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LEXI
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Österreich

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Insgesamt 372 Bewertungen
Bewertung vom 21.08.2021
Engelspost
Muhl, Iris

Engelspost


ausgezeichnet

Die Geschichte einer lebensverändernden Zugfahrt

„Mein Name ist Palomina. Ich fahre von einem Waisenhaus in ein anderes, weil sie kein Bett mehr für mich haben.“

Ein kleines, fünf Jahre altes Waisenkind wird im Jahre 1913 mit einer 50 Cent-Briefmarke frankiert und per Zug verschickt. Ein desinteressierter Postbeamte, dem die grundlegendsten Bedürfnisse dieses Kindes gleichgültig sind, begleitet sie auf ihrem langen Weg vom Waisenhaus in New York City bis nach New Mexico. Die schmutzige und ärmliche Erscheinung des Mädchens wird von ihrer Liebenswürdigkeit, ihrem klaren und tiefgründigen Blick und einem außergewöhnlichen Verhalten wettgemacht. Die überquellende Freude des Kindes angesichts der Schönheit der Natur und ihre Bescheidenheit berühren die Herzen einiger Mitreisenden.

Palomina blickt hinter die Fassaden der Menschen, geht vorurteilsfrei auch auf Angehörigen anderer Ethnien zu, kommuniziert liebevoll und mit großer Herzenswärme, lässt sich völlig offen und interessiert auf andere Perspektiven ein, spürt die Einsamkeit anderer und besitzt sogar in der Interaktion mit Tieren besondere Fähigkeiten.

Mit Eliott White betritt ein gerissener Betrüger und Lügner den Zug, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Reisenden um ihre Wertgegenstände zu erleichtern. Seine Skrupellosigkeit veranlasste den gewissenlosen Gauner in seiner Vergangenheit zu einer schrecklichen Tat, die ihn bis zum aktuellen Tag nicht mehr losgelassen hat. Als Eliott White in diesem Zug auf die kleine Palomina trifft, erschüttert ihn diese Begegnung bis ins Innerste.

Die Lebensgeschichte des Betrügers Eliott White wird durch ein Interview im Radio publik gemacht. Es ist für den alten Mann die Möglichkeit, sich von einer schweren Last zu befreien, seine vergangenen Sünden öffentlich zu bekennen, aber auch auf das Positive in seinem Leben hinzuweisen. Die poetische Sprache, eindrucksvolle Charaktere und malerische Beschreibungen der Landschaft, welche der Zug passiert, aber auch ganz besondere zwischenmenschliche Begegnungen, machten diese Lektüre zu einem reinen Lesevergnügen. Die vielen kurzen Kapitel verdienen es, mit Genuss und Bedacht gelesen und regelrecht genossen werden. Doch angesichts der Faszination, die dieses Kind auch auf den Leser ausübt, ist man versucht, tief berührt und völlig gefesselt durch die Seiten zu hasten. Die kleine Palomina ist eine Waise ohne Zukunft, unschuldig und völlig auf sich alleine gestellt. Es ist der Autorin aufs Vortrefflichste gelungen, dem Leser die Einzigartigkeit dieses Kindes nahezubringen. Obgleich sie von einigen hochmütigen Mitreisenden verachtet, gemieden und als „Gesindel“ bezeichnet wird, gewinnt Palomina in Eliott White einen Fürsprecher und Beschützer. Es war wunderschön, die allmähliche Annäherung zwischen den beiden, als auch die charakterliche Veränderung des Eliott White mitzuverfolgen und den Zauber dieses Kindes ebenfalls zu spüren.

Menschenhandel, Ungerechtigkeit, Verachtung und Benachteiligung sind ebenso Themen dieses Buches wie das harte Leben eines Waisenkindes Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts sowie die Tatsache, dass es für einen bestimmten Zeitraum im Jahre 1913 üblich war, Kinder wie ein Stück Ware postalisch zu transportieren. Iris Muhl ist die Umsetzung dieser auf Tatsachen beruhenden Geschichte hervorragend gelungen. Authentische Charaktere und die Vermittlung tiefer Emotionen sorgten in Kombination mit der interessanten Vergangenheit der beiden Protagonisten für allergrößtes Lesevergnügen.

Dieses Buch hat mir ausgezeichnet gefallen, es war nicht meine erste Lektüre aus der Feder der christlichen Autorin Iris Muhl. Wie auch dessen Vorgänger empfand ich diese kostbare kleine Perle als große Bereicherung meines Lesejahres – ich vergebe für diese beeindruckende Geschichte völlig begeisterte fünf Sterne und eine ganz klare Leseempfehlung!

(gekürzte Fassung)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.06.2021
Der Bund der Familien
Carsta, Ellin

Der Bund der Familien


ausgezeichnet

Wir sind eine Familie, ob nun verwandt oder nicht. Und darum werden wir auch zusammenhalten.

„Wir sind Brüder, du, Wilhelm und ich. Und wir haben uns einmal etwas geschworen. Diesen Schwur dürfen wir niemals brechen. Ganz gleich, was geschieht.“ (Paul-Friedrich von Falkenbach)

Die engen Bande der Familie und der Freundschaft werden in diesem dritten Band der Falkenbach-Saga hart auf die Probe gestellt. Der Schlaganfall von Wilhelm Lehmann hat weitreichende Folgen – nicht nur für die Topf- und Pfannenfabrik, sondern auch für Wilhelms Beziehung zu seinem Bruder Heinrich und seinem Sohn Leopold. Eine Entscheidung droht, die Familien zu entzweien, während sich das Unheil auch von anderer Seite in Gestalt eines fanatischen Gauleiters ihren Weg bahnt, um die Familien Lehmann und von Falkenbach zu zerstören. In dieser interessanten Fortsetzung gilt es, den zahlreichen Bedrohungen Herr zu werden, kühl und überlegt zu handeln, und vor allen Dingen: zusammenzuhalten!

Ich habe mich gefreut, die Charaktere aus den Vorgängerbüchern wiederzutreffen. Im Zentrum des Geschehens stehen Paul-Friedrich von Falkenbach und Wilhelm Lehmann, welche die Geschicke zu lenken versuchen. Leopold findet sich an einem Scheideweg wieder und seine bisherige positive persönliche Entwicklung wird in Frage gestellt. Während Elisabeth sich auf die bevorstehende Geburt ihres ersten Kindes freut, träumt Wilhelmine von einer Karriere als Springreiterin und sehnt sich nach Martin Reinders, der wie vom Erdboden verschluckt scheint. Das eingeschworene Trio Heinrich, Leopold und Paul-Friedrich steht vor einer harten Bewährungsprobe, und ein schlimmes Ereignis aus der Vergangenheit droht, auch die weiblichen Mitglieder der Familien einzuholen. Der ehrgeizige und rachsüchtige Gauleiter Karl Langenmüller ist Antagonist dieses Buches. Er hat es sich zum Ziel gesetzt, Paul-Friedrich von Falkenbach festzunehmen und dessen Besitztümer zu beschlagnahmen.

Ellin Carsta präsentiert mit dem vorliegenden Roman eine fesselnde Fortsetzung, in welcher gleich mehrere persönliche Dramen innerhalb der Familien thematisiert werden. Der einnehmende Schreibstil und sehr gut ausgearbeitete handelnde Figuren sorgten dafür, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen mochte. Der Spannungsfaktor ist hoch und steigert sich im letzten Drittel des Buches rasant. Paul-Friedrich, Wilhelm und Heinrich sind gefordert, kluge Entscheidungen zu treffen und durch geschickte Schachzüge ihre aufgebauten Firmenimperien und zugleich auch ihre Familien zu beschützen. Die Handlung spielt im Jahr 1938, die grausame Schreckensherrschaft der Nazis wird dem Leser vor Augen geführt.

Obgleich ich nunmehr bereits drei Bände dieser mitreißenden Familiensaga gelesen habe, empfinde ich den in Form eines Lesezeichens beigelegten Familienstammbaum als unverzichtbares Extra, um die Verwandtschaftsverhältnisse stets vor Augen zu haben. Das wunderschöne malerische Buchcover mit einem preisgekrönten Pferd des Gestüts der Falkenbachs auf dem Anwesen stellt einen optischen Blickfang dar.

„Der Bund der Familien“ war ein spannendes und unterhaltsames Lesevergnügen und ich freue mich bereits jetzt auf weitere Bände dieser Reihe. Begeisterte fünf Sterne und eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 11.04.2021
Die Stärke der Töchter
Carsta, Ellin

Die Stärke der Töchter


ausgezeichnet

Eine Bedrohung aus der Vergangenheit…

„Irgendwann muss eine jede Sache ein Ende finden. Und für mich ist dieser Tag nun gekommen.“

Clara von Falkenbach lebt aufgrund schrecklicher Ereignisse in ihrer Vergangenheit in steter Angst. Nach der Rückkehr auf den Familienstammsitz derer von Falkenbach scheint sie mit ihrem Ehemann Gustav zum ersten Mal in ihrem Leben Ruhe und Frieden gefunden zu haben. Während Gustav damit beschäftigt ist, sich mit seiner neuen Arztpraxis in Bernried zu etablieren, freundet Clara sich mit Irma, Elisabeth und Wilhelmine an. Doch das vermeintliche Glück scheint trügerisch, denn Claras Vergangenheit droht sie nun endgültig einzuholen.

Elin Carsta setzt mit „Die Stärke der Töchter“ die Geschichte der Bewohner von Gut Falkenbach fort und man darf sich erneut in die Geschicke der Patriarchen Paul-Friedrich von Falkenbach, Wilhelm und Heinrich Lehmann sowie deren Familien vertiefen.

Sowohl die persönliche und finanzielle Situation der handelnden Figuren und der Familienunternehmen, als auch eine schrittweise Enthüllung des dunklen Geheimnisses, welches Paul-Friedrich, Wilhelm und Heinrich vor zwei Jahrzehnten zu Verbündeten machte, sind zentrale Themen dieses Buches. Umrahmt von einer Zeit, in der sich Adolf Hitler als Führer und Heilsbringer darstellt und die Schergen der NSDAP die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen, entzweien sich Menschen und finden zueinander. Es hat mir große Freude bereitet, die Geschicke der Familien von Falkenbach und Neumann weiter verfolgen zu dürfen, der einnehmende und flüssige Schreibstil der Autorin machte es mir zugegebenermaßen nicht leicht, dieses Buch wieder aus der Hand zu legen. Eine mitreißende Geschichte, die Neugier auf die Enthüllung diverser Geheimnisse, und natürlich die zwischenmenschlichen Beziehungen im zweiten Band dieser Reihe sorgten für großes Lesevergnügen.

Der Fokus liegt auch in der Fortsetzung auf den Protagonisten des ersten Buches, relevante Nebenfiguren wie beispielsweise Erna Behrend, Eva Spiller und Theo Siegler erhalten ebenfalls einen kleinen Gastauftritt. Für unheilvolle Spannung und Bedrohung sorgen erneut Bernrieds Gauleiter sowie Wilhelmines ehemaliger Freund Rudolph Gschwendner und der namenlose Schatten aus Claras Vergangenheit.

„Es kommt nun einmal im Leben nicht immer alles so, wie man es sich wünscht. Das Geheimnis ist, für das zu kämpfen, was man haben will, und sich nicht darauf zu verlassen, dass ein anderer die Dinge für einen klärt. Wir alle sind für unser Glück selbst verantwortlich und es liegt an uns, was wir aus einer Situation machen, oder eben auch nicht.“

Der Autorin ist die überzeugende Darstellung der Personen dieser Handlung vortrefflich gelungen, sie verstand es geschickt, die positiven, aber auch die negativen Charakterzüge hervorzuheben und persönliche Entwicklungen aufzuzeigen. Doch nicht nur der ansprechende Schreibstil, auch diverse Spannungselemente und brisante Enthüllungen fesselten mich an den Inhalt dieses Buches.

Der Epilog am Ende des Buches lässt eine düstere Vorahnung den Charakter eines der männlichen Protagonisten betreffend aufkommen. Ich wünschte mir, unverzüglich mit dem nächsten Band dieser Reihe fortsetzen zu können und Näheres über die Zukunft von Gut Falkenbach und seinen Bewohnern in Erfahrung zu bringen.

Fazit: „Die Stärke der Töchter“ hat mir ebenso gut gefallen wie der erste Band dieser Reihe. Ich würde jedoch für ein besseres Verständnis der Vorgänge innerhalb dieser Familie jedem interessierten Leser ans Herz legen, die Reihenfolge der einzelnen Bände unbedingt einzuhalten.

Ich vergebe auch für Band 2 begeisterte fünf Sterne und eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

(gekürzte Fassung)

Bewertung vom 25.03.2021
Die mit dem Feuer spielen / Das Grand Hotel Bd.2
Benedikt, Caren

Die mit dem Feuer spielen / Das Grand Hotel Bd.2


ausgezeichnet

Auf uns, auf Stärke, Mut und Geschäftssinn!

„Folge deinen Träumen und versuche, glücklich zu werden.“

Der bereits mit großer Vorfreude erwartete zweite Band der Reihe um das Grand Hotel in Binz beginnt mit einem erläuternden Prolog aus dem Jahre 1912, der ein Familiengeheimnis thematisiert. Der eigentliche Handlungszeitraum umfasst schließlich vier Monate, er beginnt im Mai 1925 und endet im August desselben Jahres. Schauplätze der Handlung sind abwechselnd Berlin und Binz.

Bernadette von Plesow obliegt nun die alleinige Führung des Grand Hotels. Der vermeintliche Unfalltod Alexanders hat die stets kühle, selbstbeherrschte und disziplinierte Geschäftsfrau bis ins Mark getroffen. Bernadette bewahrt zwar nach außen hin Haltung, hat aber nicht nur ihren Ehrgeiz, sondern auch ihren Kampfgeist verloren.

Während die freiheitsliebende Malerin Josephine von Plesow wieder in den Schoß der Familie zurückkehrt, führt ihr Bruder Constantin nach wie vor ein zügelloses Leben in Berlin. Seine kriminellen Aktivitäten und seine unbarmherzige Skrupellosigkeit sind unter anderem Grund für das Zerwürfnis mit seiner Mutter Bernadette. Seine Rachepläne nach dem Mord an seinem Bruder Alexander bringen Constantin zudem in größte Gefahr. Das überraschende Auftauchen eines bislang unbekannten Familienmitglieds sorgt in diesem Buch für große Emotionen, während Bernadettes arrogante, manipulative und geldgierige Schwiegertochter Margrit durch ihr Verhalten rasch zur weiblichen Antagonistin avanciert.

Mit Marie Reidel, Inge Bachbauer und Lotte Raabe betreten interessante Nebenfiguren aus dem Vorgängerband den Schauplatz. Die Begegnungen des begnadeten Akkordeonspielers Carl Winkler mit dem ehemaligen Rechtsanwalts Johannes Blumberg sorgen für berührende Momente. Kleine Gastrollen erhalten der berechnende Regierungsrat Ernst Bautner, der treue Rezeptionist Werner Druminski sowie Bernadettes ehemaliger Verlobter Major Götz Wilhelm. Constantin von Plesow umgibt sich in Berlin nach wie vor mit gefährlichen und zwielichtigen Zeitgenossen. Abgesehen von seinem treuen Angestellten und zugleich einzigem wahren Freund Gerd Nolte kann er keinem Menschen in seinem Umfeld wirklich trauen, die Revier- und Machtkämpfe innerhalb der deutschen Ringvereine werden zudem immer unerbittlicher.

Caren Benedikt ließ mich in ihrer aktuellen Neuerscheinung durch den gewohnt flüssigen und einnehmenden Schreibstil innerhalb weniger Minuten wieder voll und ganz in die Geschicke der von Plesows eintauchen. Die bildhaften Beschreibungen der Handlungsschauplätze lassen Constantins Revier in Berlin in tristem Licht erscheinen, während man sich als Leser hingegen am liebsten sofort aufmachen und umrahmt von träumerischen Melodien des Akkordeonspielers an der malerischen Promenade in Binz flanieren möchte. Die Autorin versteht es hervorragend, Emotionen zu wecken, die sich oftmals überstürzenden Ereignisse fesseln den Leser regelrecht ans Buch. Spannung, Abenteuer, Familienschicksale, Treue, Liebe und Freundschaft bilden eine wundervolle Mischung, die von der Autorin gekonnt inszenierte Handlung lässt keine Sekunde Langeweile aufkommen. Überzeugende Figuren und eine dramatische Entwicklung gegen Ende des Buches wecken eine große Erwartungshaltung an den für Anfang 2022 avisierten dritten Band dieser Reihe.

Die Lektüre des Vorgängerbuches ist zwar für das inhaltliche Verständnis nicht zwingend erforderlich, ich würde interessierten Lesern dennoch die Einhaltung der Reihenfolge beim Lesen ans Herz legen. Caren Benedikt hat mir erneut anregende und unterhaltsame Lesestunden beschert - gerne vergebe ich auch für diese beeindruckende Fortsetzung fünf Bewertungssterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 13.11.2020
Das Unrecht der Väter
Carsta, Ellin

Das Unrecht der Väter


ausgezeichnet

Ein düsteres Geheimnis

„Nichts und niemand zerstört das, was ich mir aufgebaut habe. Ich glaube an diese Familie und werde alles für sie tun.“

Paul-Friedrich von Falkenbach und die Brüder Wilhelm und Heinrich Lehmann eint eine jahrelange Freundschaft, die im Krieg ihren Ursprung nahm. Die drei Weggefährten dienten in derselben Einheit und gaben sich gegenseitig das Versprechen, ein schreckliches Geheimnis zu bewahren und das Wissen darüber mit ins Grab zu nehmen. Das nach Kriegsende gemeinsam aufgebaute Unternehmen floriert, ihre Familien leben im Luxus, die Söhne haben ihrerseits bereits Familien gegründet. Ausgerechnet bei der Feier ihres Firmenjubiläums werden Paul-Friedrich, Wilhelm und Heinrich von ihrer Vergangenheit eingeholt. Erna Behrend, Studentin der Zeitungswissenschaften und Tochter eines ehemaligen Kriegskameraden, ist auf Ungereimtheiten betreffend den Tod ihres Vaters gestoßen. Die junge Frau ist fest entschlossen, so viel wie möglich über die damaligen Ereignisse herauszufinden und heftet sich hartnäckig an die Fährten jener Männer aus der ehemaligen Einheit ihres Vaters, welche den Krieg überlebten. Falsche, moralisch verwerfliche Handlungen in der Vergangenheit bedrohen nun die Existenz von Paul Friedrich, Wilhelm und Heinrich. Doch sie sind fest entschlossen, ihr Lebenswerk und ihre Familien zu schützen – und zwar um jeden Preis.

Mit „Das Unrecht der Väter“ liefert Ellin Carsta einen hoch interessanten Auftakt zu ihrer neuen Buchreihe um die Familie Falkenbach. Den drei Hauptfiguren dieses Buches wird große Aufmerksamkeit zuteil. Die Autorin bringt ihrer Leserschaft die verschiedenen Charaktere näher, erzählt von deren Streben um die gemeinsame Firma. Besonderes Augenmerk wird auf die Familien der drei Protagonisten gelegt, die von starken Frauen mit herzlichem Gemüt zusammengehalten werden. Von den Söhnen wird jeweils die Fortführung der Firmengeschicke erwartet, die Tochter Paul-Friedrichs überrascht trotz ihrer Jugend durch Einsicht und Scharfblick. Auch sie möchte wie die Männer der Falkenbachs und Lehmanns für ihre Familie, für Gut Falkenbach und für ihr Land kämpfen. Als interessante Nebenfigur fungiert Paul-Friedrichs Schwiegertochter Clara von Falkenbach, die ihrerseits ein Geheimnis umgibt. Ein übereifriger junger Verehrer von Paul-Friedrichs verliebter Tochter entpuppt sich als fanatischer und gefährlicher Antagonist, von welchem man vermutlich auch in den Nachfolgebänden noch lesen wird.

Die Autorin besitzt einen äußerst einnehmenden Schreibstil, die glaubwürdige Darstellung ihrer Charaktere und der Spannungsfaktor um die Kriegsereignisse, über welche die drei Männer eisern schweigen, sorgen dafür, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen möchte. Schauplatz der Handlung ist Gut Falkenbach in der Nähe eines kleinen Ortes namens Bernried am Starnberger See, der Führerkult in Deutschland im Jahre 1936 und die zunehmend wachsende Angst der Menschen vor den Repressalien der Nazis bilden den historischen Hintergrund dieser Geschichte. Ellin Carsta versteht es gekonnt, ihre Leser an ein Buch zu fesseln, durch viele Andeutungen wächst die Neugier auf das Geheimnis, welches die drei Protagonisten verbindet, kontinuierlich an. Ein völlig überraschender Cliffhanger auf der letzten Buchseite weckte in mir unverzüglich den Wunsch, mich sofort in den zweiten Band dieser Reihe zu vertiefen. Ich freue mich bereits jetzt darauf und kann es kaum erwarten zu erfahren, wie es mit den Falkenbachs und Lehmanns weiter geht.

Fazit: „Das Unrecht der Väter“ hat mir ausgezeichnet gefallen. Eine interessante Familiengeschichte, Geheimnisse aus der Vergangenheit, die bedrückende Naziherrschaft als historischer Hintergrund der Handlung und authentische Charaktere machten dieses Buch zu einem reinen Lesevergnügen.

Begeisterte fünf Sterne und eine ganz klare Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.11.2020
Die Farbe von Glück
Bagus, Clara Maria

Die Farbe von Glück


weniger gut

Die Entscheidung zur Lüge

„Man kann sein Glück nicht auf dem Unglück anderer aufbauen. Lügen breiten ihre schwarzen Flügel aus, die von Tag zu Tag wachsen.“

Als der angesehene Richter Jules nach etlichen Fehlgeburten seiner Frau im Krankenhaus mit seiner schwerkranken neugeborenen Tochter konfrontiert wird, entschließt er sich zu einem verzweifelten Schritt. Er verstößt gegen all seine moralischen und ethischen Grundsätze, erpresst die zuständige Krankenschwester und veranlasst sie, das sterbenskranke Neugeborene gegen ein anderes, gesundes Baby auszutauschen. Dieser Eingriff in das Schicksal macht zwar seine Ehefrau Louise überglücklich, für Jules beginnt jedoch eine Zeit der Verzweiflung. Die Lüge lastet schwer auf ihm, er ist von Schuld, Reue und Verzweiflung gelähmt, bis er schließlich resigniert und versucht, alles zu verdrängen.

Charlotte ist Krankenschwester und hat sich eines verwaisten Jungen angenommen, den sie über alles liebt. Die Drohung des Richters, ihr den kleinen Antoine wegzunehmen, veranlasst sie dazu, seiner unfassbaren Forderung nachzugeben. Doch auch Charlotte wird mit dieser Schuld nicht fertig. Sie überquert den Ozean und sucht mit Antoine Zuflucht in einem weit entfernten Land im Osten.

Für alle Beteiligten ändert sich das Leben drastisch – und die Auswirkungen dieser emotionalen und kopflosen Tat sind größer, als sie sich jemals hätten vorstellen können…

Das überaus ansprechende Buchcover sowie der angepriesene Inhalt auf dem Klappentext machten mich auf die aktuelle Neuerscheinung von Cara Maria Bagus aufmerksam. Jules und Louises Geschichte beginnt auf der Neugeborenen Station, die handelnden Figuren werden dem Leser vorgestellt. Die größte Aufmerksamkeit wird Charlotte, Jules und Antoine zuteil, Louise, Florentine und Ni Lou sind für die Handlung relevante Nebenfiguren. Im Rückblick auf die Vergangenheit spielt auch Antoines Mutter Marlene eine wichtige Rolle.

Der Schreibstil und sehr oft auch gewisse Satzkonstruktionen waren für mich gewöhnungsbedürftig. Das Buch ist prall gefüllt mit Lebensweisheiten, die sich beinahe nahtlos aneinanderreihen… für meinen Geschmack bei Weitem zu viel des Guten. Die eigentliche Geschichte gerät angesichts der vielen klugen Worte ein wenig in den Hintergrund und erreichte mich nicht wirklich. Der Faktor des Übernatürlichen, Magie und beispielsweise auch die Thematisierung alter Seelen hat mir überhaupt nicht gefallen, ich konnte auch viele Motive und Handlungen nicht nachvollziehen. Besonders die Entwicklungen im letzten Abschnitt des Buches empfand ich als unglaubwürdig und an den Haaren herbeigezogen. Angesichts der blassen Figuren und der für meinen Geschmack unzureichenden Charakterzeichnung blieben diese unnahbar, konnten mich emotional nicht einbeziehen. Ein wenig irritiert hat mich auch die Tatsache, dass die Protagonisten und Nebenfiguren allesamt nur Vornamen, aber keine Nachnamen besitzen.

FAZIT: „Die Farbe von Glück“ wird durch ein ausdrucksstarkes Cover präsentiert und verheißt eine vielversprechende Geschichte, konnte mich persönlich jedoch nicht überzeugen. Ich war von dieser Lektüre enttäuscht und mehrfach versucht, sie abzubrechen. Ich vergebe aufgerundete zwei Bewertungssterne für die beachtliche Anzahl von Lebensweisheiten in diesem Buch, eine Leseempfehlung kann ich dafür jedoch nicht aussprechen.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.10.2020
Solange wir zusammen sind
Pyron, Bobbie

Solange wir zusammen sind


ausgezeichnet

Wir brauchen nicht viel… solange wir zusammen sind

„Da draußen gibt es gute Menschen. Ein paar schlechte Menschen, aber meistens sind es gute. Vergiss das nie, Baby. Meistens sind sie gut.“

Jewel Knight ist eine traurige und verwirrte alte obdachlose Frau, die in einem Park lebt. Sie hat alles verloren, was ihr wichtig war – ihr Zuhause, ihre Familie, ihre Erinnerungen. Ein kleiner brauner Hund mit schokoladenbraunen Augen und einem weißen Fleck auf dem Hinterkopf ist alles, was sie noch hat. Ihr „Baby“ ist für Jewel die ganze Welt – und umgekehrt ist es ebenso. Baby ist glücklich bei Jewel, er liebt sie über alles. Doch es zeichnet sich ab, dass die beiden einander verlieren könnten.

Die zwölfjährige Piper Elizabeth Trudeau macht sich um viele Dinge Sorgen. Nachdem ihre Eltern arbeitslos wurden und die Familie ihr Heim verlor, fanden sie in einem Obdachlosenheim Aufnahme. Piper vermisst ihre Heimat, ihre Freunde und die Schule. Als sie Jewel und Baby begegnet, verliebt sie sich auf der Stelle in den kleinen Hund, weiß aber, dass Jewel Baby viel dringender braucht, als sie. Gemeinsam mit ihren neuen Freunden bei den „Firefly Girls“ startet sie eine Rettungsaktion für Jewel. Gemäß deren Motto „Wir sind eine Familie. Wir halten zusammen. Und wir werden etwas erreichen“ erinnert sie sämtliche Mitglieder an deren „Firefly-Girls-Versprechen“: „Ich verspreche, täglich mein Bestes zu tun, um die Welt besser zu machen, freundlich, mitfühlend, fair und stark zu sein. Mein Licht soll ein Strahl der Hoffnung sein. Ich verspreche, meine Familie zu ehren, mich selbst und alle Lebewesen auf der Welt. Zusammen leuchten wir heller. Zusammen sind wir stärker. Zusammen können wir alles erreichen.“

Bobbie Pyron hat mit dieser zutiefst berührenden Geschichte auf der Stelle mein Herz erobert. Sie stellt Jewels Schicksal und jenes ihrer obdachlosen Freunde der jugendlichen Leserschaft vor, ermutigt sie dazu, nicht nur auf den äußeren Schein zu achten, sondern viel weiter, bis ins Innerste eines Menschen, zu blicken. Die zwölfjährige Piper ist ein herausragendes Vorbild darin, seinen Mitmenschen Mut und Hoffnung zu machen und sich selbstlos für sie einzusetzen. Der Wert von Familie, Freundschaft, Zusammenhalt und Liebe wird in diesem Buch hochgehalten. In eindringlichen Worten schildert die Autorin das Schicksal der alten Obdachlosen und ihres Hundes, welches durch die kleine Piper und ihr Engagement beeinflusst wird. Wundervoll gezeichnete Charaktere, ein der jugendlichen Zielgruppe angepasster und äußerst einnehmender Schreibstil sowie tiefgründige und Werte vermittelnde Aussagen machen diese Lektüre zu einem herausragenden Leseerlebnis. Der kleine Hund fungiert als tierischer Protagonist, auch seine Gedanken werden in berührender Art und Weise zum Ausdruck gebracht und sollen dem Leser deutlich vor Augen führen, welche Werte im Leben wirklich wichtig sind:

„Menschen tragen eine zu große Last. Baby versteht nicht, warum Menschen so viel brauchen. Es gibt doch Essen. Es gibt Obdach. Es gibt Spiel. Es gibt Liebe. Baby weiß: die Aufgabe eines Hundes ist es, seinem Menschen zu zeigen, was wichtig ist. Die Freude über einen vollen Magen. Das Glück. Spielen und springen zu können, einfach mit Freunden herumtoben. Wie köstlich ein süßer Duft. Wie tröstlich die warme Sonne auf dem Bauch. Und die Welt ist vollständig, ganz, wenn es eines gib: uns gemeinsam. GEMEINSAM.“

Fazit: „Solange wir zusammen sind“ war mit Abstand das am meisten berührende und tiefgründige Jugendbuch, das ich jemals in Händen halten durfte. Die wundervolle Geschichte um Piper und Jewel hat mir ausgezeichnet gefallen und wird noch lange in meinem Gedächtnis bleiben.

Ich gebe völlig begeisterte fünf Sterne und eine ganz klare Leseempfehlung dafür!

(gekürzte Fassung)

Bewertung vom 31.10.2020
Die Sache mit der Liebe
Hyde, Catherine Ryan

Die Sache mit der Liebe


schlecht

Ich glaube an die Liebe

„Es ist nicht schwer, sich zu verlieben. Der schwere Teil ist, jemanden zu lieben, der einem gut tut.“

Der fünfzigjährige Hayden Reese führt nicht gerade ein Leben auf der Überholspur. Nach einer schwierigen Kindheit mit einem unbarmherzigen und lieblosen Vater ist schließlich auch seine Ehe gescheitert. Der als sonderbar und gewalttätig bekannte Hayden lebt in einer kleinen Holzhütte, der Kontakt zu seiner Familie ist schon vor fünfzehn Jahren abgerissen. Haydens Probleme mit seiner Selbstkontrolle bringen ihn laufend in Schwierigkeiten. Die Liebe zu einer verheirateten Frau führt schließlich dazu, dass die Situation außer Kontrolle gerät – und Hayden steht einmal mehr vor den Scherben seines Lebens…

Catherine Ryan Hyde beschreibt in ihrer aktuellen Neuerscheinung das Leben eines Mannes, der all seine Ängste, seine Schuldgefühle und seine Verzweiflung, sogar seine Trauer, ganz fest in seinem Inneren eingeschlossen hat. Die einzige Art, Emotionen zu zeigen, sind Wutanfälle, die sehr oft in Form von Gewalt gegen andere eskalieren. Die Autorin zeichnet ein Bild von einem Mann, der trotz seiner schlimmen Erfahrungen nicht gänzlich aufgegeben hat, sondern immer noch an die Liebe glaubt. Doch manchmal verliebt man sich in den falschen Menschen.

Mit Hayden hat Catherine Ryan Hyde einen sehr starken, eigenwilligen, nicht unbedingt sympathischen Protagonisten geschaffen. Seine Gedanken und Handlungen konnte ich so gut wie nie befürworten, und nur ganz wenige Dinge nachvollziehen. Vielmehr fühlte ich mich während der gesamten Lektüre seltsam distanziert zu dieser Figur. Die Geschichte umfasst den Zeitraum zwischen 1960 und 1996, wichtige Nebenfiguren sind das Ehepaar Jack und Laurel sowie Laurels Tochter Peg, der Zuhälter Joey, der Tierarzt Doktor Meecham und ein mit Hayden befreundeter Polizist namens Scott. Im Handlungsstrang der Vergangenheit spielen Haydens Ehefrau Judith, seine Schwiegermutter Thea sowie seine Tochter Allegra eine Rolle. Haydens Eltern Lucy und Ed sowie sein Bruder Daniel sorgten für schlimme Erinnerungen und große Schuldgefühle, ihre Beziehung ist ebenfalls seit fünfzehn Jahren auf Eis gelegt.

Die Hauptperson wurde zwar ausführlich charakterisiert, die Nebenfiguren blieben jedoch blass. Es gab laufende zeitliche Sprünge in der Geschichte. Nur sehr langsam erfährt man Einzelheiten über Haydens Vergangenheit und die Gründe für sein aggressives Verhalten. In diesem Buch gibt es angesichts einer Verfolgungsjagd zwar ein gewisses Spannungsmoment, ansonsten plätschert die Geschichte jedoch dahin.

Fazit (Achtung Spoiler!):
„Die Sache mit der Liebe“ war nach einigen wundervollen Romanen für mich das bislang schlechteste Werk dieser Autorin. Catherine Ryan Hyde zeichnete einen Protagonisten, der sein Leben vergeudet, vollkommen unsympathisch ist, absolut lernresistent, defensiv und jähzornig agiert. Beinahe das gesamte Buch hindurch liest man von Gewaltakten und wütenden Ausbrüchen sowie Haydens hasserfüllten Gedanken. Zudem bedient die Autorin sich einer sehr derben Sprache, im ganzen Buch wird permanent geflucht. Inhaltlich war ich vom Plot, unsympathischen und blassen Charakteren und Themen wie Prostitution, Ehebruch und Gewalttaten abgestoßen. Trotz einiger positiver Erfahrungen mit ihren Büchern wird „Die Sache mit der Liebe“ wohl mein letzter Roman von Catherine Ryan Hyde bleiben.

Ich kann für dieses Buch leider keine Leseempfehlung aussprechen, da ich mich durch die Lektüre quälte und oft kurz davor war, sie abzubrechen. Eine kleine positive Entwicklung auf den letzten Seiten entschädigt leider nicht für den gesamten vorangegangenen Inhalt, zumal ich auch das Ende nicht wirklich überzeugend fand.

Bewertung vom 08.10.2020
Hannahs Gefühl für Glück
Kimmel, Fran

Hannahs Gefühl für Glück


sehr gut

Ich will dich nicht auch noch verlieren

Als der ehemalige Mountie Eric Nyland kurz vor Weihnachten bei einer Fahrt in Schnee und bitterster Kälte auf eine kleine Ausreißerin trifft, bietet er ihr an, sie nach Hause zurückzubringen. Das völlig erschöpfte Mädchen lebt bei Nigel Wilson, dem ehemaligen Lebensgefährten ihrer verstorbenen Mutter. Dieser ist wenig erfreut, als er Eric, dem verhassten Feind seit Jugendtagen, die Türe öffnet. Die nachfolgenden Ereignisse erfordern rasches Eingreifen – und das Jugendamt benötigt über die Weihnachtsfeiertage dringend einen Pflegeplatz für die knapp zwölfjährige Hannah. Erics Frau Ellie ist zwar nicht begeistert, willigt jedoch ein. Und Hannah wird für die Nylands zu einem Sonnenschein in deren Leben. Doch die Zeit des Abschieds naht schneller, als allen Beteiligten lieb ist…

Dieser Roman von Fran Kimmel hat durch den aussagekräftigen Klappentext mein Interesse geweckt, dennoch ist es der Autorin gelungen, mich zu überraschen. Ich hatte mit einer gefühlvollen Familiengeschichte gerechnet, mit der Geschichte über ein Waisenkind, das endlich eine Familie, Liebe, Wärme und Geborgenheit findet. Dieser Roman thematisiert jedoch weit mehr als nur Hannahs Schicksal. Zwar stellt dieses sympathische und sensible Mädchen die Protagonistin des Buches dar, großes Augenmerk lag jedoch auf den einzelnen Mitgliedern der Familie Nyland. In vielen Rückblenden erfährt man Details über die Vergangenheit und den übermäßig beanspruchenden Beruf des Ex-Mounties Eric sowie über seine Ehefrau Ellie, die sich mit ihrem Leben hoffnungslos überfordert fühlt. Ellie kümmert sich nach dem Umzug in die kanadische Kleinstadt Neesley nicht nur um ihren Mann und die beiden Söhne, ihr obliegt auch die Betreuung ihres verwirrten und unzurechnungsfähigen Schwiegervaters Walter, der ihre Geduld mit seinen abstrusen Äußerungen und Handlungen strapaziert. Während der fünfjährige Sammy durch sein kompliziertes Wesen und seine Andersartigkeit das Problemkind der Familie darstellt, macht sein aufsässiger und mürrischer vierzehnjähriger Bruder Daniel im Verlauf der Geschichte eine große Wandlung durch. Nigel Wilson fungiert als böser Antagonist, der gutherzigen Jugendarbeiterin Betty Holt und Erics verstorbener Mutter Myrtle wurden Nebenrollen zuteil. Während Hannah und Daniel meine favorisierten Figuren waren, stand ich dem Verhalten der Ellie Nyland oftmals ratlos gegenüber. Doch mit jeder einzelnen Seite durfte ich tiefer in ihre Gedankenwelt eindringen und es offenbarten sich langsam auch die Gründe dafür. Bei den beiden tierischen Nebendarstellern handelt es sich um Hannahs schwarze Langhaarkatze namens Mandy sowie Thorn, dem dicken alten Labradormischling der Nylands, der mit seinen Eigenheiten für humorvolle Momente verantwortlich zeichnete.

Der Schreibstil der Autorin hat mir ausnehmend gut gefallen, sie verstand es hervorragend, die dramatischen Hintergründe dieser Familiengeschichte authentisch darzustellen. Die nach Hannahs Einzug veränderte Atmosphäre im Hause Nyland war für mich als Leserin förmlich zu spüren. Meine einzigen Kritikpunkte sind einige deftige Flüche und derbe Ausdrücke, dir mir das Lesevergnügen etwas verleideten sowie ein Ende, welches mir angesichts der langen Aufarbeitung dieser Familiengeschichte viel zu kurz und rasch abgehandelt wurde.

FAZIT: „Hannahs Gefühl für Glück“ ist eine sehr berührende Geschichte über eine Familie, hinter deren heiler Fassade sich kleine Dramen abspielten. Ein einnehmender Schreibstil und sehr gut ausgearbeitete Charaktere sorgten dafür, dass ich dieses Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Gerne gebe ich hierfür eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 29.09.2020
Mitternacht in Charlbury House
Peters, Helen

Mitternacht in Charlbury House


ausgezeichnet

Eine abenteuerliche Reise in längst vergangene Zeiten

Mitternacht ist eine gefährliche Zeit, wenn man als Dreizehnjährige in einem geheimnisumwitterten alten Herrenhaus zu Besuch ist. Die Protagonistin Evi Tregarron fühlt sich vernachlässigt, nachdem sie für die Zeit der Hochzeitsreise ihrer Mutter bei ihrer schrillen Patentante Anna in Charlbury House untergebracht wird. Nicht nur die Trennung von der Mutter, sondern auch die Tatsachen, dass es dort weder Internetempfang, noch ein Fernsehgerät gibt, machen ihr zu schaffen. Evi ist außer sich, und als sie in ihrer ersten Nacht noch dazu einen Geist erblickt, ergreift sie die Flucht. Doch dabei wird sie auf unerklärliche Weise in eine längst vergangene Zeit katapultiert und mit einem ungelösten Rätsel konfrontiert. Evi darf tief in die Ereignisse des Jahres 1814 eintauchen, lernt den Alltag und die Gepflogenheiten dieser Zeit kennen und erlebt als Hausmädchen in Charlbury House das harte, arbeitsame und mühevolle Dasein der dienenden Klasse. Obgleich Evi den Komfort und all die Errungenschaften der modernen Zeit vermisst, darf sie dennoch von ihrem spannenden Ausflug in die Vergangenheit profitieren. Sie lernt interessante Menschen kennen, gewinnt eine gute Freundin, und stellt sich dabei stets die Frage, wie es ihr wohl gelingen wird, wieder in ihre eigene Welt zurückzufinden…

Helen Peters präsentiert mit diesem Jugendbuch einen höchst interessanten, lehrreichen und amüsanten Zeitreise-Roman, in welchem die junge Protagonistin Evi einige Abenteuer in der Vergangenheit bestehen muss. Die verwöhnte junge Dame lernt bei ihrem Ausflug die Bequemlichkeit und die vielen technischen Hilfsmittel ihres Lebens in London so richtig zu schätzen. Denn als Hausmädchen im Jahre 1814 ist sie zu körperlich anstrengender Arbeit verpflichtet. Die Idee der Zeitreise ist nicht neu, und dennoch hat die Autorin es geschafft, mich vom ersten Augenblick an dafür einzunehmen. Man verfolgt gespannt Evis Aktivitäten, wird vom Zauber längst vergangener Zeiten gefangen, erfährt aber auch viele Einzelheiten vom harten Leben der Hausmädchen, Küchenmädchen, Mägde und Diener eines solch imposanten Anwesens. Standesdünkel und Kinderarbeit, Aufbegehren gegen die soziale Ungerechtigkeit, und nicht zuletzt ein mysteriöses Familiengeheimnis sind Themen dieses Buches.

Der einnehmende Schreibstil der Autorin und der mit dem rätselhaften Verschwinden einer der Figuren des Buches einhergehende Spannungsfaktor machen diese Lektüre zum reinen Vergnügen. Interessante Figuren bereichern die Handlung, ein aufregendes Finale mit einer Überraschung am Ende des Buches runden das Ganze ab. Es hat mir große Freude bereitet, Evis Ausflug in das Jahr 1814 mitzuverfolgen und die hasserfüllte Küchenmagd Alice, die verängstigte Spülmagd Nell, die gefürchtete Haushälterin Mrs. Hardwick, die singende Waschmagd Mary, den kreativen und sensiblen Gärtnergehilfen Robbie und den üblen Stallburschen Jacob kennenzulernen. Die herrschende Klasse wird durch den stark verschuldeten Hausherrn Sir Henry Fane, dessen strenge und hoheitsvoll auftretende Schwester Mrs. Bailey sowie den schwerreichen Mr. Charles Ellerdale vertreten, dem sein arrogantes Auftreten, sein Alter und sein Hang zur Gewalttätigkeit die Brautwerbung um die junge Tochter des Hauses erschweren. Im Handlungsstrang der Gegenwart fungieren Evis Patentante Anna sowie Evis Mutter Lara als Nebenfiguren.

Fazit: „Mitternacht in Charlbury House“ war ein faszinierendes Abenteuer und eine interessante und lehrreiche Zeitreise in die Vergangenheit dieses alten Herrenhauses, die mir großes Lesevergnügen bereitet hat. Evis Erlebnisse und ihre Bestrebungen, in das Schicksal der Menschen einzugreifen und zu versuchen, die Vergangenheit zu verändern, boten aufregende Momente. Ich kann dieses Buch jedem jungen Leser ans Herz legen, der sich für vergangene Epochen interessiert und Spannung und Abenteuer zu schätzen weiß. Begeisterte fünf Sterne und eine uneingeschränkte Leseempfehlu