021
Oppermann, Lea-Lina

Fürchtet uns, wir sind die Zukunft


sehr gut

Lea-Lina Oppermann hat mit "Fürchtet uns, wir sind die Zukunft" in meinen Augen ein neues Genre geschaffen - das des Protestbuchs. Denn das ist dieses Buch für mich: ein Protest. Ihre Protagonistin Aida verkörpert für mich den puren Protest.

Die Frage ist nur: Wie weit darf man in seinem Protest gehen?

Was mich an diesem Buch besonders beeindruckt hat, ist der Erzählton der Autorin. Sie hat einen tollen Blick für Details und schafft es mit Worten, den Leser die Handlungsumgebung durch ihre Augen sehen zu lassen. Sie lenkt seine Blicke auf die besonderen Feinheiten. Auf das, was im Verborgenen liegt, worauf man sonst nicht achtet. Sie schärft die Sinne des Lesers, schärft seine Wahrnehmung.

Die Kunstakademie, an der die Geschichte spielt, eignet sich hervorragend als Handlungsort. Irgendwie bringen Hochschulen und Studenten eine Atmosphäre von Protest mit sich. Vor allem nachts - ein Zeitpunkt, zu dem die Geschichte recht häufig spielt.

Ein bisschen hat mir gefehlt, vor allem Zugang zu den Charakteren. Theo als Ich-Erzähler war mir am präsentesten, zu allen anderen Figuren habe ich eine gewisse Distanz gespürt. Daher kann ich nicht die volle Punktzahl geben. Aber wie die Autorin erzählt, hat mich dafür komplett begeistert.

Bewertung vom 24.04.2021
Boyle, T. C.

Sprich mit mir


gut

Wenn ein Autor es schafft, ein Buch zu schreiben, in dem nicht nur einer der Protagonisten ein Schimpanse ist, sondern dieser auch in seinen eigenen Kapiteln selbst zu Wort kommt, dann ja wohl T.C. Boyle.

Ich schätze den Autor und seine Geschichten und Erzählungen sehr für seine tiefgründigen Charakterstudien. Bei "Sprich mit mir" hatte ich genau damit jedoch meine Probleme. Die Kapitel, die mit der Erzählstimme des Schimpansen Sam erzählt werden, haben es mir schwer gemacht. Ich finde es großartig, dass der Autor sich daran gewagt hat, jedoch habe ich eine gewisse Distanz gespürt, wollte diese Kapitel nicht an mich heranlassen. Auch, weil sie den Unterschied zwischen Mensch und Tier so sehr verdeutlichen. Weil sie herausarbeiten, wie der Mensch seine Position und Stellung gegenüber den Tieren sieht.

Daher war "Sprich mit mir" nicht immer leichte Kost, aber T.C. Boyle beleuchtet auch mit einem feinen Humor das Verhältnis zwischen Mensch und Tier. Daher gibt es am Ende drei Sterne von mir.

Bewertung vom 28.03.2021
Shahrivar, Shermine

Happy Life Diät


sehr gut

Das Lesen dieses Buches hat mich tief bewegt. Vor allem, weil es so persönlich ist und die Autorin ihren ganz eigenen Weg reflektiert. Als Leserin erkenne ich mich in so einigen Punkten wieder, und die, die ich aus meinem persönlichen Erleben nicht selbst kenne, vor allem in Bezug auf die Modelbranche, finde ich spannend und aufrüttelnd erzählt.

"Happy Life Diät" gibt einen guten Überblick darüber, was in den Augen der Autorin die Säulen für ein glückliches und erfülltes Leben sind. Jeder darf für sich selbst prüfen, mit welchen Säulen er in Resonanz geht, wo er mehr hinschauen möchte und noch mehr in die Tiefe gehen kann. Vor allem für den letzten Punkt darf in die Selbstreflexion gegangen werden, denn das Buch der Autorin bleibt zu sehr an der Oberfläche, als dass die Themen mit ihrem Buch schon komplett abgehandelt sein können. Aber das müssen sie auch nicht. Jeder darf ihre Säulen als Ausgangspunkt nehmen und von dort seinen eigenen Weg finden und gehen.

Die interessantesten Bücher sind doch die, die man für sich selbst schreibt, aber aus denen auch andere etwas mitnehmen können. Das ist der Autorin mit ihrem Buch gelungen.

Bewertung vom 28.03.2021
Fleck, Anna

Geheimnis in der Tiefe / Meeresglühen Bd.1


gut

Der Einstieg in das Buch hat mir so gut gefallen. So bildreich beschreibt die Autorin die Landschaft Cornwalls, den Ort mit seinen schrägen Charakteren, in dem Ella, die Protagonistin, ihren Sommer verbringt. Und natürlich den Fremden, der eines Tages auftaucht. Dabei mangelt es nicht an einer gehörigen Portion Witz, die das Lesen zu einem besonderen Erlebnis macht.

Doch dann nimmt das Buch sehr fantastische und abenteuerliche Züge an, die mich leider nicht mehr so sehr begeistern konnten. Die Ereignisse überschlagen sich, Ella verlässt das Cottage ihrer verstorbenen Großmutter, um sich auf in eine andere Welt zu begeben. Hier wimmelt es von fantastischen Kreaturen und das Abenteuer nimmt seinen Lauf.

Ich kann nicht genau sagen, was mir gefehlt hat. Nur, dass die Geschichte für mich ihren Reiz verloren hat, als Ella das beschauliche Örtchen verlassen hat. Die Fortsetzung werde ich daher wohl nicht lesen.