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wortschätzchen
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Kraichgau

Bewertungen

Insgesamt 46 Bewertungen
Bewertung vom 07.07.2014
Cleo
Brown, Helen

Cleo


ausgezeichnet

Ich hatte dieses Buch gekauft und dann lange lange Zeit einen großen Bogen darum gemacht. Warum? Nun, ich hatte fürchterliche Angst vor dem Thema "Mutter verliert Kind bei Unfall".

Doch dann wurde es mir wärmstens empfohlen und mir geraten, es doch bald zu lesen. Und das war ein sehr guter Rat! Dieses Buch ist so wundervoll, trotz des traurigen zentralen Themas, dass man es einfach gelesen haben MUSS.

Kein bißchen kitschig geschrieben, kein Dauerangriff auf die Tränendrüse - einfach eine klare, sachliche und doch gefühlvolle Schilderung einer Mutter, die durch einen tragischen Unfall ihren ältesten Sohn verliert. Der kleinere Sohn erlebt diesen Unfall mit. Mutter Helen, Vater Steve und Bruder Rob tragen natürlich schwer daran. Die Ehe scheitert, obwohl das Ehepaar Brown ein weiteres Kind bekommt. Ganz glücklich war die Ehe auch vor dem Unfall nicht, doch der Tod von Sam hat eine Statistik bestätigt, die aussagt, dass sich Eltern nach einem solchen Verlust öfter trennen, als dass sie zusammen bleiben.

Wenige Wochen vor seinem Tod hat Sam, der immer ein ganz besonderes Verhältnis zu Tieren hatte (was ihn am Ende sein Leben kostete), ein Kätzchen ausgesucht. Als dieses zu Familie Brown gebracht wird, ist es Rob zu verdanken, dass es bleiben darf. Und damit hat Rob unwissentlich das beste getan, was hätte passieren können. Ganz langsam verzaubert Cleo, wie das Kätzchen nach Sams Wunsch hieß, die ganze Familie und führt sie durch viele Jahre - Jahre, die nicht immer leicht oder glücklich waren.

Mit jedem Satz, in jedem Kapitel merkt der Leser, dass Sam noch immer bei den Browns war und ist. Cleo und Rob verbindet so viel mehr, als man auf den ersten Blick sieht.

Das Lesen dieses Buches ist ein Geschenk. Helen Brown nimmt den Leser in ihrem Leben auf, lässt den Leser in Bereiche blicken, die sehr intim sind. Es war ganz sicher nicht einfach, diese Geschichte wildfremden Menschen zu erzählen. Man fühlt sich geehrt und möchte so viel mehr mit dieser sympathischen Familie erleben, weiter Teil von ihr sein dürfen.

Ja, an manchen Stellen kämpft man mit den Tränen (ich habe jedesmal verloren, mich aber nicht dafür geschämt), doch bringt es Helen Brown tatsächlich fertig, dem Leser diese Tränen zu trocknen. Hochachtung vor dieser Frau, die so wundervoll erzählt und die man sich als Nachbarin und Freundin wünscht.

Cleo war eine ganz besondere Katze, die ganz besonders lang Teil einer ganz besonderen Familie war. Sie starb im selben Jahr, wie mein eigener ganz besonderer Kater. Vielleicht berührt mich diese Geschichte noch mehr, als den durchschnittlichen Leser, da viele Stellen im Buch Parallelen zu meinem Kater haben. Aber auch ohne dies - "Cleo" sollte in keinem Bücherschrank fehlen. Es ist so viel mehr, als eine "Katzengeschichte". Es hinterlässt Spuren in der Seele und gibt Kraft. Eben ein Gewinn!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.07.2014
Gottesopfer
Pleva, Tanja

Gottesopfer


ausgezeichnet

Wunderbar: Tanja Pleva zeigt, dass auch Frauen exzellente Thriller schreiben können - und das ohne harte "Männersprache", sondern mit den doch weicheren Worten einer Frau. Trotzdem bleibt die Spannung nicht auf der Strecke. Im Gegenteil: ganz langsam und unmerklich steuert der Leser auf den Knalleffekt hin!

Viele einzelne Handlungsstränge, manche länger, andere als kleinere Episoden, werden von der Autorin auf geniale Weise so verknüpft, dass der Leser am Ende völlig perplex dasteht und sich fragt, wann der Zeitpunkt war, als er (der Leser) sich so hat "einlullen" lassen, dass dieses Ende so heftig hereinbrechen konnte. Jede einzelne Anspielung wird von ihr bis zum Ende des Buches aufgeklärt. Nichts bleibt unbeantwortet. Nur wenige Autoren sind so sorgfältig!

Besonders der vorletzte Satz hat mich persönlich doch heftig aus der Spur gebracht!

Tanja Pleva hat für meinen Geschmack die Charaktere so perfekt aufgebaut, dass ich mich auf viele weitere Bände rund um Sam O'Conor, Lina und Jurie freue! Der Piper-Verlag kann sich glücklich schätzen, diese Autorin verlegen zu dürfen!

Bewertung vom 06.07.2014
Alles für die Katz
Cox, Tom

Alles für die Katz


sehr gut

Tom Cox zeichnet mit seinem Buch ein sehr exaktes Bild eines Katzensüchtigen. Das Besondere: kaum ein Mann gibt je zu, katzensüchtig zu sein. Frauen gesteht man das ohne weiteres zu, doch Männer gelten dann leicht als "nicht normal". Trotzdem gesteht Tom Cox seine Sucht und erzählt in lockerer Folge, wie er mit Katzen aufwuchs; ihm der Tod einer ganz besonderen Katze das Herz brach und ihn schwören lies, nie wieder eine Katze bei sich aufzunehmen; er trotzdem an keiner Katze vorbeikam, ohne Freundschaft zu schließen und er schlußendlich sein Herz an eine absolute Katzennärrin verlor und somit wieder auf die Katz kam.

Ausgerechnet ein absolut schrulliger Kater namens "The Bear" löst den Knoten in Toms Brust. Seine Geschichte zieht sich über das gesamte Buch, das eine Liebeserklärung an alle Katzen im Allgemeinen und "The Bear" im Speziellen ist. Es macht Seite für Seite Spaß, dieses Buch zu lesen, wenn es auch weder anspruchsvoll ist noch wirklich außergewöhnliche Dinge zu berichten weiß. Es ist gerade deshalb etwas ganz besonderes - denn es begeistert ohne die üblichen "Zutaten".

Wer Katzen liebt, liebt dieses Buch. Und wer Katzensüchtige bisher nicht versanden hat, der wird das nach Lektüre diese Buch tun!

Bewertung vom 06.07.2014
Bullen und Schweine / Kommissar Wolf Bd.1
Kelnberger, Josef

Bullen und Schweine / Kommissar Wolf Bd.1


weniger gut

Die Story lebt von mehr oder weniger schrägen Personen. So bastelt Mastbauer Bergmüller für seine toten Schweine Särge, Kommissar Konrad Wolf trauert seiner vor zwanzig Jahren verpassten Chance auf Liebe hinterher, Prostituierte boxen sich durchs Leben, Polizisten gehen eigene Wege und Ehefrauen laufen mit Scheuklappen durchs Leben. Ein auf den ersten Blick schlichter Mordfall ufert immer mehr zu einer länderübergreifenden Staatsaffäre aus und trotzdem hält das Buch nicht wach.

Im Mittelteil ändert sich der Stil - man hat das Gefühl, da schreibt ein anderer Autor. Die Protagonisten werden farbiger, lebendiger, aktiver. Trotzdem hält sich die Spannung in Grenzen (trotz deutlicher Steigerung zu den ersten gut 140 Seiten).

Dass die einzelnen Kapitel jeweils ohne Absatz geschrieben sind, stört den Lesefluss ziemlich. Ironischder Weise gibt es ausgerechnet im kurzen Epilog Absätze. Wirkliche Höhen sind nicht vorhanden, Ansätze verkümmern, die Wendungen sind sehr willkürlich und unrealistisch. Außerdem wirkt die Schilderung der "bayerischen Polizei" im Allgemeinen und Konrad Wolf im Speziellen nicht sehr vertrauenserweckend. Dass die Polizisten der Provinz den Kommissar aus München so behandeln, wie im Buch beschrieben, macht aus der Story ein Possenspiel. Und Puls messen mit dem Daumen - das machen wirklich nur absolute Stümper.

Leider konnte mich das Buch bis zum Ende (obwohl dieses dann doch etwas explosiver war) nicht überzeugen. Ich wünsche jedem Buch, dass es seine Leser findet, die es mögen. Bei diesem hier fällt es mir schwer, tatsächlich daran zu glauben, dass es jemanden gibt, der es wirklich "super, toll, klasse, spannend" findet. Schade.

Bewertung vom 05.07.2014
Der Hodscha und die Piepenkötter
Bingül, Birand

Der Hodscha und die Piepenkötter


sehr gut

Köstlich! Was Guareschis "Don Camillo und Peppone" in der Zeit der 40er bis 60er Jahre war, sind "Der Hodscha und die Piepenkötter" heute! Sehr gelungen erzählt Birand Bingül, der neben Autor auch Journalist, Filmemacher und Rundfunkmoderator ist, seine humorvolle Politik-Posse, in der nicht nur ein Fünkchen Wahrheit steckt. So sehr die Protagonisten überzogen gezeichnet wurden, so realistisch ist die Story zwischen den Zeilen. Auch das Thema "Koran" - momentan sehr aktuell, jedoch sowieso nie beendetes Thema - wird behandelt. Vordergründig geht es um Kirche und Politik, am Rande auch um erste zarte junge Liebe zwischen einer gläubigen Türkin und einem Politikersohn. Politikerin trifft auf türkischen Kirchenmann - und als Verhandlungs-Ort dient mit Regelmäßigkeit die Gartenlaube. Da ist der eine oder andere Ärger quasi schon vorprogrammiert! Der Stil ist flüssig und nicht zu albern, sodass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen mag, öfter schmunzeln, wenn nicht gar lachen kann und sich an der leichten, lockerflockigen Lektüre erfreuen kann.

Hielt Don Camillo bei Guareschi Zwiesprache mit Gott, so unterhält sich hier der Hodscha (ein islamischer Religionsgelehrter) mit Allah. Und Allah ist sehr weise und bewundernswert geduldig mit dem Hitzkopf Nuri!

Sicher keine hochgeistige, anspruchsvolle Literatur, aber erstklassige Unterhaltungsliteratur! Feine und feinsinnige Satire, die an sich brisante Themen kernig auf den Punkt bringt und zum Nachdenken anregt. Eine Stelle gibt es, die ich weniger gut heiße - aber ich möchte hier nicht spoilern. Alles in allem bieten die Story und Protagonisten eine gute Grundlage für einen oder mehrere weitere Teile. Warten wir ab! Von mir jedenfalls für dieses Buch eine absolute Kauf- und Leseempfehlung!

Bei diesem Buch handelt es sich um ein "Softcover", also eine Mischung aus gebundenem Buch und Taschenbuch. Man muss sich daran gewöhnen - immer mehr Bücher werden auf diese Weise herausgegeben. Auf den ersten Blick mag das Titelbild ein wenig seltsam anmuten, während der Lektüre bekommt es aber einen Sinn!

Bewertung vom 21.06.2014
Elchscheiße / Torsten, Rainer & Co. Bd.1
Simon, Lars

Elchscheiße / Torsten, Rainer & Co. Bd.1


ausgezeichnet

Torsten erbt von Großtante Lillemor einen Hof in Schweden. Groß, mit Nutzwald - und sein Vater fällt fast vom Glauben ab, denn in diesem Drecksnest will man nicht tot überm Gartenzaun hängen. Aber da Torsten sich sowieso Veränderung wünscht (allerdings dachte er dabei nicht ans Verlassenwerden von Tanja, die mit seinem Therapeuten, der auch noch ein Hochstapler ist, durchbrennt), kündigt er kurzerhand den Job, kauft mit seinem letzten Geld einen VW-Bus und stürzt sich allein ins Abenteuer Schweden.

Unterwegs erlebt er schon so einige Abenteuer, die darauf schließen lassen, dass es in Gödseltrop nicht unbedingt langweilig werden wird. Und so reiht sich eine skurrile Situation an die andere und man staunt, wie schnell man das Buch fertiggelesen hat ....!

Lars Simon hat mich von der ersten Seite an aus dem Alltag herausgeholt und in seine aberwitzige, aber genial geschriebene Story hineingezogen. Die Kataströphchen werden zu ausgewachsenen Katastrophen, aber als Leser lacht man immer noch und kann sich tatsächlich bildhaft vorstellen, wie alles aus dem Ruder läuft und sich verselbständigt. Manchmal ist das Leben tatsächlich ganz genau so verrückt. Und wenn nicht - wen stört es? Es ist ein Roman, kein Zeitungsbericht!

Manche Stellen sind total bizarr und doch ist die Story logisch aufgebaut. Die einzelnen Protagonisten sind allesamt Unikate, die man so oder so ähnlich im eigenen Leben schon gesehen hat und hier findet man sie eben geballt auf einem Haufen. Sogar die schlimmsten Blödmänner mag man irgendwie. Mein persönlicher Liebling ist aber Torstens Vater Gerd.

Man mag es kaum glauben, aber dieser Comedy-Roman hat tatsächlich einen fulminanten Show-Down, der wirklich filmreif ist. Und so sehr Lars Simon über Schweden schimpft, so sehr merkt man ihm doch an, dass er dieses Land und seine Leute recht gern hat!

Für mich die perfekte Sommerlektüre für all jene, die gern lachen und sich in eine Geschichte fallen lassen können. Sprachwitz ohne Ende, herrlich schräge Protagonisten und Situationen und ein Ich-Erzähler, der manchmal auf der Leitung steht, aber das Herz auf dem rechten Fleck hat - genau das ist der humorvolle Pageturner "Elchscheiße".

Von mir von Herzen eine Leseempfehlung und fünf Sterne!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.06.2014
Die Wahrheit, wie Delly sie sieht
Hannigan, Katherine

Die Wahrheit, wie Delly sie sieht


ausgezeichnet

Delly ist elf Jahre alt und hat es nicht leicht. Sie hat fünf Geschwister, was ansich ja schon ein Problem werden kann. Noch dazu aber gerät sie immer und immer wieder in Schwierigkeiten. So ganz versteht Delly nicht, wie das immer wieder passieren kann und als sie kurz davor steht, auf eine Schule für schwererziehbare Kinder zu kommen, versucht sie alles, das zu ändern. Ihr kleinster Bruder RB hat mit seinen 8 Jahren einen guten Tipp, wie sie Ärger vermeiden kann: Zählen! Und Delly zählt und zählt und zählt ... aber nur RBs bedingungslose Liebe und Unterstützung lassen sie durchhalten. Zum Glück taucht dann Ferris Boyd auf. Obwohl sie aussieht, wie ein Junge und nichts sagt und nichts macht, wird sie zu Dellys bester Freundin und Stütze. Doch dann wird alles anders ...

Zunächst war ich ein wenig skeptisch: der Schreibstil kommt mir ein wenig zu einfach und naiv für die Zielgruppe 11-13 Jahre vor. Mir scheint, das Buch wäre für 8-11 jährige Kinder doch besser geeignet. Aber dann steigert sich die Story mit der Zeit doch zu etwas, das für die Jüngeren evtl. zu anspruchsvoll sein könnte. Der moralische Zeigefinger schimmert bei jeder Seite durch, aber auf eine sympathische Art. Ja, wir müssen alle und immer versuchen, höflich(er) miteinander umzugehen und mehr Fragen zu stellen, statt Behauptungen und Forderungen in den Raum zu stellen. Auch müssen wir nicht nur an uns, sondern auch an andere denken. Und RB ist ein wunderbares Kind: auch dann geduldig und hilfsbereit, wenn sein Gegenüber stur ist und die Hilfe und Liebe gar nicht erkennt.

Katherine Hannigan zeichnet ihre Figuren ohne Auschweifungen klar und deutlich. Der Leser kann sich ein Bild über Delly und ihre Familie machen, ebenso über ihre Mitschüler, über die Dorfpolizistin, die Verkäuferin und die Lehrer. Es ist fast, als fände die Geschichte im eigenen Wohnort statt, so klar erkennt man die Personen. Das Leben von Großfamilien, die scheinbar weit entfernte Jugendzeit der Eltern, die Strenge von Lehrern und Polizei, die schwere Aufgabe, groß zu werden - die Autorin verpackt so viel mehr als nur eine Geschichte in diesem Buch! Es berührt, es bewegt, es öffnet - nicht nur Kindern - die Augen. Und es ist ein Buch, das möglichst viele gelesen haben sollten, damit die Welt ein klein wenig aufmerksamer wird und weniger Schlimmes passieren kann.

Absolut empfehlenswert! Selten kann ich Lobeshymnen auf Bücher dermaßen uneingeschränkt zustimmen, wie hier!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.06.2014
Ein feiner dunkler Riss
Lansdale, Joe R.

Ein feiner dunkler Riss


ausgezeichnet

Der 13jährige Stanley zieht mit seiner Familie (Mutter Gal, Vater Stanley, Schwester Callie) nach Dewmont, Texas, wo sein Vater ein Autokino eröffnet. Callie findet schnell Anschluss, Stanley tut sich etwas schwerer. Richard, der Sohn eines gewalttätigen Extrem-Gläubigen, ist sein Freund, doch sieht Stanley ihn nicht so oft, wie er es gern hätte, denn er muss hart arbeiten. Da ist es kein Wunder, dass er sich mit Rosy Mae und Buster, den beiden Farbigen, die im Haushalt und im Autokino arbeiten, anfreundet. Zunächst gefällt das Stanley senior nicht, aber nach und nach leuchtet auch ihm ein, dass dieser Rassismus der damaligen Zeit nicht gut ist. Stanley erfährt von den Morden an zwei Mädchen, die jetzt als Geister spuken sollen. Er macht sich auf die Suche nach den Hintergründen und will die Morde wie Sherlock Holmes lösen. Dabei wird er sehr viel schneller erwachsen, als er sich je hätte träumen lassen ...

Lansdale schafft es, mich ohne Probleme in eine Zeit lange vor meiner Geburt zu versetzen und sie mir ohne langschweifige Beschreibung nahezubringen. Ich finde mich im Dewmont, Texas Ende der 1950er Jahre problemlos zurecht.

Er wiegt den Leser über lange Strecken in Sicherheit, einfach nur dem Ferienabenteuer eines Teenagers zu lauschen: harmlos, sehr phantasievoll, die üblichen Gruselgeschichten, die man Kindern eben erzählt, Gerüchte, die sich um Menschen ranken, die irgendwie anders sind, nicht der Norm entsprechen. Die Zeiten waren eben damals so. Hart, nicht so bequem, wie heute, oft unfair, brutal. Und dann, völlig ohne Vorwarnung und erstrecht ohne jede Gnade schlägt er mit voller Wucht zu und reißt dem Leser das Herz aus der Brust!

Ich habe das Buch kaum aus den Händen legen können, genau wie schon "Dunkle Gewässer". Es ist mein Lesehighlight des Monats, wahrscheinlich sogar des Jahres! Und ich bin nun endgültig Lansdale-süchtig!

Fazit: etwas anderes als 5 Sterne kann ich gar nicht geben! Ich bin total begeistert und vermisse Dewmont schon jetzt enorm ....!

Bewertung vom 12.06.2014
Karfreitagsmord / Kommissarin Jo Weber Bd.2
Rauenthal, Bea

Karfreitagsmord / Kommissarin Jo Weber Bd.2


gut

Jo und Lutz, gerade aus dem Mittelalter zurück und halbwegs wieder gefestigt, verschlägt es im wahrsten Sinne des Wortes blitzartig in die Zeit von "Wilhelm zwo". Als wäre das nicht genug, findet Jo sich quasi im Körper ihrer eigenen Urahnin wieder, noch dazu als "Backfisch". Sie muss sich mit Korsetts, der Unterdrückung der Frauen, der Minderjährigkeit, einer übermächtigen Großmutter und einem lieblosen Onkel und einem verkürzten Fuß herumschlagen. Zum Glück findet sie Lutz ziemlich schnell - er ist tatsächlich Polizist. Die beiden ermitteln in zwei Mordfällen und entdecken, dass in der Vergangenheit noch mehr ähnliche Morde geschehen waren. Und alle haben eine Gemeinsamkeit: die Opfer hatten alle einen körperliche Makel. Das macht Jo zum vermeintlichen Opfer und ein Wettlauf mit der Zeit beginnt ...

Die Idee ist super, aber die Ausführung hat mich nicht überzeugt. Da spielt es keine Rolle, dass ich den Vorgängerband nicht gelesen habe, denn es wird auch so klar, dass Lutz und Jo im Mittelalter Gefühle füreinander entwickelt hatten, die in der Gegenwart nicht ausgelebt worden sind. In der Kaiserzeit umkreisen sie sich wieder. Und da fängt es an, mich zu langweilen: obwohl Jo ansich aufmüpfig und aufbrausend ist, wird sie in Bezug auf Gefühle plötzlich schüchtern und brav. Das passt nicht! Es passt auch nicht, dass Jo stets und ständig patzig und vorlaut ist, eins ums andere Mal damit ihren Hals riskiert und trotzdem nicht dazulernt. Lutz dagegen passt sich seiner Zeit gut an, versucht sich zu helfen, wo immer es geht und passt so nebenbei auch noch auf Jo auf.

Die Verwicklungen werden immer gefährlicher und am Ende haben wir gleich zwei Spannungsspitzen und einen Cliffhanger. Kann man mögen, muss man nicht. Band drei werde ich kaum lesen, denn irgendwie bin ich mir jetzt schon sicher, wie der verlaufen wird ...

Ich hätte mir doch gewünscht, dass Jo sich ein wenig der Zeit anpasst, sich nicht so sehr dagegen wehrt und wie Lutz ein wenig davon genießen kann. Das ewige Gejammer, dass es keine DNA-Analyse gibt, hat schon deshalb genervt, weil es die im Mittelalter ja auch nicht gegeben hatte und Jo schon deshalb ein wenig mehr Verständnis für die Zeit hätte haben müssen. Auch ist es ein wenig seltsam, dass sie nach ihrer Mittelaltererfahrung nicht mehr von ihrer Familiengeschichte in Erfahrung gebracht hat, denn sie landet ja immer wieder in ihrer eigenen Familie.

Mir scheint, Bea Rauenthal hatte es etwas eilig, diesen Band zu schreiben. Mir ist zu wenig Finesse im Text und oft erscheint das dann so, als wäre die Story noch in der unbearbeiteten Rohfassung.

Sorry, das reicht leider nur für drei Sterne!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.06.2014
Winter People - Wer die Toten weckt
McMahon, Jennifer

Winter People - Wer die Toten weckt


ausgezeichnet

Sara lebt Anfang des 20. Jahrhunderts in Vermont. Die Zeiten sind hart, das Geld ist immer viel zu knapp, doch sie liebt ihren Mann und ihre kleine Tochter Gertie. Einen Teil ihrer Vergangenheit hat Sara aus ihrem Gedächtnis gestrichen, um nicht durchzudrehen. Doch dann wird ihre kleine Gertie ermordet und Sara erinnert sich wieder an Auntie und deren Macht. Sie will ihre Tochter zurückholen, auch wenn es nur für diese sieben Tage ist ...

Ein weiterer Erzählstrang handelt von Ruthie und ihrer Mutter, die inzwischen nur noch aus ihrer Mutter Alice und ihrer Schwester Fawn besteht. Sie leben sehr zurückgezogen, leben von ihren eigenen Produkten und haben es nicht leicht. Ruthie möchte aufs College, aber dafür ist kein Geld da. Ihre Mutter verspricht ihr, dass es in einem Jahr besser sein wird ...

Da kommt ein weiterer Erzählstrang ins Spiel: Katherine. Sie trauert um ihren Sohn, der an einer Krankheit gestorben ist, und um ihren Mann, der durch einen Unfall ums Leben kam. Seltsamerweise hatte er ihr gesagt, er würde eine Hochzeit fotografieren, war aber ganz woanders. Katherine kann nicht anders, sie muss dieses Rätsel lösen und zieht deshalb nach West Hall ...

Diese drei Stränge verweben sich auf unfassbar spannende und unterhaltsame Art. Ich war von der ersten Zeile an in der Geschichte gefangen, wollte das Buch nicht wieder weglegen und inhalierte quasi jedes Wort. Jennifer McMahons Schreibstil ist schnörkellos und dennoch faszinierend. Sie beschreibt Orte und Personen mit wenigen Worten so perfekt, dass man sie bildlich vor Augen hat. Man ist tatsächlich "dabei". Zudem verwebt sie historische Elemente mit Elementen eines Jugendbuches und denen einer Liebesgeschichte so einzigartig, dass am Ende - ich fasse es selbst kaum - ein genialer Thriller entsteht. Eine Prise Mystik ist noch dabei, dazu ein Hauch Fantasy, was dem Ganzen eine herrliche Würzung gibt. Keine einzige Seite, nicht mal eine Zeile, fand ich langweilig oder unnütz. Ich liebe tatsächlich jedes Wort dieses Buches!

Selten bin ich nach der Lektüre eines Buches so traurig, dass ich die beschriebene "Welt" nun verlassen muss. Mir fehlen die Protagonisten, als gäbe es sie real! Ganz gleich, ob die "Guten" oder die "Bösen", die Autorin hat sie alle gleichermaßen lebendig werden lassen und keine einzige Person nur schemenhaft als Randfigur eingesetzt. Sogar der Buchhändler und die Serviererin wurden zu tragenden Personen - die andere Schriftsteller nur blass und farblos am Rande erwähnt hätten.

Die Mischung, in der nicht gerade wenig Liebe (die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind, die Liebe eines besorgten Ehemannes, die Liebe einer Schwester für ihre kleine Schwester) vorkommt, ist bezaubernd und ging mir unsagbar tief unter die Haut. Die Spannung, die sich tatsächlich durch das komplette Buch zieht, macht süchtig!

Von mir die vollen fünf Sterne und eine absolute Leseempfehlung - und ich werde ganz sicher noch weiter Bücher dieser genialen Autorin lesen!