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smartie11
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Insgesamt 933 Bewertungen
Bewertung vom 11.04.2017
Garber, Stephanie

Caraval Bd.1


ausgezeichnet

„Caraval“ ist der Debutroman der US-amerikanischen Schriftstellerin Stephanie Garber und für mich eines der besten Debuts der letzten Jahre!


Der Start in die Geschichte fällt unglaublich leicht, denn mit der Protagonistin Scarlett, ihrer kleinen Schwester (Dona)Tella, dem attraktiven und geheimnisvollen Seemann Julian sowie dem jähzornigen und grausamen Patriarchen, dem Governor Dragna, ist der Kreis der Charaktere zunächst sehr eng umrissen. Aber auch sonst hält sich Stephanie Garber nicht mit großem Vorgeplänkel auf, denn bereits ab Seite 50 geht es auf die geheimnisvolle Privatinsel des Caraval-Masters Legend, wo die sagenumwobenen Spiele von Caraval stattfinden. Ab hier taucht der Leser gemeinsam mit Scarlett in eine märchen- und rätselhafte, stellenweise schon unwirklich erscheinende Welt ein, die mich im Folgenden immer wieder an den Klassiker „Alice im Wunderland“ erinnert hat. Es gibt stets und überall etwas Faszinierendes, Überraschendes und manchmal auch Verwirrendes zu entdecken. Sehr schnell wird Scarlett dabei in einen Wirbel der Ereignisse hineingezogen und immer wieder vor neue Proben und Herausforderungen gestellt. Spätestens ab dem Zeitpunkt, an dem sich Scarlett entscheidet, aktiv am Spiel von Caraval teilzunehmen gibt es für sie kein Zurück mehr und nur noch ein einziges Ziel: den Sieg. Denn nur der Gewinner des Spiels erhält als Preis einen Wunsch erfüllt. Doch um dieses Ziel zu erreichen, muss Scarlett mehrere Hinweise finden, die sie sich teilweise verdienen muss, die sie etwas Wertvolles kosten werden und die einen Sprung ins Ungewisse voraussetzen. Bei all diesen Ungewissheiten ahnt Scarlett zu Beginn aber noch nicht, wie zutiefst persönlich dieses Spiel für sie werden wird.

Als das Spiel beginnt, wird die Geschichte immer mehr zu einem faszinierenden und zugleich trügerischen und latent bedrohlichen Fiebertraum, aus dem es für Scarlett weder ein vorzeitiges Erwachen geben wird noch einen bedingungslos verlässlichen Partner an ihrer Seite. Denn so schillernd und fantasievoll die Orte und Dinge in Caraval sind, so mysteriös und ambivalent sie die Bewohner Caravals. Bei nichts und niemandem kann sich Scarlett über die wahren Absichten und Motive sicher sein. Hier gelingt es der Autorin hervorragend, eine undurchdringliche und unterschwellig stets vorhandene paranoide Grundstimmung hervorzurufen. Was ist hier Wirklichkeit, was ist Fiktion? Wer ist Freund, wer ist Feind? Selbst die Zeit wird in Caraval zu einem dehn- und stauchbarem Gut, das mitunter sogar als Zahlungsmittel fungiert.

Eine weitere Stärke dieses Romans sind die schillernden und geheimnisvollen Charaktere, sei es der immer wieder auf- und abtauchende Julian, der verwahrlost und verzweifelt wirkende Dante oder auch ein Graf, dessen Rolle Johnny Depp auf den Leib geschrieben zu sein scheint. Selbst die Nebencharaktere sind in diesem Buch absolut einzigartig und überzeugend, wie beispielsweise der über und über tätowierte Hellseher Nigel oder auch die beobachtende und vielleicht auch beratende Aiko.

Neben dieser unglaublich atmosphärischen, verwirrenden und spannenden Geschichte mit einem furiosen Finale hat mich die Autorin mit ihrem wunderbaren Schreibstil voll und ganz von sich überzeugt. Ihre Sprache ist so voller Farben, Bildnisse und Poesie, dass es unglaublich Spaß macht, voll und ganz in diese Geschichte abzutauchen und sich mitreißen zu lassen.

„Die Wärme schmeckte nach Licht, sie prickelte auf ihrer Zunge, rann ihr süß die Kehle hinab, brachte alles von ihren Zehen bis zu den Fingerspitzen zum Kribbeln.“ (S. 93)

Ich bin mir sicher, dass Tim Burton alles dafür tun würde, dieses Buch verfilmen zu dürfen. Ich habe es an nur einem Tag regelrecht verschlungen.


FAZIT:

Eines der beeindruckendsten Debuts der letzten Jahre: Ein modernes Märchen voller Magie, Illusion, Zweifel und Hoffnung!

Bewertung vom 11.04.2017
Städing, Sabine

Beruf: Geisterjäger / Johnny Sinclair Bd.1


ausgezeichnet

„Ein Floh kann einem Löwen mehr zu schaffen machen als ein Löwe einem Floh.“ (S. 15)

Mit dem ersten Band ihrer neuen Kinderbuchreihe „Johnny Sinclair“ begibt sich die deutsche Erfolgsautorin Sabine Städing („Petronalla Apfelmus“, „Magnolia Steel“, „13 Weihnachtstrolle machen Ärger“) auf die Spuren des Grusel-Heftroman-Klassikers von Helmut Rellergerd alias Jason Dark, die es bislang auf mehr als 2.000 Hefte gebracht hat. Aber keine Sorge, Sabine Städing verliert dabei das Alter ihrer jüngeren Leser niemals aus den Augen!

Ich muss zugeben, dass dieses Buch schon durch den Titel und das tolle Cover einige Vorschusslorbeeren bei mir einheimsen konnte. Um soviel bereits vorweg zu nehmen: Ich wurde nicht enttäuscht – im Gegenteil!

Bereits der Start in die Geschichte ist echt cool. Das Setting der alten Burg Greyman Castle in den Schottischen Highlands ist total klasse gewählt, und dass Johnnys großes Vorbild der berühmte John Sinclair ist, finde ich sehr passend. Auch auf die ersten Gespenster muss der Leser nicht lange warten, erscheinen sie doch bereits auf der zweiten Seite der Geschichte, die mich schon nach dem ersten Kapitel voll und ganz in ihren Bann gezogen hat!

Schnell ist also klar, worum es geht: Greyman Castle hat ein Spuk-Problem und Johnny stellt sich die Frage, wie er dieses Problem lösen kann. Scotland Yard dementiert auf Johnnys Nachfrage hin leider die Existenz des berühmten Geisterjägers (na klar, alles streng geheim!) und wie mächtig die Voodoo-Künste seines aus Haiti stammenden Kindermädchens Cécile wirklich sind, da ist Johnny sich auch nicht so sicher. Immerhin muss er bei ihren Seancen oft für die nötigen „Special Effects“ sorgen. Sein bester Kumpel Russell ist dank seiner Helikopter-Eltern auch eher Waschlappen als Geisterjäger. Doch als Johnny eines Tages auf dem Weg nach Hause von einem Shuk (Geisterhund) durch den dichten Nebel in das Churchmoor gejagt wird, findet Johnny endlich die Hilfe, die er so dringend benötigt: Erasmus von Rothenburg! Naja, genauer gesagt seinen über und über tätowierten Schädel, der anscheinend nie um kluge Sprüche und gutgemeinte Ratschläge verlegen ist und den man sogar als „Schädeljoker“ bei Klassenarbeiten gebrauchen kann. Kein Wunder, behauptet der Jahrhunderte alte Multifunktionsschädel von sich selbst doch, das fünfte Musketier gewesen oder bei der Abfahrt von Christoph Kolumbus Flotte zugegen gewesen zu sein. Ein echter Tausendsassa in Schädelform!

Somit kann es also losgehen, mit der Beseitigung der Geisterplage! Mit Erasmus entdeckt Johnny nicht nur ganz neue Orte innerhalb der uralten Mauern von Greyman Castle, sondern auch ungeahnte Qualitäten und Fähigkeiten an sich selbst. So ergibt sich eine spannende, oftmals wohlig-schaurige Geschichte, die man am liebsten gar nicht mehr aus der Hand legen mag und die viele humorvolle Überraschungen bereit hält. Sehr gut gefallen hat es mir, dass die Geisterjagd bei Johnny Sinclair nicht darin besteht, die Geister zu vernichten, sondern vielmehr ihren Ursachen auf die Spur zu kommen und ihnen zu helfen, ihre Ruhe zu finden. Ebenso sehr gut gefallen hat es mir auch, dass Sabine Städing ihre Geschichte nicht „nur“ auf die Geisterjagd reduziert hat, sondern die Geschichte auch noch mit sehr passenden und unterhaltsamen Rahmenhandlungen drum herum angereichert hat, wie beispielsweise mit den spaßigen Highland-Games oder auch mit typischen Problemen in der Schule (ich sage nur: tiefbegabte Vollchaoten!).

Der Schreibstil der Autorin passt dabei stets perfekt zur Geschichte: locker-flockig, manchmal ein bisschen flapsig und oftmals einfach nur wunderbar humorvoll („Der Schädel hatte eindeutig etwas an den Ohren. An welchen Ohren?“ - S. 101).

Ein unglaublich fantasievoller Lesespaß für Klein und Groß: Johnny braucht sich in keinster Weise hinter John Sinclair zu verstecken!



FAZIT:

Wer braucht schon John wenn er Johnny haben kann? Einfach fantastisch - Ich hätte gerne 6 Sterne vergeben!

Bewertung vom 11.04.2017
Holler, Renée

Das mordsmäßig merkwürdige Verschwinden der Lily Cooper


sehr gut

Zum Inhalt:

Als Selina von ihrer Mutter aus Indien ins britische Oxford geschickt wird, um dort zur Schule zu gehen, ist sie wenig begeistert. Nur dass sie dort bei ihrer Cousine Lily Cooper wohnen und zusammen mit ihr zur Schule gehen soll, gefällt ihr. Doch als sie nach der langen Reise am Flughafen ankommt, ist niemand da, um sie abzuholen. Als sie es endlich auf eigene Faust zum Haus der Coopers geschafft hat, herrscht dort der Ausnahmezustand: Lily ist spurlos verschwunden! Während die Polizei noch daran glaubt, dass Lily mal wieder ausgerissen ist, sind sich Selina und Lilys bester Freund Eric sicher, dass Lily entführt worden ist...



Meine Meinung:

Mit „Das mordsmäßig merkwürdige Verschwinden der Lily Cooper“ hat die deutsche Kinderbuchautorin Renée Holler (sicherlich Vielen von ihren historischen Ratekrimis für Kinder bekannt) nun einen etwas anderen Krimi für Kinder und Jugendliche ab ca. 10 Jahren vorgelegt.


Abgesehen von Lilys merkwürdigem Verschwinden ist der Start in die Geschichte eher unaufgeregt und die Autorin nutzt das rund erste Viertel der Geschichte dazu, ihre Leser mit den einzelnen Charakteren vertraut zu machen. Insbesondere Selina sowie Eric und seine unkomplizierte Familie mochte ich hierbei vom Start weg. Spannend ist bereits zu Beginn, dass nahezu alle anderen Charaktere irgendwie „komisch“ und wenig vertrauenswürdig wirken, allen voran Lilys Eltern, die irgendwie mehr mit sich selbst als mit dem spurlosen Verschwinden ihrer Tochter beschäftigt zu sein scheinen.

Nach dem relativ ruhigen Start in die Geschichte nehmen sowohl die Spannung als auch die geheimnisvolle Atmosphäre sukzessive zu, denn langsam beginnen sich mysteriös erscheinende Dinge zu ereignen und im sechsten Kapitel kommt ein zweiter, schmaler Handlungsstrang hinzu, der die Spannung nochmal extra anfacht. Im weiteren Fortgang entspinnt sich eine Geschichte, die immer rätselhafter und auch mysteriöser wird und mich damit voll und ganz in ihren Bann gezogen hat. Am Ende läuft die Story auf ein super spannendes, extrem atmosphärisches und auch wirklich gruseliges Finale zu, das alle wesentlichen Fragen aufklärt und auch die Motive und Handlungsweisen des Antagonisten erklärt. So ergibt sich insgesamt eine in sich runde Story mit einem ordentlichen Spannungs-Crescendo und einem deutlichen Schuss Mystery, der stellenweise schon an Steampunk erinnert. Das sollte man schon mögen, wenn man sich auf diese sehr fantasievolle Geschichte einlassen will.

Dass ich dabei die wesentlichen Zusammenhänge der Auflösung schon vorausgeahnt habe, hat mich weniger gestört. Auch dass Renée Holler immer mal wieder zu sehr einfachen, aber natürlich legitimen Mitteln (z.B. Handyakku alle) gegriffen hat, um die Spannung zu erhöhen, ist zwar nicht besonders innovativ, war für mich im Ganzen aber absolut ok.



FAZIT:

Ein Jugend-Krimi mit einer faszinierenden Grundidee, einem stetigen Spannungs-Crescendo und einer gehörigen Portion Mystery mit toller Atmosphäre.

Bewertung vom 11.04.2017
Petrowitz, Michael

Das wilde Uff sucht ein Zuhause / Das wilde Uff Bd.1


ausgezeichnet

Zum Inhalt:
Eigentlich wollte Lio Peppel nur seinen abgestürzten Spielzeug-Helikopter aus dem alten Steinbruch bergen. Doch als er bei einem nicht ganz ungefährlichen Abgang einen kleinen Erdrutsch auslöst, findet er nicht nur seinen Heli wieder, sondern auch noch ein lebendes Fossil, das bislang ganz ungestört einen 66 Millionen Jahre dauerndes Nickerchen gehalten hat. Keine Frage, für das Uff ist Lio ab jetzt sein neuer Anführer! Für Lio und seine Familie beginnt eine sehr turbulente Zeit…

Unsere Meinung:

„Das wilde Uff“ ist der Auftakt zu einer neuen Kinderbuchreihe von Michael Petrowitz, der schon mit seinen beiden Bänden für die Leserabe-Reihe („Kung-Fu im Turnschuh“ & „Besuch aus dem Weltraum“) bewiesen hat, das er ein gutes Händchen für fantasie- und humorvolle Kinderbücher hat.

Im Mittelpunkt steht natürlich das knuddelige blaue Uff, das sich zur Zeit der Dinosaurier schlafen gelegt hat und nun durch Lio unsanft geweckt wurde. Diesen Urzeitbewohner kann man nur vom Start weg gerne haben, denn das Uff ist total lustig, sprüht nur so vor – manchmal etwas merkwürdig erscheinenden – Ideen und ist vor allem eines: ein ganz toller und treuer Freund! Darüber hinaus verfügt das Uff über eine ganz besondere Eigenschaft, über die ich hier noch nichts verraten möchte. So ein Uff würde sich wohl jedes Kind als Freund wünschen! Selbstverständlich ist Uff nach seinem ausgedehnten Schläfchen nicht „ganz auf der Höhe der Zeit“, ist aber stets bemüht, dazu zu lernen und steht allem Neuen sehr aufgeschlossen gegenüber. Selbstverständlich gerät Lio in seinem Bemühen, das Uff vor allen zu verstecken von einem Schlamassel in den nächsten. Sei es in der Schule, die von einer Fieslings-Direktorin mit eiserner Hand regiert wird, zu Hause, wo die Peppels vom pedantischen Vermieter Herrn Winz („Der Winzling“) terrorisiert wird (u.A. hat er einen Rasenmähroboter als Wachhund umprogrammiert!) oder durch die Nachstellungen des verrückten Prof. Dr. Dr. Othenio Snaida, dessen bester (und einziger) Freund eine in Bernstein gefangene Urzeitmücke ist und der mit dem Einfangen des Uff endlich in den wissenschaftlichen Olymp aufsteigen will.

Eines ist also klar: In dieser Geschichte gibt es jede Menge Chaos, Spaß, Überraschungen und immer wieder etwas zu Lachen! So humorvoll und unterhaltsam diese Geschichte auch ist, transportiert sie doch auch einige Botschaften mit Tiefgang. Denn wer das „Uff“ gelesen hat, wir schnell merken, wie wichtig Themen wie Freundschaft und Zusammenhalt sind, und dass „Anders sein“ nichts ist, wovor man sich fürchten muss.

Komplettiert wird dieses wunderbare Buch durch zahlreiche Illustrationen von Benedikt Beck, dessen Figuren und Zeichenstil mich stellenweise an den fabelhaften André Franquin erinnert haben und die allein beim Betrachten Spaß machen!

FAZIT:
Das wilde Uff ist klasse: Ein Buch voller Spaß, Chaos und Überraschungen – für Klein und Groß!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.04.2017
Berg, Hendrik

Küstenfluch / Theo Krumme Bd.3


sehr gut

Spannende Leseunterhaltung garantiert: ein sehr atmosphärischer und temporeicher Regionalkrimi

Zum Inhalt:
Nordfrieslang leidet unter ungewöhnlichen Wetterkapriolen, es ist unerträglich heiß und Gewitter wühlen die Nordsee auf. Auf dem abseits gelegenen Hof der Familie Jessen stürzt Hinnerk Jessen in den Tod und alle sind sich einig, dass es sich um einen schrecklichen Unfall handeln muss. Nur Kommissar Theo Krumme möchte ein mögliches Fremdverschulden sicher ausschließen und begibt sich im Alleingang auf eine Ermittlung, die ihn immer wieder an die Grenzen des Schweigens und der eigenen Fähigkeiten führt… und dabei nimmt die Bedrohung nahezu unbemerkt immer weiter zu!

Meine Meinung:

„Das Böse ist da. Und nur wenn wir seinen Preis bezahlen, wird es wieder im Dunkeln verschwinden.“ (S. 136)

„Küstenfluch“ ist der mittlerweile dritte Band des deutschen Autors Hendrik Berg um den eigenwilligen, aber liebenswerten Kommissar Theo Krumme, der als Exil-Berliner unter den Nordfriesen erstmal seinen Platz finden muss. Eine Vorkenntnis der ersten beiden Bände ist m.E. nicht notwendig.

Bereits der Start in die Geschichte gibt einen sehr guten Ausblick auf das, was den Leser erwartet: Bauer Hinnerk Jessen stürzt in den Tod und sein Neffe, der sechsjährige Jan will den Tod seines Onkels gespürt und "gesehen" haben. Von hier aus entspinnt sich eine Geschichte, die extrem spannend, temporeich, düster und geheimnisvoll ist – und immer wieder überraschend! Stellenweise erinnert Hendrik Bergs Plot schon an einen waschechten Mystery-Thriller, was mir persönlich extrem gut gefallen hat. Immer mehr, mal mehr, mal weniger geheimnisvolle Ereignisse stürzen dabei auf den Leser ein und man fragt sich unweigerlich, was an den aufkommenden Ideen eines Fluchs oder eines „schwarzen Mannes“ dran sein könnte. Sehr gekonnt fängt der Autor dabei die schon fast unwirklich wirkende Atmosphäre ein, die in dem unter der Hitzeperiode ächzenden Nordfriesland herrscht, und die auf das Gemüt der Charaktere drückt.

Überhaupt haben mir die Protagonisten in „Küstenfluch“ sehr gut gefallen, allen voran natürlich Kommissar Theo Krumme, den ich vom Start weg mochte. Seine Kollegin „Pat“ ist schön schräg und zunächst erst das stille, zurückhaltende Mäuschen, im Verlauf der Geschichte durchaus aber für die eine oder andere Überraschung gut. Die Mitglieder der Familie Jessen sind hingegen ein bunter Strauß verschlossener Eigenbrötler, mit Ausnahme des herzerwärmenden kleinen Jan. Die Antagonisten (auf dessen Offenbarung der Leser lange gespannt sein darf!) sind mir hingegen ein bisschen zu blass und klischeehaft geblieben.

Einen Stern Abzug gibt es von mir, da am Ende zwar alle wesentlichen Fragen beantwortet und alle relevanten Vorkommnisse aufgelöst worden sind, ich mir hier allerdings in Teilen eine etwas stärkere Verknüpfung gewünscht hätte. Dafür ist der Epilog ein sehr gelungenes „Sahnehäubchen“, das einen perfekten Abschluss für diese spannende und düstere Geschichte bildet.


FAZIT:
Sehr spannend, geheimnisvoll, temporeich und immer wieder überraschend. Ein überzeugender Regionalkrimi!

Bewertung vom 03.04.2017
Costello, Matthew;Richards, Neil

Cherringham - Folge 1 & 2


sehr gut

Zwei unterhaltsame und sehr atmosphärische Kurzkrimis

Meine Meinung:

„Cherringham – Landluft kann tödlich sein“ ist eine inzwischen 24 Folgen umfassende Kurz-Krimi-Reihe rund um ein ungleiches Ermittlerpaar, die 38-jährige Webdesignerin Sarah Edwards und den frisch pensionierten, verwitweten und aus New Yorker zugezogenen Ex-Cop Jack Brannen.

Dieses Hörbuch enthält mit „Mord an der Themse“ und „Das Geheimnis von Mogdon Manor“ die beiden ersten Fälle von Sarah & Jack und eignet sich damit hervorragend als Einstieg in die Krimi-Welt des beschaulichen Städtchens Cherringham in den britischen Cotswolds. Ähnlich wie bei anderen Serien (z.B. „Agatha Raisin“) bietet auch „Cherringham“ klassische „whodunit“-Krimis zum Mitraten in schön-schräger britischer Atmosphäre. Da es sich allerdings um Kurzkrimis handelt, ist der Kreis der Verdächtigen bei den ersten beiden Fällen recht überschaubar. Die Stories an sich sind dementsprechend auch nicht so komplex wie man es von „langen“ Romanen gewohnt ist. Dafür sind die Cherringham-Krimis eine sehr kurzweilige und atmosphärisch gelungene Unterhaltung für „zwischendurch“, die man perfekt an einem Abend lesen oder auch auf einer Auto- / Zugfahrt von rd. 3 Stunden hören kann.

Das es den Stories an Komplexität, ausschweifenden Rahmenhandlungen und mehr als ein / zwei überraschenden Wendungen mangelt, ist für mich somit auch keine Schwäche, da es sich nun mal um Kurzkrimis handelt. Dafür haben die beiden Autoren ein sehr sympathisches Ermittlerpaar geschaffen und transportieren in ihren Geschichten eine sehr passige und stimmungsvolle Atmosphäre, wie man es von britischen Krimis gewohnt ist. Auch über einen Mangel an skurrilen Charakteren kann man sich hier nicht beschweren. Selbstverständlich kommt dabei auch der britische Humor nicht zu kurz („Ist das nicht illegal?“ - „Ich ziehe das Wort fragwürdig vor!“). Insbesondere die zweite Folge („Das Geheimnis von Mogdon Manor“) besticht in meinen Augen durch das sehr gelungene Setting eines alten, heruntergekommenen Herrenhaus sowie durch eine schon fast klischeehafte, englische Familie, in denen sich alle irgendwie spinnefeind sind.

Die Audioproduktion ist gewohnt solide und von guter Qualität. Die Sprecherin Sabina Godec liest in einem sehr angenehmen Tempo und mit passender Betonung. Durch wohldosierte Pausen und stellenweise musikalische Untermalung ist das Zuhören insgesamt sehr angenehm.

FAZIT:
Ideal für (jeweils) rd. drei gemütliche Hörstunden: Atmosphärische Kurzkrimis zum Mitraten mit einem sehr ungleichen, aber absolut sympathischen Ermittlerduo.

Bewertung vom 30.03.2017
Frank, Astrid

Enno Anders


ausgezeichnet

Mit „Enno Anders – Löwenzahn im Asphalt“ entführt Astrid Frank (u.a. „Wunderpferde“, „Unsichtbare Wunden“) ihre Leser in die ganz besondere Welt des elfjährigen Enno Anders und lässt uns auf eine sehr einfühlsame Weise an seinen Gedanken und Gefühlen teilhaben. Enno leidet sehr darunter, dass er sich anders fühlt und dies auch immer wieder von seinen Mitmenschen gespiegelt bekommt. Seine Lehrerin Frau Wolf („der böse Wolf“), die ihren Beruf eindeutig verfehlt hat, sagt „Enno kann sich nicht an Regeln halten. Er passt nicht auf, ist ständig abgelenkt, versteht die Aufgabenstelllungen nicht und will immer seinen Kopf durchsetzen.“ (S. 70). Seine Mutter sagt ganz oft „Ach Enno,…“ zu ihm, wenn er mal wieder alles vergessen oder falsch gemacht hat oder wenn er alles wieder ganz wortwörtlich nimmt. Sein Papa sagt, „Enno hat nun mal Pech, nicht in ihr (Frau Wolfs) Weltbild zu passen“ (S. 70). Und Enno denkt über sich selbst: „so was passiert mir ja manchmal, dass ich Dinge nicht merke, die für alle anderen offensichtlich sind, und andererseits Dinge sehe, die außer mir niemand sieht.“ (S. 58). Kurzum scheint Enno das ungeliebte Gegenteil seiner Schwester Elena zu sein, denn „Elena ist groß und stark und schön und kann alles und weiß alles. Und alles, was Elena macht, ist gut und richtig.“ (S. 58).

In dieser schwierigen Situation flüchtet sich Enno ein ums andere Mal in die oftmals skurrile, aber stets absolut liebenswürdige Welt seiner Gedanken und Fantasie. Er schreibt Briefe an seinen verstorbenen Opi, der ihm sehr ähnlich war und der der einzige Mensch in Ennos Leben gewesen ist, der ihn verstehen konnte. Auf seinem Computer schreibt Enno eine Geschichte über sich selbst, die noch viel mehr vor Fantasie und Fantastik strotzt als vor Rechtschreibfehlern (und davon gibt es nicht wenige). So bittersüß und stellenweise durchaus humorvoll sich das alles liest, so tiefgründig, ernst und berührend ist doch die Botschaft, denn Enno träumt von seiner eigenen Beerdigung und einer Reise zu „seinem Heimatplaneten“ Mamojusave, wo er endlich ganz normal sein kann.

Zu Beginn der Geschichte hat Enno eigentlich nur einen einzigen Menschen, der wirklich an ihn glaubt und ihn gerne und vorbehaltlos so akzeptiert, wie er ist: sein bester und leider auch einziger Freund Olsen, das hochbegabte Genie von nebenan. Es ist sehr schön zu lesen, wie Olsen Enno Halt gibt, ihn bestärkt und dabei mehr als einmal die Rolle übernimmt, die eigentlich Ennos Eltern zukommen sollte. Doch im Verlauf der Geschichte findet Enno glücklicherweise auch immer mehr und mehr Rückhalt in seiner eigenen Familie – und das ist wirklich herzerwärmend zu lesen!

***ACHTUNG SPOILER: IM FOLGENDEN VERRATE ICH, WAS ENNO SO „ANDERS“ MACHT***
Selbstverständlich lässt die Astrid Frank ihre Leser nicht ratlos zurück, sondern verrät auch durch die sehr gelungene Figur des Dr. Müller, was Enno so besonders macht: Enno ist hochsensibel – Er nimmt unglaublich viele Dinge wahr und das auch noch viel stärker, als die meisten andern Menschen. Ein „Ausblenden“ z.B. von störenden Geräuschen oder Gerüchen ist für Enno ganz, ganz schwer, so dass in seinem Kopf oftmals ein ganz großes Durcheinander herrscht. Das macht Enno unter den robusten Löwenzähnen zu einer empfindlichen Orchidee, die viel Pflege und Zuwendung braucht, um dann am Ende doch alle überstrahlen zu können!
***SPOILER ENDE***

Wenn Du eine Orchidee bist - sei stolz darauf!

FAZIT:
Bittersüß, fantasievoll, humorvoll-schräg und zutiefst bewegend. Ein flammendes Plädoyer für die positive Sicht der Individualität eines jeden Kindes und ein fantastischen Buch für alle Eltern und Lehrer besonderer Kinder – und auch für diese Kinder selbst!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.03.2017
Weiß, Sabine

Schwarze Brandung / Liv Lammers Bd.1


sehr gut

Ein sehr atmosphärischer, gesellschaftskritischer und vor allem überraschender Regionalkrimi

Zum Inhalt:
Am Sylter Strand vor Westerland wird die grausam zugerichtete Leiche einer jungen Frau gefunden. Mit den Ermittlungen werden die Kommissare des Flensburger K1 betraut. Mit im Team ist Liv Lammers, die erst vor kurzem einen Anruf ihres Neffen Jan bekommen hat, der ihr vom Verschwinden seiner Freundin berichtet hat. Vor Ort muss sich Liv nicht nur einem undurchschaubaren Fall, sondern auch den Dämonen ihrer eigenen Vergangenheit stellen.

Meine Meinung:

„Kriminalistisches Denken kennt keine Skrupel.“ (S. 132)

Mit „schwarze Brandung“ legt die deutsche Erfolgsautorin Sabine Weiß ihren ersten Krimi vor. Mit ihren historischen Romanen (u.a. „Hansetochter“, „Die Buchdruckerin“) hat sie bereits bewiesen, dass sie ein gutes Händchen für regionale Geschichten hat.

Der Start in die Geschichte ist ein klassischer Krimi-Start: Ein knapper, bedrohlicher Prolog, eine kurze, sehr plastische Einführung der neuen Protagonistin Liv Lammers und schon geht es mit dem Auffinden der Leiche direkt hinein ins Krimi-Geschehen und ab nach Sylt. Sehr eindrucksvoll skizziert Sabine Weiß dabei ein sehr ambivalentes Bild dieser Insel: Auf der einen Seite die raue und fast unvergleichliche Schönheit der Natur, auf der anderen Seite die glitzernde Welt der Schönen und Reichen, die ihre ganz eigene und sehr unschöne Schattenseite hat. Diese Zerrissenheit spiegelt auch die nicht einfache Vergangenheit der Protagonistin sehr gekonnt wider, wodurch Liv Lammers zwar manchmal ebenso rau und unnahbar wirkt, dafür aber umso plastischer und realer erscheint und mir vom Start weg sympathisch war.

Die Spannung ist für meinen Geschmack nach dem Auffinden der Leiche erstmal etwas seichter geblieben und die Story hat sich auf den ersten ca. 100 Seiten etwas zu linear entwickelt. Im Folgenden verästelte sie sich aber immer mehr und bot gleich einen ganzen Strauß an Antagonisten auf, bei dem von überkandidelt-snobbistisch bis ekelhaft-abstoßend wirklich alles dabei war. Je weiter die Story voran schritt, desto mehr Spaß hatte ich daran, eigene Theorien aufzustellen und Hauptverdächtige ins Visier zu nehmen. Und doch ist es Sabine Weiß am Ende gelungen, ein absolut dramatisches und (für mich) unvorhersehbares Finale aufzufahren und eine Auflösung zu präsentieren, die in sich rund, nachvollziehbar und dennoch vollkommen überraschend war. Genau das macht einen guten „whodunit“-Krimi aus!

Eine weitere Stärke dieses Krimis ist die außergewöhnlich starke Charakterentwicklung. Neben der Story-immanenten Entwicklung bei Liv hat es Sabine Weiß beispielsweise geschafft, mit Hennes Liv einen Ermittlungspartner an die Seite zu stellen, den ich zu Beginn so gar nicht mochte, der sich im Verlauf der Geschichte aber mehr als nur meine Hochachtung verdient hat.

FAZIT:
Atmosphärisch, spannend und absolut überraschend – ein toller Regionalkrimi mit einem Schuss Gesellschaftskritik. Bitte mehr von Liv Lammers!

Bewertung vom 24.03.2017
Rath-Hodann, Nora

KLIMT - erzählt für Kinder


ausgezeichnet

Das Leben des berühmten Malers – kindgerecht erzählt und wunderbar illustriert

Meine Meinung:
„Klimt – Erzählt für Kinder“ ist der zweite Band aus der Reihe „Julie geht ins Museum“ („Kinderbücher zu Österreichs Geschichte(n)“). Auf 55 Seiten erzählt Autorin Nora Rath-Hodann die Geschichte des berühmten österreichischen Malers Gustav Klimt (1862 – 1918) indirekt durch Julies Mama, die mit ihrer Tochter ein Museum besucht, um sich die bekannten Werke anzusehen. Dabei sind Mutter und Tochter stets in einem Dialog so dass am Thema „Klimt“ entlang gleichzeitig Informationen über die Kunstgeschichte und (nicht gerade einfachen!) Lebensumstände zu dieser Zeit vermittelt werden. Beispielsweise wird vom Wandel Wiens unter Kaiser Franz-Joseph I. vom „mittelalterlichen Dorf“ hin zur modernen, mondänen Stadt berichtet oder auch von der Rolle der Frau in den damaligen Zeiten. Dies ist wirklich interessant zu Lesen, auch für Erwachsene! Besonders gut gefallen hat mir auch, dass die Autorin (wie schon bei „Sisi“) kein Blatt vor den Mund nimmt und auch die Schicksalsschläge, die Klimt in seinem Leben hinnehmen musste, erwähnt – sei es der frühe Tod der kleinen Schwester oder auch der Ausbruch des ersten Weltkriegs. Dies tut sie allerdings stets in kindgerechten Worten und auf sehr einfühlsame Weise.

Diese wirklich sehr schön erzählte Geschichte wird komplettiert von zahlreichen, teilweise ganzseitigen Illustrationen von Peter Diamond. Der Wiener Illustrator schafft es mit seinen „Neuinterpretationen“, die fantastischen Werke Klimts in eine „moderne“ und sehr kindgerechte Form zu bringen. Allein Diamonds Illustrationen sind sehr sehenswert – sie laden zum Betrachten, Entdecken und Träumen ein. Am Anfang ist es nur etwas irritierend, dass im Text nicht die Originale von Klimt abgedruckt sind. Diese finden sich erst im Anhang auf den Seiten 60 – 73. Für meinen Geschmack wäre es passender gewesen, wenn die Bilder von Peter Diamond gleich den Originalen im Text gegenüber gestanden hätten.

Band 3 - „Maria Theresia“ – ist für 2017 angekündigt.

FAZIT:
Klimts Leben in einfühlsamen und kindgerechten Worten – kombiniert mit großartigen „Neuinterpretationen“ von Klimts Werken sowie Abbildungen der Originale. Ein zauberhaftes kleines Buch für kleine wie große Leser!