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Aischa

Bewertungen

Insgesamt 571 Bewertungen
Bewertung vom 07.06.2019
Roberts, Alice

Spiel des Lebens


sehr gut

Das vorliegende Buch beleuchtet auf unterhaltsame Weise die Wechselwirkung zwischen neun domestizierten Arten und dem Menschen.
Die britische Autorin Alice Roberts stellt spannende Fragen, liefert interessante Einblicke in vergangene und aktuelle naturwissenschaftliche Forschung und gibt intelligente Antworten. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Genetik, doch Roberts nimmt den Leser auch auf Entdeckungsreise durch andere Disziplinen mit. Sie bewegt sich dabei auf sicherem Parkett, ist sie doch nicht nur Medizinerin, sondern auch noch Anthropologin und Paläopathologin. Entsprechend anspruchsvoll ist der Stil, der Leser sollte nicht nur Interesse für Biologie, sondern auch entsprechende solide Grundkenntnisse mitbringen.
Für alle anderen wären erklärende Fußnoten sicher hilfreich gewesen, auch hätte ich mir ein Glossar mit Fachbegriffen gewünscht.
Den einzelnen Kapiteln sind jeweils kurze Zitate aus der Literatur vorangestellt, über die es durchaus nachzudenken lohnt. Gut gefallen hat mir außerdem der Erzählstil Riberts', erklärende Passagen in sachlich-nüchternem Ton werden immer wieder durch Abschnitte aufgelockert, in denen sie - durchaus humorvoll - von ihren eigenen Forschungsreisen bei indigenen Völkern und an Ausgrabungsstätten berichtet, man darf als Leser fast ein Teil ihrer Exkursion sein. Spannend ist dabei auch, zu erfahren, wie Paläontologen Schlüsse auf das Leben unserer Vorfahren ziehen. So ist es z. B. hilfreich, dass unsere Ahnen ihre Zähne meist nicht putzten, denn die mangelnde Zahnhygiene führte zu Zahnstein, der überraschende Details über die Ernährung preisgibt. Auch ungespülte Keramikscherben verraten einiges über den vorgeschichtlichen Speiseplan!
Dieses Sachbuch ist voller überraschender Details, etwa dass Andenvölker bereits vor Jahrtausenden Kartoffeln gefriergetrocknet haben und sie dadurch länger lagern konnten
Roberts zeigt auf, wie Ackerbau und Viehzucht den Alltag der Menschen verändert haben. Sie stellt aber auch intelligente Fragen zur Zukunft, wie sich die zunehmende Bevölkerung nachhaltig ernähren kann, und ob etwa die Gentechnik wirklich in allen Anwendungsbereichen verteufelt werden muss, oder ob es nicht auch positive Seiten geben kann.
Sympathisch ist die Beschreibung von Irrwegen der Wissenschaft, immer wieder werden früher gültige Lehrmeinungen zurecht gerückt. Der Autorin glückt gleichermaßen der Blick in naturwissenschaftliche Detailfragen wie auch aufs große Ganze, interdisziplinär und nach vorne gerichtet.
Fazit: Ein anspruchsvolles Sachbuch, nicht immer einfach zu lesen, aber für alle naturwissenschaftlich interessierten Leser ein echter Gewinn!

Bewertung vom 06.06.2019
Gasser, Markus

Die Launen der Liebe


sehr gut

Dem österreichischen Literaturwissenschaftler Markus Gasser ist mit "Die Launen der Liebe" ein herausragendes Sachbuch geglückt. Anhand von ausgewählten Liebesromanen oder -gedichten der letzten beiden Jahrhunderte schildert er das Liebesleben der jeweiligen Autoren und wie diese ihre eigenen Erfahrungen mit diesem so übermächtigen Gefühl schriftstellerisch umsetzten. Der Leser erfährt, wie Bettine von Arnim sich zunächst in Goethes Werk und dann in den Dichterfürsten selbst verliebt. Man erfährt, wie die Liebesgeschichte seiner Großeltern Eingang in einen Roman Gabriel García Marquéz´ gefunden hat und bekommt Einblicke in John Updikes Ehe.
Gasser ist dabei selbst ein großartiger Schriftsteller. Ich habe bislang den Ausdruck "Pageturner" nur in Zusammenhang mit Belletristik verwendet, aber bei dem vorliegenden Sachbuch ist er unbedingt gerechtfertigt. Gasser schreibt unterhaltsam, zaubert poetische Sprachbilder, erklärt, überrascht, baut Spannung auf ... ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, bevor ich es zu Ende gelesen hatte. Bemerkenswerterweise kommt der Autor sowohl ohne Kitsch als auch ohne Gefühlsduselei aus. Es geht um große Emotionen, Ängste, Verlust, Betrug, es wird nichts beschönigt, aber er verzichtet zugleich auf Effekthascherei. Denn auch so ist das wahre Leben dramatisch genug.
Einzig ein paar Fotos oder Portraits der Schriftsteller sowie einen Anhang mit deren Kurzvitae und wichtigsten Werken samt Erscheinungsjahr hätte ich mir gewünscht.
Doch auch so gibt es eine unbedingte Leseempfehlung von mir für alle, die sich nicht nur für gute Literatur, sondern auch dafür interessieren, wie große Autoren ihr eigenes Leben in ihre Werke haben einfließen lassen.

Bewertung vom 04.06.2019
Attah, Ayesha Harruna

Die Frauen von Salaga


sehr gut

Obwohl ich Historienromane liebe, war dies der erste einer afrikanischen Autorin für mich.
Ayesha Harruna Attah ist gebürtige Ghanaerin und lebt nach ihrem Studium in den USA nun im Senegal. Grundlage für den vorliegenden Roman waren unter anderem Gespräche mit ihrem Großvater, was der Geschichte in meinen Augen besondere Authentizität verleiht.
Die Handlung spielt im Westafrika Ende des 19. Jahrhunderts, die lokale Bevölkerung leidet unter den Kolonialherren. Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht eines jungen Mädchens, das bei einem Überfall auf sein Dorf versklavt wird und seine Familie verliert und aus Sicht einer Königstochter, die vom Vater zu einer politisch arrangierten Hochzeit gedrängt wird. Beide Frauen hadern mit ihren Schicksalen und legen dennoch eine unglaubliche Stärke an den Tag.
Das Buch ist schön gestaltet, das Cover ein echter Hingucker. Eine Karte Westafrikas mit den wichtigsten Orten und Stammesgebieten erleichtert die Orientierung. Leider fehlt ein Glossar mit verwendeten afrikanischen Worten, nicht jeder Leser wird mit der westafrikanischen Küche, den Gottheiten o.ä. hinreichend vertraut sein, und wiederholtes Nachschlagen hemmt leider den Lesefluss.
Sprachlich darf man von diesem Roman nichts Überdurchschnittliches erwarten. Er liest sich leicht und gefällig, aber sowohl großartige Landschaftsbeschreibungen als auch tiefgehende Stimmungsbilder wird man vergeblich suchen. Das große Plus der Geschichte liegt in meinen Augen ganz woanders: Attah bringt dem europäischen Leser die - für die meisten - völlig fremde und in Teilen bereits vergangene Kultur Westafrikas näher. Und zwar quasi nebenbei, unaufgeregt, ohne Klischees zu bedienen oder eine extra Portion Exotik beizumischen. Und das finde ich sehr bemerkens- und begrüßenswert. Denn so fremd mir Sklavenraub und Zwangsehen auch sind, die Ängste der Protagonistinnen sind es nicht. Ich konnte mich bei der Lektüre gut in deren Charaktere hineinversetzen, und es bleibt die Erkenntnis: So sehr sich meine Kultur und Werte auch von der der Afrikanerinnen sein mögen, unsere Ängste ähneln sich und unser Streben nach Glück und Liebe eint uns alle.

Bewertung vom 16.05.2019
Dyk, Paul van

Im Leben bleiben


gut

Ich wurde auf das Buch aufmerksam, nachdem ich kürzlich ein Fernsehinterview mit Paul van Dyk gesehen hatte.
Der Techno-DJ war vor drei Jahren während eines Auftritts durch ein Loch auf der Bühne gefallen und erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma sowie zwei Wirbelbrüche. Wie van Dyk sich wieder ins Leben zurückkämpfte, welchen Anteil die Unterstützung durch seine damalige Freundin und jetzige Frau dabei spielte und wie er sein Schicksal ohne Verbitterung annimmt, das hat großen Eindruck auf mich gemacht.
Der Anfang des Buches konnte mich ebenfalls begeistern: Aus Sicht seiner Freundin Magdalena ist beschrieben, wie extrem verunsichernd dieser Unfall und die Prognose der behandelnden Ärzte auf sie wirkten. Die Erzählung wechselt zwischen Magdalenas und Pauls Perspektive, leider ist das optisch nicht kenntlich gemacht, was mich ab und an verwirrt hat, so dass ich manche Absätze noch einmal lesen musste.
Pauls Botschaft ist unter anderem, dass es für Koma-Patienten extrem wichtig ist, dass ein ihnen Nahestehender an sie glaubt, dass die Patienten auch Stimmungen wahrnehmen, und dass Negatives möglichst von ihnen fern gehalten werden soll. Diese Sichtweise teile ich, dennoch bleibt nach der Lektüre ein schaler Beigeschmack für mich. Denn der Großteil der Koma-Patienten dürfte finanziell deutlich schlechter gestellt sein als der erfolgreiche DJ, der mehrmals pro Jahr um den Globus jettete; oft kämpfen Angehörige erfolglos darum, dass nötige Therapien von den Krankenkassen erstattet werden. Und nicht jeder Partner kann es sich leisten, monatelang nicht von der Seite des geliebten, verunfallten Menschen zu weichen, wie es Pauls Magdalena tat. Ich fand das alles zu sehr durch die rosa Brille beschrieben.
Auch hätte ich es schön gefunden, wenn Paul seine Prominenz und die Betroffenheit durch den schlimmen Unfall genutzt hätte, um mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung für Koma-Patienten zu erreichen. Sei es, indem er selbst eine entsprechende Stiftung gründet, sei es, um bestehende Organisationen finanziell zu unterstützen. (Wäre z.B. auch mit dem Verkaufserlös des Buches möglich gewesen ...)
Stilistisch ist das Buch leider auch nur mittelmäßig. Da Paul immer noch sprachliche Einschränkungen hat, ist es völlig verständlich, dass er für seine Veröffentlichung die Unterstützung eines Co-Autors (Guido Eckert) in Anspruch genommen hat. Dass dieser etwas versteckt nur auf der Titelinnenseite genannt ist, wirkt auf mich jedoch seltsam, fast als wollte man einen Ghostwriter aus ihm machen. Ebenso wie die Tatsache, dass Freundin Magdalena weder als Autorin genannt, noch im Klappentext kurz vorgestellt wird, obwohl ganze Abschnitte aus ihrer Perspektive erzählt werden.
Eine sehr große Rolle spielt Pauls Musik in seinem Leben, leider habe ich hier einige Passagen nicht ganz verstanden, da mir Hintergrundwissen zu Techno und der Produktion dieser Musikrichtung fehlt.
Die Aufmachung des Buchs ist hingegen sehr schön: ein ausdrucksstarkes Foto auf dem Cover, mehrere Farbfotos in der Buchmitte veranschaulichen seine Klinikaufenthalte und auch den ersten Live-Auftritt nach dem Unfall.
Fazit: Ein starker Mann mit einer ebenso starken Frau an seiner Seite, beeindruckend, wie die beiden mit einem schweren Schicksalsschlag umgehen. Aber leider wird das Buch dem Leben nicht ansatzweise gerecht, es hätte einen besseren Co-Autoren verdient.

Bewertung vom 06.05.2019
Rosnay, Tatiana de

Fünf Tage in Paris


ausgezeichnet

Dies ist einer der wenigen Romane, bei denen es mir schwer fällt, eine Rezension zu schreiben.
Und zwar schlichtweg deswegen, weil ich befürchte, der schriftstellerischen Leistung der Autorin nicht gerecht zu werden, nicht angemessen würdigen zu können, wie großartig ich dieses Buch finde, ohne in unglaubwürdige Schwärmerei zu geraten.
Ich will es dennoch versuchen: Tatiana Rosnay zeichnet das Bild einer französisch-amerikanischen Familie, die sich - inzwischen auf drei Länder verstreut - in Paris für eine Familienfeier treffen. Dort sitzen sie aufgrund sintflutartiger Regenfälle fest, und nicht nur die Seine tritt über die Ufer und verändert das Bild der Metropole, sondern auch die Familienmitglieder erkennen neue, bislang verborgen gehaltene Seiten aneinander.
Rosnay beschwört gekonnt eine bedrohliche Stimmung durch das extreme Unwetter herauf. Sprachlich ist der Roman ungewöhnlich, es wird überwiegend aus Sicht des erwachsenen Sohnes erzählt, es herrschen indirekte Rede, innere Monologe und Rückblicke in Form von Erinnerungen vor. Dennoch werden die Protagonisten gut erkennbar und vielschichtig charakterisiert.
Den Kapiteln vorangestellt ist jeweils ein Zitat aus einem Gedicht, gekonnt übersetzt (wie auch der gesamte Roman) von Nathalie Lemmens.
Besonders hervorheben möchte ich die detaillierten Beschreibungen, die das Setting sehr gut nachvollziehen lassen. Ob es die Straßen, Plätze oder Bücken von Paris sind, ob es um die Folgen des Hochwassers wie Evakuierungen, Plünderungen, Erliegen des öffentlichen Nahverkehrs geht oder um botanische Details zu Bäumen - hier wurde seitens der Autorin umfassend recherchiert, das merkt man dem Text an. (Lohnend ist hier auch ein Blick in das Literaturverzeichnis!)
Auf Vor- und Nachsatz findet sich eine Karte von Paris mit den tatsächlich überschwemmten Regionen des Seinehochwassers von 1910 und den fiktiven überfluteten Bereichen von denen der Roman erzählt.
Fazit: Ein großartiger Roman über die Wichtigkeit des Wortes, darüber, dass Unausgesprochenes so viel unnötiges Leid verursachen kann. Eine Geschichte voller Tiefgang, leicht erzählt, mit langem Nachhall. Unbedingt lesen!

Bewertung vom 02.05.2019
Bell, Natasha

Alexandra


weniger gut

Ganz ehrlich: Ich habe selten einen derart langweiligen Thriller gelesen! Und dabei wurde dieses Genre-Debüt von Natasha Bell so hoch gelobt.
Ich habe extra nochmal nachgeschlagen, die Definition eines Thrillers besagt u.a.: "Charakteristisch für Thriller ist das Erzeugen ... einer Spannung, die nicht nur in kurzen Passagen, sondern während des gesamten Handlungsverlaufs präsent ist, ein beständiges Spiel zwischen Anspannung und Erleichterung."
Davon konnte ich leider im vorliegenden Roman nichts finden, die Geschichte plätschert langweilig vor sich hin, selbst das Ende ist im Großen und Ganzen absehbar.
Und dabei verarbeitet Bell durchaus interessante Themen: Es geht um die Fragen, inwieweit Kunst verletzen oder Privates öffentlich machen darf, wie gut man seinen Partner auch nach jahrelanger Ehe wirklich kennt, und es geht auch um die Stellung der Frau in der heutigen Gesellschaft, darum, wie Kinder und Karriere vereinbart werden können.
Doch leider schafft es die Autorin nicht, aus dem vielversprechenden Plot eine wirklich spannende Story zu machen. Sprachlich habe ich nichts auszusetzen, doch wird vieles zu sehr ausgedehnt, die Handlung schreitet kaum voran. Mit Ausnahme der Protagonistin Alexandra bleiben auch die Figuren zu blaß oder werden einfach nicht vielschichtig genug beschrieben. Ehemann Marc ist offenbar "Mr. Right" in Person, er hat nicht eine erkennbare negative Seite. Polizeiliche Ermittler, Arbeitskollegen und Freunde werden nur oberflächlich charakterisiert, ich konnte mir nur schwer ein Bild von ihnen machen.
Am besten gefallen haben mir die grundlegenden Fragen, die Bell zu Kunst, vor allem zu zeitgenössischer Performance-Kunst, aufwirft. Dies wäre durchaus ausbaufähig und könnte als zentrales Thema für einen innovativen Roman dienen. Als Thriller jedoch konnte mich dieses Buch leider überhaupt nicht überzeugen.

Bewertung vom 30.04.2019
Wiener, Sarah

Bienenleben


weniger gut

"Das Wesen der Biene zu begreifen heißt die Natur mehr zu respektieren."
Dieses Zitat des vorliegenden Sachbuchs spiegelt viel von Sarah Wieners Einstellung zu "ihren" Bienen wieder.
Die Selfmade-Fernsehköchin hat nach zahlreichen Kochbüchern nun ein Buch über Ihre Hobby-Imkerei verfasst. In lockerem Plauderton erzählt sie über ihren persönlichen Weg zur Bienenhaltung, die Zeidlerei, die Organisation eines Bienenvolks und vieles mehr. Der Schreibstil ist kurzweilig und unterhaltsam, ganz wie man Wiener aus Ihren Fernsehsendungen kennt.
Und doch hat mich dieses Werk sehr enttäuscht. Zum einen, weil die Autorin kein gutes Händchen für Erklärungen hat. Was ich nicht bereits über den Aufbau eines Bienenstocks wusste, habe ich auch nach mehrfachen Lesens des vorliegenden Textes nicht verstanden bzw. musste es mühsam anderweitig recherchieren. Oft werden Fachbegriffe verwendet, die erst in späteren Kapiteln erklärt werden.
Hier wäre ein Glossar mit Fachbegriffen sehr hilfreich gewesen.
Noch viel ärgerlicher finde ich, dass einige Fehler im Text vorhanden sind. Über ein falsches Verb (Sarah Wiener schreibt "zeidlern" statt korrekt "zeideln") kann ich noch hinwegsehen. Inhaltliche Fehler kann ich in einem Sachbuch allerdings nur schwer tolerieren, und davon gibt es leider einige: Honig wird fluglochfern abgelegt, und nicht wie von Frau Wiener beschrieben fluglochnah. Propolis ist kein Baum- oder Knospenharz, sondern ein Gemisch aus mehreren Substanzen, das Bienen selbst produzieren. Es besteht aus Harz, Wachs, ätherishen Ölen, Pollen und Bienenspeichel. Bienen sind auch nicht, wie beschrieben, die einzigen Insekten, die ihre Umgebungstemperatur beeinflussen und steuern können, sondern auch andere soziale Insekten wie Wespen und Hummeln regulieren ihre Nesttemperatur. Und Bienen haben keine drei, sondern nur zwei Facettenaugen, die sich aus zahlreichen Einzelaugen zusammensetzen.
Es ist sehr schade, wenn bei so grundlegenden Dingen nicht sorgfältig recherchiert wurde (und offenbar auch das Lektorat nicht sehr fachkundig war), denn wie kann ich mich dann darauf verlassen, dass die anderen Angaben stimmen, die ich selbst nicht fachlich beurteilen kann?
Dies ist umso bedauerlicher, als die Aufmachung des Buches sehr hochwertig ist. Das Hardcover hat ein farblich abgestimmtes Lesebändchen, der Text wird durch zahlreiche Farbfotos aufgelockert.
Fazit: Wer einfach nur ein paar unterhaltsame Geschichten rund um Sarah Wieners persönliche Imkerei erfahren möchte, der wird an dem Buch seine Freude haben. Wer sich aber etwas detaillierter mit bienenfreundlicher, naturnaher Imkerei befassen möchte, wer ein fundiertes Sachbuch erwartet, dem rate ich ab. Sarah Wiener mag sich viel mit dem Wesen der Bienen beschäftigt haben, das Wesen des Lesers hat sie für mich zu wenig in den Fokus gesetzt. Sie mag eine hervorragende Köchin sein, als Schriftstellerin hat sie mich nicht überzeugt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.04.2019
Elbel, Thomas

Die Todesbotin / Viktor Puppe Bd.2


sehr gut

Nach dem "Todesmeister" legt Juraprofessor Thomas Elbel nun also seinen zweiten Thriller rund um das Berliner Ermittler-Trio Viktor, Begüm und Ken vor.
Auch hier werden dem Leser wieder einige Leichen "serviert", wobei es diesmal weniger blutrünstige Schilderungen, dafür aber deutlich mehr politische Hintergründe zu entdecken gibt. Islamistischer Terror, ein völkisches Dorf voller Neonazis, Straßenkinder, Clan-Kriminalität in Parallelwelten - streckenweise fiel es mir bei den vielen Nebenschauplätzen etwas schwer, einigermaßen den Überblick zu behalten. Mein Durchhaltevermögen wurde aber belohnt: Was für ein grandioses Finale! Ein überraschender Twist jagt den nächsten, die Geschichte nimmt nochmal so richtig an Fahrt auf und Elbel fügt zum Ende alle gesponnenen Fäden meisterhaft zusammen.
Die Protagonisten sind vielleicht noch einen Touch mehr überzeichnet als schon im "Todesmeister", wer sich an derber Gossensprache stört, wird mit Halbjapaner Ken vermutlich nicht warm werden. Der Rest darf sich auf freche und witzige Wortgefechte unter den Ermittlerkollegen freuen.
Sehr authentisch wirken viele Dialoge durch die Verwendung von Fremdsprachen oder Dialekten. So spricht die türkischstämmige Begüm mit Ihrem Bruder in ihrer Muttersprache (keine Sorge, es wird übersetzt!), und der Wärter einer Flüchtlingsunterkunft berlinert aufs Schönste.
Wie bereits der erste Band endet auch dieser mit einem großartigen Cliffhanger im Epilog - ich lechze bereits jetzt nach der Fortsetzung!