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hasirasi2
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Dresden

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Insgesamt 1229 Bewertungen
Bewertung vom 21.12.2019
Maxian, Beate

Die Tränen von Triest


sehr gut

Abenteuer-Trip in die eigene Vergangenheit

Triest 1914: Afra von Silcredi ist in Alfred verliebt. Obwohl er gesellschaftlich unter ihr steht, hat ihr Vater nichts gegen die Hochzeit. Afra ist eine unangepasste junge Frau, eine Tochter aus gutem Haus mit bester Bildung, die es gewöhnt ist, ihren Willen durchzusetzen. Alfred ist ihre ganz große Liebe und sie träumen von einem gemeinsamen Leben. Doch noch vor der Verlobung bricht der 1. Weltkrieg aus.

Wien 2019: Johanna Silcredi bekommt zum Geburtstag von ihren Eltern und Großeltern ihr eine Woche Urlaub in Triest in der „Villa Costa“ geschenkt. Afra - die Mutter ihres Großvaters - ist dort aufgewachsen. Dieser bittet sie, sich nach seinem Vater umzuhören, um den seine Mutter immer ein großes Geheimnis gemacht hat.
Johanna wurde gerade von ihrem Freund verlassen und ist sehr verunsichert. Doch in der Villa fühlt sie sich sofort angekommen. Simonetta, die Großmutter des jetzigen Besitzers, gibt ihr ein Manuskript von Afra, welches seit Generationen für deren Erben aufgehoben wurde. Während sie auf den Pfaden ihrer Urgroßmutter wandelt, kommt dem Familiengeheimnis und auch Simonettas Enkel Luca immer näher …

Beate Maxian beschäftigt sich in „Die Tränen von Triest“ mit der besonderen, wechselvollen Stellung der Stadt und verbindet sie mit einer spannenden Familiengeschichte. Bis 1918 gehörte sie zu Österreich-Ungarn und war dessen Tor zu den Weltmeeren. Darum wurde sie im 1. WK auch so heiß umkämpft und gehörte danach kurz zu Jugoslawien, bevor es Italien angegliedert wurde. Diese vielen geschichtliche Hintergründe fand ich sehr spannend, aber das Kriegsgeschehen wurde mir zu ausführlich geschildert und war für meine Begriffe für die Handlung auch nicht zwingend notwendig.

Die Geschichte der Familie (von) Silcredi wird auf zwei Zeitebenen erzählt – was dazwischen passiert, gehört zu dem Geheimnis, welches Johanna am Ende lüftet. Die vielen Protagonisten und ihre unterschiedlichen Verwandtschaftsbeziehungen in der Vergangenheit und Gegenwart haben mich zum Teil etwas verwirrt und meinen Lesefluss gebremst, aber davon abgesehen ist es eine nette Liebesgeschichte mit viel italienischem Flair.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.12.2019
Nikolai, Maria

Die Schokoladenvilla - Goldene Jahre / Schokoladen-Saga Bd.2


sehr gut

Stuttgart und Schokolade in den Goldenen Zwanzigern

20 Jahre sind seit dem ersten Band vergangen. Die Raufbolde Karl und Anton sind erwachsen und Victor und Judith haben eine Familie gegründet. Jetzt zieht Victors Halbschwester Serafina nach dem Tod des Vaters zu ihnen. Sie ist sofort von der Welt der Schokolade fasziniert - und von Anton, doch der scheint eine andere Frau im Sinn zu haben. Aber sein Zwillingsbruder Karl ist ja auch sehr gutaussehend, galant und draufgängerisch. Doch Serafin hat ein dunkles Geheimnis und Angst, dass dieses sie einholt …

Maria Nikolai hat die Geschichte der Familie Rothmann weitergesponnen. Wir sind in den Goldenen Zwanzigern, die Frauen sind inzwischen deutlich selbstbewusster, fahren Auto, haben geschlechtliche Beziehungen ohne gleich zu heiraten und nehmen leitende Positionen ein - so wie Judith, die die Schokoladenfabrik zusammen mit Victor führt. Ihr Bruder Karl ist davon nicht begeistert. Er hatte immer gehofft, die Fabrik eines Tages zu übernehmen. Sein Zwillingsbruder Anton hingegen hat sich als Klavierbauer und Musiker einen Namen gemacht.

Neben Stuttgart spielt diesmal auch Berlin eine große Rolle, weil Serafina bis zum Tod ihres Vaters da gelebt hat und ihr Geheimnis dort verwurzelt ist. Sie sucht u.a. ihre Mutter, die sie nie kennengelernt hat und die Schauspielerin gewesen sein soll. Unerwartete Hilfe bekommt sie von der Französin Lilou, die für Josephine Baker arbeitet und in Serafina verliebt ist. Durch Lilous Nachforschungen bekommt man einen tollen Eindruck vom Berliner Nachtleben, zwielichtigen Klubs und skandalträchtigen Frauen wie Anita Berber.

Stuttgart steht ganz im Zeichen des Bauhauses. Die Weißenhausausstellung wird vorbereitet. Vor allem Karl ist sehr an der modernen Architektur und den futuristischen Designs interessiert und versucht, die Rothmanns dadurch nach vorn zu bringen. Doch zuerst müssen sie klären, ob die vielen Störungen in der Firma Zufälle sind oder jemand Sabotage betreibt.

Meine Lieblingsprotagonistin ist Judiths Tochter Vicky, die ihren Onkeln an Streichen und Unsinn in nichts nachsteht. Sie extrem liebenswert und pfiffig und schon tief im Schokoladenimperium verwurzelt. Von klein auf stand sie mit ihrer Mutter in der Versuchsküche und hat u.a. die Himbeeren-Trüffel (mit) entwickelt, deren Rezept auch Innen im Cover abgedruckt ist. Wird sie das Unternehmen später mal übernehmen?

„Goldene Jahre“ ist eine schöne, abwechslungsreiche Familiengeschichte und aufgrund der über 700 Seiten ein echter Schmöker, aber mir kam die Schokolade diesmal etwas zu kurz. Auch waren es mir zu viele Nebenschauplätze und Handlungsstränge - gerade die um Serafinas Geheimnis, Judiths Sohn Martin oder um den Vater von Vickys Freundin Mathilda hätte es für mich nicht gebraucht.

Bewertung vom 17.12.2019
Schäfer, Ulrike

Macht das glücklich, oder kann das weg?


ausgezeichnet

Nur Erinnerungen sind Erinnerungen

Man sammelt viel zu viel Zeug an. Schon vor dem Lesen des Buches ist mir das bei der Kramschublade in unserer Küche aufgefallen. Nachdem ich sie einmal komplett aus- und danach wieder eingeräumt hatte, war sie plötzlich nur noch halbvoll, der Rest ist im Müll gelandet. Ich bin der DDR aufgewachsen und gewohnt, so viel wie möglich aufzuheben um es bei Bedarf wiederverwenden zu können. Das vermeidet Müll und Neuanschaffungen. Aber wir besitzen heute durchschnittlich 10.000 Dinge! Ist das nicht erschreckend?!

Die Mitdreißigerin Merle ist diesbezüglich ein gebranntes Kind. Ihre Mutter war kaufsüchtig und hoch verschuldet. Merle will es besser machen und lebt in einer winzigen Wohnung mit so wenig Dingen und Kleidung wie möglich. Ihr Motto ist: „One in one out“ – für jedes neue Teil fliegt ein altes raus. Damit ist sie perfekt für ihren Job bei „Queen of Clean“ geeignet, einer professionellen Aufräumagentur. Ihr erster eigener Auftrag bringt sie allerdings schnell an ihre Grenzen. Sie soll der ehemaligen Designerin Ella Castello helfen, die zurück nach Rom ziehen will und nur wenige Dinge aus ihrer 300 m2 Villa mitnehmen kann. Es sind vor allem die Kleider, die Ella früher entworfen hat, von denen sie sich nicht trennen will, weil sie sich durch sie definiert: „Mit diesen Kleidern habe ich mich vor mehr als vierzig Jahren selbst erfunden. Durch sie bin ich ein anderer Mensch geworden. Wer bin ich denn noch ohne sie?“ (S. 160/161)

Mit Merle und Ella prallen zwei Welten aufeinander. Merle ist sehr introvertiert und möchte auf keinen Fall auffallen. Sie liebt es, aufzuräumen und Ordnung in das Leben anderer zu bringen. Seit Jahren ist sie mit Surfladenbesitzer Tom zusammen und hofft auf Ehe und Familie, aber Tom denkt nur an die nächste perfekte Welle. „Tom wirst du nicht heiraten, mein Kind. … Er sieht gut aus, …, aber er ist nicht der Mann fürs Leben.“ (S. 19)
Ella führte früher ein bewegtes Leben in der Öffentlichkeit, hatte sich dann aber auf einen Schlag komplett zurückgezogen. Sie glaubt an Astrologie und Horoskope und erschwert Merle die Arbeit dadurch zusätzlich. Ihr Haus spiegelt ihr Leben wider, ist voller Erinnerungen. Neben den Kleidern hat sie unzählige Bücher, Kunstschätze und Reiseandenken gesammelt. Aber es ist geschmackvoll eingerichtet und eigentlich perfekt – das sieht sogar Merle so. „Je mehr Zeit sie in Ellas Haus verbrachte, desto leerer kam ihr die eigene Wohnung vor – leer an Dingen und leer an … Leben.“ (S. 272)

Im Laufe der Zusammenarbeit öffnen sich die beiden Frauen. Sie erzählen sich von ihrer Vergangenheit und lüften einige Geheimnisse. Beide haben schwere Schicksalsschläge hinter sich und gehen verschieden damit um. Ella verdrängt lieber, Merle lenkt sich ab. Sie geben sich gegenseitig Ratschläge und werden Freundinnen – und auch die Liebe kommt nicht zu kurz. Am Ende ist nicht nur Ellas, sondern auch Merles Leben komplett umgekrempelt.

„Macht das glücklich, oder kann das weg?“ ist ein sehr unterhaltsamer, amüsanter und kurzweiliger Roman mit ernstem Hintergrund. Wunderschön zu lesen.

Bewertung vom 13.12.2019
Metzenthin, Melanie

Als wir zu träumen wagten / Die Hafenschwester Bd.1


sehr gut

Beruf(ung) oder Liebe?

Hamburg 1892: Marthas Familie lebt im Gängeviertel, bei der Choleraepidemie sterben ihre Mutter und ihre kleine Schwester. Daraufhin flüchtet sich ihr Vater in den Alkohol. Martha bleibt nichts anderes übrig, als mit 14 die Schule zu verlassen und sich eine Arbeit zu suchen. Sie wird Krankenwärterin im Allgemeinen Krankenhaus St. Georg. Schnell stellt sie fest, dass sie sich für Medizin wirklich interessiert - das fällt auch ihren Vorgesetzten und den Ärzten auf. Man verhilft ihr zu einer Lehrstelle bei den Erikaschwestern im Eppendorfer Krankenhaus, wo sie bald eine Karriere als OP-Schwester macht. Sie kommt über eine Kollegin mit Frauenrechtlerinnen und Sozialisten in Kontakt und lernt den Gewerkschaftler Paul kennen. Die beiden verlieben sich, aber eine Erikaschwester muss unverheiratet (oder verwitwet) sein. Martha liebt ihr Leben im Krankenhaus und die Arbeit als OP-Schwester. Sie hat Bedenken, ihren Beruf und ihre Unabhängigkeit für eine Ehe aufzugeben und sich einem Mann unterzuordnen …

Melanie Metzenthin schreibt über eine sehr bewegte Zeit voller politischer und gesellschaftlicher Umbrüche und deckt die damaligen Missstände auf.

Marthas Herkunft macht eine Berufsausbildung fast unmöglich. Viele Frauen ihrer Schicht werden Prostituierte, genau wie ihre beste Freundin Milli. Diese wird vom eigenen Vater an die Freier verkauft.
Nur wegen ihrer Fürsprecher kann Martha eine „richtige“ Krankenschwester mit einer ordentlichen Entlohnung werden, während ihr Vater immer weiter abrutscht und ihr 12jähriger Bruder neben der Schule Botengänge und Heimarbeit verrichtet, um zum Unterhakt der Familie beizutragen.
Die Hafenarbeiter werden ausgebeutet und mies bezahlt. Obwohl sich die Lebenshaltungskosten in den letzten Jahren verdoppelt haben, sind die Löhne unverändert geblieben. Die Männer arbeiten oft 72 Stunden am Stück, viele verunglücken völlig übermüdet, trotzdem reicht ihr Lohn nicht für den Lebensunterhalt.
Martha kennt all dies aus eigener Erfahrung und engagiert sich darum in der Arbeiterbewegung, doch ihr ist immer besonders wichtig, auch auf die Situation der Frauen hinzuweisen und sich für deren Rechte und Gleichberechtigung einzusetzen.

Die Autorin schreibt sehr anschaulich und mitreißend, allerdings stand für mich die Politik (Versammlungen, Reden etc.) etwas zu oft im Vordergrund und hat meinen Lesefluss gebremst. Martha ist eine starke Persönlichkeit, die ihren Weg geht und kein Blatt für vor den Mund nimmt. Sie scheut sich nicht, ihre Meinung zu vertreten, auch wenn sie dadurch Freundinnen verliert und ihre Arbeit aufs Spiel setzt. Interessant waren auch die Behandlungs- und Operationsmethoden zu dieser Zeit.

Mein Fazit: Interessanter Auftakt der Reihe um die Hafenschwester Martha – ich bin gespannt, wie es weitergeht.

Bewertung vom 10.12.2019
Pistor, Elke

Lasst uns tot und munter sein


sehr gut

Mord für die Karriere?

Korbinian Löffelholz ist ein Immobilienmakler der gehobenen Preisklasse – und kein besonders netter oder gar mittfühlender Mensch. Ich habe es ihm fast ein bisschen gegönnt, dass seine Chefs ihn degradieren, indem sie ihm einen großen Auftrag entziehen und kurz vor Weihnachten in ein kleines Dorf schicken, wo er die Jugendstilvilla des Großonkels von einem seiner Geschäftsführer verkaufen soll. Was sie ihm nicht sagen – die Villa ist seit Jahren an den Jugendtreff des Dorfes vermietet. Als Korbinian dort ankommt, proben die Betreuer Sören und Rike gerade das jährliche Weihnachtsmusical mit den Teenies. Diese singen und musizieren nicht besonders schön, aber schön falsch, wie Korbinian feststellen muss. Natürlich kommt es zum Streit und Korbinian wird rausgeworfen. In der örtlichen Kneipe schwört Korbinian betrunken Rache. Am nächsten Morgen ist Sören tot und Korbinian voller Blut. Und er kann sich an nichts erinnern …

Doch Korbinian hat Glück im Unglück. Zwar ist der Akku von seinem Elektroauto leer und das Handynetzt tot, aber kurz nachdem die Polizei die Ermittlungen wegen Sörens Tod aufnimmt, wird das Dorf eingeschneit und niemand kommt mehr rein oder raus. Korbinian muss also nur schneller als die Ermittler sein und dem Täter selbst auf die Spur kommen. Er findet bald raus, dass auch Sören ein nicht besonders beliebter Einzelgänger war.
Um sich am Tatort umsehen zu können, unterstützt Korbinian Rike bei den Musical-Proben. Dabei kommt ihm zugute, dass er früher selber im Chor gesungen hat. Das geruhsame Dorfleben, wo man sich noch gegenseitig hilft, Rike und die pubertierenden Jugendlichen machen Korbinian klar, dass sein Leben vielleicht doch nicht so toll ist, wie er bisher immer dachte.
Unterschlupf findet er bei Elisabeth von Petersen, einer rüstigen Siebzigjährigen, die nicht immer ganz von dieser Welt zu sein scheint und ihren Mitbürger mit wirklich sehr gesundem Essen, Meditation und fremdsprachigen Glücksworten helfen will. Ich habe Elisabeth sofort in mein Herz geschlossen und mich köstlich amüsiert, wenn sie Korbinian wieder mal nett aber bestimmt die Meinung gegeigt hat. Sie ist meine absolute Lieblingsfigur des Buches – noch vor Carreras (Wer das ist, verrate ich natürlich nicht. Das müsst ihr schon selbst rausbekommen.).

„Lasst uns tot und munter sein“ ist ein typischer, sehr amüsanter und bis zum Ende spannender Whodunit-Krimi mit viel winterlichem bzw. weihnachtlichem Flair.

Bewertung vom 09.12.2019
Schacht, Andrea;Freidank, Julia

Das Erbe der Kräuterfrau / Myntha, die Fährmannstochter Bd.5


ausgezeichnet

Eine Ära geht zu Ende

„Das Erbe der Kräuterfrau“ schließt nahtlos an „Mord im Badehaus“ an. Jede Figur dieser Reihe darf sich verabschieden – einige finden endlich ihr Glück, andere, von denen ich es nie erwartet hätte, leider nicht.

„Myntha van Huysen hatte das Leben so vieler Menschen verändert. Aber ihrem eigenen einen Anstoß zu geben schien ihr schwerer als alles, was sie bisher getan hatte.“ (S. 24)
Myntha sollte sich langsam entscheiden – neben Mühlenerbe Rickel hat auch der verwitwete Ritter Johannes von Odenhausen um ihre Hand angehalten. Soll sie einen der beiden Bewerber erhören oder weiter auf den Rabenmeister hoffen? Inzwischen rückt die Hochzeit ihrer kratzbürstigen Köchin Lore immer näher, doch statt sich zu freuen, wird diese immer wunderlicher. Was bedrückt sie und wie kann Myntha ihr helfen? Außerdem hält der Betrieb des Fährhauses sie auf Trab. Ihr Vater erzählt den Gästen weiter seine Schauermärchen, ihr Bruder Witold hat sich in Imme, die scheue Gehilfin der Kräuterfrau, verguckt und Comtesse Agnes hofft, dass ihr Mann sie endlich findet und nach Hause bringt. Doch als Imme Sybilla tot in ihrer Kate vorfindet und alles auf eine Vergiftung hindeutet, muss Myntha sich einfach einmischen.
Und wer ist der Unbekannte, der in Köln zündelt? Ist das der Mann, den Frederic sucht, um sich endlich zu rächen? Wem kann man noch trauen? „Er ist ein Mann von vielen Gestalten … Maulfaul und ungesellig, denn er will beobachten und nicht entdeckt werden.“ (S. 145

Mynthas ist neugierig und unerschrocken wie eh und je und bringt sich wieder selber in Gefahr. Sie liebt die Wortgefechte mit dem Rabenmeister Frederic und er steht ihr da in nichts nach – ich habe es genossen, wenn sie sich wieder aneinander gerieben haben. Aber vor allem ist sie ein sehr mitfühlender Mensch. Sie kümmert sich um alle, die ihrer Hilfe bedürfen und steckt dabei selbst zurück.

Ich war geschockt, als ich 2017 vom Tod der Autorin Andrea Schacht hörte und traurig, weil ich ihre Mittelalterreihen um die ehemalige Begine Almut, deren Tochter Alyss und die Fährmanntochter Myntha seit vielen Jahren verfolge. Um so mehr habe ich mich gefreut, dass Julia Freidank das letzte Buch von ihr zu Ende geschrieben hat. Man bemerkt kaum, an welcher Stelle die Autorin wechselt – Julia hat Andreas Ton fast perfekt getroffen. Das Buch hat mich bis zum Ende gefesselt und war leider wieder viel zu schnell ausgelesen.

Bewertung vom 03.12.2019
Ebert, Sabine

Herz aus Stein / Schwert und Krone Bd.4


ausgezeichnet

Die Barbarossasaga geht weiter

Barbarossa ist inzwischen ein starker Kaiser – auch dank seinem Berater Rainald von Dassel und seiner Frau Beatrix, die sich zwar im Hintergrund hält, ihn aber trotzdem manchmal geschickt lenken kann. Da er ihr gefallen will, beugt er sich oft ihren Wünschen. Doch Friedrich hat auch Sorgen. Sein Freund Heinrich der Löwe will mit aller Macht seinen neuen Ort München etablieren und lässt deswegen die Zollstation und den Markt in Freising zerstören. Eigentlich müsste Friedrich ihn dafür zur Rechenschaft ziehen, aber er versucht, den Streit auszusitzen. Zudem hat ihm Beatrix immer noch keinen Erben geschenkt und sein Konkurrent Herzog Friedrich von Rothenburg wird langsam erwachsen und damit immer gefährlicher. Wie lange kann er ihn sich noch vom Hals halten? Der Italienfeldzug läuft nicht gut. Und die Abodriten (Wenden), die nur formal den christlichen Glauben angenommen haben, sollen endlich endgültig bekehrt oder ausgerottet werden. Friedrich kämpft an vielen Fronten und oft sind die kleinen Leute und Frauen die Leidtragenden.

Sabine Ebert schreibt sehr fesselnd und in eindrucksvollen Bildern über mächtige Herrscher und ihre Feldzüge, grausame Schlachten mit neuen technischen Errungenschaften und menschlichen Schutzschilden. Sie erzählt von politischen Winkelzügen, Glaubenskriegen und den verschiedenen Königshäusern. Wie kaum eine andere Autorin lässt sie deutsche Geschichte lebendig werden und begeistert ihre Leser. Auch mich hat sie wieder von der ersten Seite an in ihren Bann gezogen.
Ich mag es besonders, wie sie den Blick auf das Schicksal der Frauen in dieser Zeit lenkt. Friedrich wird langsam ungeduldig, weil er immer noch keinen Erben hat, schließlich ist Beatrix schon 15. (In unserer heutigen Zeit undenkbar, dass die Frauen damals in diesem Alter schon mehrere Kinder hatten!) Dass sie sich die durch seine Reisen fast 2 Jahre nicht gesehen haben und fremd geworden sind, interessiert ihn nicht. Beatrix hat Angst, dass er sich scheiden lässt, um sich eine neue – jüngere? – Frau auf den Thron und ins Bett zu holen, denn Rainald von Dassel versucht ihn dahingehend zu beeinflussen.
Überhaupt – mehr als einmal hatte ich das Gefühl, dass Rainald der eigentliche Herrscher ist. Er kann den Kaiser immer wieder von seiner Meinung und seinen Plänen überzeugen, ihn bei Entscheidungen beeinflussen. Friedrich entfernt sich immer mehr von seinen alten Freunden, ohne es zu bemerken. Die Macht lässt ihn hart werden – und einsam.
Ein weiteres Augenmerk liegt auf der Mark Meißen. Hedwig von Ballenstedt geht es wie Beatrix, sie wird einfach nicht schwanger. Als ihr Gemahl Markgraf Otto dann auch noch mit Friedrich nach Italien zieht, muss sie sich allein um die Belange der Grafschaft kümmern, sich Respekt verschaffen und dabei aufrührerische Ritter in Schach halten. Das schafft sie durch weibliche List und mit der Hilfe befreundeter Fürstinnen. Zudem planen die Meißner Fürsten, Siedler ins Land zu holen um die Urwälder zu roden und neue Ansiedlungen anzulegen. Ritter Christian ist einer der Werber und alle Fans der Hebammen-Saga können einen ersten Blick auf Martha erhaschen. Das hat mich als Fan der ersten Stunde natürlich besonders gefreut.

Fazit: „Herz aus Stein“ ist genau wie die vorigen Bände hervorragend und gründlich recherchiert. Trotz der vielen historischen Fakten und Begebenheiten ist es ein brillanter, unterhaltsamer Roman und kein trockenes Sachbuch. So muss Geschichtsunterricht sein.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.11.2019
Russo, Andrea

Green Witch


ausgezeichnet

Ein zauberhafter Roman für alle Mädchen und Junggebliebenen

An ihrem 12. Geburtstag entscheidet sich, in welcher Hexenkunst Lizzy in Zukunft unterwiesen wird. Sie würde gern zur Wasserhexe Ava gehen, weil sie sich dem Element Wasser schon immer verbunden fühlt und Ava einfach cool ist. Doch stattdessen kommt sie zu ihrer Großtante Camilla - einer Kräuterhexe. Wenigstens darf ihre beste Menschenfreundin Stina sie begleiten und plötzlich beginnt für beide ein großes Abenteuer.

Obwohl ich schon deutlich älter bin als die vom Verlag angegeben 10 Jahre und eigentlich kein Fantasy lese, hat mich die Geschichte sofort begeistert und in ihrem Bann gezogen. Ich mochte Lizzy, Stine, Rasty und den Fuchsjungen (wer die beiden sind, wird natürlich nicht verraten) sehr und hoffe doch, dass die Geschichte weitergeht. Ich könnte sie mir auch sehr gut als (Trick)Film vorstellen. Green Witch ist ein Buch über Magie, Freundschaft und die ersten Schritte in Richtung Erwachsenwerden. Vielen Dank an Andrea Russo für dieses zauberhafte Lesevergnügen.

Bewertung vom 24.11.2019
Beer, Alex

Unter Wölfen / Isaak Rubinstein Bd.1


ausgezeichnet

Der Antiquar

März 1942: Auf der Nürnberger Burg wird im Quartier des Sturmscharführer Gerhard Bade die Leiche der berühmten Schauspielerin Lotte Lanner gefunden – ihr wurde die Kehle durchgeschnitten. Das Brisante daran – Lanner und Bade hatten ein Verhältnis und waren abgesehen vom Pförtner die einzigen in der Burg, trotzdem behauptet Bade: „Ich war es nicht.“ (S. 12) Der Sonderermittler Adolf Weissmann aus Berlin wird angefordert, um Bades Unschuld zu beweisen.
Zur gleichen Zeit bekommen der jüdische ehemalige Antiquar Isaak Rubinstein, seine Eltern und seine Schwester mit ihren 2 kleinen Kindern den „Evakuierungsbescheid“ – sie sollen in den Osten umgesiedelt werden. Isaak hat keine Illusionen, dass sie bestenfalls in einem Arbeitslager landen. Er bittet seine ehemalige Verlobte Clara um Hilfe, die im Widerstand aktiv ist. Sie sagt zu, ihn und seine Familie zu retten, wenn er im Gegenzug den Widerstandskämpfern hilft. Als er sich das nicht zutraut, überlistet sie ihn, denn „Wenn die Guten nicht kämpfen, siegen die Schlechten.“ (S. 81). Isaak schlüpft in die Rolle des SS-Sonderermittlers Adolf Weissmann und untersucht zusammen mit der Gestapo den Mordfall Lanner. Gleichzeitig muss er einen gefährlichen Auftrag für Clara erledigen …

Isaak will nur irgendwie die Nazizeit überleben und um keinen Preis auffallen. Als er sich in Weissmann verwandeln muss, sehen ihn die Menschen plötzlich an bzw. sogar zu ihm auf. Er ist eine Respektsperson, kann Aufträge erteilen und Forderungen stellen. Statt auf den Boden, muss er seinem Gegenüber ins Gesicht schauen oder über ihn hinweg, um ihn in seine Schranken weisen. Doch es fällt ihm schwer, alte Gewohnheiten abzulegen: „Die Identität, die Clara ihm beschafft hatte, ließ sich nur schwer überstülpen. Sie drückte und schmerzte wie ein viel zu kleiner Schuh.“ (S. 93). Er verrät sich mehrfach fast und „spielt“ den Ermittler, indem er sich an den Detektiven der Bücher orientiert, die er früher gelesen hat. Er muss Zeit schinden, um Claras Forderungen erfüllen zu können und wird dabei ein immer besserer Schauspieler. Immer mit der Angst vor der Enttarnung im Nacken.
Ich habe mit Isaak gebangt und gezittert und ihn dafür bewundert, wie er seine Ängstlichkeit und Selbstzweifel überwunden (Du bist ein einfacher Antiquar, ein wehrloser Jude. Du bist mit der ganzen Sache doch heillos überfordert.“ (S. 239)), zu seiner inneren Stärke gefunden und seine Gegner getäuscht und überlistet hat.

Anhand des jungen Unterscharführer Rudolf Schmitt, der Isaak als Assistent an die Seite gestellt wird, zeigt Alex Beer, wie die Ideologisierung der Menschen funktionierte. Schmitt erzählt Isaak im Vertrauen, dass er früher mit Juden befreundet war, aber Julius Streicher und der Stürmer ihm die Augen dafür geöffnet haben, woran die Juden alles Schuld sind. Sie zeigt, wie die Menschen manipuliert und aufgehetzt wurden. Es sind diese gekonnt eingestreuten Informationen, die die Protagonisten vielschichtig, menschlich und nachvollziehbar machen. Sie sind meist nicht nur schwarz oder weiß, fast jeder hat Ängste, Sehnsüchte, Träume, Geheimnisse.

Seit dem ersten Fall von Alex Beers Wiener Ermittler August Emmerich bin ich ein Fan ihrer hervorragend recherchierten und extrem spannenden Kriminalromane. Auch „Unter Wölfen“ hat mich von Beginn an gefesselt und ich hoffe, bald wieder von Isaak und seinem Kampf gegen die Nazis zu lesen.

Bewertung vom 22.11.2019
Garnier, Virginie

Wirbelkuchen


sehr gut

Das Auge isst mit

Ich koche und backe sehr gern und mag es, wenn das Ergebnis auch optisch ansprechend aussieht. Leider habe ich kein Händchen fürs Dekorieren, darum finde ich die Idee der Wirbelkuchen gut. Egal ob süß oder herzhaft, bereits bei der Zubereitung der Kuchen, Torten oder Tartes wird der Belag so arrangiert, dass er harmonische Rosetten, Spiralen oder Strudel bildet – das Auge isst schließlich mit.

Insgesamt werden 30 Rezepte auf je einer Doppelseite mit Bild vorgestellt (nur 2 sind ohne). Die Böden sind meist aus Blätterteig oder Mürbeteig – der Einfachheit halber wird im Buch auf gekauften zurückgegriffen, aber den gerade Mürbeteig kann man auch ganz schnell selber machen.

Als erstes habe ich mich an die Süßkartoffeltarte mit roten Zwiebeln und Ziegenkäse gewagt und bin gleich über eine Ungenauigkeit im Rezept gestolpert. Dort wird nämlich eine Masse aus Ziegenkäse, Sahne, Salz und Pfeffer angerührt und in einen Spritzbeutel gefüllt. Allerdings taucht die Masse danach nicht mehr in den Zubereitungsschritten auf, aber ich habe mir anhand des Fotos gedacht, dass sie wohl vor dem Backen auf die Süßkartoffeln gegeben wird. Meine Tarte sah nach dem Backen allerdings anders aus als im Buch – gehört die Masse vielleicht doch unter die Süßkartoffeln? Ich werde es beim nächsten Mal probieren, denn die Tarte war sehr lecker und es wird sie garantiert noch mal geben.

Den Schokoladenkuchen mit Birnen und Cashewkernen haben wir ebenfalls bereits probiert und für sehr lecker befunden. Die hauchdünnen Birnenscheiben werden kreisförmig auf einen Brownieteig gesetzt. Doch auch hier gibt es eine kleine Diskrepanz – der Kuchen wird nicht mit Cashewkernen (wie in der Überschrift bezeichnet), sondern mit Cashewmus zubereitet.

Mein Fazit: Man sollte die Rezepte vor dem Nachbacken genau durchlesen, um evtl. Unstimmigkeiten darin frühzeitig zu entdecken. Davon abgesehen sind sie aber sehr lecker und sehen toll aus.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.