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sofie

Bewertungen

Insgesamt 71 Bewertungen
Bewertung vom 04.08.2013
Stricker, Sven

Schlecht aufgelegt


sehr gut

Paul mag Menschen nicht besonders. Am wenigsten die Anrufer, mit denen er sich als Call-Center-Agent einer Telefonauskunft täglich auseinandersetzen muss. Noch weniger mag er allerdings seine Kollegen, deswegen ist er alles andere als begeistert, als er dazu verdonnert wird den neuen Kollegen, Kuli, einzuarbeiten. Kuli schafft es dann auch tatsächlich Paul nicht nur den Tag, sondern die gesamte Woche zu verderben. Denn bei seinen ersten Anrufe versuchen werden die beiden Ohrenzeugen eines Streits und kurz darauf ist die Anruferin tot. Paul und Kuli beschließen sich als Privatdetektive zu betätigen…
Der Debütroman „Schlecht aufgelegt“ von Sven Stricker wird als Krimikomödie beschrieben und ich finde, das trifft es ganz gut. Im ersten Teil überwiegt eher die Komödie, so richtig Spannung will da noch nicht aufkommen. Im letzten Teil wird es dann aber doch noch etwas packender und es kommt auch etwas Fahrt in die Geschichte.
Die Geschichte lebt aber natürlich von ihren skurrilen Charakteren, allen voran Kuli und Paul, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Paul, der Misanthrop und Zyniker, der aber durchaus seinen weichen Kern hat und sich vor allem nach seiner Tochter in Spanien sehnt. Dagegen Kuli, der ewige Optimist, der aber auch ziemlich weltfremd und naiv ist und vor allem für die Musik lebt. Von den Nebenfiguren hat mir Henk am besten gefallen. Er betreibt ein Café, in dem den ganzen Tag finnischer Metal läuft, schnauzt seine Kunden an und trägt eine Lederjacke zu seiner Schürze. Aber er macht auch das beste Frühstück in Berlin.
Der Humor hat auch genau meinen Geschmack getroffen, denn oft folgt man als Leser einfach den Gedankengängen der beiden Protagonisten. Besonders gut hat mir zum Beispiel folgender gefallen: „Das war immer das Schlimmste. Kunden, die nicht mitdachten. Überhaupt, Menschen, die nicht mitdachten. Überhaupt, Menschen.“ (S. 13) Das Buch hat aber durchaus auch seine ernsten Momente, die auch zum Nachdenken anregen, und die halten sich gut die Waage mit den lustigen Momenten.
Insgesamt hätte ich mir von der Krimihandlung noch ein bisschen mehr versprochen. Die beiden ermitteln zwar ganz kräftig, viel kommt dabei aber nicht heraus und sie kommen nicht so richtig voran. Ich wurde aber trotzdem sehr gut unterhalten und vergebe daher vier von fünf Sternen!

Bewertung vom 24.07.2013
Hillenbrand, Tom

Letzte Ernte / Xavier Kieffer Bd.3


sehr gut

Der Luxemburger Koch Xavier Kieffer schafft es nun bereits zum dritten Mal in einen Kriminalfall verwickelt zu werden. Am Eröffnungsabend der „Schueberfouer“ – der Luxemburger Kirmes – kommt es zu einem Gerangel an Kieffers Stand. Ein scheinbar betrunkener Mann taumelt durch sein Zelt und stößt dabei auch noch seine Freundin Val um. Am nächsten Tag erfährt Kieffer aus der Zeitung, dass dieser Mann von einer Brücke gesprungen ist. Doch der Koch glaubt nicht an Selbstmord…
„Letze Ernte“ kommt für mich nicht ganz an den Vorgänger „Rotes Gold“ heran, ist aber immer noch ein sehr spannender und atmosphärischer Krimi. Diesmal geht es um Spekulationen auf dem Lebensmittelmarkt und deren Auswirkungen. Doch was den Krimi wirklich ausmacht sind seine Charaktere. Allen voran natürlich Xavier Kieffer, der wie schon in den Vorgängerbänden ein echter Genießer ist. Selbst wenn er gerade mitten in einer Ermittlung ist und man vor kurzem noch auf ihn geschossen hat, nimmt er sich die Zeit in einem Feinschmeckerladen sein Mittagessen zusammenzustellen. Neben Xavier ist auch seine Freundin Valerie Gabin, die Chefin eines französischen Restaurantführers, wieder dabei, leider kommt sie insgesamt und besonders zum Schluss etwas zu kurz. Aber auch sonst trifft man wieder altbekannte Gesichter, besonders gefreut habe ich mich über den EU-Beamten Pekka, der Xavier mit Rat und Tat zur Seite steht.
Auch Luxemburg und seine Besonderheiten werden in „Letzte Ernte“ wieder sehr schön beschrieben. Bei mir hat sich direkt wieder ein bisschen Fernweh bemerkbar gemacht. Hillenbrand versteht es auf jeden Fall einem das Land nahe zu bringen.
Leider fand ich den eigentlichen Fall diesmal nicht ganz so spannend und das Ende wurde ein wenig abrupt abgehandelt. Die tollen Charaktere und die „kulinarische“ Atmosphäre machen das aber größtenteils wieder wett. Für den nächsten Band würde ich mir wieder einen Fall wünschen, der wieder in der Kochszene spielt. Denn dann ist Xavier Kieffer auch ein Experte und es ist glaubwürdiger, warum gerade er den Fall löst. Für „Letzte Ernte“ gibt es von mir 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 16.06.2013
Raabe, Marc

Der Schock


sehr gut

Ihren Urlaub in Frankreich hatten sich Jan, Laura, Katy und Greg wirklich anders vorgestellt. In der engen Hütte kommt es schnell zu Spannung und eigentlich haben auch alle vier mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen. Nach einem Streit verschwindet Laura mitten in der Nacht plötzlich – und Jan ist sich sicher, dass sie das nicht freiwillig getan hat…
„Der Schock“ ist der zweite Psychothriller von Marc Raabe. Wie schon der erste, „Schnitt“, hat mir auch dieser hier sehr gut gefallen. Den Zusatz „Psychothriller“ verdient der Roman auf jeden Fall, denn gleich zu Beginn lernt der Leser den Täter, den Psychpathen, Froggy kennen. Es ist von Anfang an spannend und temporeich, der Spannungsfaden reißt auch nie ab. Auch die Figuren sind wieder sehr gut geschrieben, auch wenn es langsam auffällt, dass ausnahmslos alle eine furchtbare Kindheit haben. Sowohl der Täter, als auch das Opfer und der Retter – wie auch immer diese Rollen im Roman verteilt sind – haben ihr Päckchen zu tragen. Nach und nach lernt man als Leser die Vergangenheit der einzelnen Charaktere kennen und die Vergangenheit mischt sich dann auch immer wieder mit der Gegenwart.
Im Vergleich zu "Schnitt" ist dieser zweite Thriller doch um einiges brutaler. Es gibt relativ viele Gewaltszenen, die zwar nicht immer genau beschrieben werden, aber schon die Andeutung reicht oft. Es werden mehrere wirliche Horrorvorstellungen beschrieben.
Gut gefallen hat mir auch der ständige Perspektivwechsel zwischen dem Täter, Jan und Laura durch den man als Leser immer wieder in die Irre geführt wird. Da Jan ausgebildeter Psychologe ist, erhält man auch immer wieder einen anderen Einblick in die Motive und Verhaltensweisen des Täters.
Doch wie schon bei „Schnitt“ war mir auch bei „Der Schock“ das Ende dann ein wenig zu konstruiert und an manchen Stellen auch nicht ganz schlüssig. Das ist etwas schade, da mir der Thriller abgesehen davon doch sehr gut gefallen hat. Die Auflösung war zwar sehr überraschend, aber ich fand die Motivation des Täters dann nicht mehr ganz so schlüssig. Daher gibt es von mir 4 von 5 Sternen!

3 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.06.2013
Mann, Tobias

Hilfe, die Googles kommen!


ausgezeichnet

„Der internetgestählte Durchschnittsmensch gibt täglich mehr Senf ab als eine florierende Wurstbude zur Mittagszeit. Keine Nachricht, kein Kommentar und keine Statusmeldung ist trivial genug, als dass sie nicht noch von irgendwem kommentiert würde.“ (S. 215)
In diesem Sinne muss ich jetzt wohl auch meinen Senf zu diesem Buch abgeben. „Hilfe, die Googles kommen!“ von Tobias Mann ist ein sehr schönes, zuweilen lustiges, zuweilen kritisches Sachbuch zu allem, was das Internet heute ausmacht.
Es geht ganz persönlich los, indem der Autor uns seinen Weg zum und ins Internet erklärt. Weiter geht es mit den Vor- und Nachteilen des Onlineshoppings, der Frage „Sollte ich meine Symptome googlen?“, bis hin zum Thema Netzpolitik und die Ahnungslosigkeit der Politiker. Im Gegensatz zu letzteren weiß Tobias Mann auf jeden Fall wovon er spricht. Er ist ganz eindeutig ein Internetjunkie und bringt die Dinge auf den Punkt. Ich habe mich auf jeden Fall sehr gut amüsiert und mich in vielen Dingen wiedererkannt. Gleichzeitig regt das Buch aber auch ein wenig zum Nachdenken an, zum Beispiel über den eigenen Medienkonsum oder darüber, wie schnell das Netz unseren Alltag verändert hat. Es werden durchaus auch ernstere Töne angeschlagen, aber Kritik und Humor halten sich gut die Waage. Ergänzt wird der Fließtext immer durch kleine Fußnoten, die ich sehr nett fand.
Einziges Manko des Buchs ist wohl, dass es recht schnell veralten wird, so wie alles, was mit dem Internet zu tun hat. Denn wer wird sich in einem Jahr noch an Bettina Wulff und ihre Klage gegen Google erinnern?
Deswegen meine Empfehlung: Schnell zu diesem Buch greifen und lesen! Von mir gibt es (denn im Internet muss man ja zu allem eine Bewertung abgeben) 5 von 5 Sternen. Ein gelungenes humoristisches Sachbuch!
P.S.: Achtung! Das Buch enthält sowohl ein Nackt- als auch ein Babyfoto des Autors!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.05.2013
Joop, Florentine

Harte Jungs


gut

Es ist der Tag, an dem River Phoenix stirbt, als Puppe beschließt, dass sich ihr Leben ändern muss. Puppe ist Anfang Zwanzig, lebt und studiert in Hamburg und hat ihr Herz nach einer enttäuschten Liebe – wie sie sagt – ins Eisfach direkt neben den Wodka gelegt. Doch das soll sich jetzt ändern – nämlich mit Jan, einem Musiker, der erst ihr Herz erobert und sie dann in seine Jungsclique einführt.
Florentine Joop lässt in ihrem Debütroman „Harte Jungs“ Puppe über einige Jahre ihrer Jugend in den 90ern berichten. Im Vordergrund steht ihre Beziehung zu Jan mit ihren Höhen und Tiefen, doch sonst passiert eigentlich nicht viel. Die Gruppe von Freunden zieht von einer Party zur nächsten, ein Konzert folgt dem anderen, Bier, Gras und Cola-Korn wechseln sich ab. Dazwischen gibt es ein paar Gespräche, Sex und Musik. Am Anfang fand ich das noch sehr unterhaltsam, es war mal etwas anderes. Doch insgesamt fehlte mir die Entwicklung, es passiert immer wieder dasselbe und weder Puppe als Person noch ihre Beziehung zu Jan entwickeln sich irgendwie weiter. Puppe analysiert zwar die ganze Zeit ihre eigenen Verhaltensweisen, doch man lernt sie als Leser eigentlich nie wirklich kennen. Man erfährt kaum etwas über ihre Familie, ihren Alltag, das Studium wird auch nur am Rand erwähnt („Zwischenprüfung geschafft!“), ihre Vergangenheit oder ihre kreativen Arbeiten.
Gut gefallen hat mir aber die Idee, dem Buch einen Soundtrack zu geben und jedem Kapitel ein Lied zu widmen. Auch der Schreibstil hat mich überzeugt, nur wäre es schön gewesen, wenn die Figuren etwas mehr Tiefe gehabt hätten und auch etwas mehr Handlung als immer nur Partys und Konzerte wäre schön gewesen.
„Harte Jungs“ ist eine nette Lektüre für zwischendurch, aber irgendwie hatte ich mir doch mehr erwartet. Daher 3 Sterne von mir.

Bewertung vom 17.05.2013
Plecher, Bettina

Giftgrün / Frieda & Quast Bd.1


sehr gut

Frieda Mays erster Tag in der Münchner Eisbachklinik verläuft alles andere als angenehm: Ihr Doktorvater Georg Nader, wegen dem sie überhaupt erst nach München gekommen ist, wird mit einer Vergiftung eingeliefert. Frieda und ihr Mitbewohner und Kollege Quirin Quast glauben nicht daran, dass Nader beim Kräutersammeln im Englischen Garten Bärlauch mit Herbstzeitlosen verwechselt hat und versuchen dem auf die Spur zu kommen. Dabei wirbeln sie in der Klinik einigen Staub auf…
„Giftgrün“ von Bettina Plecher ist ein tolles Debüt und ein toller München-Krimi. Die Stärke des Buchs liegt auf jeden Fall in seinen Charakteren. Die beiden Protagonisten Frieda und Quast sind sehr sympathisch, haben aber trotzdem ihre Ecken und Kanten und handeln auch mal unlogisch. Mehr als einmal dachte ich mir: Was macht ihr denn da?? Aber man fiebert immer mit ihnen mit und sie wirken sehr lebendig.
Genauso toll sind aber auch die Nebenfiguren. Da ist zum Beispiel Karl Zitzelsperger, Computerspezialist und waschechter Bayer, der noch bei Mutti wohnt und sich dort bekochen lässt. Oder Margret Ernst, Leiterin der Intensivstation, für die das Rauchverbot in der Klinik nicht gilt und die auch gern mal Tetris spielt, wenn sie Pause hat.
Überhaupt wird in „Giftgrün“ sehr viel geraucht und getrunken (Ärzte sind ja da die Schlimmsten, obwohl sie es besser wissen müssten…) und vor allem gut und bayerisch gegessen. Das macht meiner Meinung nach mit den Charme des Krimis aus. Wenn man die Stadt kennt, findet man sich auch direkt in München wieder. Auch Dialekt und regionale Besonderheiten werden gut dosiert eingesetzt.
Einen kleinen Kritikpunkt habe ich aber doch. Insgesamt hätte ich mir von einem Krimi etwas mehr Ermittlungen erwartet. Hier ermitteln zwar keine Profis, aber manchmal haben sie mir einfach zu sehr im Dunkeln und etwas ziellos rumgestochert. Aber der sehr schöne Schreibstil und die tollen Charaktere reißen das wieder raus.
Ich kann „Giftgrün“ also auf jeden Fall weiterempfehlen! 4 von 5 Sternen.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.04.2013
Douglas, R. M.

'Ordnungsgemäße Überführung'


ausgezeichnet

„Ordnungsgemäße Überführung – Die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg“ von dem amerikanischen Historiker R.M. Douglas bietet einen sehr guten Überblick über die Geschichte der Vertreibungen, ihre Hintergründe und Ursachen.
Das Buch ist gegliedert in 13 Kapitel, von den Planungen über die Durchführung bis hin zu den Auswirkungen und Folgen bis in die Gegenwart. Dabei geht Douglas nicht streng chronologisch vor, sondern er arbeitet eher thematisch geordnet. Ich halte das für eine sehr gute Lösung, da so die verschiedenen Aspekte und Perspektiven jeweils vollständig betrachtet werden. Natürlich kommt es dadurch aber auch zu Redundanzen und teilweisen Sprüngen zwischen den verschiedenen Ländern und Besatzungszonen.
Der Autor geht sehr behutsam an dieses doch oft kontroverse Thema heran. Zum einen beleuchtet er wirklich alle Seiten, d.h. er setzt die Vertreibungen in den Kontext des Zweiten Weltkriegs und des Dritten Reiches, betrachtet das Verhalten der Volksdeutschen während des Krieges, untersucht die Rolle der Alliierten und der Vertreibungsländer und stellt auch die Gegner der Vertreibungen dar. Zum anderen stützt er sich in seinen Quellen viel auf Berichte des Internationalen Roten Kreuzes und anderer internationaler Organisationen. Immer wieder greift er auch einzelne Schicksale und Personen auf und stellt sie näher vor, wie zum Beispiel den Tschechen Premysl Pitter, der nach dem Zweiten Weltkrieg sowohl sudetendeutsche als auch jüdische Kinder in seine Waisenhäuser aufnahm.
Mit 460 Seiten ist „Ordnungsgemäße Überführung“ natürlich sehr umfangreich, es liest sich aber trotzdem sehr gut und zügig. Für ein Sachbuch ist die Sprache sehr angenehm, nicht zu wissenschaftlich, aber auch nicht zu einfach. Hier kann man wahrscheinlich auch dem Übersetzer Martin Richter ein Kompliment aussprechen.
Insgesamt kann ich „Ordnungsgemäße Überführung“ (Originaltitel: „Orderly and Humane“ so wie die Vertreibungen laut Potsdamer Abkommen ablaufen sollten) auf jeden Fall weiterempfehlen, sowohl an Leute, die sich bereits mit dem Thema auskennen, als auch an andere Interessierte.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.03.2013
Wolf, Klaus-Peter

Ostfriesenmoor / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.7


gut

Der Journalist Holger Bloem findet durch Zufall im Uplengener Moor eine Leiche. Ann Kathrin Klaasen und ihr Team übernehmen den Fall und stellen schnell fest, dass es sich hier nicht um einen normalen Mord handelt. Denn die Kinderleiche wurde professionell ausgestopft und so haltbar gemacht. Doch während das Team in diesem ungewöhnlichen Fall ermittelt, geschieht in Ostfriesland ein weiteres Verbrechen: Die kleine Tina wird aus ihrem Kinderwagen entführt.
Leider konnte mich „Ostfriesenmoor“ von Klaus-Peter Wolf nicht so ganz überzeugen. Für einen Krimi plätschert er für mich einfach viel zu lang nur so vor sich hin. Die Handlung wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, so erfährt der Leser auch einiges über das Privatleben der Ermittler und auch über die Geschichte der Familie des Entführungsopfers. Dadurch ist man als Lesern den Ermittlern aber auch oft zwei Schritte voraus und muss ihnen dann dabei zusehen, wie sie ewig eine völlig falsche Spur verfolgen. Das nimmt der Geschichte natürlich einen Großteil der Spannung.
Ein weiteres Problem waren für mich die Figuren. „Ostfriesenmoor“ ist bereits der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen, für mich war es allerdings der erste Krimi von Wolf. Sicher sind die privaten Entwicklungen insgesamt interessanter, wenn man die ersten Teile auch gelesen hat. Mir war allerdings keine der Personen so richtig sympathisch und viele von ihnen sind auch mehr eine Sammlung von Klischees statt richtiger Charaktere. Am meisten genervt hat mich Rupert. Ich habe die ganze Zeit auf wenigstens eine positive Charaktereigenschaft bei ihm gewartet, aber leider keine gefunden.
Die Verbrechensgeschichte an sich fand ich allerdings doch innovativ und im letzten Drittel des Buchs stellt sich dann auch noch die Spannung ein.
Insgesamt hatte dieser Regionalkrimi für mich einige Schwächen. Da es aber zum Schluss doch noch ein wenig spannend wurde, vergebe ich doch noch drei Sterne. Für mich war es aber wohl der letzte Fall mit Frau Klaasen.

3 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.03.2013
Dumont, Rena

Paradiessucher


sehr gut

Lenka ist 17 Jahre alt und lebt in dem kleinen Ort Přerov in der Tschechoslowakei. In dem kommunistischen Staat fühlt sie sich nicht frei, ihren Traum Schauspielerin zu werden, kann sie nicht verwirklichen, da sie nicht über die nötigen Beziehungen verfügt. Sie sehnt sich nach dem westlichen Paradies. Das scheint plötzlich zum Greifen nah als sie und ihre Mutter ein zweiwöchiges Visum für Deutschland bekommen. Doch schnell stellen die beiden fest, dass einem auch im vermeintlichen Paradies keine gebratenen Tauben in den Mund fliegen…
Rena Dumont ist mit ihrem Roman „Paradiessucher“ ein wirklich sehr gutes Debüt gelungen. Der Roman ist in der Gegenwart aus der Perspektive der 17-Jährigen Lenka geschrieben, was ich anfangs etwas gewöhnungsbedürftig fand. Doch nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, hat diese Perspektive dazu beigetragen, dass ich mich sehr gut in sie hineinversetzen konnte. Die Sprache ist passend zur jungen Protagonistin etwas schnoddrig und locker, manchmal auch vulgär, aber immer sehr emotional.
Es werden sowohl die positiven als auch die negativen Aspekte der Emigration angesprochen, was mir sehr gut gefallen hat. Lenka und ihre Mutter tun sich nicht leicht mit der Entscheidung, ob sie ihr Heimatland verlassen sollen oder nicht. Lenka ist dabei oft ein wenig naiv, so erzählt sie zum Beispiel vor der Abreise ihrer Freundin von der geplanten Auswanderung oder schreibt ihr später von Deutschland aus einen Brief, der natürlich von den Behörden gelesen wird. Man merkt aber auch, wie sie in den acht Monaten, die im Roman beschrieben werden, erwachsener und reifer wird.
Insgesamt hätte ich mir manchmal doch noch ein wenig mehr Tiefgang gewünscht. Die Konflikte und Probleme werden schon deutlich, hätten aber auch noch deutlicher herausgearbeitet werden können. Zudem hat mich das Ende ein wenig enttäuscht, da es sehr plötzlich kam.
Trotzdem kann ich „Paradiessucher“ auf jeden Fall weiterempfehlen. Es ist eine sehr schöne Geschichte über Familie, Liebe, das Erwachsenwerden und das vor der Kulisse einer nicht immer einfachen Emigration. Dafür 4 von 5 Sternen.