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Frankfurt

Bewertungen

Insgesamt 745 Bewertungen
Bewertung vom 22.12.2024
Love Me Like It's Yesterday
Käppler, Juliane

Love Me Like It's Yesterday


sehr gut

Eine CozyRomance, die nicht nur eine sich anbahnende Liebesbeziehung im Fokus hat, sondern auch ein sehr ernstes Thema: Hate im Netz, social media mobbing und vor allem im Schutz der Anonymität des Internets anderen das Leben zur Hölle machen.
Durch diese Kombination dieser beiden Themen und wie sie in die Geschichte integriert sind, macht das Lesen spannender, kurzweilig und doch ist es am Ende eine romantische Geschichte.
Da ist zum einen Juno, eine Möbelrestaurateurin, die weder Handy hat oder sonst irgendwie in den sozialen Medien präsent ist, obwohl sie mit 36 Jahren nicht zu einer Altersklasse gehört, die da raus ist. Dann gibt es da Taro, der einen YouTube-Kanal unterhält und aus psychologischer Sicht erläutert wie man mit Frauen umgeht und vor allem so flirtet, dass es nachhaltig was wird. Passt das?
Mit über 500 Seiten wirklich ein dickes Buch und hier ist auch mein einziger Kritikpunkt, nach knapp 350 Seiten gab es ein Tief, da hab ich in der Tat mal den einen und anderen Absatz überlesen. Da zog es sich ein wenig.
Davon mal abgesehen, hat es mich bestens unterhalten und zugleich auch wieder etwas mehr sensibilisiert was das Thema Social Media und seine Auswirkungen anbelangt.

Bewertung vom 22.12.2024
Glow up
Ahlemann, Lela

Glow up


sehr gut

Ich weiß ja nicht wie es euch ergeht, aber ich bin bei der schieren Fülle an Kosmetik die mir überall und gefühlt immer angeboten wird mehr als überfordert. Was muss sein? Was ist add on? Was ist in meinem Alter höchste Eisenbahn und was kann ich gleich lassen, weil es nur ein hohles Werbeversprechen ist?
Daher hat mich das Sachbuch Glow up gut abgeholt und wirklich mal gut informiert. Spoiler-Alert: Ich habe das Buch recht kreuz und quer in einer unüblichen Manier gelesen, aber ich bin immer mal wieder an Fragestellungen hängen geblieben und wollte das dann gleich ergründen. Etwas die Frage ob LSF 50 immer besser ist als LSF 30! Dann habe ich mir den Index zunutze gemacht, denn hier konnte ich spezifisch nachschlagen und dann erkunden, wie etwa Alpha-Hydroxsäuren. Das ist super praktisch, wenn der Tiegel in der Hand allerlei Begriffe mit sich bringt.
Was aber viel entscheidender ist als alles gecreme der Welt: Schlaf, Bewegung und natürlich: Ernährung! Auch die Haut dankt es einem. Daher auch für diese Bereiche sind viele Hinweise enthalten, die der Haut zu Gute kommen.
Natürlich geht Dr. med. Lela Ahlemann auch auf problematische Hautverhältnisse ein, wie Rosazea, Akne & Co, aber nur in Maßen. Auch gibt es Tipps was zu Hause alles machbar ist mit Hintergrund, wie Microneedling….muss man mögen und was ein Kosmetikstudio Gutes tun kann oder auch die hautärztliche Versorgung.
Fazit: Wer sich mit seiner Haut mehr beschäftigen will und den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht, ist mit dieser Lektüre gut beraten, denn hier schreibt eine erfahrene Dermatologin, die mit uns ihr Wissen teilt!

Bewertung vom 22.12.2024
Vielleicht hat das Leben Besseres vor
Gesthuysen, Anne

Vielleicht hat das Leben Besseres vor


gut

Manchmal greift man zu einem Buch in der Hoffnung, alte Bekannte wiederzutreffen – genau dieses Gefühl hatte ich bei Anne Gesthuysens neuem Roman Vielleicht hat das Leben Besseres vor. Doch obwohl mir der typische rheinische Humor der Autorin vertraut ist und ich die Dorfidylle wiedererkennen konnte, ließ mich die Geschichte diesmal etwas enttäuscht zurück. Die Charaktere wirkten häufig stereotyp, und das Lokalkolorit des Niederrheins wurde eher schematisch und wenig überraschend dargestellt. Insgesamt wirkte die Handlung auf mich vorhersehbar und zu schablonenhaft, um wirklich fesselnd zu sein.
Zwar schätze ich den leichten, humorvollen Schreibstil der Autorin sowie ihre Fähigkeit, ernste Themen mit einer gewissen Leichtigkeit zu erzählen. Dennoch konnte dies für mich die Schwächen der Handlung nicht ausgleichen. Besonders störte mich, dass zu viele Zufälle und Unglücke auf eine einzige Person konzentriert wurden, was die Glaubwürdigkeit beeinträchtigte.
Positiv hervorzuheben ist jedoch, wie lebendig Anne Gesthuysen die Dorfgemeinschaft mit ihren typischen Klatsch- und Tratschgeschichten einfängt. Ihr rheinischer Humor und die detailreiche Schilderung der dörflichen Idylle sind auch in diesem Buch wieder präsent und machen es dann doch zu einer unterhaltsamen Lektüre – gerade für ein gemütliches Wochenende. Wer den Vorgängerband Wir sind schließlich wer gelesen hat, wird die vertraute Atmosphäre sofort wiedererkennen. Aber auch ohne Vorkenntnisse ist der Roman problemlos lesbar.
Trotz meiner Kritik hat das Buch einen gewissen Charme, der vor allem durch Gesthuysens Erzählstil getragen wird. Insgesamt gebe ich dem Roman drei von fünf Sternen: unterhaltsam, aber leider zu klischeehaft und stellenweise unglaubwürdig, um wirklich zu begeistern.

Bewertung vom 20.12.2024
Die Frauen von Maine
Sullivan, J. Courtney

Die Frauen von Maine


sehr gut

"Die Frauen von Maine" von J. Courtney Sullivan ist wieder mal ein klassischer amerikanischer Roman, der die Geschichten mehrerer Generationen von Frauen der Familie Flanagan beleuchtet. Im Mittelpunkt steht Jane Flanagan, deren Leben und Beziehungen die Erzählung prägen. Ich mag solche generationsübergreifenden Geschichten sehr gerne.
Der Roman zeichnet sich durch seine tiefgründige Charakterentwicklung und die Darstellung komplexer Familienbeziehungen aus. Der Autorin gelingt es, die individuellen Herausforderungen und Geheimnisse der Frauen authentisch darzustellen und dabei die zeitlosen Themen Liebe, Verlust und Vergebung zu erforschen.
Die Kulisse des ländlichen Maine verleiht der Geschichte eine besondere Atmosphäre und unterstreicht die emotionale Tiefe der Erzählung. Die Beschreibungen der Landschaft und der örtlichen Gemeinschaft tragen dazu bei, die Leserinnen und Leser in die Welt der Flanagans zu entführen.
Besonders gut ist das generationsübergreifende eingefangen und ein vielschichtiges Porträt der Familie ist gezeichnet. Die Übersetzung von Monika Köpfer und Henriette Zeltner-Shane ist aus meiner Sicht gelungen, da sie den Ton und die Nuancen des Originals bewahren.
Fazit: Für alle Fans von Familiengeschichten und von der rauen und zugleich schönen Küste von Maine. Eine emotionale Reise, die Komplexität familiärer Bindungen beleuchtet.

Bewertung vom 19.12.2024
Das Verhalten ziemlich normaler Menschen
Reilly, K. J.

Das Verhalten ziemlich normaler Menschen


ausgezeichnet

Tod bringt Wut
K.J. Reillys Das Verhalten ziemlich normaler Menschen ist ein Roman, der in seiner Mischung aus Trauer, Wut, Hoffnung und Humor eindrucksvoll berührt. Ein Roman, der genau das richtige ist für Jugendliche und hier super für Jungs ab 14 Jahren, die sich ohnehin einigeln und abkapseln.
Es geht um Asher Hunter und seine Wut, denn seine Mutter wurde durch einen Betrunkenen überfahren. Seine Wut ist unermesslich, denn nicht mal eine Strafe muss der Mann absitzen durch ein Verfahrensfehler! Diese tiefen Wut, die Asher antreibt und ihn wie einen Gefangenen seiner eigenen Gedankenwelt erscheinen lässt, ist sein Feuer. Doch auf dem Weg zur Rache wird aus Ashers Plan ein Roadtrip, der alles verändert. Denn er geht zu einer Trauergruppen, um seinen Schmerz zu verarbeiten, dort trifft er auf eine ungewöhnliche Gruppe von Wegbegleitern. Sloane und Will, zwei Jugendliche, die selbst Verluste erlitten haben, sowie der 80-jährige Henry, witzig und mit Lebenserfahrung ausgestattet. Diese Gruppe nimmt eine besondere Rolle ein, denn sie geben Asher: Gemeinschaft und Verständnis.
Der Roadtrip von New Jersey nach Memphis wird zu einer Reise, die weit über geographische Kilometer hinausgeht. K.J. Reilly erzählt von tiefen Gesprächen, albernen Momenten und den kleinen Dingen, die den Schmerz für einen Augenblick erträglicher machen – wie unzählige Caesar Salads und ein filmreifer Kuss. Die Dynamik zwischen den Charakteren ist herzerwärmend und lebendig. Sie streiten, lachen, unterstützen sich und geben einander das, was jede:r von ihnen braucht, um den eigenen Verlust zu bewältigen.
Was die Geschichte so besonders macht, ist, wie sie die Wut und Trauer, die Asher antreiben, glaubhaft und greifbar darstellt. Seine Gedanken, die oft zwischen Rachegelüsten und dem Wunsch nach Frieden schwanken, sind nachvollziehbar und tief menschlich. Der Roman zeigt, wie Schmerz und Verlust Menschen verändern können, aber auch, wie Beziehungen und Hoffnung sie wieder zurück ins Leben bringen.
Das Alter ab 14 Jahre laut Verlag passt gut und ist wirklich ein tolles Buch für dieses Alter, in dem so viel aus den Fugen gerät, auch wenn es (zum Glück!) oft sehr viel weniger dramatisch ist wie in dieser Geschichte.

Das Verhalten ziemlich normaler Menschen ist eine bewegende Geschichte über Verlust, Wut und die Kraft von Freundschaft. K.J. Reilly schafft es, schwere Themen mit einer feinen Prise Humor und viel Mitgefühl zu erzählen. Der Roadtrip ist eine Metapher für das Leben: chaotisch, unvorhersehbar, aber voller Möglichkeiten, zu wachsen und sich selbst zu finden.
Ein herzerwärmender Roman, der nachdenklich stimmt und zeigt, dass selbst in den dunkelsten Momenten Hoffnung zu finden ist.

Bewertung vom 19.12.2024
Flavorama
Johnson, Arielle

Flavorama


sehr gut

Arielle Johnsons Flavorama ist ein faszinierendes Werk, das die Welt der Aromen auf wissenschaftliche, aber dennoch zugängliche Weise beleuchtet. Die Autorin, die als Expertin für Fermentation und Geschmackswissenschaften gilt, öffnet mit diesem Buch eine Tür in die chemischen, biologischen und kulturellen Aspekte des Geschmacks – ein Thema, das sie mit Begeisterung an uns heranträgt und mit viel Fachwissen bunterfüttert.
Das Buch ist weniger ein klassisches Kochbuch und viel mehr ein Wissenswerk, das sowohl Köche als auch neugierige Genießer anspricht. Johnson gibt detaillierte Einblicke in die Mechanismen, die Geschmack und Geruch bestimmen, und erklärt, wie wir Aromen wahrnehmen und miteinander kombinieren können. Besonders spannend sind ihre Ausführungen zu Fermentation und Molekularbiologie, die neue Perspektiven auf altbekannte Lebensmittel bieten.
Dabei besticht Flavorama durch seine klare Struktur, selbst komplexe wissenschaftliche Zusammenhänge sind verständlich. Trotzdem richtet sich das Buch eher an Leser, die bereit sind, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Die wenigen enthaltenen Rezeptideen dienen vielmehr als Beispiele für die praktischen Anwendungen der theoretischen Konzepte. Eher ein Buch für diejenigen, die tiefer in die Welt der Aromen eintauchen möchten.
Insgesamt ist Flavorama eine Bereicherung für alle, die sich für die Wissenschaft hinter dem Geschmack interessieren. Es ist ein Buch, das den Horizont erweitert, ohne sich in Fachjargon zu verlieren, und eine wunderbare Ressource für jeden, der das Zusammenspiel von Wissenschaft und Kulinarik besser verstehen möchte.

Bewertung vom 18.12.2024
Ottolenghi Comfort (deutschsprachige Ausgabe)
Ottolenghi, Yotam;Goh, Helen

Ottolenghi Comfort (deutschsprachige Ausgabe)


ausgezeichnet

Eigentlich brauche ich Ottolenghi allen die Kochen nicht vorstellen. Legendär gut und daher auch wert das x-te Kochbuch zur Hand zu nehmen. Was soll ich sagen, mit „Comfort“ hat es mich natürlich gleich gehabt! Was gibt es besseres als Essen das einem ein wohliges Gefühl verschafft?
Ottolenghi ist längst ein Synonym für kreative, geschmacklich außergewöhnliche Küche geworden, und mit seinem neuen Werk Comfort bleibt er diesem Ruf treu. Das Kochbuch präsentiert eine Sammlung von Rezepten, die gleichzeitig raffiniert und dennoch erstaunlich zugänglich sind, wie recht weit vorne das Aubergine Omelett, dass auch fancy Tortang Talong genannt werden darf.
Was Ottolenghi seit jeher von anderen unterscheidet – und was auch den Erfolg seiner bisherigen Bücher wie Simple oder Jerusalem befeuerte – ist die Art und Weise, wie er aus alltäglichen Zutaten kulinarische Highlights zaubert. In Comfort gelingt es ihm erneut, eine Balance zwischen Wohlfühlküche und innovativer Raffinesse zu finden. Alles sehr aromatisch und lecker.
Von herzhaften Eintöpfen bis hin zu Gemüsegerichten, die als Hauptakteure glänzen dürfen, zeigt Ottolenghi, wie man Komfortessen neu denkt. Besonders beeindruckend ist, dass die meisten Rezepte machbar bleiben, auch wenn sie oft wie Kunstwerke wirken. Ottolenghi fordert uns Kochende dazu auf, sich in der Küche inspirieren zu lassen, ohne zu überfordern. Genuß und Spaß am Kochen steht an erster Stelle!
Wer Ottolenghi bisher nicht kennt, kann sehr gut mit diesem Kochbuch in seine Welt einsteigen. Ihr werdet es nicht bereuen. Besonders toll ist, dass dieses Buch nun auch 2 Lesebändchen hat, so was von praktisch! Könnten auch gerne noch mehr werden!
Unsere Highlights sind bisher das Kartoffel-Zupfbrötchen, die Pesto-Pasta mit Röstbohnen und Kartoffeln und (ich kann es selbst kaum fassen) der geröstete Spitzkohl mit Misobutter!
Buon appetito

Bewertung vom 18.12.2024
Lina und der Schnee-Engel
O'Farrell, Maggie

Lina und der Schnee-Engel


ausgezeichnet

Zur Weihnachtszeit braucht es für mich schon stimmungsvolle Geschichten, die leise und voller Wärme sind. Maggie O`Farrell, bisher eher aus der Erwachsenenliteratur bekannt, hat ihr erstes Kinderbuch geschrieben und dieses Buch ist genau so eines, dass sich gerade in der Weihnachtszeit anbietet und darüber hinaus in den kalten Wintermonaten. Denn Weihnachten ist gar kein Thema im Buch!
Der Titel erscheint etwas unkreativ mit „Lina und der Schneeengel“, trifft es aber genau auf den Punkt. Auch wenn ich den Originaltitel „Where snow angels go“ schöner finde.
Denn es geht um Lina, die eines nachts sehr hohes Fieber bekommt und von ihrem Schutzengel gerettet wird. Lange Monate war die kleine Lina krank. Wo kommt dieser Schutzengel her? Er ist ein Schneeengel, denn Lina im vergangenen Winter im Schnee hinterließ. Eigentlich sollte sie den Schneeengel vergessen, aber sie musste immer wieder an ihn denken und der Gedanke ließ sie nicht los. Natürlich versucht sie ihn wieder zu sich zu bewegen. Was sie auch schafft…
Die Geschichte ist grazil von Daniela Jaglenka Terrazzini gebildert. Besonders schön sind die schimmernden Elemente bei Schneeflocken, Wellen und anderen Elementen.
Diese Geschichte ist recht lang zum Vorlesen, daher eher ab 4-5 Jahren geeignet, aber dafür auch noch zu Beginn der Grundschule eine schöne Wahl mit mehreren Generationen zu lesen.
Eines dieser Bücher, die man jedes Jahr wieder hervorholen mag und einfach zum Winterritual erklärt.

Bewertung vom 10.12.2024
Der längste Schlaf
Raabe, Melanie

Der längste Schlaf


sehr gut

Melanie Raabes Der längste Schlaf war bei dem ollen Wetter da draußen genau das Richtige! Aus der Ich-Perspektive geschrieben, zieht die Geschichte einen sofort in ihren Bann – eine Mischung aus psychologischem Thriller und tiefgründiger Auseinandersetzung mit Verlust, Schuld und dem Unbekannten.
Die Handlung dreht sich um eine junge Frau, die nach dem plötzlichen Tod ihrer Schwester in deren alte Hütte im Wald zieht. Dort stößt sie nicht nur auf die Dämonen ihrer eigenen Vergangenheit, sondern auch auf ein düsteres Geheimnis, das ihre Familie seit Generationen verfolgt. Die winterliche Kulisse und die zunehmende Isolation der Protagonistin verstärken die beklemmende Atmosphäre.
Melanie Raabe ist Meisterin darin psychologische Spannung mit literarischem Anspruch zu verbinden. Die Ich-Perspektive lässt einen unmittelbar an den Gefühlen und Gedanken der Protagonistin teilhaben – ihre Trauer, ihre Zweifel und schließlich ihre unaufhaltsame Suche nach der Wahrheit. Dabei entstehen eine intensive Nähe und ein Mitgefühl, die das Lesen noch fesselnder machen.
Besonders passend finde ich das Thema für die kalte, dunkle Jahreszeit. Die mystische Waldkulisse, die langen Nächte und die unheimliche Stille des Winters schaffen eine Atmosphäre, die einem bis unter die Haut geht.
Fazit: Durchdachte Charaktere, ein packendes Thema und eine beklemmende Stimmung, die perfekt in die grauen Wintertage passt. Für alle, die nach einem intensiven Leseerlebnis suchen, das Spannung und Nachdenklichkeit vereint, ist dieses Buch eine klare Empfehlung.

Bewertung vom 10.12.2024
Meine chinesische Großmutter
Christensen, Lars Saabye

Meine chinesische Großmutter


ausgezeichnet

Ich war und bleibe ein Fan von historischem Stoff der sich über die Kontinente zieht. Und dies ist hier der Fall und dann noch eine echte Lebensgeschichte. Toll! Lars Saabye Christensens schmaler Band Meine chinesische Großmutter ist ein literarisches Kleinod, das auf einer wahren Begebenheit basiert: der Geschichte von Christensens eigener Großmutter. In der Ich-Perspektive erzählt, gelingt es dem Autor, einen sehr persönlichen Ton zu finden, der die Leserschaft unmittelbar in die Welt seiner Vorfahrin eintauchen lässt.
Die Großmutter des Autors war eine außergewöhnliche Frau, deren Biografie die Grenzen von Kulturen und Kontinenten sprengte. Sie war das was man wohl ihrer Zeit voraus nannte. Sehr modern und furchtloser als andere.
In einer Zeit, in der Migration und Identität kontroverse Themen sind, wirkt diese Erzählung fast zeitlos. Durch den subjektiven Blick des Erzählers entstehen Nähe und Empathie, die den Leser in die Tiefen von Familie, Verlust und Zugehörigkeit ziehen.
Die Sprache ist poetisch und präzise. Christensen meidet ausufernde Beschreibungen und vertraut darauf, dass kleine Details – ein Geruch, eine Geste, ein Brief – die Geschichte tragen. Dabei wird deutlich, dass der Autor nicht nur ein talentierter Erzähler, sondern auch ein sensibler Beobachter menschlicher Beziehungen ist. Sehr gelungen.
Der schmale Umfang täuscht über die inhaltliche Dichte hinweg. Jedes Kapitel ist wie ein feiner Pinselstrich auf einer großen Leinwand, der sich erst im Zusammenspiel mit den anderen zu einem vollständigen Bild zusammenfügt. Besonders hervorzuheben ist die literarische Umsetzung der historischen Grundlage: Christensen verwebt Erinnerungen, historische Fakten und Fantasie zu einem Werk, das genauso intim wie universell wirkt.
Für Liebhaber schlichter, aber eindringlicher Literatur ist dieses Buch ein absolutes Muss. Es regt zum Nachdenken über Familie, Herkunft und das Leben selbst an – und hinterlässt einen bleibenden Eindruck.