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Leseigel
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Villingen

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Insgesamt 1075 Bewertungen
Bewertung vom 24.07.2020
Wilhelm, Uwe

Die Frau mit den zwei Gesichtern


ausgezeichnet

Schatten der Vergangenheit
Die alleinerziehende Noa Stern lebt davon, dass sie als Bodyguard für Frauen arbeitet. Vor Jahren ist sie mit ihrer Tochter und ihrer Mutter Rena aus dem Kriegs geplagten Libanon nach Berlin geflohen in der Hoffnung auf ein besseres Leben und aus Angst vor den Folgen einer von ihr begangenen Straftat. Noa lebt in ständiger Geldnot, doch das Leben könnte schlechter sein. Das ändert sich, als sie mit der Tat aus der Vergangenheit von einem Clanboss erpresst wird. Sie soll für ihn einen Mord begehen. Egal wie Noa sich entscheidet, sie kann nur verlieren. Noa entwickelt einen aberwitzigen Plan, um davon zu kommen. Damit er gelingt braucht sie Glück, sehr viel Glück.

Das Buch ist einer der besten Krimis, die ich bisher gelesen habe. Das liegt an der ungewöhnlichen Geschichte und der ungewöhnlichen Heldin. Noa ist eine junge Frau, die gelernt hat im Großstadtdschungel zu überleben. Das bedeutet, dass sie mit den dunklen Seiten Berlins vertraut ist und für sich entschieden hat, möglichst allein zurecht zu kommen. Gleichzeitig setzt sie sich für misshandelte Frauen ein. Mir war Noa sehr sympathisch und ich habe sie für ihre Stärke bewundert. Die Geschichte spielt im Clanmilieu Berlins, das von Großfamilien aus dem Libanon beherrscht wird. Welche Auswirkungen das auf die Polizeiarbeit in der Stadt hat, zeigt sich in der Figur des Polizisten Gabriel Bukowski, der für Noa mehr als Freundschaft empfindet. Ich habe zusammen mit ihm gelegentlich vor Wut die Fäuste geballt wegen der Ohnmacht der Staatsgewalt.

Die Handlung selbst ist unglaublich spannend. Ständig gibt es neue Wendungen und Noa ist mehr als nur einmal in einer lebensbedrohenden Situation. Auch sprachlich konnte mich der Krimi vollständig überzeugen. Sie ist Milieu angepasst und deshalb manchmal eher schnoddrig und passt dadurch perfekt zum Setting und zur taffen Noa.

Absolute Leseempfehlung für einen spannungsgeladenen Krimi mit einer ungewöhnlichen Heldin

Bewertung vom 19.07.2020
Kuhn, Christian

Nordseedämmerung / Tobias Velten Bd.1


ausgezeichnet

Trau, schau, wem
Der Bundespräsident Bramberger plant seinen Urlaub auf Juist zu verbringen. Kriminalhauptkommissar Velten soll das Bewachungsteam von Svenja Jenner bei dieser schwierigen Aufgabe, den Schutz des Politikers zu garantieren, unterstützen. Zumal Bramberger nicht zur Zusammenarbeit bereit ist und der Bewachung ablehnend gegenüber steht. Gleichzeitig hat Velten den Auftrag, einen vermuteten Maulwurf im Team Jenner zu enttarnen. Velten ist nicht begeistert, denn Jenner ist eine langjährige gute Freundin und Kollegin. Dann geschieht tatsächlich ein Attentatsversuch. Jenner gelingt es, den Täter auszuschalten. Doch die Gefahr ist noch nicht vorbei. Velten ist sich nun mehr sicher, dass es einen Maulwurf gibt. Dieser scheint aus Veltens engstem Umkreis zu kommen, denn Velten wird diskreditiert durch Informationen, die nur wenige kennen. Velten ist zudem überzeugt, dass es Hintermänner des Attentäters geben muss, die wahrscheinlich entschlossen sind, den Auftrag zu Ende zu bringen.
Die Spannung des Buches stieg mit jeder Seite. Zuerst beginnt es recht beschaulich. Ein Attentat auf den Bundespräsidenten erschien mir bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Attentäter in die Handlung eingeführt wird, eher unwahrscheinlich. Bramberger selbst ist eine unsympathische Figur, herrisch, herablassend und möglicherweise korrupt. Motive für einen Mordanschlag gibt es jedenfalls. Dagegen wurde mir Velten immer sympathischer. Trotz eines drohenden Burnouts und Aversionen gegen seinen Schutzbefohlenen Bramberger nimmt er sich seines Auftrages professionell an und scheut auch die Auseinandersetzung mit Bramberger nicht. Als klar ist, dass der Maulwurf im nahen Umfeld sein muss, breitet sich an Paranoia grenzendes Misstrauen aus. Jeder scheint verdächtig. Auch ich habe mich von vom Misstrauen anstecken lassen und schließlich jeden noch so harmlosen Urlauber verdächtigt. Die Handlung läuft zielstrebig auf den finalen Höhepunkt zu. Die Enttarnung des Maulwurfes ist keine wirkliche Überraschung, war aber logisch und hat mich eher traurig gestimmt.
Insgesamt ist es ein unterhaltsam zu lesender Krimi mit hohem Spannungsfaktor und einer nicht ganz alltäglichen Geschichte, die überzeugend umgesetzt wurde.

Bewertung vom 16.07.2020
Langenscheid, Adrian

True Crime Schweden (MP3-Download)


sehr gut

18mal realer Schrecken
Das Buch beinhaltet 18 reale schwedische Kriminalfälle aus den vergangenen 20 Jahren. Jeder Fall ist erschreckend und zeigt, wozu Menschen aus den unterschiedlichsten Beweggründen fähig sind. Die Bandbreite reicht von Brandstiftung durch Jugendliche aus Rache dafür, dass ihnen der Zutritt zu einer Tanzveranstaltung verwehrt wurde, über Mord aus Habgier bis hin zum Mord an den eigenen Kindern, um die Mutter zu bestrafen.

Der Autor bedient sich bei seinen Berichten einer neutralen Sprache. Er schildert die Fakten und wertet nicht, so dass ich mir als Leser eine eigene Meinung bilden konnte. So weit bekannt gibt er Informationen zur Vorgeschichte der Täter und was aus ihnen nach dem Gerichtsprozess geworden ist. Für einige der Täter habe ich sogar ein wenig Mitleid empfunden, weil sie psychisch krank und damit in meinen Augen für ihre Taten nicht voll verantwortlich waren. Bei anderen dagegen regte sich schon mal der Impuls " Auge um Auge". Besonders bei Fällen, in denen Kinder zu Opfern wurden wie in einem widerwärtigen Fall von Kindesmisshandlung. Aber alle Fälle haben gemein, dass sie tatsächlich passiert sind und nicht der Phantasie des Autors entsprungen sind. Das hat den Schrecken für mich vergrößert und gezeigt, dass das abgrundtief Böse leider nur all zu real ist.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.07.2020
Sommerfeldt, Albrecht

Von Huren, Bettlern und Glunterschratzen


ausgezeichnet

Fesselnder Krimi mit opulentem historischem Hintergrund
Wir schreiben das Jahr 1617. Der ehemalige Soldat Johann hält sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser. Er wohnt im Hamburger Viertel St.Jakobi, der Heimat von Bettlern, Huren und Menschen am Rande der Gesellschaft. Da fällt es niemanden auf, wenn plötzlich jemand verschwindet. Besonders, wenn er nicht aus Hamburg stammt. Als die Hure Klara von einem Tag auf den anderen wie vom Erdboden verschluckt ist, macht sich jedoch Johann Gedanken, da er das Mädchen mochte. Bei seinen Nachforschungen stellt er fest, dass sie nicht die Einzige ist, die spurlos verschwunden ist. Ist der Prediger dafür verantwortlich, der von der Kanzel herunter gegen Juden, Huren und Bettler hetzt ? Ohne es zu wissen, scheint Johann den Tätern auf der Spur zu sein, denn er wird mehrmals angegriffen. Als Johann das Motiv für die Verbrechen heraus findet, kann er er es selbst nicht glauben, wozu Menschen in der Lage sind. Und die Täter stehen außerhalb der irdischen Gerichtsbarkeit.

Mit jeder Seite war ich vom Buch mehr begeistert. Besonders angetan war ich von der Tatsache, dass die Protagonisten nicht reiche Handelskaufleute waren, sondern am Rande der Gesellschaft leben. Die Milieuschilderungen waren detailreich und sehr anschaulich. Ich war froh, dass ich den beschriebenen Unrat nicht riechen konnte und ich war dankbar, dass ich nicht damals gelebt habe. Johann war mir von Herzen sympathisch. Obwohl er als Geldeintreiber nicht gerade zimperlich mit säumigen Schuldnern umgeht, bewahrt er sich sein Mitgefühl und Interesse für seine Mitmenschen. Manchmal musste ich mir ernsthaft Sorgen um ihn machen, wenn er in einen Hinterhalt geriet. Der Schluss der Geschichte ist eher ungewöhnlich und alles andere als politisch korrekt im heutigen Sinne, aber ich kann meine Freude und Genugtuung darüber nicht verhehlen.

Der Krimi bekommt von mir eine überzeugte Leseempfehlung für einen sympathischen Helden, eine spannende Geschichte und interessante historische Schilderungen.

Bewertung vom 11.07.2020
Toth, Sandra

Das Dorf / Finsterzeit Bd.1


sehr gut

Nach der Apokalypse
Nach dem Zusammenbruch der Energieversorgung herrscht Anarchie. Jeder ist sich selbst der Nächste und plündert und mordet, um sein Überleben zu sichern. Lara und Thomas sind auf dem gefährlichen Weg zur Festung, die von Thomas Großvater Friedrich erbaut wurde. Friedrich hat den Zusammenbruch voraus geahnt und eine Oase der Sicherheit geschaffen, deren despotischer Alleinherrscher er ist. Auch Viktor und seine Familie sind auf der Flucht in das abgelegene Dorf , in dem Viktor aufgewachsen ist. Unterwegs schließen sich ihm immer mehr Flüchtlinge an. Zusammen versuchen sie im Dorf einen Hort der Gemeinschaft und der relativen Sicherheit zu errichten. Per Zufall treffen Lara und Thomas auf die Dorfbewohner und die beiden beschließen, vorerst dort zu bleiben. Nach einer Zeit der ständigen Bedrohung stellt sich ein Gefühl der Sicherheit ein. Doch der Schein trügt.
Für mich war der Roman spannend wie ein Krimi. Doch hatte ich immer im Hinterkopf, dass diese Fiktion nicht so unwahrscheinlich ist angesichts der andauernden Diskussion über schwindende Energieressourcen und Klimawandel. Das ist die beängstigende Seite des Buches, die Vorstellung, was wäre, wenn unsere Zivilisation zusammenbricht. Wie würde ich mich verhalten ? Wäre ich rücksichtslos, nur auf meinen Vorteil bedacht, würde ich meine Mitmenschen erniedrigen nur um das Gefühl der Macht willen wie Friedrich ? Oder wäre ich empathisch, voller Mitgefühl und würde meinen Besitz teilen, um eine neue bessere Gemeinschaft aufzubauen wie Viktor ? Oder würde ich über mich hinaus wachsen und im entscheidenden Moment Verantwortung übernehmen wie Thomas, der die Verteidigung des Dorfes übernimmt und Lara, die in die Rolle einer Ärztin gedrängt wird, ohne es studiert zu haben ?
Gut gefallen hat mir der Erzählstil der Autorin, die die Ereignisse abwechselnd aus der Sicht der unterschiedlichen Protagonisten erzählt. Dadurch konnte ich in die verschiedenen Gefühlswelten eintauchen und der Spannungsbogen wurde hoch gehalten.
Insgesamt hat mich das Buch gut unterhalten. Ich fand die Geschichte in vielen Bereichen realistisch und gerade dadurch auch sehr beängstigend.

Bewertung vom 05.07.2020
Dicken, Dania

Die Seele des Bösen - Stumme Schreie / Sadie Scott Bd.7 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Schuld verjährt nicht
Die junge Polizistin Nicky Sheridan hat vor 18 Jahren ihren Bruder Billy durch ein Gewaltverbrechen verloren. Dies war der Auslöser für ihre Berufswahl und noch heute macht sie sich Selbstvorwürfe, dass sie als Achtjährige nicht besser auf Billy aufgepasst hat. Als Nicky erfährt, dass Sadie als Profilerin arbeitet, wendet sie sich hilfesuchend an sie. Sadie fühlt sich an ihren Bruder Toby erinnert und sagt Unterstützung zu. Gemeinsam fahren Sadie und Nicky in Nickys Heimatstadt. Bei der Durchsicht der Akten stoßen sie auf weitere Fälle, die sie dem Täter zuschreiben. Nachdem Sadie ein Täterprofil erstellt und veröffentlicht hat, gelingt es, den Gesuchten ausfindig zu machen. Dieser ist schwer krank und wird wohl für seine Verbrechen nicht mehr zur Rechenschaft gezogen. Ein schwer zu ertragender Gedanke.

Ich hätte nicht gedacht, dass ein Cold Case so spannend sein kann. Ich hätte es besser wissen können, denn die Autorin hat mich mit ihren Büchern noch nie enttäuscht. Wieder ist Sadie einem Serientäter auf der Spur, der grausame Verbrechen begangen hat, die auch teilweise beschrieben werden. Schockierend war für mich vor allem die Persönlichkeit des Täters selbst. Seine fehlende Empathie, seine abstrusen Erklärungsversuche und seine erneuten sadistischen Angriffe, wenn auch nur verbal, waren einfach nur abstoßend. Gleichzeitig zieht sich die Frage nach Schuld durch den gesamten Thriller und wird anhand verschiedener Personen aus unterschiedlichen Blickwinkel betrachtet. Mir hat das sehr gut gefallen und ich kann mit Überzeugung eine Leseempfehlung aussprechen.

Bewertung vom 28.06.2020
Börgdahl, Ole R.

Der Kaiser von Elba (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Auf den Spuren Napoleons
Kapten Falk Marten Hanson wird nach Paris abberufen. Viel lieber würde er aber nach der geheimnisvollen Bellevie suchen, die ohne ein Wort aus Versailles abgereist ist und in die sich Falk ein wenig verliebt hat. In Paris erhält Falk den Auftrag, Napoleon nach Elba nach zu reisen und seine Nähe zu suchen. Aufgrund seiner Ingenieursausbildung wird Falk in die umfangreichen Baumaßnahmen Napoleons mit einbezogen. Napoleon scheint sich mit seinem Schicksal abgefunden zu haben., plant aber insgeheim seine Flucht . Falk gerät in Verdacht, davon gewusst zu haben. Falk kehrt nach Lomma zurück und wird kurz nach seiner Ankunft dort, nach Brüssel beordert. Die Schlacht von Waterloo steht unmittelbar bevor.

Erneut lässt uns der Autor die Geschehnisse rund um Napoleon durch die Augen Falks erleben. Darüber hinaus nutzt der Autor die Möglichkeit, den Leser auch andere Aspekte des damaligen Lebens nahe zu bringen, so dass mir die Lektüre nie langweilig wurde. Was ich als wohltuenden Unterschied zum ebenfalls lesenswerten 1. Band der Reihe empfunden habe, ist, dass sich die Ereignisse nicht nur um militärische Dinge drehen. So habe ich mit Falk die heruntergekommenen Viertel von Paris besucht und habe mit ihm die Schönheiten Elbas entdeckt. Ich habe Einblicke in Napoleons umfangreiche Bauvorhaben bekommen und mich gemeinsam mit Falk um die Restaurierung eines Schiffes gekümmert. Auch am gesellschaftlichen Leben auf Elba durfte ich teilnehmen und war Zeuge einiger interessanten Unterhaltungen Falks mit Napoleon. Gefreut habe ich mich, dass einige Ereignisse aus dem 1. band erneut aufgegriffen und weiter erzählt wurden. Für mich war das eine gelungene abwechslungsreiche und deshalb unterhaltsame Mischung historischer Bereiche und kann das Buch deshalb mit gutem Gewissen weiter empfehlen.

Bewertung vom 27.06.2020
Kaiser, Ann-Sophie

Unter den Linden 6


ausgezeichnet

drei unterschiedliche Frauen - ein Ziel : Bildung
Die promovierte Physikerin Lise Meitner aus Wien kommt 1907 nach Berlin. Sie will an der Universität, ihr Wissen erweitern und wissenschaftlich arbeiten. Was sie nicht weiß, in Preußen dürfen Frauen nicht studieren, ja nicht einmal Abitur machen. Ihnen ist der Weg zu einer wissenschaftlichen Karriere versperrt. Als unbezahlte Kraft darf Lise wegen ihrer hervorragenden Leistungen auf dem Gebiet der Radioaktivität forschen. Ihren Lebensunterhalt verdient sie sich nebenher, in dem sie junge Frauen unterrichtet, die Abitur machen möchten, aber keine reguläre Schule besuchen dürfen. Im Zug nach Berlin trifft Lise auf das Dienstmädchen Anni, die eine neue Stelle antritt. Schulbildung hat sie so gut wie keine, aber Anni ist voller Neugier auf die Welt um sich herum. Bücher ziehen sie magisch an. Bei ihrer Ankunft in Berlin stolpern die beiden im wahrsten Sinne des Wortes über Hedwig. Hedwig, verheiratet und eine Verfechterin der Frauenrechte, will, so lange ihr Mann nicht in Berlin ist, heimlich als Gaststudentin die Universität besuchen. Die drei unterschiedlichen Frauen werden Freundinnen und unterstützen sich gegenseitig auf ihrem Weg zu einem selbst bestimmten Leben.
Das Buch hat mich sehr beeindruckt. Und es hat mir deutlich vor Augen geführt, dass ich dankbar bin, dass Frauen wie Lise Meitner und viele andere für ihr Recht auf Bildung und Teilhabe am wissenschaftlichen Geschehen gekämpft und sich durch gesetzt haben. Unvorstellbar, dass es erst etwas über 100 Jahre her ist, dass Frauen Abitur machen durften und zum Studium zugelassen wurden. An Hand der drei Frauen komplett unterschiedlicher Herkunft zeigt die Autorin anschaulich, welche Ressentiments Frauen im Wissenschaftsbetrieb ausgesetzt waren. Ich habe mit allen drei gelitten und vor Wut und Frustration die Fäuste geballt, wenn sie mit der Borniertheit ihrer männlichen Umwelt konfrontiert waren. Besondere Sympathie habe ich für das Dienstmädchen Anni empfunden, deren Entwicklung deutlich zeigt, dass Bildung die Chance auf ein besseres Leben bedeutet.
Dank der unterhaltsamen Erzählweise der Autorin liest sich der Roman sehr spannend und gibt interessante Einblicke in die damaligen Zustände an den Universitäten. Obwohl sich das Buch mit der Frauenbewegung auseinander setzt, ist es weit davon entfernt eine Kampfschrift zu sein. Ich halte den Roman für absolut lesenswert, weil er sich mit einer wichtigen gesellschaftlichen Epoche beschäftigt und dabei gute Unterhaltung bietet.

Bewertung vom 21.06.2020
Zackariat, Stefan

Iassine Shaka


ausgezeichnet

Fall und Aufstieg eines Königs
Hochgelobt als "Golden Boy " des Fußballs wechselt Iassine Shaka mit 20 von Paris nach Katar. Übel beschimpft von den Fans in Europa wird er in Katar als König empfangen. Man erwartet wahre Wunder von ihm. Nach einer schweren Verletzung kann er nicht gleich an seine früheren Erfolge anknüpfen. Der Druck wächst. Iassine beginnt zu trinken. Der Traum ,für die Elfenbeinküste in der Nationalelf zu spielen, rückt in weite Ferne. Iassine muss sich entscheiden : sterben oder kämpfen. Iassine wechselt erneut zu einem französichen Club.
Das Buch ist die Fortsetzung des Romans "Iassine Shaka - König von Paris ", der vom Aufstieg Iassines erzählt. Die Fortsetzung hat mir noch besser gefallen. Der Autor schildert mit treffenden Worten Iassines Abstieg. Ich habe gerade zu mitgelitten. Die Einsamkeit, die ihn umgibt, hat mich unglaublich traurig gemacht. Sicher hat er mit seinem Verhalten zum Abstieg beigetragen. Sein Selbstmitleid und die Alkoholsucht waren erbärmlich. Bis auf eine Krankenschwester, in die er sich verliebt, und seinen Berater wenden sich alle ab. Beeindruckt hat mich Iassines Wille, seinen Traum von der Nationalmannschaft doch noch wahr werden zu lassen und er sich auf den steinigen Weg zurück zur Spitze macht. Ich habe einige Situationen mit dem heutigen Spielbetrieb verglichen und konnte Parallelen erkennen. Angefangen mit dem Shitstorm so genannter Fans, wenn ihr Idol den Verein verlässt bis hin zum "Kreuzigt ihn ", wenn es zu einem Leistungsabfall kommt.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen, besonders weil auch das Scheitern Iassines Thema war und damit die Schattenseite des Sports. Aus diesem Grund finden vielleicht auch Leser Gefallen an diesem Buch, die nicht ausgesprochene Fußballfans sind.