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Glüxklaus
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Franken

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Insgesamt 628 Bewertungen
Bewertung vom 03.07.2025
Russ, Rebecca

Der Weg - Jeder Schritt könnte dein letzter sein


sehr gut

Ein Alptraum in der schwedischen Wildnis - packender, leicht und flüssig zu lesender Krimithriller

„Ein beklemmendes Gefühl breitet sich in mir aus, sickert wie Eiswasser durch meinen Körper, bis es sich in meinem Bauch zu einer grauenvollen Gewissheit verdichtet.
Ich bin ganz allein hier draußen. Und ich habe keine Ahnung, wo ich bin.“

Sehr lange hat Julia nichts mehr von ihrer besten Freundin Nicki gehört. Doch als Julia sich nach sehr kurzer Beziehung mit Lars verlobt, lädt diese sie völlig überraschend zu einer Junggesellenabschiedswanderung nach Schweden ein. Nicki wirkt auf dem Wandertrip von Beginn an abwesend, abweisend und in sich gekehrt. Der Wanderung startet zu allem Überfluss auch noch mit einem Unwetter. Nach der ersten stürmischen Nacht im Zelt wacht Julia plötzlich alleine auf. Nicki ist spurlos verschwunden. Julia ist in der Wildnis nun auf sich alleine gestellt, ohne Orientierung zudem - hatte Nicki doch im Vorfeld die Routenplanung übernommen. Wird sie zurückfinden und was ist mit Nicki passiert?

Aus Julias Sicht wird erzählt, was während der Wanderung passiert. In Rückblenden schildert die Autorin zusätzlich, wie Julias und Nickis Freundschaft entstand und wie es zur gegenwärtigen Situation kam. Die Geschichte liest sich sehr unkompliziert und flüssig. Es war für mich sehr leicht, mich im Geschehen zurechtzufinden.

Julia war mir recht sympathisch, doch wirkt sie ein wenig naiv. Die Beziehung zu ihrer besten Freundin Nicki ist leider seit längerem nicht mehr so intensiv. Nicki hat sich zurückgezogen, scheint sich nicht für Julias Beziehung mit Lars zu interessieren und spricht nicht über ihren eigenen Kummer. Was ist da nur los?
Auch wenn einige Charaktere durchaus etwas überzeichnet sind, bietet die Figurenkonstellation sehr viel Potential für so manche interessante Entwicklungen.

Wird Julia allein in der Wildnis zurechtkommen? Warum benimmt Nicki sich so seltsam? Welches Geheimnis verbirgt sie?
Rebecca Russ erzählt sehr spannend, liefert den Lesern durch die Rückblenden nach und nach immer mehr Puzzleteile, so dass diese sich nach und nach ein Gesamtbild von der Lage machen können. Dabei wird im Verlauf eine ganz besondere Wendung präsentiert, die für mich durchaus überraschend kam. Auch wenn die Auflösung und vor allem Julias Verhalten am Ende mich nicht hundertprozentig überzeugten, hat mich der Krimi prima unterhalten. Er liest sich angenehm und flüssig: ein packender, leichter Thrillersnack für eine kurzweilige Leseauszeit, ideal z.B. als Urlaubslektüre.

Bewertung vom 03.06.2025
Buck, Vera

Der dunkle Sommer


sehr gut

Die Abgründe einer Dorfgemeinschaft- atmosphärischer, fesselnder Krimi

Nach einem traumatischen Erlebnis sucht Tilda Abstand von ihrer Heimat in Deutschland. In einem kleinen, verlassenen Dorf auf Sardinien kauft sie sich ein Haus für einen Euro, um es zu renovieren. Das geheimnisumwitterte Dorf hat (neben Tilda) nur einen weiteren Bewohner, der das Haus nicht mehr verlassen kann. Dennoch gehen hier seltsame Dinge vor. Als Tilda von einem Fluch hört, der angeblich auf dem Dorf liegt, möchte sie der Sache auf den Grund gehen. Auch Journalist Enzo sucht nach der Wahrheit. Ob die beiden herausfinden, was in dem Dorf früher geschah?

Vera Buck schreibt in der ersten Person Singular aus drei Perspektiven. Sie schildert, was Tilda und Enzo aktuell erleben. In Rückblenden erzählt sie zudem Frankas Geschichte, die vor über vierzig Jahren im Dorf lebte und Schreckliches erleiden musste. Lebendig und flüssig liest sich der Schreibstil.
Es war überhaupt kein Problem, in die Geschichte zu finden und sich in die Figuren hineinzuversetzen.

Alle drei Hauptfiguren müssen gegen Dämonen kämpfen. Doch ist anfangs noch nicht sofort klar, gegen welche. Warum ist Enzo von der Geschichte des verlassenen Dorfes Botigalli so besessen? Was hofft er herauszufinden? In welchem konkreten Zusammenhang steht Frankas Geschichte mit den aktuellen Geschehnissen? Was hat Tilda zu verarbeiten und warum zieht es sie ausgerechnet ins Dorf Botigalli?
Welche spannenden Geschichten haben die Protagonisten zu erzählen? Was treibt sie an? Was hat sie geprägt? Definitiv eine sehr interessante, faszinierende Personenkonstellation wird hier dargestellt.

Von Beginn an hat mich der Krimi gepackt. Sehr atmosphärisch schildert Autorin Vera Buck, was Tilda in ihrer neuen Heimat erlebt. Dabei kann man die Beklemmung, die Gänsehaut fast am eigenen Leib spüren. Unbedingt möchte man als Leser wissen, wie sich die mysteriösen Vorkommnisse erklären lassen. Kontinuierlich werden dazu neue Hinweise „gestreut“. Während sich die aktuelle Situation immer gefährlicher und dramatischer entwickelt, findet auch die Geschichte aus der Vergangenheit zeitgleich ihren Höhepunkt, so dass man den Roman einfach nicht loslassen kann. Das Ende ist ein ganz schöner Knaller, der mir persönlich ein kleines bisschen zu konstruiert war und mich nicht ganz überzeugt hat. Unterm Strich aber ein absolut spannender, atmosphärischer und gut gemachter „Krimthriller“, der mich prima unterhalten hat.

Bewertung vom 03.06.2025
Moore, Georgina

Die Garnett Girls


gut

Wenn ein Ereignis alles verändert - Familiendrama mit schwieriger Mutter-Töchter- Konstellation

„Die jungen Leute sind nicht faul. Es ist nur so, dass das Aufwachsen heutzutage leicht beschissen ist- die Welt hat sie im Stich gelassen.“

Die Garnett-Girls sind die drei Schwestern Sasha, Imogen und Rachel sowie ihre Mutter Margo. Seit der alkoholkranke Vater Richard die Familie eines Tages verlassen hat, haben sie gemeinsam schwere Zeiten durchlebt. Dass Margo sich nach Richards Auszug lange Zeit nicht selbst um ihre Töchter kümmern konnte und Rachel früh viel Verantwortung für ihre jüngeren Schwestern übernehmen musste, wirkt immer noch nach. Rachel lebt mit Mann und Kindern in der Nähe von Margo auf der Isle of Wight im Haus der Familie, obwohl sie sich selbst etwas ganz anderes wünscht. Autorin Imogen scheint zur Freude ihrer Mutter nun endlich unter die Haube zu kommen und ist mit dem verlässlichen, aber wenig aufregenden William verlobt. Richtig glücklich fühlt sie sich dabei nicht. Die temperamentvolle Sasha ist beruflich viel in der Welt unterwegs, ihr tyrannischer Ehemann Phil zeigt für die Probleme von Sashas Familie keinerlei Verständnis. Die Spannungen werden bei jedem Zusammentreffen der Familie intensiver. Es droht der große Knall…

Georgina Moore schreibt in der dritten Person, nimmt dabei abwechselnd die Sichtweisen ihrer vier Protagonistinnen ein. Hauptsächlich werden die aktuellen Entwicklungen beschrieben, mitunter werden in Rückblenden auch vergangene wichtige Momente dargestellt. Der Roman liest sich verständlich, lebendig und recht flüssig.

Im Mittelpunkt des Buchs stehen die komplizierten Familienverhältnisse der Garnett-Girls. Der Verlust des Vaters prägt alle Schwestern nach wie vor stark. Obwohl Mutter Margo Richard totschweigt und sie ihn für sein Verschwinden und die Zerstörung der Familie hasst, definiert sie sich noch immer über die besondere, leidenschaftliche Beziehung, die sie mit ihm verband. Sie übt direkt und indirekt viel Einfluss auf ihre Töchter aus. Rachel fühlt sich beispielsweise verpflichtet, ihrer Mutter nachzueifern und möchte ihr unbedingt gefallen. Sie fasst endlich den Mut, Margo zu gestehen: „Aber so ein Leben will ich nicht führen. Es ist so, als hätte ich mir deins ausgeliehen. Ich meine, die Insel, Sandcove. Du und Gabriel, ihr habt es ausgesucht und ich habe einfach mitgespielt und gehofft, dass es für mich passen würde. Aber das stimmt nicht.“
Auch Imogen möchte jeden Konflikt mit ihrer Mutter vermeiden. Sie geht eine Verlobung ein, weil sie weiß, dass das von ihr erwartet wird.
Sasha, die Imogen neidet, dass deren schriftstellerisches Talent bei Margo mehr gilt als alle Stärken und Interessen Sashas, zeigt sich rebellischer und weniger harmoniebedürftig als ihre Schwestern. Ihr Ehemann Phil unterstützt sie überhaupt nicht. Er ist ein echtes Ekel und nicht die einzige unsympathische Figur im Roman.
Obwohl ich das Verhalten der Personen meist nachvollziehen konnte und die Familienkonstellation sehr interessant und reizvoll fand, mochte ich die meisten Charaktere leider gar nicht.

Definitiv ist „Die Garnett-Girls“ kein „Feel-Good-Roman“. Eine dramatische Entwicklung folgt auf die nächste. Das war mir teilweise etwas zuviel des Guten. Bestimmte „wuchtige“, laute Charaktere trinken oft zu viel Alkohol, haben sich wenig im Griff und erdrücken so häufig die Handlung. Sie lassen dann kaum Raum für leisere, nachdenklichere Zwischentöne.
Der bei all den Katastrophen, Konflikten und Schicksalsschlägen letztlich intensive Zusammenhalt der Familie hat mich beeindruckt. Die außergewöhnliche Verbindung der Schwestern lässt sie ihre Probleme angehen. Das hat mir gut gefallen, denn letztlich ist Familie eben nicht immer eine Bürde, sondern oft auch eine Chance und Möglichkeit, Schwierigkeiten gemeinsam zu lösen und sich gegenseitig zu unterstützen. Daher habe ich den Roman trotz der herausfordernden, anstrengenden Figuren stellenweise recht gerne gelesen.

Bewertung vom 03.06.2025
Clark, Julie

Die unsichtbare Hand


ausgezeichnet

Ein Doppelmord in einer Familie und viele dunkle Geheimnisse - ein fesselnder Cold-Case-Krimi

Wegen einer unschönen Auseinandersetzung mit einem Kollegen hat Ghostwriterin Olivia seit einem Jahr keine beruflichen Aufträge mehr. Doch dann fordert der berühmte Schriftsteller Vincent Taylor sie persönlich zur Unterstützung seiner Arbeit an seinen Memoiren an. Der Auftrag hat es in sich: Was niemand weiß, Vincent ist Olivias Vater, zu dem sie seit längerer Zeit keinen Kontakt mehr hat. In seinem neuen Buch will Vincent den mysteriösen Tod seiner Geschwister Poppy und Danny näher beleuchten. Die beiden wurden vor rund 50 Jahren ermordet aufgefunden. Vincent gilt seitdem als Mörder seiner Geschwister, ohne dass dies jedoch je bewiesen wurde. Olivia beschließt, mit ihrem Vater zusammenzuarbeiten. Wird sein neues Buch nun endlich die Wahrheit ans Licht bringen?

Die Geschichte wird multiperspektivisch erzählt. Olivia schildert, was sie während der Arbeit am Buch mit ihrem Vater und bei der Recherche in dessen Heimatort Ojai erlebt. In Rückblenden werden zudem die Geschehnisse an bestimmten Tagen kurz vor dem Mord aus Vincents und Poppys Sicht dargestellt. Der klare, flüssige Schreibstil liest sich durchgehend leicht und angenehm.

Auch wenn Olivia selbst nicht immer ganz offen und ehrlich ist - z.B. ist sie nicht in der Lage, mit ihrem Lebensgefährten über die Geschichte ihrer Familie zu sprechen- möchte sie unbedingt herausfinden, was sich im Zusammenhang mit dem Doppelmord wirklich ereignete. Olivias Vater Vincent leidet an Lewy-Körperchen-Demenz und ist zeitweise verwirrt. Zudem macht es den Eindruck, als wäre er auch in klaren Momenten ein unzuverlässiger Erzähler. Vincent spart bewusst Details aus, so wirkt seine Sicht der Dinge nicht ganz objektiv. Vincents Person gibt den Lesern Rätsel auf, er ist ein spannender Charakter, der die Personenkonstellation sehr interessant gestaltet.

Wer hat Danny und Poppy umgebracht? Immer mehr Geheimnisse kommen ans Licht, dabei werden sehr überzeugend verschiedene Fährten gelegt, die die Erwartungen der Leser gezielt lenken. Autorin Julie Clark schildert Olivias Suche nach der Wahrheit äußerst packend. Beim Lesen fieberte ich mit, konnte es kaum erwarten, endlich selbst zu wissen, was 1975 wirklich geschah. Der Plot ist für mich insgesamt stimmig und gekonnt konstruiert, durch seine zahlreichen Wendungen hat der Roman mich stetig bei der Stange gehalten. Vor allem gegen Ende ein absolut lesenswerter, psychologisch raffinierter Pageturner, der mich bestens unterhalten hat.
„Die unsichtbare Hand“ hat alles, was mein persönliches Krimileserinnenherz begehrt.

Bewertung vom 14.05.2025

Disney - Malen nach Zahlen: Girl Power


gut

Bunter Malspaß mit nostalgischen Kindheitserinnerungen, aber ohne Überraschungseffekt

Meine Kinder und ich sind große Fans der Reihe „Disney Malen nach Zahlen“. Dass aus einem scheinbaren Wirrwarr von Linien und Flächen so tolle, bunte Bilder entstehen, ist wirklich faszinierend.
Auch im neuen Band „Girl Power“ funktioniert das Prinzip wie gehabt. Auf einer Farbleiste unter dem Bild sind alle benötigten Farben zu sehen. In der Farbe ist jeweils eine Ziffer oder ein Buchstabe abgedruckt. So ist leicht erkennbar, welche Felder auf der Seite mit welcher Farbe ausgemalt werden müssen. Einige Seiten fordern bis zu 20 unterschiedliche Farben. Hier wird man sicher etwas improvisieren und ähnliche Farben verwenden müssen. Wir besitzen sehr viele Buntstifte, müssen aber dennoch häufig, die angegebenen Farben durch ähnliche ersetzen.
Hat man allen Farben Stifte zugeordnet, kann es schon losgehen.
Das Ausmalen der Bilder kann durchaus herausfordernd sein. Einige Felder sind sehr klein und erfordern exaktes Malen, andere sind so groß, dass nicht immer ganz klar ist, wie weit das Feld genau reicht. In der Mitte wellt sich das Buch und es ist nicht ganz einfach, die innenliegenden Felder einzufärben.
Am Ende erhalten auch weniger versierte Zeichner ein fast künstlerisch anmutendes, teils sogar schattiertes Motiv einer weiblichen Disneyfigur. Dabei sind nicht nur klassische Disneyprinzessinnen wie Arielle oder Schneewittchen, sondern auch tierische wie Dalmatinerhündin Perdita oder Minnie Maus vertreten. Die Motivauswahl ist wirklich vielfältig und abwechslungsreich.
Das Ausmalen macht Spaß und bringt Entspannung. Wenn man sich voll auf das Malen konzentriert, kann man prima abschalten. Zudem kommen dabei wunderbar nostalgische Kindheitserinnerungen an alte Disneygeschichten hoch.
Auch für ältere Kinder ab neun Jahren ist das Buch geeignet, ihnen gelingen durchaus schon sehr ansehnliche Ergebnisse.

Was mir bei diesem Buch leider komplett fehlt, ist der Überraschungseffekt, den die anderen Bücher der Reihe alle haben. Auf dem weißen Bild ist schon von Beginn an ziemlich klar zu erkennen, wen man da malt. Gerade das Rätseln um ein mögliches Motiv ist eigentlich sehr motivierend und regt zum Durchhalten an. Ist das Motiv von vornherein schon deutlich zu identifizieren, ist das Malen natürlich viel weniger spannend.
Daher kann ich das Buch leider nur mit drei von fünf Sternen bewerten.

Bewertung vom 01.05.2025
Fuchs, Katharina

Vor hundert Sommern


gut

Viele wichtige Themen in einer etwas hölzern erzählten Geschichte

Lena und ihre Mutter Anja räumen die Berliner Wohnung von Anjas Mutter und Lenas Großmutter Elisabeth aus, da diese nun in einem Pflegeheim lebt. Dabei stoßen sie auf Hinweise auf das Leben von Elisabeths Tante Clara. Die Hundefriseurin liebte während des Dritten Reiches einen russischen Revolutionär und schwebte dadurch aufgrund der politischen Zustände in großer Gefahr. Lena, die selbst in einer Krise steckt, ist fasziniert von Clara und versucht mehr über ihr Leben herauszufinden. Im Gespräch mit Elisabeth, die ihr Wissen zunächst nur zögerlich preisgibt, erfährt die junge Frau von einigen Geheimnissen in der Familie, die sie selbst ganz schön ins Grübeln bringen.

Erzählt wird, was aktuell in Anjas und Lenas Leben geschieht. Zudem wird in Rückblenden die Lebensgeschichte von Clara geschildert. Die Sprache ist im allgemeinen klar und gut verständlich, der Schreibstil wirkt aber mitunter etwas hölzern und wenig lebendig.

Die verschiedenen Figuren stehen an unterschiedlichen Punkten in ihrem Leben. Anja fühlt sich ihrer Familie gegenüber verpflichtet, erhält nun aber die Möglichkeit, ihre berufliche Karriere voranzutreiben. Lena zeigt sich generell sehr unsicher, fühlt sich in ihrem Studium nicht wohl. Sie hat Schwierigkeiten, mit anderen Menschen umzugehen und zieht sich deswegen häufig alleine zurück. Clara stammt aus einfachen Verhältnissen, sie ist leidenschaftlich und selbstbewusst. Ihr Leben ist stark von den politisch Zuständen in Deutschland geprägt.
Die Figuren haben durchaus viel zu erzählen, machen aber auf mich ähnlich wie der Schreibstil einen etwas spröden, teils recht klischeehaft Eindruck.

Claras bewegte Geschichte und die ihrer Familie ist wirklich bemerkens- und mitteilenswert. Auch Hundeliebhaber kommen in diesem Buch voll auf ihre Kosten, denn sowohl Lena als auch Clara pflegen eine besondere Beziehung zu den Vierbeinern. Überhaupt spricht der Roman viele wichtige Aspekte an, allen voran Antisemitismus, der auch erschreckenderweise aktuell in Deutschland wieder aufkeimt. Nachdenklich stimmten mich in Verbindung damit zudem die Passagen über Meinungsfreiheit. Auch Lenas Probleme, sich in der aktuellen Welt selbst zu finden und zu orientieren und Anjas Zwiespalt zwischen Beruf und Familie sind spannende, relevante Themen. Der Roman will angesichts seines umfangreichen Themenspektrums viel, bleibt aber dabei teilweise an der Oberfläche. Zudem empfand ich gerade den Anfang als recht langatmig. „Vor hundert Sommern“ ist eine durchaus aufregende, interessante Geschichte, die nicht besonders mitreißend erzählt wird. Sie hat mich aber dennoch gut unterhalten. Wer Hunde und historische Romane auf zwei Erzählebenen mag, wird dieses Buch sicher gerne lesen.

Bewertung vom 01.05.2025
Welk, Sarah

FREI - Bester Sommer (FREI 1)


sehr gut

Ein aufregender Survival-Trip auf dem Weg zum Erwachsenwerden

Joshua ist vierzehn und hat die Nase voll vom Umziehen. Jetzt hat es seine Mutter, die als Künstlerin überall Inspiration sucht, ausgerechnet in ein Kaff namens Rottloch in der tiefsten Provinz verschlagen. Und Joshua muss natürlich mit. Doch hier ist es ganz anders als erwartet. Die Schule folgt einem modernen pädagogischen Konzept. Und in Joshuas erster Woche steht gleich eine besondere Projektwoche unter dem Motto „Freiheit“ an. Gemeinsam mit seiner Gruppe Nina, Koray, Nasrin und Nico muss Joshua ein paar Tage im Wald verbringen. Ob die vier ungleichen Teenager den herausfordernden Survivaltrip draußen gemeinsam meistern werden?

Die Geschichte wird in der ersten Person aus Joshuas Sicht erzählt. Joshua schildert, was aktuell passiert. Das tut er sehr direkt, unterhaltsam, mitreißend und flüssig. In Wortwahl und Satzbau wirkt die Sprache sehr authentisch, genauso eben, als berichte ein vierzehnjähriger Junge von seinem Leben.
Das Buch richtet sich an Leserinnen und Leser ab elf, zwölf Jahren.

Neben Joshua, der mit zwei Müttern aufwächst und bisher nie richtig Freundschaften schließen konnte, weil er immer wieder den Wohnort wechseln musste, gibt es noch Nina. Nina ist Joshua auf Anhieb mehr als sympathisch… Hinzu kommt Nasrin, die von ihren Eltern wohlbehütet wird. Sie hat ein beeindruckendes Allgemeinwissen. Koray ist wie Joshua ebenso neu an der Schule und stammt offensichtlich aus ziemlich reichen Verhältnissen, gibt aber wenig von sich preis. Aber auch Nico, der oft ziemlich taktlos und aufdringlich rüberkommt, scheint ein Geheimnis zu hüten. Fernab der Zivilisation gibt es so einige Reibereien und Eifersüchteleien zwischen den Klassenkameraden. Aber vielleicht wächst ja nebenbei auch noch etwas anderes?


Die vier Teenager müssen sich für das Projekt ganz schön anstrengen, viel körperliche Ausdauer zeigen, sich zusammenraufen, Mut beweisen und ihre Komfortzone verlassen. Während ihres Abenteuers lernen sie so einiges über sich selbst und die anderen. Freilich ist nicht alles, was während des Trips passiert, hundertprozentig realistisch. Spannend und sehr kurzweilig ist es aber allemal. Joshuas neue Schule und ihr modernes Erziehungskonzept wirken teilweise etwas märchenhaft und zu schön, um wahr zu sein, bieten aber durchaus einigen Stoff und verschiedene Aspekte zum Nachdenken.
„Frei“ ist eine einfühlsam und herrlich leicht erzählte Geschichte vom Erwachsenwerden mit interessanten, individuellen Charakteren. Mir hat der Auftakt dieser neuen Reihe gut gefallen. Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht.

Bewertung vom 01.05.2025
Clarke, Lucy

The Surf House


sehr gut

Sommer, Sonne, Strandidylle und gefährliche Geheimnisse - packender Krimi

„Vielleicht ist sie deshalb so ein gutes Model geworden. Sie konnte jede Emotion vortäuschen, die von ihr verlangt wurde. Sie gab sich sexy, selbstbewusst und beschwingt, anstatt die hässliche Einsamkeit in ihrem Inneren preiszugeben.“

Bea arbeitet als Model und hat aktuell ein Shooting in Marokko. Während ihres Aufenthalts dort passiert etwas Furchtbares, sie wird in den engen Gassen Marrakeschs überfallen. Anschließend sind ihr Geld und ihr Ausweis weg. Doch Marnie, die ebenso Zeugin und Opfer des Überfalls war, hilft Bea und bietet ihr einen Job in ihrem Surfhotel an. Zunächst ist Bea dankbar über die Möglichkeit, aus ihrem bisherigen Leben auszubrechen. Sie genießt die Abende am Strand, fühlt sich wie im Urlaub. Doch dann taucht Seth auf, der auf der Suche nach seiner Schwester Savannah ist, die vor einem Jahr im Hotel von Marnie wohnte und danach spurlos verschwand. Bea wird misstrauisch und unterstützt Seth bei der Suche. Was geschah mit Savannah? Und wer steckt hinter ihrem Verschwinden?

Lucy Clark schreibt meist aus Beas Sicht und schildert, was aktuell geschieht. In Rückblenden erfährt man zudem von den Ereignissen ein Jahr zuvor, kurz bevor Savannah verschwand. Der Schreibstil ist eingängig, leicht und flüssig zu lesen.

Bea ist mit ihrem Leben als Model unzufrieden. So werfen sie die Erlebnisse in Marrakesch und der Verlust ihrer Papiere und ihres Gelds weniger aus der Bahn, als man annehmen könnte. Anfangs fühlt sie sich recht wohl im Surfhouse, ist sogar einer Romanze mit dem irischen Nachbarn nicht abgeneigt. Dieser jedoch verschließt sich vor ihr. Und auch Marnies Mann Ped scheint Geheimnisse zu hüten, ebenso wie der korrupte Polizist Momo. Nach und nach spürt Marnie, dass sie ihren Mitmenschen vielleicht doch nicht blind vertrauen sollte. Eine interessante Figurenkonstellation mit einigen Abgründen beherrscht hier das Szenario.

In der Hitze Marokkos spitzen sich die Entwicklungen dramatisch zu. Je mehr Bea über die Vergangenheit herausfindet, desto gefährlicher wird es für sie. Am Ende reihen sich einige unvorhergesehene Wendungen aneinander.
Ich habe bisher einige lohnenswerte, mitreißende Krimis von Lucy Clark gelesen. Auch „The Surf House“ hat mir wieder gut gefallen: Ein raffiniert konstruierter, packender und atmosphärischer Krimi, ein Pageturner mit überraschendem Finale.

Bewertung vom 03.04.2025
Gorelik, Katerina

Detektiv Samson 2 - Auf den Inseln


ausgezeichnet

Phantasievoller, motivierender Wimmelspaß mit überzeugendem Konzept

Eigentlich wollte der berühmte Detektiv Samson beim Angeln ausspannen. Doch irgendwie fehlt ihm seine Arbeit so sehr, dass er doch einen Blick auf die Notizen zu seinen letzten Klienten wirft. Als sein Boot dann auch noch vom Wind abgetrieben wird, steckt er plötzlich wieder mittendrin in seinen Ermittlungen. Er erreicht die merkwürdigsten, verrücktesten Inseln und Meeresorte. An jedem der Orte müssen Samson und die Leser ganz verschiedene, interessante Rätsel knacken. Auf ins Such- und Findevergnügen!

Auf zehn Wimmelseiten gibt es einiges zu entdecken und verschiedenste Kriminalfälle zu lösen. Sechs Fälle werden auf der zweiten Doppelseite vorgestellt. Diese beziehen sich jeweils auf alle zehn folgenden Doppelseiten. So muss auf jeder Seite z.B. eine vermisste Maus, ein Kaktus oder ein Muffin gefunden werden. Zusätzlich wird auf jeder Doppelseite ein spezieller Suchauftrag nur für diese Seite gegeben. Außerdem gibt es im Anhang noch zwölf weitere Suchaufaufgaben.
Am Ende werden alle Lösungen präsentiert.
Kurze, klar verständliche, kindgemäße Texte erklären, was auf der Seite geschieht und welchen konkreten Suchauftrag es jeweils auszuführen gilt.
Sehr gelungen ist das Cover mit Loch und Lupe, das Samson im Zentrum des Bildes umgeben von Wasser und Inseln zeigt.
Die Illustration sind farbenfroh, wirken aber insgesamt nicht grell, sondern eher gedeckt und dezent bunt. Sehr phantasievoll sind die Figuren dargestellt. Die meisten sehen niedlich und witzig aus, manche hauptsächlich auf der Geisterinsel oder der Märcheninsel aber auch- durchaus beabsichtigt - weniger gefällig und teilweise etwas furchterregend.
Das Buch richtet sich an Kinder ab vier Jahren.

Mein Sohn ist nun schon fast sieben Jahre alt und ist nach wie vor von Wimmelbüchern begeistert. Dieses hat es ihm besonders angetan. Durch die vielfältigen Suchaufträge kann er sich das äußerst einfallsreich gestaltete Buch unter verschiedenen Aspekten nämlich immer wieder anschauen, ohne dass es dabei langweilig wird. Stets gibt es neue, spannende Details zu entdecken. Das ist sehr motivierend.
Auch mich hat das Konzept wirklich überzeugt. Für alle Fans von Wimmelbilderbüchern, für die Bilder nicht immer „perfekt geleckt“ aussehen müssen, sondern auch mal kreativ, wild und ungewöhnlich sein dürfen, ist dieses Buch genau das Richtige.

Bewertung vom 02.04.2025
Glattauer, Daniel

In einem Zug


sehr gut

Die perfekte Lektüre für eine längere Zugfahrt

Eduard hat früher sehr erfolgreich Liebesroman geschrieben. Nun sitzt er im Zug von Wien nach München, wo ihn ein beruflicher Termin erwartet. Eigentlich hatte er sich auf eine ruhige Fahrt gefreut, doch da macht die unbekannte Frau frühen mittleren Alters, die ihm nun gegenüber sitzt, nicht mit. Sie ist Therapeutin, heißt Catrin Meyr und verwickelt Eduard in ein herausforderndes, sehr direktes Gespräch über die Liebe. Und sie lässt nicht locker, bis Eduard wirklich offen und ehrlich wird. Ob Eduard da unbeschadet herauskommt?

Autor Daniel Glattauer schreibt aus Eduards Perspektive. Hier ist Erzählzeit fast erzählte Zeit und die Leser sind live dabei, wie Catrin Eduard in die Mangel nimmt. Das Buch liest sich dank des klaren, leichten Schreibstils angenehm unkompliziert.


Wer ist dieser Eduard, der so lange keinen Liebesroman mehr veröffentlicht hat? Wie lebt und liebt ein Mann, der sein Geld mit der Liebe verdient? Und was ist eigentlich mit Catrin los, die so offensichtlich nicht an das Konzept Langzeitbeziehungen glauben mag? Warum ist ihr das Gespräch mit Eduard derart wichtig?
Beim Lesen wurde ich selbst neugierig, auf die Geheimnisse der Figuren, die auf den ersten Blick nicht besonders spektakulär und interessant wirken. Man taucht mit der Zeit immer tiefer in den Dialog ein und bekommt damit auch einen intensiveren Einblick in die Persönlichkeiten der beiden Protagonisten, die einem nicht unbedingt sympathisch sein müssen, um trotzdem zu unterhalten.


„In einem Zug“ erinnert an ein Kammerspiel. Die Geschichte hat wenig äußere Handlung, dreht sich bloß um ein Gespräch, was für manche Leser sicher zunächst langweilig sein könnte. Die dargestellte Unterhaltung hat es aber in sich. Es ist spannend und kurzweilig zu verfolgen, wie diese zwei so unterschiedlichen Personen über die Liebe denken. Glasklar und messerscharf wird dabei über die Liebe gesprochen, die doch oft so eine vage, unklare, verschwommene Sache ist. So ist das eben manchmal mit eindeutigen Gefühlen, die doch so schwer zu beschreiben sind. Und genau das fängt Autor Daniel Glattauer gekonnt ein. Zum Schluss überrascht er noch mit einer besonderen Wendung.
Ein vergnüglicher, leichter, aber auch geistreicher Roman, in dem so wenig geschieht, der aber dennoch ordentlich zum Nachdenken bringt. Der Roman ist für mich eine perfekte Zuglektüre. Aber auch Nicht-Zugfahrer, die gerne kurz innehalten und über Bücher, die Liebe und das Leben sinnieren, sind sicher die richtigen Zielgruppe für diese Geschichte.