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Glüxklaus
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Franken

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Insgesamt 628 Bewertungen
Bewertung vom 13.08.2020
Henning, Greta

Halligmord / Minke-van-Hoorn Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Vor der Wahrheit lässt sich nicht davonlaufen, schon gar nicht auf einer Hallig

Minke van Hoorn tritt in die Fußstapfen ihres verstorbenen Vaters und wird Kommissarin in ihrer friesischen Heimat. Ihr erster Fall hat es gleich in sich: Auf der Hallig Nepken werden ein Schädel und weitere Knochen gefunden. Die forensischen Untersuchungen ergeben, dass sie von einem Mann stammen, der eindeutig ermordet wurde. Der Tote entpuppt sich als der Dorfarzt Hinnerk Johannsen, der vor über dreißig Jahren bei einer Bootsexplosion ums Leben kam und dessen Leiche nie gefunden wurde. Was geschah am Abend seines Todes wirklich? Und was hat das spurlose Verschwinden eines Bekannten von Minke mit der Sache zu tun?

Autorin Greta Henning formuliert flüssig, unkompliziert und angenehm klar. Sie schildert überwiegend die Gegenwart, hauptsächlich Minkes aktuelle Situation. Außerdem beschreibt sie den Abend, an dem Hinnerk starb, aus der Sicht all der Personen, die damals gemeinsam bei Hinnerks Frau Esther zum Essen eingeladen waren.

Minke ist die Neue bei der Polizei. Nachvollziehbar werden die Herausforderungen, die es in ihrer noch ungewohnten Rolle als Ermittlerin in einem Mordfall zu bewältigen gilt, dargestellt. Ich konnte gut verstehen, wie sich die junge Frau dabei fühlt und mit welchen Problemen und Geistern der Vergangenheit sie zu kämpfen hat. Auch alle anderen Figuren, die auf ganz unterschiedliche Weise von Hinnerks Tod betroffen sind, waren für mich plausibel und stimmig - wenn auch nicht besonders ausführlich - gezeichnet. Es geht im Roman mehr um die Personenkonstellation, die für die Dramaturgie wichtig ist, als darum, einzelne Figuren tiefer und genauer zu charakterisieren. Nicht die Personen selbst, sondern ihre Interaktion, ihre Beziehungen zueinander, stehen im Fokus des Geschehens.

Greta Hennings Roman „lebt“ von seinem Mordfall. Der ist solide konstruiert, gewinnt nach und nach an Struktur und Klarheit und war zu jeder Zeit spannend und kurzweilig. Mich hat der klassisch aufgebaute Krimi jedenfalls überzeugt und ziemlich gut unterhalten. Auch wenn die Handlungsorte fiktiv sind, konnte ich mir den Schauplatz, die Heimat der Figuren, die die Protagonisten entscheidend geprägt hat, sehr gut vorstellen. Den nächsten Fall von Minke werde ich auf jeden Fall auch lesen und gerne mit Minke auf ihre Hallig zurückkehren.

Bewertung vom 13.08.2020
Sanderson, Jane

Das war die schönste Zeit


sehr gut

Erste Liebe, zweite Chancen und die Macht der Musik

1978 erleben Daniel und Alison im englischen Sheffield zu den Klängen von Blondie die erste große Liebe. Die beiden teilen nicht nur die Leidenschaft für Musik, sie ergänzen sich in vielerlei Hinsicht perfekt, sind wie füreinander geschaffen. Doch dann passiert etwas, das Alison dazu bringt, Sheffield und Daniel zu verlassen, ganz ohne Abschied.
2012 findet Daniel, der die Musik zum Beruf gemacht hat und als Musikjournalist arbeitet, Alison im Internet, die mittlerweile im australischen Adelaide lebt und als erfolgreiche Schriftstellerin Bücher schreibt. Er folgt ihr über Twitter, die beiden treten wieder in Kontakt zueinander, senden sich gegenseitig Links von Musiktiteln. Und plötzlich ist es wieder da, dieses Gefühl von damals...

Jane Sanderson schreibt gut lesbar, unkompliziert und angenehm unaufgeregt. „Das war die schönste Zeit“ fließt wie ein langer ruhiger Fluss - mit wenigen Stromschnellen - dahin. Irgendwann wurde ich wie selbstverständlich mitgetragen.

1978 ist Alison sechzehn, Daniel achtzehn. In ihrem jungen Leben muss Alison leidvolle Erfahrungen machen, die sie schnell erwachsen werden lassen. Ihre Mutter ist Alkoholikerin und umgibt sich mit den falschen Menschen, auch Bruder Peter ist mit seinem Leben unglücklich, Alisons Familie ist zerbrochen. Alison findet im Schoß von Daniels Familie die Geborgenheit, die sie in ihrer eigenen Familie so schmerzlich vermisst. Daniel und Alison wirken beide etwas reserviert, ruhig und zurückhaltend. Alison trifft zwar eine impulsive, radikale Entscheidung, ansonsten ist aber von ihrem Temperament und ihrer Willensstärke wenig zu spüren. Die meiste Zeit reißt sie sich zusammen und erträgt ihr tragisches Schicksal beherrscht. Daniel und Alison sehnen sich nach Liebe, für mich sind beide Charaktere in jungen Jahren etwas blass, aber trotz allem stimmig. Ihre älteren Ichs präsentieren sich da schon deutlich prägnanter, selbstbewusster und leidenschaftlicher. Die beiden Figuren sind im Verlauf der Geschichte definitiv gereift und haben sich weiterentwickelt.

Es dauerte seine Zeit bis die Handlung in Fahrt kam, doch gegen Ende war ich dann vom Geschehen vollkommen eingenommen, musste unbedingt weiterlesen, wollte ich doch wissen, welches konkrete tragische Ereignis Alison dazu gebracht hat, Sheffield zu verlassen, wie es denn nun für Alison und Daniel ausgeht und ob die beiden ihre zweite Chance bekommen.
Jane Sandersons Roman ist eine Hommage an die erste Liebe und an die (Gefühls-) Macht von Musik. Alison und Daniel drücken ihre Empfindungen über Songs aus, stellen ein gemeinsames Tape mit Liedern zusammen, die ihre Geschichte erzählen. Diese Idee hat mir sehr gefallen. Die vielen unterschiedlichen Titel sind auf dem Umschlag aufgelistet und auf Spotify als Playlist abrufbar. Ich habe mich auf Zeitreise begeben, habe mir die Titel angehört und hatte dabei den Eindruck, über die Musik noch stärker zu den Protagonisten und ihrer Beziehung zueinander durchzudringen. Oft erzählt nämlich Musik noch eindrucksvoller, leidenschaftlicher und intensiver als es Worte könnten.
Es geht aber in „Das war die schönste Zeit“ um noch so vieles mehr: um Wahrheit, um die Entscheidung zwischen Liebe und Pflichtgefühl, um die Frage, ob es möglich ist, sich seine Vergangenheit zurück zu holen, sie für sich zu beanspruchen und darum, mit verschiedenen Versionen von sich selbst zu leben und diese in Einklang miteinander zu bringen. Auf den ersten Blick ein netter, angenehm ruhiger Roman, auf den zweiten allerdings eine Geschichte mit starker Botschaft, die wie manche Musik tief berührt und in Erinnerung bleibt.

Bewertung vom 10.08.2020
Lerner, Ben

Die Topeka Schule


gut

Wenn Ben Lerners Worte nur meine Sprache wären.......

Jonathan Gordon arbeitet als Therapeut in einer psychiatrischen Anstalt, wie auch seine Frau Jane, die mehrere erfolgreiche Bücher veröffentlicht hat. Sie leben in Topeka. Ihr Sohn Adam ist ein talentierter, erfolgreicher Debattierer. Der Schüler Darren hingegen hat Probleme, sein Leben in den Griff zu bekommen. Er leidet unter „leichten Halluzinationen“ und ist deshalb Jonathans Patient. Als Adam mit Jonathan in Kontakt kommt, hat das weitreichende Folgen.

Ben Lerner beherrscht zweifelsohne das Spiel mit Sprache, nutzt sie als sein Instrument. Ich empfand seinen Sprachstil jedoch als äußerst schwierig und herausfordernd, als Hindernis, zu seiner Geschichte durchzudringen. Abwechselnd nimmt der Autor die Perspektiven von Jonathan, Jane, Adam und Darren ein, erzählt in der ersten und in der dritten Person alles, was den Figuren im Moment durch den Kopf geht. Leider geht er dabei nicht chronologisch und strukturiert vor, so dass es recht schwer ist, den Überblick zu behalten. Sätze wie „Ich schrieb Natalia eine Nachricht, dass ich sie und die Kinder später am Abend sehen würde, Jahrzehnte in der Zukunft, dann schaltete ich mein Smartphone aus, das noch nicht erfunden worden war“ verwirrten mich über die Maßen.

Lediglich zu Jane mit ihrer schwierigen Kindheit entwickelte ich einen näheren Zugang. Die Passagen aus ihrer Sicht waren mir noch am verständlichsten. Mit Jonathan konnte ich hingegen wenig anfangen, sein Verhalten befremdete mich teilweise.
Sohn Adam ist ein begnadeter Redner, versteckt sich hinter seinem Talent, aber was ihn wirklich bewegt, gibt er nicht preis. Obwohl er ständig unter Beobachtung und Analyse seiner fast „betriebsblinden“ Psychologen-Eltern steht, wissen diese nicht, was wirklich in ihm vorgeht, kennen ihn nicht richtig. Fast hat man umgekehrt das Gefühl, Adam sorgt sich mehr um seine Mutter, weiß intuitiv mehr über sie, bemitleidet sie mehr als das für einen Jungen seines Alters gut wäre.

Stellenweise war ich von der Lektüre gefangen. Interessant fand ich beispielsweise die Szene, wie Jane, im Publikum sitzend, eine Debatte von Adam verfolgt oder wie Adam seine Mutter mit „niederen“ Schimpfwörtern gegen Anfeindungen verteidigt, wofür diese sich schämt, denn so wird Sprache schließlich nicht verwendet. Leider konnte mich der Autor nicht durchgehend bei der Stange halten. Sobald mein „roter Faden“ verloren ging, die Gedanken der Figuren sich nicht mehr fokussiert auf ein Thema richteten, sondern abschweiften, war es schwierig, die volle Aufmerksamkeit und Konzentration für das Geschehen aufzubringen .
Bei Reden wie Adams Debatten geht es darum, zu inszenieren, andere mit allen Mitteln der Kommunikation zu überzeugen. Adam hat einen Trainer, der ihn „dressiert“, perfekte Debatten abzuliefern. Nicht hauptsächlich der Inhalt, sondern die Form der Darbietung entscheidet über Erfolg. Ziel ist es, rasche Argumente wie Munition abzuschießen, dem Zuhörer keine Zeit zu lassen, sich Gedanken über Gegenargumente zu machen, „Schnellsen“ nennt Adam diese Taktik. Ben Lerners Sprache und Erzählweise sind hingegen völlig gegensätzlich zu der in einer Rede, die Form seines Textes ist schwer einzuordnen, die für Reden so überaus wichtige Struktur fehlt.
Alle seine nach außen hin so „geordnet“ und aufgeräumt erscheinenden Figuren wirken im Inneren so ungeordnet, so verloren. Trotzdem endet das Ganze versöhnlich, Adam debattiert nicht mehr, sondern drückt klar und in aller Ruhe aus, was er von Herzen wirklich ausdrücken möchte.

Vermutlich ist es für Amerikaner mit ihrer sehr speziellen Debattierkultur leichter, sich den Roman vollkommen zu erschließen. Für mich ergab sich lediglich eine lose Aneinanderreihung von ungeordneten, teils konfusen Szenen, zu einem stimmigen Gesamtbild fügten sie sich (noch) nicht zusammen. Möglicherweise passiert das aber, nachdem ich das Buch ein zweites Mal gelesen habe, dazu fehlt mir momentan jedoch die Geduld.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.08.2020
Grimm, Sandra

Edition Piepmatz: Es war einmal ...: Meine Märchen


sehr gut

Prall gefüllte, bunte Märchenschatztruhe für die Kleinsten

Wer kennt sie nicht die großen Märchenklassiker „Rotkäppchen“, „Der Froschkönig“, „Hänsel und Gretel“, „Frau Holle“, „Die Bremer Stadtmusikanten“, „Dornröschen“, „Schneewittchen und die sieben Zwerge“, „Aschenputtel“ von den Brüder Grimm und Hans Christian Andersens „Das hässliche Entlein“ und „Die Prinzessin auf der Erbse“?

Für dieses großformatige stabile Pappbilderbuch aus der Ravensburger „Edition Piepmatz“ hat Sandra Grimm die beliebten Märchen für Kleinkinder ab zwei Jahre umgeschrieben. Die Märchen sind stark gekürzt und in einfacher, für jüngere Kinder gut verständlicher Sprache formuliert. Der knappe Text mit seinen kurzen Sätzen überfordert die Kinder nicht und macht es ihnen leicht, konzentriert zuzuhören. Als gelungen empfand ich, dass bekannte Originalzitate beispielsweise Rotkäppchens Dialog mit dem Wolf: “Warum hast Du so große Augen?“ „Damit ich die besser sehen kann“ usw. original im Text übernommen wurden. Diese Sätze können die kleinen Zuhörer sicher bald genau mitsprechen, was für zusätzliche Motivation sorgt.

Frau Annika hat die Märchen mit passenden sehr farbenprächtigen Bildern illustriert. Die Bilder sind groß, klar und strukturiert, erzählen das Wesentliche der Geschichte und erleichtern den Zuhörern so das Verständnis. Vor allem sind sie aber individuell und hübsch anzusehen, einfach gefällig.

Für mich eine gelungene umfangreiche Zusammenstellung der bekanntesten Märchen, kindgerecht und ansprechend aufbereitet. „Es war einmal...Meine Märchen“ wird für meine Kinder sicherlich ein Dauerbrenner werden und stellt ohne Zweifel eine Bereicherung für jedes Bücherregal von anderen kleinen Märchenliebhabern dar.

Bewertung vom 09.08.2020
Baumbach, Martina

Alle Hasen fliegen hoch / Die Tierwandler Bd.2


ausgezeichnet

Die Tierwandler sind zurück, noch aufregender und spannender als der Vorgänger

Die Tierwandler sind mit einem neuen Abenteuer zurück:
Alle freuen sich auf das kommende Sommernachtsfest der Bärenfeldschule, vor allem die AG Sport für besondere Talente, denn Lehrer Herr Olsson plant nach dem Fest eine Übernachtungsparty für alle Tierwandler. Auch sonst ist viel los: Die Zeichen mehren sich, dass Wilhelmine die nächste sein wird, die sich verwandelt. Doch die will eigentlich lieber ungestört an ihrer neuesten Erfindung, einer Popcornwurfmaschine, arbeiten. Während Merle und Finn mit ihrer Tierwandlergestalt schon prima zurecht kommen, schafft es Einstein zwar ohne Schwierigkeiten, sich in einen Feldhasen zu verwandeln, aber die Rückverwandlung in seine Menschengestalt klappt leider nicht so einwandfrei. Das bringt ihn in eine ziemliche brenzlige Situation, aus der er ohne Hilfe nicht wieder herauskommt. Und als wäre das nicht genug, steht er unter Druck. Wenn er in der Mathearbeit keine Drei schreibt, darf er am Übernachtungsfest von Herrn Olsson nicht teilnehmen.

Diesmal hatten wir keinerlei Schwierigkeiten, sofort in die Geschichte hineinzufinden. Autorin Martina Baumbach machte mir das Vorlesen mit ihrem flüssigen, gut verständlichen und kindgemäßen Schreibstil leicht. Kinder ab acht Jahre können das Buch schon alleine lesen, zum Vorlesen ist es für Sechsjährige geeignet. Imke Sönnichsens hübsche passende Illustrationen lockern den Text angenehm auf.

Während im ersten Band noch Merle und Finn im Fokus der Geschichte standen, geht es im zweiten Band mehr um Wilhelmine und Rufus alias „Einstein“. Wilhelmine hat eigentlich gar keine große Lust, ihre Tiergestalt kennenzulernen. Das intelligente und einfallsreiche Mädchen widmet sich lieber ihren neuesten Erfindung und empfindet die Verwandlung als ein wenig störend und beängstigend. Doch bald schon hat sie sich mit der neuen Seite an sich arrangiert.
Einstein hingegen ist nicht gerade der Schnellchecker, in der Schule, vor allem in Mathe ist er immer zu langsam und hat Probleme. Außerdem ist er manchmal etwas tollpatschig, kann seine Geschwindigkeit als Feldhase noch nicht einschätzen. Einstein ist sehr viel alleine zu Hause, weil sein Vater viel arbeiten muss.
Meinen Kindern und mir hat es gut gefallen, dass nun andere Kinder im Vordergrund stehen. Ein spannendes Konzept, in jedem Band der Serie andere Figuren genauer vorzustellen, die alle unterschiedliche Probleme und in ihrer Tiergestalt mit individuellen Herausforderungen zu kämpfen haben. Gleichzeitig ist es aber auch schön, dass die anderen bekannten Personen weiterhin dabei sind, Herrn Olsson, Melusine und Direktorin Bockelmann z.B. mögen wir nämlich sehr gerne und über Hausmeister Ploschkes komödiantische Einlagen mussten wir öfter sehr schmunzeln.

In welches Tier wird sich Wilhelmine wohl verwandeln? Wird Finn aus seiner Gefangenschaft befreit werden? Und kommt der misstrauische Herr Ploschke tatsächlich hinter das Geheimnis der Tierwandler? Diese verschiedenen Handlungsstränge sorgten für durchgehende Spannung. Am Ende gipfelt alles in einem kleinen Cliffhanger.
„Die Tierwandler - Alle Hasen fliegen hoch“ bewerteten alle Mitleser hier als fesselnder, unterhaltsamer und einfach „noch besser als der erste Band“. Nebenher erfährt der Leser zudem interessantes Sachwissen über Tiere, z.B. was Wiesel fressen oder dass Feldhasen talentierte Hochspringer sind.
Wer wird als nächster, seine Tierwandlergestalt annehmen? Wir können die Fortsetzung schon jetzt kaum erwarten.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.08.2020
Jebens, Franziska

Die Liebe fällt nicht weit vom Strand (eBook, ePUB)


gut

Klassische Strandlektüre mit temporeichem Start, aber im Verlauf abflachender Handlung

„Glück kann man nicht in einer fernen Zukunft finden, sondern nur im Jetzt, und dafür muss man eben auch mal das eine oder andere Risiko eingehen.“

Sophie, ist 29 und arbeitet am Empfang der Hamburger Filmverleihfirma Triversal. So richtig großen Spaß macht ihr der Job aber nicht. Eigentlich träumt sie von einem mintgrünen Foodtruck, mit dem sie durch die Gegend fahren, aber auch Cateringaufträge übernehmen möchte. Durch Zufall muss Sophie bei einer Präsentation einspringen und ehe sie sich versieht, wird ihr das Marketing für einen neuen Kinofilm, der an der Nordsee spielt, übertragen. In Dänemark verfolgt sie vor Ort die Dreharbeiten, außerdem warten dort weitere Überraschungen. Obwohl Sophie seit längerem eine Beziehung mit Tim führt, lernt sie einen anderen Mann kennen, der ihr kräftig den Kopf verdreht. Und dann erhält sie auch noch ein weiteres Jobangebot auf Zeit, das so gar nichts mit Management, aber viel mehr mit Sophies Träumen zu tun hat.

Franziska Jebens schreibt in der ersten Person -aus der Perspektive Sophies- flott, humorvoll und verständlich, aber nicht sehr fokussiert. Immer wieder schweifen Sophies Gedanken ab, sie widmet sich Tagträumen oder hält Zwiesprache mit ihrem Bauch. Diese Einschübe machten es manchmal anstrengend für mich, dem Geschehen zu folgen.

Sophie steckt in der Krise. Die Beziehung mit Tim ist ebensowenig erfüllend wie ihr Job und sie vermisst zudem ihre Mutter. Die Hauptfigur wirkt etwas chaotisch, aber nett und sympathisch. Sie verhält sich für meine Begriffe ein wenig zu passiv, hat nur ihrem Vater zuliebe BWL studiert und möchte es auch Freund Tim immer nur Recht machen, ohne dabei ihre eigenen Bedürfnisse zu berücksichtigen. Sophie beschränkt sich aufs Träumen, „beim Träumen kann nicht viel schiefgehen“. Auch der unverhoffte Marketingjob „passiert“ ihr einfach so. Das Leben fährt Achterbahn mit Sophie, schließlich macht es sie zu einer Person, die sie nicht sein will. Aber es existiert durchaus eine Handbremse, die Sophie selbst betätigen kann, wenn sie denn möchte... Mir hat die Figur Sophie zu wenige Ecken und Kanten, sie bleibt etwas blass.
Mit Claudette und Claudio hat sie verlässliche, treue Freunde an ihrer Seite, die sie stärken. Andere Figuren wie Sybille, Tina oder Herr Mock sind mir zu extrem, zu einseitig dargestellt, durchweg unsympathisch, völlig überzeichnet und nicht wirklich realistisch. Nick erscheint hingegen zu „glatt“ und ähnlich farblos wie Sophie. Die Randfigur „Runner Steven“ sticht mit seiner angenehm mitfühlenden und „wissenden“ Art heraus, erinnert mich jedoch stark an Petra Hülsmanns Taxifahrer Knut. Insgesamt sehr viele durchschnittliche Figuren, denen etwas mehr Tiefe und Originalität nicht geschadet hätte.

„Die Liebe fällt nicht weit vom Strand“ startet sehr witzig und temporeich- genau wie Sophies Morgen im ersten Kapitel-, doch leider kann die Autorin das Erzähltempo nicht aufrechterhalten. Für mich wurde die Story immer platter, viele Handlungsstränge wurden nicht sorgfältig herausgearbeitet, vieles ging zu schnell. Diese überhasteten Entwicklungen vor allem in der Liebe und in Sophies Karriere empfand ich leider nicht als überzeugend.

Der Roman hat mich trotz einiger Längen und Schwächen im Stoff recht gut unterhalten. Sophie entwickelt sich und lernt: „Das Leben ist zu kurz, um immer nur das zu tun, was man sollte“ und es ist nie „verkehrt, seinem Herzen zu folgen, auch wenn es vielleicht nach außen hin, nicht unbedingt das Sinnvollste zu sein scheint und alle dich für verrückt erklären“.

„Wie macht das Meer das bloß, dass ich in seiner Nähe immer gleich Frieden verspüre, und mein Bauch nicht nur die Klappe hält, sondern sich sogar ruhig anfühlt?“
Auch wenn der Strand und das Meer nicht die gewichtige Rolle spielen, die der Titel erwartet lässt, ist der Roman für mich ein klassischer, leichter „Strandwegleser“ für träge Lesestunden in der

Bewertung vom 31.07.2020
Maatman, Verena

Frau Beethoven (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Tragische Liebes- und Lebensgeschichte der Josephine von Brunsvik - mitreißend und sehr berührend

„Es waren zwei Königskinder, die hatten einander so lieb, sie konnten beisammen nicht kommen, das Wasser war viel zu tief“...

1799 reist die ungarische Adlige Josephine von Brunsvik auf Wunsch ihrer Familie gemeinsam mit Mutter und Schwester Therese nach Wien, um sich dort auf dem Heiratsmarkt zu präsentieren und einen passenden, reichen Ehemann für sich zu finden. Da Klavierspielen eine Kunst ist, die bei potentiellen Bräuten gerne gesehen wird, spielt sie beim bekannten Komponisten Ludwig van Beethoven vor, um ihn als Klavierlehrer zu gewinnen. Der willigt sofort ein, Josephine zu unterrichten, ist er doch mehr als begeistert von ihren musikalischen Fähigkeiten und von ihr selbst. Schon bald wird Josephine zur Hochzeit mit einem anderen genötigt, doch Beethoven geht ihr nicht aus dem Kopf. Auch der geniale Musiker wird seinen „Engel“ nie vergessen...

Nur ein paar Seiten von Verena Maatmanns Roman genügten und schon war ich vollkommen gefangen in Josephines Geschichte und ihrer Welt. Der Schreibstil der Autorin ist nicht nur gut verständlich und gefällig, sondern wirkt angenehm nostalgisch und somit passend für einen Roman, der im 19. Jahrhundert spielt.

Josephine von Brunsvik ist eine tragische Figur. Völlig unbedarft und unerfahren trifft sie in Wien ein, wo sie unter die Haube gebracht werden soll. Sogleich verliert die talentierte Klavierspielern ihr Herz an den Ausnahmekomponisten Beethoven. Doch diese Liebe ist nicht standesgemäß. Eine Kette dramatischer Ereignisse setzt sich in Gang und Josephine „zieht das Unglück an wie ein Magnet“. Trotzdem sich Josephine nicht immer vernünftig und rational verhält, wird sie für mich plausibel und stimmig dargestellt. Gefangen in ihrer Rolle, hat sie keine Möglichkeit, eigenständig zu entscheiden. Ich empfand großes Mitleid für die Protagonistin, die soviel Schmerz erfahren muss.
Ludwig van Beethoven habe ich hier ganz neu kennengelernt. Ich kannte ihn aus anderen Darstellungen als störrisch, eigenwillig und unzugänglich. Doch Josephine gegenüber zeigt er eine ganz andere Seite von sich: höflich, zuvorkommend, charmant. Die beiden entwickeln eine wirklich besondere Beziehung, sie verstehen sich ohne Worte, vor allem über die Musik.
Sehr angetan war ich auch von Josephines Schwester Therese, die sich stets aufopferungsvoll um ihre jüngere Schwester kümmert und wie ein Fels in der Brandung immer für sie und ihre Familie da ist.

Dass die Hauptfiguren Josephine und Beethoven reale und keine erfundenen Persönlichkeiten sind, macht den Roman für mich hochinteressant, glaubwürdig und authentisch. Vieles hat genauso stattgefunden, einiges könnte so passiert sein.
Ob Josephine in Wirklichkeit Beethovens „eine“ unsterbliche Geliebte gewesen ist, werden wir vermutlich nie erfahren. Verena Maatmann hat aus dem Stoff, aus Josephine von Brunsviks unglücklicher Biographie, einen aus meiner Sicht überaus packenden, aufwühlenden und beeindruckenden Roman geschaffen. Sie zeigt darin deutlich und sehr anschaulich auf, wie sehr Frauen in der Vergangenheit unter der Gesellschaftsordnung zu leiden hatten. Beethoven bringt im Text diesen Umstand treffend auf den Punkt: „Wir sind Sklaven unserer Zeit. Würden wir hundert Jahre später leben, wäre es möglich, dass wir heirateten, da bin ich sicher“.
Auch Beethovens großartige Musik ist immer wieder Thema dieses lesenswerten Buches. Ich hatte nach der Lektüre das Bedürfnis, mir sein „Andante favorini“ einmal ganz in Ruhe anzuhören. Und plötzlich hatte dieses wunderschöne Stück eine ganz neue Bedeutung für mich.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.07.2020
Langhammer, Franziska

Immer mehr im Sommer (eBook, ePUB)


sehr gut

Sag mir, welches Eis Du liebst und ich sage Dir, wer Du bist!

„Menschen, die Zitroneneis mögen, sind oft klar und strukturiert, sie polarisieren, und das bewusst – und es ist ihnen herrlich egal, ob sie gemocht werden oder nicht.
Denn fest steht: Wer Zitroneneis mag, mag Auseinandersetzung.“

Lis ist gerade zwanzig und studiert in München. Gemeinsam mit ihren Freundinnen Anna und Josy erlebt sie das, was Studentinnen typischerweise so erleben: Öde Vorlesungen, lustige Partys mit viel Alkohol, interessante Männerbekanntschaften und die Liebe. Für das Studium bringt Lis nicht so viel Leidenschaft auf wie für Eiscreme. Sie ist überzeugt, dass die Lieblingseissorte eines Menschen sehr viel über seinen Charakter verrät. Daher ist ihr Nebenjob, Eisverkäuferin bei einem Konditor, geradezu ideal für sie. Sie sammelt beim Eisverkauf interessante Erfahrungen und lernt dabei einiges über Menschen und das Leben.

„Immer mehr im Sommer“ liest sich spritzig, erfrischend wie Zitroneneis. Franziska Langhammers lockerer Erzählstil - der Roman ist aus Lis Sicht in Ich-Perspektive verfasst- brachte mir die Studentin recht schnell nahe.

Lis ist der klassische Stracciatella-Typ, sie weiß nicht genau, was sie will, also will sie am besten alles. „Das Bedürfnis nach einem sicheren Genuss ist größer als die Risikobereitschaft, und doch will man sich nicht mit etwas Herkömmlichen zufriedengeben“. Lis Umherirren, ihre Suche nach einem Ziel, in der Liebe wie im Leben oder im Beruf fand ich plausibel dargestellt. Nicht alle ihrer Entscheidungen waren für mich vernünftig und nachvollziehbar, aber angesichts ihres jungen Alters durchaus glaubwürdig. Auch Lis Freundin, die Medizinstudentin und Zitroneneisesserin Anna und die Überraschungswaffelliebhaberin Josy sind authentische Figuren. Josy ging mir allerdings mit ihrer überdrehten, penetranten Art manchmal auf die Nerven. Die Charakterisierung der Männer in Lis Leben, z.B. Jakob, der bodenständig und traditionell, einen Faible für Vanilleeis hat, empfand ich als passend und gelungen.

Was für eine originelle Idee, Menschen in Gruppen von „Eissortengenießern einzuteilen“! Knapp und übersichtlich zusammengefasst wird Lis Theorie übrigens noch einmal in einem Glossar als Anhang. Wer hätte gedacht, dass einem Eis und die Personen, die es mögen, so viel über das Leben erzählen können?! Dieser immer wieder auftauchende Gedanke, die „Typisierung der Eissortenliebhaber“, machte die nette Sommergeschichte für mich interessant und unterhaltsam. In der Mitte entwickelt das Ganze ein paar Längen, doch mit dem Wechsel des Schauplatzes kommt wieder Bewegung in die Handlung.
Insgesamt ein locker-leichter Roman, der in die oft sorglose Studentenwelt entführt, Lust auf Eis und Sommer macht und einen regelrecht dazu zwingt, sich mit seinen Eisvorlieben auseinanderzusetzen. Vielleicht erfährt man dabei ja wirklich etwas über sich selbst?

Bewertung vom 31.07.2020
Maar, Paul

Das Sams und der blaue Drache / Das Sams Bd.9


ausgezeichnet

Das Sams bleibt sich treu: Grandiose Geschichte mit genial gereimten Gedichten

Jetzt besitzt Herr Taschenbier zwar seine gewünschte Wunschmaschine, aber so richtig gut können er und das Sams nicht damit umgehen. Immer wieder drücken sie sich ungenau aus und beim Wünschen geht deswegen irgendwas schief. Als das Sams in Herrn Taschenbiers Abwesenheit die Maschine ohne dessen Erlaubnis missbraucht und dadurch ein ziemliches Chaos veranstaltet, stellt Herr Taschenbier die Wunschmaschine auf den Schrank und verbietet dem Sams, sie zu benutzen. Doch das Sams hätte sooo gerne einen blauen Flugdrachen. Und der Besitzer des Drachenladens ist gerade im Urlaub. Und seit wann hält sich das Sams überhaupt an Regeln?!

Paul Maar kann es noch. Er weiß, wie Kinder ticken und schreibt gut verständlich, kindgerecht und irre lustig wie zu seinen besten Zeiten. Auch hier unübertroffen wieder die genialen, famosen, einfach oberwitzigen Reime des Sams. Sogar die Kapitelüberschriften sind diesmal in Gedichtform formuliert. Das hat uns mindestens genauso gut gefallen wie die fabelhaften Illustrationen des Autors.

Wer das Sams nicht mag, ist wirklich selber schuld. Meine Kinder und ich sind die größten Fans, des liebenswerten frechen originellen Wesens, das jedes Wort auf die Goldwaage legt, zu jeder Gelegenheit einen passenden oder unpassenden Reim parat hat, aber es doch eigentlich nie böse meint. Uns scheint es in dieser Geschichte sogar ein klitzekleines bisschen vernünftiger als bisher. Papa Taschenbier verhält sich stets nett und verständnisvoll wie immer. Mit Frau Rotkohl lässt sich auch in diesem Band nicht gut Kirschen essen. Trotzdem sorgen die Vermieterin, die in diesem Buch stellenweise Herrn Lürchers Rolle aus den früheren Abenteuern einnimmt, und der sympathische Herr Mon mit seiner besonderen Redeweise für sehr amüsante Szenen.

„Das Sams und der blaue Drache“ ist eine Was-wäre-wenn-Geschichte. Was wäre, wenn die Wunschmaschine im zweiten Band nicht kaputt gegangen wäre? Vieles im Buch ist der heutigen Zeit angepasst, es geht etwas moderner zu als im zweiten Band. Der Spannungsbogen wird dauerhaft durch die Frage, wie es mit dem neuen geheimnisvollen Freund des Samses weitergeht, hochgehalten. „Langeweile muss nicht sein, immer wieder fällt dem Sams was ein.“ Auch wenn das Buch nicht ganz an die Originalität der ersten Bände herankommt, hatten wir auch diesmal wieder riesengroßen Spaß mit dem rothaarigen Kerl im Taucheranzug und haben dabei so manches fürs Leben gelernt, wie z.B. Samsregel 297 „Steht man vor dem Tisch zu zweien, muss man gar nicht heftig schreien, weil es auch viel leiser geht, wenn man dicht zusammensteht.“ Zum Vorlesen für alle Kinder ab fünf, sechs Jahre, die gerne lachen. Und wer tut das nicht?

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.