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TochterAlice
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Köln

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Insgesamt 1464 Bewertungen
Bewertung vom 11.01.2021
Phillips, Julia

Das Verschwinden der Erde


sehr gut

Kamtschatka sehen und sterben: das tun die meisten der durchaus zahlreichen Akteure dieses Spannungsromans, allerdings nicht sofort. Die meisten von ihnen leben dort nämlich den meisten Teil ihres Lebens und haben damit einen für uns ganz fremden Lebensstil, denn dort ist es einsam, es gibt wenige Städte und Siedlungen, die Natur hält das Leben im Griff. Auch, wenn Kulturen aufeinander prallen, denn Autorin Julia Phillips berichtet sowohl von Städtern als auch von Angehörigen indigener Völker, die teilweise als Nomaden leben und der Natur sehr eng verbunden sind.

Es verschwinden drei Mädchen - zwei Schwester, noch kleine Kinder, aus der Hauptstadt Petropawlowsk und ein größeres, bereits ein älterer Teenager, aus Esso, einem Dorf, das fest in Händen der Ureinwohner der Insel ist. Lilja, so heißt sie, verschwand einige Zeit vor den Schwestern, die entführt wurden. Allmählich bewegen sich diese beiden Fälle und das jeweils dazu gehörende Personal aufeinander zu.

Ein Roman, in dem aus meiner Sicht die Bewohner von Kamtschatka im Vordergrund stehen, dieser einsamen Halbinsel, die so oft für Witze herhalten muss, quasi das russische bzw. früher sowjetische Hintertupfingen. Wer sich für unbekannte Regionen (bzw. gerade diese hier) und ihre Bewohner interessiert, der ist hier genau richtig und wird so manche Lücke schließen können.

Mir gefällt der Stil der Autorin Julia Phillips, doch hat mir am Ende ein bisschen etwas in Bezug auf die Auflösung gefehlt. Ich bin allerdings auch mit falschen Erwartungen herangegangen, habe ich doch fest auf den hinten auf dem Umschlag empfohlenen literarischen Thriller gesetzt.

Aus meiner Sicht passt "literarisch", "Thriller" aber eher nicht. Es geht eher um die Menschen auf Kamtschatka, vor allem die Frauen, ihr Leben, ihre Sehnsüchte, ihr Alltag. Es kommt eine ganze Menge von Personal vor, deswegen ist die Liste der Hauptpersonen, die dem Roman vorangestellt ist, sehr hilfreich, ebenso wie eine Karte von Kamtschatka, bei deren Betrachtung klar wird, was für Entfernungen die einzelnen Ansiedlungen trennen und wie weit all das von Moskau und erst recht von Sankt Petersburg entfernt ist.

Bewertung vom 09.01.2021
Bennett, S J

Das Windsor-Komplott / Die Fälle Ihrer Majestät Bd.1


ausgezeichnet

Die Queen als bewährte Ermittlerin

Richtig. Sie haben verstanden: DIE Queen ist gemeint: die britische "Lisbeth", die ein bisschen auch die unsrige ist. Mit starken deutschen Wurzeln versehen, deutet zumindet die Pünktlichkeit als eine ausgesprochen deutsche Eigenschaft auf diese Herkunft hin. Doch nun, als Königin, ist sie Britin mit Haut und Knochen, wie wir alle wissen. Und hat durchaus ihren eigenen Kopf. Das wussten wir schon immer, aber in diesem Roman bzw. Krimi erfahren wir Genaueres.

Nämlich, dass sie bereits seit Jahren, nein: Jahrzehnten fleißig ermittelt und ihre Nase in alles steckt, was sie nichts angeht. Obwohl: eigentlich ja doch, denn es ist ihr Staat und in diesem speziellen Fall auch ihr Terrain, auf dem die Verbrechen stattfinden.

Es gab nämlich ein flottes Fest zur Osterzeit auf Schloss Windsor: Charles - richtig, der Kronprinz, sie kennen alle diesen Hallodri und Ehebrecher in früheren Zeiten - genau DER hatte seine Mutter darum gebeten, mal zum Thema Russland einzuladen. Weil er diesbezüglich Kontakte benötigte. Und hat sich dann selbst verdünnisiert.

Was eigentlich kein Problem war, denn Her Majesty the Queen hat sich königlich - wie denn auch anders - amüsiert. Grund dafür war ein begnadeter Pianist - Russe seines Zeichens, der sie nach musikalischen Genüssen auch noch weiteren zugeführt hat. Sie haben nämlich getanzt, als wenn es kein Morgen gäbe und dabei steht die Königin kurz vor ihrem Neunzigsten.

Ja, Sie haben richtig gelesen, doch setzen wir uns darüber mal flink hinweg, wir wollen die hochstehende Dame doch keinen Peinlichkeiten aussetzen!

Jedenfalls: dieser junge Prachtkerl wird am nächsten Tag unter überaus delikaten Umständen tot aufgefunden. My God, alles deutet darauf hin, das er keines natürlichen Todes gestorben sein könnte!

Da die "Offiziellen" in eine ganz andere Richtung ermitteln als es der Queen im Sinn steht, nimmt sie selbst Ermittlungen auf - nicht zum ersten Mal. Und zieht zur Unterstützung ihre Privatsekretärin Rosie heran, die noch ziemlich neu in diesem Amt ist und für die diese spezielle Neigung Ihrer Majestät, auf eigene Faust zu ermitteln, eine große Überraschung bedeutet. Doch sie leckt schnell Blut.

Und dann gibt es für die beiden Damen kein Halten mehr, für uns Rezipienten bedeutet das ein grandioses Lesevergnügen. Ich zumindest habe diesen herrlichen, vergnüglichen Roman bzw. Krimi regelrecht gefressen und empfehle ihn jedem weiter, der ein bisschen royale Leichtigkeit, aber auch Logik in seinem Leben gebrauchen kann!

Bewertung vom 09.01.2021
Buwalda, Peter

Bonita Avenue


ausgezeichnet

Eine Geschichte wie ein Knall: das ist "Bonita Avenue", das Debüt des niederländischen Autors Peter Buwalda. Das ist durchaus wörtlich gemeint, denn eine Explosion gibt es wirklich in dem Roman: die Katastrophe von Enschede, die Explosion der Feuerwerksfabrik im Mai 2000, durch die ein ganzer Stadtteil zerstört wurde, ist ein Bestandteil des Romans und markiert hier einen Wendepunkt bzw. setzen schleichende Veränderungen zu genau diesem Zeitpunkt ein. Ein Mann wie ein Hammer. das ist Siem Sigerius, den man als Held, als Mittelpunkt dieses Romans bezeichnen kann: Mathematikprofessor, erfolgreicher Judoka, Jazzfan und Familienvater - ein eindrucksvoller, vielschichtiger, fragwürdiger Charakter. Um ihn, den Aufsteiger aus einfachen Verhältnissen, der in zweiter Ehe mit Frau und zwei Stieftöchtern glücklich ist, seine Altlasten jedoch eiskalt hinter sich lässt, rankt sich ein wahres Drama, eine Geschichte um Verrat, Hass, Ehrlichkeit, Verlogenheit und Liebe, in der die weibliche Hauptrolle von seiner älteren Stieftochter Joni, der zeitweiligen Ich-Erzählerin, einer starken, nicht minder vielschichtigen und gewissermaßen zerissenen Persönlichkeit eingenommen wird und quasi den weiblichen Gegenpol zu Siem Sigerius bildet. Einen - allerdings keinesfalls neutralen - Betrachter von aussen gibt es auch: Jonis Freund Aaron, der die Familie auf seine Weise er- und überlebt. Ein Action-Roman mit Anspruch - das ist "Bonita Avenue". Buwalda schreibt auf hohem Niveau, doch bei ihm steht nicht das Wort, sondern die Taten, die Entwicklungen an erster Stelle. Ein Buch wie ein Film - doch wird es schwierig, die ganzen Bilder, die Buwalda in Worte fasst, in ihrer Bedeutung genau so umzusetzen. Also: lesen, lesen, lesen! Das Buch ist etwas für Freunde anspruchsvoller Literatur, die neue Wege nicht scheuen. Buwalda ist nicht - wie oft bemüht - mit Franzen zu vergleichen. Wenn man überhaupt ein Werk der modernen Literatur zum Vergleich heranziehen kann, wäre das in meinen Augen eher Eugenides' "Middlesex" - aber eigentlich ist Buwalda Buwalda, er ist neu, ungewöhnlich, und bereit, wie eine Bombe in die Literaturwelt einzuschlagen. Ein bemerkenswertes Debüt - durchaus eine Herausforderung für den Leser. Aber eine, die man nicht verpassen sollte!

Bewertung vom 07.01.2021
Helfer, Monika

Vati


ausgezeichnet

Ein Mann der Bücher

Das ist Josef, der invalide Exsoldat. Also Vati, Monika Helfers Vater, den Grete Moosbrugger, ihre Mutter, sich im Lazarett schnappt und vom Fleck beziehungsweise von der Front weg heiratet. So kommt er zur "Bagage", deren Teil Grete ist, eines der vielen Geschwister dieser Familie, die im Fokus des Vorgängerromans der Autorin steht. Auch er kommt vom Rand der Gesellschaft, auf eine andere Art und Weise allerdings. Und er liebt Bücher auf eine bedingungslose Art und Weise. Ihm geht es nicht nur ums Lesen, sondern auch ums Berühren, ums Besitzen.

Das Schaffen einer Bibliothek ist sein großes Werk, fast könnte man sagen, sein Lebenswerk, auch wenn es nicht für die Ewigkeit Bestand hat. Er wird nämlich zum Verwalter eines Kriegsopfer- Erholungsheimes, das über Jahre nur im Sommer belegt ist und so wachsen Monika Helfer und ihre Geschwister zunächst in schöner Natur und mit viel Platz auf. Sie können sich aussuchen, wo sie schlafen möchten - die meiste Zeit des Jahres jedenfalls. Josef leitet das Heim mit fester, aber nicht zu strenger Hand - sein Ein und Alles ist die von ihm begründete Bibliothek. Wer ihm da nicht rein redet bzw. sogar unterstützt, der hat anderweitig durchaus freie Hand.

Und dann ändert sich alles, die Mutter stirbt und auch das Erholungsheim verschwindet. Und leider auch Vati - zumindest aus dem Leben seiner Kinder Kinder - er wird zum Abwesenden.

Vati ist ein ganz schöner Brocken: einer, der seinen Kindern Wichtiges und Schönes näher bringt, Bücher vor allem. Doch er ist auch einer, der nicht immer zu ihnen steht, es in bestimmten Lebenslagen offenbar nicht kann. Ob es seiner eigenen Geschichte wegen ist? Denn auch seine Kindheit war keine einfache. Und er macht es seinen Kindern auch nicht gerade leicht.

Die Atmosphäre ist es, die mich als Leserin dies es eindringlichen Romans bis ins Innerste trifft und verfolgt, das Wiedererkennen nämlich. Das Erkennen von Aspekten des Lebens unter Kriegsversehrten, von bestimmten Ansätzen, die ich gar nicht so genau benennen kann, die mich eher emotional treffen und wohl in meine früheste Kindheit zurückführen ist, denn auch mein Vater war einer von ihnen. Dieser Punkt vor allem macht diesen Roman zu einem ganz besonderen Buch für mich, doch auch der Zugang der Autorin zum alles andere als einfachen Thema hat mich tief beeindruckt. Gewissermaßen gibt sie sich und ihre Familie ihren Lesern preis. Somit ist dieses Buch eine ganz besondere Art von Denkmal, das sie ihrem Vater setzt, eines mit Ecken und Kanten, aber auch mit viel Wärme!

Bewertung vom 07.01.2021
Sands, Philippe

Die Rattenlinie - ein Nazi auf der Flucht


sehr gut

Ein irreführender Titel: es geht weniger um die Rattenlinie, nämlich den Weg der Nazis nach Lateinamerika als um die Geschichte des Otto Wächter und seiner Familie. Das Buch dringt tief in das Bewusstsein und Gewissen Nachgeborener. Muss man unter allen Umständen zu seinen Vorfahren stehen, wie es Horst, der Sohn von Otto Maurer bedingungslos tut?

Eine spannende Auseinandersetzung mit ethischen Werten, aber auch mit der realen Vergangenheit.

Bewertung vom 03.01.2021
Dobson, Melanie

Erinnerungen aus Glas


gut

Hier begegnen sich Kindheitsfreunde in den Niederlanden unter schwierigsten Bedingungen wieder. Sie haben sich sehr von einander entfernt, Eliese hat ihre Freunde Josie und vor allem Samuel enttäuscht, indem sie ein Versprechen gebrochen und sich einem anderen Mann zugewandt hat. Und doch finden Eliese und Josie wieder zueinander, als es darum geht, Kinder - Juden wie sie selbst - vor dem Konzentrationslager und damit vor dem sicheren Tod zu bewahren.

Auf einer zweiten Erzählebene begegnet uns die junge Ava in der Gegenwart, eine Außenseiterin in der eigenen Familie. Auch, wenn hier eine große Liebe entsteht und Ava auch in anderer Hinsicht über sich selbst hinauswächst, empfinde ich ihn im Vergleich zur Vergangenheit als deutlich weniger eindringlich. Es herrscht ein gewisses Chaos und die Auflösung erfolgt aus meiner Sicht zu glatt.

Ja, in diesem Roman, der erstaunlicherweise auf wahren Begebenheiten basiert - erstaunlich, weil vieles so widersprüchlich und/oder unglaublich ist, dass man es kaum fassen kann, kommt das Schlimmste, aber auch das Beste im Menschen zum Vorschein. Ich hätte nicht geglaubt, dass Menschen so kaltblütig, so zynisch sein können. Auf der anderen Seite ist es aber noch viel erstaunlicher, wieviel Gutes ein Mensch - und noch mehr viele Menschen zusammen - unter allerschwierigsten Bedingungen und größten Opfern zustande bringen können.

Schade nur, dass das alles in einem recht chaotischen Stil erzählt wird, es hätte noch weitaus eindringlicher präsentiert werden können, als es ohnehin schon der Fall ist!

Bewertung vom 31.12.2020
Seligmann, Rafael

Hannah und Ludwig


sehr gut

Obwohl er von seinen körperlichen und geistigen Voraussetzungen her nicht gerade der lebenstüchtigste Zeitgenosse ist, schafft es Ludwig Seligmann, in den 1930er Jahren, noch bevor es richtig losgeht mit Bücherverbrennungen und dann auch denen von Menschen, seine gesamte Familie nach Palästina zu holen und ihnen ein Zuhause zu schaffen.

Eines, das ihm von seiner wesentlich anpackerenden Schwester dann auch bald wieder abgeschwatzt wird.. Doch Ludwig lebt weiter, er hat seine Begabung als Kaufmann entdeckt und heiratet nach etlichen Frauenbekanntschaften die schöne Hannah, die ihm von einem Bekannten vorgestellt bzw. vermittelt wird.

Hannah hat im Gegensatz zu Ludwig ihrem Bruder geraten, in Polen zu bleiben und macht sich nun ständig Vorwürfe. Sie ist eine kluge und besonnene Frau, aber kein glücklicher Mensch, warum, das wird bald deutlich und ist für den Leser mehr als nachvollziehbar.

Doch als sie nicht mehr zu hoffen wagen, wird Söhnchen Rafael - richtig, der Autor dieser Geschichte - geboren. Auf ihn richtet Hannah nun ihre gesamte Aufmerksamkeit und Liebe, das größte Glück wird zur großen Prüfung für das Paar. Zu der inzwischen - in der Nachkriegszeit und im jungen Staate Israel - noch so einige hinzukommen.

Ludwig lernt, dass eigentlich auf niemanden Verlass ist, auch nicht auf sich selbst - eine mitreißende, zeitweilig verstörende Familiengeschichte. Der Autor schreibt offen und ehrlich über seine Verwandtschaft und beschönigt nichts. Wobei diese Geschichte natürlich eines nicht ist, nicht sein kann: objektiv. Und so macht der Autor passenderweise nicht mal einen Versuch dazu.

Lesenswert für Menschen, die sich für die Geschichte des 20. Jahrhunderts interessieren und starken Tobak nicht scheuen!

Bewertung vom 30.12.2020
Raki, Ina

Marlenes Erbe


ausgezeichnet

Susa wohnt schon lange in München und mag das Leben dort eigentlich auch - es ist viel los, ihr gefällt die Atmosphäre und last but not least scharen sich dort ihre engsten Freunde und liebsten Verwandten um sie. An Vertrauten mangelt es also nicht.

Auch wenn es ihr nicht so richtig gut geht: ein bisschen knabbert sie noch an der Trennung vom fiesen Frank, der sie vor Jahresfrist sang- und klanglos verließ und gleich mit einer Neuen (Jünger natürlich) aufwartete. Das weiß sie, weil auch Frank - Jahrelang ihre On-Off-Beziehung - etwas Gutes hinterlassen hat, etwas sehr Gutes sogar. Nämlich wundervolle Verwandtschaft, die nichts lieber tut, als sich mit Susa anzufreunden: seine Tante Marlene, Schneiderin, und sein Vater Albert, Koch und Inhaber der lokalen Gaststätte. Nein, nicht eines hippen Münchner Stadtteils, sondern im verschlafenen Nest Seelhausen. Das liegt in der Nordeifel - schon mal gehört?

Ich als Kölnerin kenne das, aber selbst wenn die Nordeifel ein komplett weißer Fleck auf der Landkarte ist - sie werden bestimmt mal hinwollen. Und das nicht nur wegen der Nähe zu Belgien, den Niederlanden und Köln.

Denn genau hierher verlegt sich die Handlung nach einem sehr, sehr traurigen Ereignis, das wie so oft im Leben mit etwas Erfreulichem einhergeht: Marlene ist plötzlich verstorben und vermacht Susa all ihre irdischen Güter. Naja, nicht ganz: etwas gibt es noch zu verteilen. Susa, selbst gelernte Schneiderin und Möchtegern-Designerin mit einer in der Schublade liegenden Kollektion nimmt die Herausforderung an und zieht von jetzt auf gleich aus dem mondänen München ins beschauliche Seelhausen.

Beschaulich? Autorin Ina Raki zeichnet auf, dass nicht immer die Dorfbewohner die wahren Hinterwäldler sind, es kommt nämlich auf Herz und auf gesunden Menschenverstand an und darüber - so scheint es - verfügen in Seelhausen ganze Kohorten von Einwohnern - jeder auf seine Art.

Warum die Sache doch noch zu einer Art Krimi wird und wie Susa da rauskommt, das sollten Sie bitte selbst lesen. Denn es lohnt sich unbedingt. Gerade jetzt, an trüben und vielleicht einsamen, als Isolation empfundenen Tagen, ist dieses optimistische Buch genau das Richtige: Es zeigt, dass man nicht unbedingt an einem belegten Ort sein muss, um aus der Einsamkeit herauszukommen: manchmal zeigt sich gerade an abgelegenen Orten das Besondere und Offene. Ein wenig gestört hat mich die Darstellung bzw. Benennung sexueller Vielfalt: stellenweise hatte ich den Eindruck, dass jeder Dorfbewohner in irgendeiner Form queer ist. Das war mir deutlich zu viel - das hätte es nicht gebraucht, um die Toleranz zu unterstreichen. Aber das mag auf jeden Leser subjektiv wirken. Insgesamt ist "Marlenes Erbe" eine richtig tolle Entdeckung!

Bewertung vom 23.12.2020
Joyce, Rachel

Miss Bensons Reise


gut

Eine Frau, nämlich Miss Benson, ihres Zeichens Lehrerin mit ein klein wenig Dreck am Stecken, macht sich auf zur anderen Seite der Welt um einen sehr, sehr seltenen Käfer, nämlich einen güldenen, den noch nie jemand in Natura gesehen hat, zu finden, begleitet von einer zweifelhaften Assistentin und verfolgt von einem selbsternannten Exkursionsleiter, von dem sie gar nichts weiß. Eine Art Road Movie der schrägen Art also.

Und ja, zweifelsohne gab es Aspekte an dem Buch, die es mir angetan haben: es ist originell und beinhaltet einige ausgesprochen skurrile Stellen, die mich gut unterhalten haben. Leider jedoch habe ich mehr noch unter den vielen Längen und gelegentlichen Redundanzen gelitten. Die Längen nahmen zum Ende hin ab, die Redundanzen wurden jedoch immer mehr, insbesondere waren das Anspielungen auf bestimmte Entwicklungen zum Ende hin, die man dadurch mehr und mehr voraussehen konnte.

Ich kannte bislang nur einen Roman der Autorin und zwar "Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie", der mir ausgesprochen gut gefiel. Von daher habe ich mich mit recht hohen Erwartungen an das vorliegende Werk gemacht - gut möglich, dass mir das Buch andernfalls mehr zugesagt hätte und ich einfach übertrieben streng geurteilt habe.