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Aischa

Bewertungen

Insgesamt 572 Bewertungen
Bewertung vom 22.01.2018
Steigerwald, Christopher

Der Tag an dem David Bowie starb (eBook, ePUB)


sehr gut

Eigentlich waren seine Rahmenbedingungen für einen guten Start ins Leben ganz o.k., das stellt der Protagonist selbst fest.
Dennoch studiert er eher, weil es von ihm erwartet wird, als aus eigenem Antrieb. Was zunächst noch wie ein typisches Studentenleben mit Parties und wechselnden Beziehungen wirkt, driftet schließlich ab. Ohne genau zu wissen wieso, zieht sich der Erzähler immer mehr zurück.
Es ist eine Geschichte, die manches nur andeutet und doch vieles sagt. Es ist keine farbenfrohe Geschichte, sie ist zunehmend grau. Vielleicht sind aber auch nur mir beim Lesen die Farben abhanden gekommen. Möge sich jeder Leser selbst einen Eindruck verschaffen, es lohnt sich.
Steigerwalds Sprache ist eigen, manchmal spricht der Protagonist den Leser unvermittelt direkt an. Das ist ungewohnt, aber gut. Ich habe dadurch mehr nachgedacht, nicht so leicht über Dinge hinweg gelesen. Leider nicht hinweg lesen konnte ich auch über einige Rechtschreibfehler, daher ziehe ich einen Stern ab. Dennoch empfehlenswert, nicht zuletzt für alle, die ihren Weg noch suchen, die jemanden kennen, der immer mehr an sich zweifelt.

Bewertung vom 18.01.2018
Treber, Friedrich

Immer wieder Licht ein Fenster


ausgezeichnet

Eins vorneweg: Ich bin kein großer Lyrik-Kenner, seit der Schulzeit habe ich zwar sehr viel gelesen, aber darunter waren nur wenige Gedichtbände.
Aber dieses kleine Büchlein habe ich in den letzten Wochen sehr oft und zunehmend freudiger zur Hand genommen. Friedrich Trebers Gedichte sprechen mich an, sie berühren meine Seele. Die Verse handeln von Hoffnung, Sehnsucht, Glauben und Politik. Von Menschlichkeit, davon wie wir einander begegnen (könnten), im Kleinen wie im Großen. Treber skizziert Bilder aus der Natur, die für sich stehen, aber auch als Gleichnis interpretiert werden können. Die Gedichte, die über mehrere Jahre hinweg entstanden sind, wurden im vorliegenden Band als Jahrkreis angeordnet.
Ein immer wiederkehrendes Motiv ist die Verletzlichkeit von Kindern, ein Thema das dem pensionierten Lehrer sichtlich sehr am Herzen liegt. Dabei klagt er auch an, weist auf Missstände hin, aber ohne zu moralisieren.
Und dann gibt es wieder Worte, die zu ganz zarten Zeilen gesponnen sind, Zeilen, die ineinander verwoben ein luftiges, leichtes Lyriktuch ergeben, in das sich der Leser weich einschmiegen darf.
Das Buch hat nicht nur einen Platz in meinem Regal, sondern auch in meinem Herzen gefunden.

Bewertung vom 15.01.2018
Barker, J. D.

Geboren, um zu töten / The Fourth Monkey Bd.1


ausgezeichnet

Ein Psychothriller allererster Klasse: der psychopathische Serienkiller mit seinem außerordentliche Schrecken verbreiteten Folter- und Tötungsmuster, der bei der Auswahl seiner Opfer indirekte Selbstjustiz verübt, das schräge Ermittlerteam, hervorragend charakterisiert, das geheimnisvolle Tagebuch des Täters, das die memschlichen Abgründe, in denen er aufwachsen musste, nach und nach Preis gibt - ja, Barker ist ein Meister seines Faches.
Ein hervorragendes Lektorat und die gelungene Übersetzung runden den Lesegenuss für jeden deutschsprachigen Thrillers ab. Ich kann die Fortsetzung kaum erwarten!

Bewertung vom 07.01.2018
Kruse, Peter

Grenzenlos


sehr gut

Max, Alter Ego des Autors Peter Kruse, nimmt den Leser mit auf seinen Lebensweg. Nach einem lustlosen, aber dennoch erfolgreich abgeschlossenen BWL-Studium zieht es ihn zunächst nach Costa Rica, um dort fließend Spanisch zu lernen.
Es folgt ein ungewöhnlicher Berufsstart voller Abenteuer. Sein Mut, sich auf Neues, Unkonventionelles einzulassen, führt Max nach Guatemala, Kuba, wieder zurück nach Deutschland, um letztlich in seinem Traumhaus (und mit seiner Traumfrau) in San Diego sein Glück zu finden.
Erwartet hatte ich von "Grenzenlos" eine amüsante Reisereportage eines Globetrotters, bekommen habe ich darüber hinaus einen Lebensratgeber. Eigentlich nicht so mein Ding, aber dieses Buch kommt nicht mit erhobenem Zeigefinger daher. Kruses Tipps zur Lebensplanung wirken auf mich vielmehr als Anregung, als gut gemeinte Hilfestellung, sehr sympathisch.
Peter Kruse schreibt gefällig und sehr unterhaltsam. Besonders gut gefallen haben mir die thematisch passenden Zitate und Aphorismen am Ende jedes Kapitels.
Einen Punkt Abzug gibt es leider für etliche Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler; ein gutes Lektorat wäre für eine Neuauflage empfehlenswert.

Bewertung vom 05.01.2018
Himmelried, Constantin

Freiheit ist 49


gut

Constantin Himmelried, selbst studierter Jurist, erzählt von seinen Erfahrungen im Gefängnis. Als Manager wegen Umsatzsteuerbetrugs im CO2-Handel verurteilt verbrachte er vier Jahre hinter Gittern.
Das vorliegende Buch ist jedoch mehr als ein Erfahrungsbericht, es ist zugleich ein Lebensratgeber, und zwar nicht nur explizit für Häftlinge.
Himmelried schildert in gut verständlichem Stil, wie er im Knast zu der Selbsterkenntnis kam, dass er in seinem Leben vor der Inhaftierung ein "Arschloch" (Zitat) gewesen war. Er erfährt durch seinen ebenfalls inhaftierten Vater, was bedingungslose Liebe ist. Er lernt, mit Angst und Einsamkeit umzugehen und macht sich auf den Weg, anderen nichts mehr vorzuspielen, sondern eine authentische Persönlichkeit zu werden, die die Dinge mit Leidenschaft angeht. Himmelried beschäftigt sich mit luziden Träumen, der Kraft des Wünschens und der Intuition. Durchaus interessante Denkanstöße, wenn auch für meinen Geschmack manchmal etwas zu esoterisch.
Gut gelungen ist der Anhang, in dem Knastbegrifflichkeiten erläutert werden.
Außerdem räumt Himmelried mit gängigen Vorurteilen auf, von homosexuellen Handlungen unter den Häftlingen ("nicht die Seife in der Dusche fallen lassen") über "es gibt keine Pornos im Knast" bis hin zu "im Knast sind nur Ausländer". Interessant ist auch seine Ansicht, dass langjährige Haftstrafen nicht abschreckender wirken als kürzere, da sich die meisten Häftlinge mit der Zeit mit dem Freiheitsentzug arrangieren und sich auch hinter Gittern ein gewisser Alltag einstellt.
Kritisch anmerken möchte ich, dass für mein Empfinden Gewalt der Häftlinge untereinander im Buch verharmlost und Sexualstraftäter stigmatisiert werden.
Was ich etwas vermisst habe, sind praktische Tipps für Ex-Häftlinge, deren Angehörige und Freunde, wie eine wirklich gute Resozialisation gelingen kann. Viele stehen erst mal vor dem finanziellen Ruin und können mit dem Makel "vorbestraft" kaum einen Job finden. Da war der Autor einfach privilegiert.
Knast ist gut - so sollte das Buch ursprünglich mal heißen und das ist auch das persönliche Resümee des Autors. Ich wünsche es jedem Ex-Häftling, realistisch erscheint es mir leider kaum.

Bewertung vom 03.01.2018
Schnehage, Sybille

Kunduztochter


weniger gut

Der Klappentext versprach eine interessante Geschichte im Spannungsfeld zwischen lockerer westlicher Gesellschaft in Deutschland und traditioneller muslimisch geprägter Kultur in Afghanistan.
Da die Autorin selbst Afghanistan seit über 25 Jahren kennt und dort eine Hilfsorganisation leitet, hatte ich mich auf tiefe Einblicke in die Lebensart der Paschtunen und Tadschiken gefreut und auf Erklärungen so mancher für uns ungewohnten Verhaltensmuster gehofft.
Stattdessen findet sich zwischen den Buchdeckeln: Platte Schwarz-weiß-Malerei, das durch den Ehrenmord an seinen Eltern schwerst traumatisierte und behinderte Mädchen Masumah fügt sich fast nahtlos in seine deutsche Adoptivfamilie ein, erst mit dem Tod des Adoptivvaters wächst der Wunsch wieder, die eigenen Wurzeln kennenzulernen. In Afghanistan wird Masumah durch ihren eigenen Bruder entführt, es droht die Zwangsheirat an einen reichen Alten. Die Darstellung schürt eher Vorurteile als sie abzubauen, die afghanischen Traditionen werden ohne groß zu hinterfragen als böse und menschenverachtend dargestellt. Nicht falsch verstehen, ich will hier keineswegs Zwangsheirat und ähnliche Menschenrechtsverletzungen beschönigen, aber ich hatte mir von dem Buch etwas mehr Tiefgang erhofft. So aber bleibt die Geschichte oberflächlich wie ein Groschenroman. Alles ist aus westlicher Sicht geschildert, die Protagonistin lehnt ihre afghanische Herkunft selbst ab und verleugnet sie etwa beim Besuch eines afghanischen Restaurants in Deutschland.
Auch die sehr einfache Sprache steht dem Lesegenuss etwas entgegen. Die Dialoge wirken oft gekünstelt, die Gedanken der Protagonistin wirken auch dann noch wie die eines Kindes, als sie längst eine junge Frau ist.
Man merkt an den Landschaftsbeschreibungen, dass Sybille Schnehage sich mit der Geografie am Hindukusch auskennt - mit der Kultur hat sich sich offenbar nie wirklich vertraut gemacht. Schade.

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Bewertung vom 27.12.2017
Herren, Evelyne Ruth

Ich wünsche dir ...


ausgezeichnet

Ich habe dieses zauberhafte Büchlein gewonnen, und ich werde es bald weiter verschenken. Nicht etwa weil es mir nicht gefallen hat, ganz im Gegenteil, sondern weil ich möchte, dass sich noch jemand so sehr daran erfreut wie ich.
Dieser kleine schwarz-weiße Bildband zeigt auf einer Doppelseite jeweils einen liebevollen Wunsch, passend zu einem Kinderfoto. Mit den Fotos gewährt die Autorin private Einblicke in ihre Familiengeschichte: Die Bilder stammen aus dem Nachlass ihres Vaters, eines ebenso passionierten wie talentierten Hobbyfotografen. Die Wünsche sind herzlich und originell: Es finden sich beispielsweise die Wünsche "... dass du dich in deiner Ahnenreihe wohl fühlst.", oder "... dass du magst, was du im Spiegel siehst."
Die Fotos haben liebevolle Momente einer sichtlich glücklichen Kindheit festgehalten, einer Kindheit, wie man sie jedem wünscht.
Das Buch lädt dazu ein, eigene Kindheitserinnerungen aufzufrischen, es spendet Trost, wenn man traurig ist, und es ist ein hübsches kleines Geschenk für einen lieben Menschen.

Bewertung vom 27.12.2017
Endriss, Jörg;Maaß, Sonja

Chinakinder


ausgezeichnet

Was ist "Chinakinder"? Es ist ein hervorragend recherchiertes Sachbuch über die Jugend Chinas. Die Autoren lassen 30 höchst unterschiedliche Jugendliche zu Wort kommen; der Leser erfährt von Ängsten, Hoffnungen und Träumen der Generation, die die Zukunft des bevölkerungsreichsten Landes der Erde gestalten wird. Es ist ein Buch für alle, die über den europäisch-amerikanischen Tellerrand hinausblicken wollen, ein Muss für jeden weltpolitisch interessierten.
Der Leser erfährt einiges über Eigenarten der chinesischen Politik, wie die Hukou, die sogenannte Haushaltsregistrierung, die unter anderem dazu führt, dass Kinder von Wanderarbeitern als Bürger zweiter Klasse weniger Chancen auf Hochschulzugang haben. Vor allem aber zeigt das Buch, dass Chinas Jugend sehr vielfältig und eigenständig ist und Politisches deutlich mehr hinterfragt als noch die Elterngeneration. Es kommen verschiedenste Gesellschaftsschichten zu Wort, die Tochter aus reichem Haus wie auch das Mädchen ohne Papiere, die Wanderarbeiter wie auch der Start-up-Gründer. Es geht um Aussteiger ("Plastik-Blumenkinder", Regenbogenfarm), Schüler, die im Drill gefangen sind, und linientreue Parteimitglieder. Ein Mongole äußert die Sichtweise als angehöriger einer ethnischen Minderheit.
Was ist "Chinakinder" nicht? Das Buch ist keinesfalls eine trockene Aufzählung von Fakten, im Gegenteil. Durch den Protokollstil der Interviews und zahlreiche Fotos gewinnt man einen persönlichen Einblick in Lebensweise und -sicht der jungen Chinesen. Eine geografische Karte und ein hilfreiches Glossar sind sinnvolle Ergänzungen.
Besonders hat mir gefallen, dass die Sonderverwaltungszone Hongkong und das umstrittene Taiwan (abtrünnige Provinz oder eigenständiger Staat?) gesonderte Kapitel erhalten haben. Die politischen Erklärungen sind gleichermaßen kurz wie hilfreich und auch für Laien wie mich gut verständlich.
Egal ob als Vorbereitung auf eine Chinareise oder einfach, um die riesige Volksrepublik ein klein wenig besser zu verstehen - "Chinakinder" ist absolut lesenswert!

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