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miss.mesmerized
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Bewertungen

Insgesamt 1245 Bewertungen
Bewertung vom 21.04.2022
Real Easy
Rutkoski, Marie

Real Easy


ausgezeichnet

Es ist kein Job, den sich die jungen Frauen ausgesucht haben, aber als Stripperin im Lovely Lady lässt sich nun einmal Geld verdienen. Samantha ermöglicht es, sich tagsüber um Rosie, die Tochter ihres Lebensgefährten zu kümmern, Georgia kann ihre Mutter pflegen. Sie sind keine Freundinnen und doch geben sie aufeinander acht. Als ein neues Mädchen zugedröhnt nach Hause gebracht werden muss, kümmert sich Samantha und bezahlt es mit ihrem Leben. Es gibt einen Mörder, der die Tänzerinnen im Auge hat, die Angst geht um und doch müssen sie weitermachen während Detective Holly Meylin verzweifelt nach Spuren sucht.

Die Professorin für Literaturwissenschaft Marie Rutkoski ist mit Kinder- und Jugendbüchern sowie Science-Fiction bekannt geworden. Der Thriller „Real Easy“ ist ihr erster Roman für Erwachsene, der unzählige Spuren legt und bis zum Ende die spannende Frage nach dem Mörder offen lässt. Ein Überzeugender Roman, der vor allem die Tänzerinnen des Stripclubs nicht auf ihren Job reduziert, sondern die anderen Seiten hervorhebt.

Die Welt des Clubs ist überschaubar, die Regeln sind klar. Den Frauen wird nichts geschenkt und doch machen sie jeden Abend ihren Job, egal wie groß die Demütigungen sind. Einmal dort sind die Chancen auf einen Ausstieg in einen bürgerlichen Job gering. Für die Männer sind sie nur nackte Haut und Projektionen, die Menschen hinter den Bühnenfiguren sehen sie nicht.

In diesem Milieu zu ermitteln ist nicht einfach, zu viele schweigen lieber als dass sie offen das berichten würden, was sie gesehen haben oder wissen. Als Leser hat man dadurch immer wieder einen Vorsprung, wohin dieser führt, ist jedoch unklar. Geschickt legt die Autorin verschiedene Fährten, denen man folgt, nur um dann bald schon wieder eine neue Spur aufzunehmen.

Ein überzeugender Thriller, der vor allem durch interessante und vielschichtige Figuren wie einen überraschenden Spannungsbogen begeistert.

Bewertung vom 18.04.2022
The Odyssey
Williams, Lara

The Odyssey


sehr gut

It’s been five years now that Ingrid has left her husband and former life to work on board the luxury cruise liner WA. She regularly has to rotate between the different departments and thus has become an expert of the ship and knows every corner. With Mia and her brother Ezra, she has befriended two colleagues with whom she passes her limited free time. When she is selected for a mentorship programme and promoted to manager, things become more complicated between them, Mia is obviously envious of her friend’s new position. Yet, Ingrid is not sure if she can fulfil the high expectations of Keith, captain and guru of the team. But she is willing to give all – and that is more than you could ever imagine.

After having finished reading “The Odyssey”, I was left wondering and confused. Lara Williams’ novel was a hilarious read until it wasn’t anymore. It is somehow a totally exaggerated caricature of the cruise ship and well-being industries and on the other hand, from the middle of the novel on, I was wondering if the plot actually takes place on a cruise ship or if much rather the staff are actually patients of a psychiatric ward for whom the “cruise ship” is a kind of simulation of real life.

The cruise liner offer all a tourist might want to ask, there is no need to leave it since you have several restaurants serving all tastes, all kinds of shops and treatments to make your stay a perfect break-out. It doesn’t matter that the staff is hardly trained, they are friendly and the guest is king. Just as the employees are pretend-professionals, all aboard is just fake and serving a superficial image of perfection. Had social media not been invented yet, this cruise liner would surely underline the need for it.

Ingrid’s past is slowly revealed throughout the novel. That she more or less fled her former life is obvious, however, the reasons remain in the dark for a long time. The non-life she leads has become the perfect escape and spending hours in her small cabin staring at the ceiling is all she wants to do. The mentorship programme forces her to get out of her cave and think about herself and her life. Keith is the ultimate travesty of a guru. His concept is quite limited but with enough cold water and matcha tea he can create a spiritual atmosphere to impress his underlings.

This might all be very funny if it wasn’t for the fact that it seemed much too real to me. Even though the cruise ship is a special setting, what happens there is not too far from our life that has become more online fake than real for many and where behind the sparkly facade, you can find highly insecure and troubled people. Reckless gurus can easily become leaders spreading their nonsense and making masses of people follow their rules not matter how senseless.

A novel you can laugh out loud while reading but which leaves you with an uneasy feeling when thinking about what you’ve just read.

Bewertung vom 17.04.2022
Wo die Wölfe sind
McConaghy, Charlotte

Wo die Wölfe sind


ausgezeichnet

Schon seit langem gibt es keine Wölfe mehr in Schottland, die Menschen haben sie ausgerottet ohne zu bedenken, was dies für das Gleichgewicht der Natur bedeutet. Inti Flynn kommt mit einem Forschungsteam in die Highlands, um ein Rudel auszuwildern. Aber das ist nicht der einzige Grund, der sie in die Abgeschiedenheit bringt, es ist auch eine Flucht vor den Ereignissen in Alaska, von denen sich ihre Zwillingsschwester kaum mehr erholt hat und nun in sich gekehrt nichts mehr von dem lebensfrohen Wesen mehr hat, das sie einst war. Schon immer waren die Schwestern unzertrennlich und von ihrem Vater haben sie die Liebe zur Natur und den Tieren kennengelernt. Doch nicht nur das macht sie besonders, Inti leidet an Mirror-Touch-Synästhesie, wodurch sie das, was sie sieht, auch unmittelbar empfindet und dadurch eine ganz besondere Verbindung zu anderen Lebewesen aufbauen kann. Doch auch die besten Absichten können sie nicht vor dem Hass der lokalen Bevölkerung schützen, die nur wenig Verständnis für die Ansiedelung der Raubtiere aufbringen.

Die Zerstörung ihres eigenen Lebensraums, der rücksichtlose Umgang der Menschen mit der Natur und dem Planeten hat die australische Autorin Charlotte McConaghy zum zentralen Thema ihrer Romane gemacht. „Wo die Wölfe sind“ greift dieses auf, indem der Roman zeigt, dass es eben nicht ohne Folgen bleibt, wenn man eine Spezies ausrottet. Zugleich ist es auch eine feministische Geschichte, die unterstreicht, dass die eigentliche Gefahr für die Menschen nicht von der wilden Natur ausgeht, sondern von ihren eigenen Artgenossen, mit denen genauso brutal und unbarmherzig umgegangen wird wie mit allen anderen Lebewesen.

Die Naturverbundenheit der Protagonistin fasziniert von der ersten Seite an, sie kann Tiere wie Pflanzen lesen, etwas, das wir durch die Zivilisation weitgehend verlernt haben. Die Natur ist ein komplexes Zusammenspiel, das sich über Jahrtausende entwickelt hat und erst durch den Menschen aus der Balance geraten ist. Der Vater, der versucht im Einklang mit ihr zu leben und nicht so zerstörerisch zu wirken wie seine Mitmenschen, muss scheitern und verzweifeln, der Schaden, den wir angerichtet haben, ist nicht mehr rückgängig zu machen. Inti hingegen fokussiert auf das, was sie tun kann, doch die irre Wolfsfrau findet wenig Gehör, wie viele, die warnend die Stimme erheben.

Der zweite zentrale Aspekt wird zunächst durch die Arbeit der Mutter der beiden Zwillinge eingeführt, die Gewaltverbrechen an Frauen aufklärt und ihren Töchtern schon früh versucht aufzuzeigen, wo die tatsächliche Gefahr lauert: in den eigenen vier Wänden. In verschiedenen Facetten taucht häusliche Gewalt auf und bildet damit den Gegensatz zu den vermeintlich gefährlichen Raubtieren, die sich jedoch in ihrem Rudel gänzlich anders verhalten als die Familienmenschen.

Die Geschichte sprudelt nur so vor Faszination des Lebens außerhalb der menschlichen Sphäre und führt dem Leser vor Augen, was er alles nicht sieht und was ihm entgeht. Dass es gerade die Menschen sind, die sich gänzlich unzivilisiert verhalten, sollte noch mehr die vermeintliche Überlegenheit unserer Spezies infrage stellen. Dass wir uns die eigene Lebensgrundlage entziehen, ist noch nicht absurd genug, wir fügen uns auch gegenseitig unendlichen Schmerz und Leid zu. Ein Buch, das tiefe Emotionen weckt und einem mit gemischten Gefühlen zurücklässt.

Bewertung vom 16.04.2022
Das Leben eines Anderen
Hirano, Keiichir_

Das Leben eines Anderen


sehr gut

Die ehemalige Klientin Rie wendet sich an den Scheidungsanwalt Akira Kido. Ihr zweiter Ehemann kam bei einem Unfall ums Leben. Sie hatten nicht viel Zeit miteinander, nicht einmal vier Jahre, und nach seinem Tod hat sie zunächst den Wunsch ihres verstorbenen Gatten akzeptiert und dessen Familie nicht über das Unglück informiert. Nur wenig wusste sie über sein Vorleben, er hatte damit abgeschlossen und neu begonnen. Zum ersten Todestag jedoch nimmt sie Kontakt mit dem Bruder auf und muss zu ihrem Schrecken feststellen, dass der Mann, mit dem sie glaubte verheiratet zu sein, nicht der war, als der er sich ausgab. Sie beauftragt Kido mit den Nachforschungen, um die Identität des Verstorbenen herauszufinden.

Schon seit über 20 Jahren ist Keiichirō Hirano eine bekannte Größe in der japanischen Literaturszene und er wurde bereits mit zahlreichen Preisen geehrt. „Das Leben eines Anderen“, der mit dem angesehenen Yomiuri Prize for Literature ausgezeichnet wurde, ist sein erster Roman, der in deutscher Übersetzung erschienen ist und der derzeit fürs Kino verfilmt wird. Im Zentrum steht die Suche nach dem Unbekannten und damit eng verbunden die Frage, wie sehr das eigene Leben von der Familie und der Familiengeschichte bestimmt wird oder bestimmt werden darf.

Die langwierige Recherche Kidos ist der rote Faden der Handlung. Bald schon offenbart sich jedoch, dass das zentrale Thema mehrere der Figuren betrifft. Kido selbst ist koreanischer Abstammung, was im Japan der Gegenwart immer noch mit Vorurteilen behaftet ist. Zainichi kamen während der Kolonialzeit als Arbeitskräfte nach Japan, verloren später jedoch die Staatsangehörigkeit, jedoch werden auch zweite und dritte Generation nach wie vor als Fremde betrachtet und sind immer wieder, gerade in Zeiten von wirtschaftlichen Unsicherheiten verschiedenen Formen von Fremdenfeindlichkeit und Verachtung ausgesetzt. Kido ist sich dessen bewusst, auch die Vorbehalte der Familie seiner Frau vor der Heirat waren ihm bekannt. Er kann seine Herkunft nicht abstreifen, hat aber auch gelernt defensiv mit ihr umzugehen.

Genau diese Herkunft ist es auch, die zum Schlüssel für das Auflösen des Mysteriums um den Unbekannten wird. Er hat sich entschieden das Leben eines Anderen anzunehmen und sein eigenes abzustreifen. Auch Ries Sohn hadert im Laufe der Geschichte damit, wer er ist, ob er mehr von seinem leiblichen oder mehr von seinem Ziehvater mitbekommen hat und was deren Familiengeschichten für ihn bedeuten.

Die Vergangenheit kann man nicht ändern – aber die Zukunft liegt in der eigenen Hand. Ein sehr japanischer Roman, der weitere für mich unbekannte Facetten des fernöstlichen Landes offenbart.

Bewertung vom 15.04.2022
The Vanishing Triangle: The Murdered Women Ireland Forgot
McGowan, Claire

The Vanishing Triangle: The Murdered Women Ireland Forgot


ausgezeichnet

Crime writer Claire McGowan has grown up in a small town in Northern Ireland which she always perceived as a safe place despite the Troubles. Of course, the news daily reported about bombings and people killed but what she hadn’t been aware of was the incredibly high number of girls and women who were abducted or simply vanished in both Northern and the Republic of Ireland. Some of the cases happened close to where she lived, happened to girls her age who roamed the same places when she did but she has never even heard of it. Only rarely was a suspect arrested and even more seldom convicted for rape or murder. How could the country have such a high number of women murdered and except for their families nobody seems to care?

I have enjoyed Claire McGowan’s crime novels for some years now, not only because the plots are suspenseful and complex, but also because she manages to capture the atmosphere of a place, to create a special mood that can only exist there. With her deep understanding for the people and the places they live and which shape their thinking and acting, I was curious to read her true crime investigation of femicides.

What her enquiry uncovers is not the Ireland that has attracted tourists and business for decades. It is a country that was shaped by the Catholic church and whose legislation was far behind other European countries in terms of women’s rights. With the Troubles, it was often safer not to have seen anything and, first and foremost, not to say anything, thus atrocious crimes could happen in broad daylight in front of everybody’s eyes. The deeper she digs the more cases she finds and can link to a small area, the so called “Vanishing Triangle”, where an astonishing number of woman have disappeared and whose cases remain unsolved.

McGowan tells the women’s stories, lists the evidence and also provides reasons why their bodies are still missing or why prime suspects still walk free. All this grants a look in the country’s state in the 1980s and 1990s – a lot has changed since, but still society and police often fail female victims today.

A read which is as interesting as it is disturbing. I really enjoy listening to true crime podcasts thus the topic attracted me immediately. What I really appreciated was that Claire McGowan did not take a neutral position towards her account but you can sense her anger and the incredulity with which she looks at her findings and which makes you wonder why not more people shout out because of this.

Bewertung vom 15.04.2022
Man vergisst nicht, wie man schwimmt
Huber, Christian

Man vergisst nicht, wie man schwimmt


ausgezeichnet

Es ist der 31. August 1999. Pascal genannt Krüger und sein Freund Viktor sind 15 und wollen einen der letzten warmen Sommertage genießen. Es wird ein Tag und eine Nacht, die emotional ein ganzes Leben sein könnten: sie haben Spaß, kommen in Gefahr, erleben die erste Liebe, verlieren beinahe ihr Außenseiterimage - aber vor allem wird ihre langjährige Freundschaft gleich mehrfach auf die Probe gestellt. Es ist der Tag, der ihr Leben verändern wird und an den sich Pascal sein Leben lang, selbst als er schon längst erwachsen ist und zurückblickt, erinnern wird, als wenn es gestern gewesen wäre.

Christian Huber ist mit verschiedenen Comedy-Formaten bekannt geworden, auch sein Podcast „Gefühlte Fakten“ gehört zu den erfolgreichsten des Landes. „Man vergisst nicht, wie man schwimmt“ ist ein Coming-of-Age Roman, der die emotionale Achterbahnfahrt der Zeit auf wenige Stunden verdichtet und auch ein wenig Nostalgie ob der Zeit von Oasis, Nokia Handys und unendlichen Sommerferien mitschwingen lässt.

Der Ich-Erzähler Pascal wird von allen nur Krüger genannt, warum bleibt zunächst sein Geheimnis, es muss aber damit zusammenhängen, dass er nicht mehr schwimmen geht und immer auch zwei T-Shirts übereinander trägt. Die schwierigen Familienverhältnisse von ihm und Viktor werden immer wieder angedeutet, im Vordergrund steht jedoch der einschneidende Tag, der minutiös berichtet wird. Es sind ganz banale, typische Erlebnisse, zu denen sich jedoch auch die ganz großen unerwarteten gesellen.

Krüger stößt mit der Ladendiebin Jacky zusammen und die beiden Jungs folgen den faszinierenden Mädchen zu dem Zirkus, mit dem sie durch das Land reist. Am folgenden Tag wird die abreisen und für immer verschwinden - nicht viele Stunden, die reichen jedoch, um in Krüger alles zu verändern.

Der Roman reiht sich in eine ganze Riege von Sommerferienerzählungen ein, die prägend sind für die Protagonisten, für mich in etwa wie Ewald Arenz‘ „Der große Sommer“ und Benedict Wells‘ „Hard Land“. Man folgt den beiden Jungen gerne, durchlebt mit ihnen ihre Abenteuer zwischen jugendlichem Übermut und der bekannten Unsicherheit, die gleichermaßen mit ihr einhergeht.

Große Emotionen, die einem sofort einfangen und mitnehmen auf die Reise durch einen die Welt der Protagonisten verändernden Tag.

Bewertung vom 14.04.2022
Trespasses
Kennedy, Louise

Trespasses


sehr gut

In the daytime, Cushla Lavery teaches seven-year-olds in a small town near Belfast, in the evening, she helps her brother in his pub. And in between, she makes sure that her alcohol addicted mother is still alive. There is not much happening in her life until, one evening, Michael Agnew shows up in the pub. He is a lot older than Cushla, but nevertheless, something sparks between them. Times are hard in Belfast when the war is raging in the streets and the news report deaths daily. Michael’s job as a barrister puts him at risk, yet, with Cushla, political tensions are far away. Until they aren’t anymore.

Louise Kennedy captures a life that is determined not by the person who lives it, but by outer circumstances. “Trespasses” oscillates between awful news and being alert all the time and intimacy which cannot exist openly. Her description of what people in the 1970s in Northern Ireland endured is full of brutality – but, I assume, absolutely accurate.

The most striking aspect of the novel was for me, how the characters organise their lives around the raging war around them. Cushla’s teaching that starts with a news session every morning which shows that even her 7-year-olds are familiar with the war vocabulary and for whom an assassination is just another death, just another family without a father, just another random note on the radio. The bluntness with which the author depicts these scenes is brutal and therefore gets close to the reader.

It is unimaginable how you can live and love in those circumstances, on the other hand, Cushla’s care for one of the boys whose family is seriously struggling underlines that in times like these, love and compassion is the only thing that’s left.

Definitely not an easy read but without a doubt one I can highly recommend.

Bewertung vom 14.04.2022
Wet Paint
Ashby, Chloe

Wet Paint


sehr gut

Eve has lost her mother when she left the 5-year-old and her father and never made contact again. Even though she somehow managed to cope with this experience, losing her best friend Grace totally throws her off the track. At 26, she is waiting in a bar despite having studied art at Oxford. Yet, she does not keep that job for long, just like any other job or the flat she shares. Nothing seems to linger in her life except for the painting she visits over and over again in a London museum and Max, a teenage friend. But even for Max it becomes increasingly harder to see how Eve throws away her life and does not accept any help.

Chloë Ashby’s debut novel brilliantly captures the protagonist’s being lost in the world after the death of a beloved friend that she has never gotten over. “Wet Paint” shows a young woman in survival mode who is far from unleashing her potential as she is straying in her life without aim or goal, from time to time colliding with reality but more often lost in thought and locked away in herself.

Eve is incapable of good relationships as she is far from being at ease with herself. Connecting with other people, being honest and really caring for them is impossible for her in state she is in. The only other being she shows real affection for is the young girl she babysits, but here, too, she is too lost in her thoughts and puts herself and the girl in danger.

The only constant in her life is a painting she observes closely and which calms her. Just the thought of the museum closing for a holiday makes her get nervous and when the museum loans her beloved pieces of art to another one, she almost freaks out, losing the last straw in her life.

It is not easy to watch how a young woman, lovable despite the way she treats others, is going down the abyss, yet, you can only help those that want to be helped. That’s what some characters also experience, they really care for her but can’t do anything to as long as she refuses to acknowledge her situation and to take necessary measures to improve her situation.

Not an easy read but in my opinion an authentic representation of the protagonist’s state of emergency.

Bewertung vom 13.04.2022
Paris und die Mörder der Liebe
Breton, Frédéric

Paris und die Mörder der Liebe


sehr gut

Ein Unfall, wie er nicht selten vorkommt: ein Partyboot kracht in einen Pfeiler der Pont Neuf. Allerdings wird schnell klar, dass es dafür einen guten Grund gab: die Partygesellschaft, Mitarbeiter einer Internetfirma mit einer angesagten Dating-App, wurde durch Liquid Ecstasy betäubt und eine von ihnen hat das sogar mit dem Leben bezahlt. Ein unglücklicher Zufall oder wurde Laetitia Vicault gezielt Opfer eines Anschlags? Kommissar Gustave Lafargue begibt sich in die Welt der Dating-Apps und muss bald feststellen, dass die Liebe in seiner Heimatstadt ziemlich verkommen ist. Seine Kollegin Jinjin indes sucht nicht die große Liebe, sondern nur den schnellen Kick, nach ihrem Aufenthalt in der Psychiatrie muss sie erst wieder zu sich selbst finden, bevor sie sich auf einen Mann einlässt. Ihre flüchtige Bekanntschaft jedoch hat eine große Anziehungskraft auf sie – viel mehr als gut ist.

Hinter dem Autorennamen Frédéric Breton verbirgt sich der Drehbuchautor Markus B. Altmeyer, der durch zahlreiche Fernsehkrimis bekannt wurde. „Paris und die Mörder der Liebe“ ist sein erster Kriminalroman, der das Flair das französischen Hauptstadt einfängt und das, wofür sie berühmt wurde, gnadenlos infrage stellt, denn mit echter Liebe ist es nicht weit her in der Geschichte. Sein etwas schrulliger, aber durchaus liebenswerter Protagonist lässt sich jedoch nicht beirren und dank seines Spürsinns kann er denn Fall auch solide lösen.

Es sind zwei Errungenschaften der Gegenwart, die den Plot befeuern: zum einen das Internet mit seinen unendlichen Möglichkeiten und vor allem den Dating-Apps, die das Kennenlernen von an kurzen oder längeren Liebesbekanntschaften Interessierten unkompliziert möglich macht. Zugleich stellt das unentwegte Füttern der virtuellen Welt mit unseren Daten eine reale Gefahr dar. Nicht minder zweischneidig die Frage danach, was durch die Entschlüsselung des Genoms heute möglich ist. Vorhersagen über potentielle Erkrankungen ebenso wie stichfeste Beweise gegenüber Tätern. Beides verknüpft der Autor in seinem rasanten Kriminalfall.

Der Kommissar kann als Figur noch wachsen, sein Sidekick Jinjin war für mich jedoch zunächst die reizvollere Figur, auch wenn ihr Handeln recht vorhersehbar und naiv angelegt war. Die Geschichte legt mehrere falsche Fährten, bevor man zum eigentlichen Kern gelangt.

Ein überzeugender, solider Krimi, der die gar nicht so schmucken Seiten der Stadt der Liebe offenbart.

Bewertung vom 12.04.2022
Der Tag des Opritschniks
Sorokin, Vladimir

Der Tag des Opritschniks


ausgezeichnet

Russland 2027 ist von der Außenwelt durch eine Mauer abgeschottet. Regiert wird das Land von dem Alleinherrscher, dem „Gossudar“, der mit Hilfe seiner Leibgarde das Land mit harter Hand führt. Andrej Danilowitsch ist einer der Opritschniki, der Auserwählten, die sich immer wieder in seiner Nähe aufhalten dürfen und unmittelbar von ihm Befehle empfangen. Er lässt den Leser an einem typischen Tag teilhaben: eine Hinrichtung eines Oligarchen samt Vergewaltigung dessen Frau, Auspeitschung, Bestechung, Besuch bei einer Wahrsagerin und zum Ausklang ein Festmal samt Saunagang.

Vladimir Sorokins Roman aus dem Jahr 2008 lässt sich vor dem Hintergrund der Ereignisse im Frühjahr 2022 kaum ertragen. „Der Tag des Opritschniks“ wurde als dystopische Satire verfasst, davon ist nicht viel übrig geblieben, zu real erscheinen die Schilderungen, nein, man ist geneigt zu sagen die Realität hat den Roman bereits überholt.

Der Protagonist ist obrigkeitstreuer Diener seines Herrschers, der nichts hinterfragt und ergeben seine Rolle ausübt. Gewalt ist die Methode der Wahl, die Facetten selbiger je nach Ziel verschieden aber immer erbarmungslos und unmenschlich. Die Leibgarde und der Herrscher haben mit dem Volk nichts mehr gemein, abgeschottet leben sie in Saus und Braus, verfügen sogar über eigene Spuren auf den Straßen.

Symbolisch arbeitet Sorokin geschickt mit bekannten Mustern, verbindet rückständige, geradezu mittelalterlich anmutende Sprache - „Faustkeil“ für Handy - mit der Huldigung des religiösen Führers. Man kann nicht anders als die rückwärtsgewandte Argumentation Putins, die Gewalt seiner Armee in der Ukraine und die totalitäre Abschottung wiederzuerkennen. Keine Dystopie, keine Satire in 2022, sondern schlichtweg Realität. Das nicht Hinterfragen, das bedingungslose Folgen des Führers haben genau zu jener Welt geführt, die Sorokin bereits vor über zehn Jahren literarisch skizzierte.

Liest man sich Rezension zur Zeit des Erscheinungstermins, beschleicht einem ein ungutes Gefühl: zu vorhersehbar, unglaubwürdig barbarisch - die Liste der negativen Kommentare ist so lange wie die der Fehleinschätzungen Russlands und Putins der vergangenen 20 Jahre. Vielleicht hätte man doch besser zuhören und genauer lesen sollen, um Tausende Opfer zu vermeiden.

Sorokin wird vermutlich wider Willen zur Kassandra, die Böses voraussagt und der niemand glaubt, niemand glauben will. Auch Literatur kann nur Augen öffnen, wenn die Leser dazu bereit sind.

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