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lem49
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Berlin

Bewertungen

Insgesamt 79 Bewertungen
Bewertung vom 06.09.2020
Wagner, Andreas

Jahresringe


ausgezeichnet

Leonore flieht aus Ostpreußen in den Westen und schummelt bei ihrem Alter erheblich. Sie gibt sich als wesentlich älter aus um sich zu schützen. Denn sie hat schon Schreckliches erlebt und gesehen in ihrem kurzen Leben.
Mit viel Glück findet sie eine Bleibe und Arbeit in einem Dorf, in welchem sie allerdings ein Leben lang fremd bleiben wird.
Die handelnden Personen wurden sehr anschaulich und überzeugend dargestellt.
Ein Buch, das mich sehr berührt hat. Und viele Fragen aufwirft. Was ist Heimat? Was sind die Ursachen für Flucht? Hat eine Dorfgemeinschaft das Recht jemanden ohne nennenswerte Gründe auszuschließen? Warum verhalten sich die Menschen so ablehnend?
Mit viel Einfühlungsvermögen führt der Autor den Leser durch mehrere Generationen und beleuchtet die Entwicklung der Charaktere umfassend.
Zudem beschäftigt sich das Buch mit dem aktuellen Thema der Abholzung von Wäldern und lässt die Charaktere dazu verschiedene Positionen einnehmen. Hambacher Forst. In der Presse wurde mehrfach darüber berichtet. Was hat es mit den Klimaaktivisten auf sich? Was ist mit der Gegenseite?
Für meine Begriffe ein sehr gelungener Roman, weil er jede Seite zu Wort kommen lässt.

Bewertung vom 29.08.2020
Rumpl, Manfred

Schwarzer Jasmin


sehr gut

Soweit ich mich erinnere, wurde dieses Buch als Thriller angepriesen. Unter einem klassischen Thriller stelle ich mir jedoch etwas anderes vor.
Den Titel und das Cover halte ich für sehr gelungen. Schwarzer Jasmin - passt! Die ganze Thematik ist brisant, hochaktuell. Der Anschlag am Breitscheidplatz in Berlin, als ein LKW in den Weihnachtsmarkt hinein fuhr und etliche Menschen ihr Leben ließen, ist in der Erinnerung noch präsent. Wie wird man zu einem Attentäter? Was bringt einen Menschen überhaupt dazu sich zu radikalisieren? Wer sind die Leute, die eine Radikalisierung voran treiben?
Dieses Buch geht diesen Fragen auf die Spur, wobei eine Antwort nicht so leicht gegeben werden kann. Der eine schafft es sich eine neues Leben aufzubauen und von einer Zukunft im neuen Land zu träumen, der andere scheitert.
Die Charaktere wurden überzeugend heraus gearbeitet und ich hatte von jeder handelnden Person eine klare Vorstellung. Jedoch fand ich die Kapitel recht kurz, denn ehe man sich versah, war man schon wieder in einem anderen Handlungsstrang. Andere Person, andere Zeit, anderer Ort. Von Anfang an hatte ich gegen bestimmte Protagonisten eine regelrechte Abneigung entwickelt. Bei einigen löste diese sich im Laufe der Handlung auf und wich, wenn auch nicht der Sympathie, sondern eher einem gewissen Verständnis, bei anderen blieb sie bestehen. Ein Buch, das meines Erachtens bewusst polarisiert, aber dennoch den Anspruch erhebt hinter die Kulissen zu schauen. Was ja auch gut ist, denn wer kennt schon die Sitten, Gebräuche und Lebensumstände der zu uns kommenden Menschen genau. Flucht, aus welchen Gründen auch immer, Religionen, die aufeinander prallen, Kommunikationsprobleme und nicht zu vergessen das intransparente Gebaren der Politiker. Das sind Dinge die uns beschäftigen, ängstigen und täglich vor neue Herausforderungen stellen.

Bewertung vom 16.08.2020
McConaghy, Charlotte

Zugvögel


sehr gut

Dem Titel nach und auch der Leseprobe entsprechend, dachte ich ein Buch vor mir zu haben, dass sich in der Tat mit Zugvögeln beschäftigt. Ich nahm an, dass der Leser diesbezüglich mit auf die Reise genommen wird. Und auf den ersten Seiten war dies auch der Fall, aber dann war ich allmählich etwas verwirrt und wusste das Buch nicht recht einzuschätzen, da sich hier mehrere Themen auftaten.
Mit Sicherheit habe auch ich schon von Artenschutz gehört, vom Leerfischen der Meere, davon, dass täglich mehrere Pflanzen-und Tiergattungen vom Erdboden verschwinden, aber an einigen Stellen kam es mir schon sehr futuristisch vor und ich wähnte mich im Jahre 2050.
Zumindest hätte ich bei diesem Titel nicht erwartet, dass Franny Stone (Lynch) sich mit derart vielen Sorgen herumschlagen muss, wobei natürlich ihre "Wanderfüße" eben durch diese Sorgen zu erklären sind. Wahnsinn, wie sie sich den Naturgewalten und vor allem dem eisigen Meer aussetzt!
Nach und nach wurden die Handlungsstränge zusammengelegt und es wurde daraus eine runde Sache. Fragen blieben nicht offen. Abschließend kann ich sagen, dass mir dieses Buch trotz einigem Stirnrunzeln ganz gut gefallen hat und ich es weiter empfehlen würde.

Bewertung vom 20.07.2020
Kallentoft, Mons

Verschollen in Palma


sehr gut

Mein erstes Buch von Mons Kallentoft. Ich mag Krimis gern lesen und so war ich auch sehr neugierig, dieses Werk kennen zu lernen. Gerade habe ich es beendet und es geistert noch in meinem Hirn umher. Das halte ich für ein positives Zeichen, denn ich kenne auch Bücher, die ich ausgelesen habe und gleich zum nächsten greifen könnte. Da bleibt manchmal nicht viel Nachhaltiges übrig. Hier ist es anders. Vielleicht liegt es zum Teil auch an der aufgezeigten Problematik. ...
Hier geht es um einen Vater, der seiner 16-jährigen Tochter erlaubt, mit zwei Freundinnen in den Urlaub nach Palma zu fliegen. Allein und minderjährig. Und die wohl niemals zurück kehren wird.
Auf den ersten Seiten war ich etwas unentschlossen. Gefällt der Schreibstil, gefällt er nicht. Eine wahre Flut an aneinander gereihten Gefühlen. Perspektivwechsel, hin und her. Doch niemals so, dass man nicht mehr wusste, um welche Person es sich gerade handelt. Gut, der Autor schreibt fiktiv, und doch ist jede Menge an Wahrheit enthalten. Der Kampf ums Trinkwasser, Macht, Geld und die Gier nach dem schnellen Sex. Wobei wir beim Thema wären. Wer hat noch nie vom Ballermann gehört? Der ist in aller Munde. Was mich jetzt so bewegt ist, dass sich in der Tat jede Menge junge Frauen dort regelrecht abschießen. Und in Situationen geraten, die am nächsten Tag für mehr als Katerstimmung sorgen.
Das Buch war spannend geschrieben und der Einsatz von Tim Blanck, durch Schuldgefühle ins Unermessliche gesteigert, an Wahnsinn grenzend. Daumen hoch!

Bewertung vom 24.06.2020
Winkelmann, Andreas

Der Fahrer / Kerner und Oswald Bd.3


sehr gut

Es war das zweite Buch, welches ich von Winkelmann gelesen habe und ich wurde nicht enttäuscht. Für meinen Geschmack ging es zwar ein wenig holprig los, denn einige Satzstellungen haben mich zunächst die Stirn runzeln lassen. Irgendwas klang da komisch und ich musste noch einmal genau nachlesen, bzw mir den Satz auf der Zunge zergehen lassen, aber die Handlung war stimmig und hat mich letztendlich in den Sog gezogen, so dass das Lesevergnügen vollkommen wurde.
Die handelnden Personen waren so angelegt, wie ich es mag. Ein Kommissar, der mitunter seine eigenen Wege geht und eine Chefin, die ihre Autorität untergraben sieht und dementsprechend reagiert. Tolles Team, das Jens Kerner da um sich hat.

Bewertung vom 24.06.2020
Balzano, Marco

Ich bleibe hier


ausgezeichnet

Das war ein Buch nach meinem Geschmack. Ich fand es sehr sprachgewaltig, so dass ich beim Lesen stets alles klar vor Augen hatte. Die Landschaft, die Menschen, die Tiere und die jeweiligen Behausungen.
Die damalige Zeit hatte es in sich. In einem Bergdorf Südtirols werden die vorrangig deutschsprachigen Bewohner eines Tages vor die Wahl gestellt zu bleiben und damit dem Deutschen abzuschwören und italienisch als Amts-und Umgangssprache zu akzeptieren oder alles stehen und liegen zu lassen und nach Deutschland auszuwandern. Was aber ebenfalls nicht einfach schien, da Hitler die Macht ergriffen hatte und garantiert keine "Italiener" im Reich haben wollte. Die italienischen Faschisten, die Widerstandskämpfer in den Bergen, die Wehrmacht. Die Bewohner sind hin und her gerissen. Und die, die letztendlich bleiben werden haben auch nicht das große Los gezogen, denn der Staudamm wird alles fluten.
Bravo, ich kann das Buch wärmstens empfehlen.

Bewertung vom 23.05.2020
Minier, Bernard

Schwestern im Tod / Commandant Martin Servaz Bd.5


ausgezeichnet

Der Autor Bernard Minier war mir bislang unbekannt, aber ich bin mir sicher, dass ich noch viel mehr von ihm lesen möchte. Dieser Psychothriller war ungemein spannend, so dass ich ihn kaum aus der Hand legen mochte.
Kommissar Martin Servaz sieht sich einem Fall gegenüber, der auf eigenartige Weise ganz deutliche Parallelen zu einem Fall aufwirft, bei deren Ermittlungen er 25 Jahre zuvor, noch in der Ausbildung befindlich, beteiligt war. Sein Instinkt sagt ihm, dass es Bezüge zu den damaligen Ermittlungen gibt. Und er täuscht sich nicht.
Die Handlungen dieses Buches sind schlüssig, spannend und durchaus glaubwürdig geschrieben worden. Von den Charakteren konnte ich mir umgehend ein Bild machen. Ich kann dieses Buch jedem Krimifan nur empfehlen.

Bewertung vom 24.04.2020
Sten, Camilla

Das Dorf der toten Seelen (eBook, ePUB)


sehr gut

Ein kleines Dorf in Schweden, aus dem aus unerklärlichen Gründen eines Tages sämtliche Bewohner verschwinden. Viele ungeklärte Fragen warf dieses Verschwinden auf. Keiner weiß, was sich zugetragen hat. Ein Team aus 5 jungen Menschen macht sich auf, die Rätsel der Vergangenheit zu lösen und eine Dokumentation über ein Dorf entstehen zu lassen, aus dem einst die Großmutter einer der Teilnehmer stammte. Doch es wurde ein einziger Albtraum.
Mit der Wahl des Titels wurde nicht zuviel versprochen. Es ist ein Dorf der toten Seelen. Sehr unterhaltsam und spannend geschrieben. Gelangweilt habe ich mich jedenfalls nicht. Ein wenig mysteriös gehalten, glaubt man an manchen Stellen des Buches fast, dass sich übersinnliche Dinge abspielen würden. Die Perspektiven wechseln immer von heute zu damals. Ich fand das aber nicht störend, denn man kam gut damit zu recht.
Das Ende blieb gewissermaßen offen, für mich aber schlüssig.

Bewertung vom 17.03.2020
Lüpkes, Sandra

Die Schule am Meer


sehr gut

Eine packende Geschichte! Die Insel Juist am Rande der Weimarer Republik. Beim Lesen des Romans kam definitiv keine Langeweile auf. Auch wenn einige Personen fiktiv waren, das gute Recht eines jeden Autoren, so beruht das Buch auf wahren Begebenheiten. Die handelnden Figuren waren glaubwürdig dargestellt und auch die Beschreibung der Schule am Meer hatte ich bildlich vor Augen. Beim Lesen glaubte ich die salzhaltige Luft der Nordsee in der Nase zu haben und das Geschrei der Möwen zu vernehmen.
Interessant zu erfahren, dass etliche gut situierte Leute ihre Kinder von sehr weit her auf die Insel schickten, um dort das Abitur zu erlangen. Sie zahlten viel Schulgeld dafür und doch lebten die Kinder nicht in Saus und Braus, sondern mussten ordentlich mit anpacken und sich mit dem begnügen was da war. Und waren dabei vermutlich froh und wegen der guten Luft gesünder, als in der Region aus der sie kamen.
Als Hitler allmählich an die Macht kommt und seine Propaganda auch die Insel Juist erreicht, das Feindbild Jude hoch gehalten wird, bekennen die Leute Farbe. Das Ende der Schule. Gerade Anni, die als Jüdin durch ihr Geld die Schule mit am Leben erhalten hat, ergreift zum Schluss die Flucht und bringt sich und ihre Familie in Sicherheit.
Hat mir gut gefallen.

Bewertung vom 20.02.2020
Khider, Abbas

Palast der Miserablen


ausgezeichnet

Die Geschichte spielt zur Zeit Saddam Husseins. Hier wird ein Land porträtiert, dass noch immer nicht zur Ruhe gekommen ist. Ein Land, das von einem Krieg in den nächsten gerät. Die Familie von Shams flieht aus dem Süden des Iraks nach Bagdad. In der Hoffnung auf Sicherheit und ein besseres Leben. Die Enttäuschung lässt nicht lange auf sich warten. Hoffnungslosigkeit, Hunger, Armut, wenig Perspektive. Und doch schafft Shams es, sein Abitur zu erlangen. Entweder Schule oder Militär. Die Wahl fällt nicht schwer.

Abbas Khider war mir bislang unbekannt. Doch nun hat er einen Fan mehr. Natürlich hatte ich schon von Golfkrieg, Irak und Saddam Hussein gehört, doch was ich hier zu lesen bekam, hat mich doch erschreckt und sehr bewegt.
Auch wenn sein Roman fiktiv ist, beruht er doch auf autobiografischen Erlebnissen. Sein zuweilen aufkeimender Sarkasmus entlockte mir hin und wieder sogar ein Schmunzeln. Bei all der Gräuel muss man das wahrscheinlich auch.
Man muss immer aufpassen was man sagt, steht immer mit einem Bein im Gefängnis. Die Spitzel sind überall. Ein einziges Auf und Ab von Hoffnung und Angst. Erzählt wird das Ganze in zwei verschiedenen Handlungssträngen. Und das Ende des Romans ist einfach nur schockierend. Aber gelungen! Bravo!