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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2157 Bewertungen
Bewertung vom 22.08.2025
Schmidt, Eva

Neben Fremden


ausgezeichnet

Eva Schmidts neuer Roman Neben Fremden hat hohe Qualität aufzuweisen.
Rosa ist eine zurückhaltende Frau. Der Freund gestorben, die Mutter eine Last und der schon erwachsene Sohn seit Jahren entfremdet.
Ihre ganze Liebe gehört dem Hund, aber auch der ist alt und krank.
Es ist ein ruhiger Roman, um eine gefasste, ruhige Frau. Aber doch gibt es hier große Emotionen, nur sind sie gschickt unter der Oberfläche verborgen.
Das ist großartig gemacht.

Wie schon in Die untalentierte Lügnerin konnte mich die Autroin auch mit diesem Roman stilistisch begeistern.

Bewertung vom 22.08.2025
Eschbach, Sabine

Seerauchen


sehr gut

Josef, ein etwas anderer Junge in schlimmen Zeiten

Seerauchen ist ein beklemmender Roman, der ein Dorfleben in der Zeit der dreißiger Jahre zeigt. Er macht deutlich, was es heisst, als Außenseiter, der von der Norm abweicht, in so einer Umgebung zu leben.
Literarisch gibt es einige gute Ansätze. Manches bleibt aber auch in Versatzstücken stecken.
Es ist nicht ganz einfach, zur Hauptfigur Josef Zugang zu finden und Distanz zu überbrücken. Ein tiefes Mitleid ist aber sofort da.
Gegen Ende war ich dann doch vom Buch gefesselt. Es ist harte Kost. Von mir eine verhaltene Empfehlung.

Bewertung vom 21.08.2025
Drezga, Ana

Top Girls


sehr gut

Neon Lights, Traffic Light

Top Girls von Ana Drezga ist ein Roman, indem die Sprache im Vordergrund steht. Es ist eine rhythmische Sprache, an vielen Stellen beeindruckend, an wenigen vielleicht auch etwas gekünstelt. Aber immer entstehen aus der Sprache Bilder im Kopf des Lesers.
Ich würde nicht so weit gehen, es als Roman über eine Generation zu werten, aber ich denke, es gibt viele jungen Leute, die mehr oder weniger orientierungslos und ziellos durchs Leben gehen. Manche Passagen, besonders auch die Eingangsszenen, sind drastisch. Das erzeugt nicht immer die reinste Lesefreude, aber die Autorin bleibt konsequent.
Aber es gibt auch andere Seiten, z.B. Begegnungen und Beobachtungen. Das sind für mich die Passagen, in der der Roman lebt.

Bewertung vom 21.08.2025
Yuri, Lee

Broccoli Punch


sehr gut

Storys

Dieses Erzählungsband bietet einige originelle Storys einer Autorin aus Südkorea. Aber nur weil sie aus Korea kommt, würde ich sie nicht gleich mit der Literaturnobelpreisträgerin Han Kang vergleichen. An das Niveau kommt Lee Yuri nicht ran, da ihr Stil ziemlich einfach ist.
Aber das muss ja auch nicht sein, um unterhaltsame Erzählungen zu schreiben.

Spaß macht gleich die erste ironische Geschichte um eine Frau, deren gestorbener Vater zu einer sprechenden Topfpflanze wird und geradezu neu auflebt.
In der nächsten Story wird die Faszination für K-Pop mit Außerirdisches Leben verbunden. Das leuchtet mir zwar nicht ein, aber das Gefühlsleben der Protagonistin wird nachvollziehbar.
Dann die Titelstory: Broccoli Punch. Es gibt ein phantastisches Element. Die Hand eines jungen Mannes hat sich plötzlich in einen Brokkolikopf verwandelt. Lee Yuri arbeitet einen psychologischen Aspekt dafür aus.
In einer weiteren Story wird jemand unsichtbar. Eine Story zeigt die Kommunikation mit einem Leguan. Vieles wirkt obskur.

Ich möchte jetzt nicht alle Storys aufzählen, aber erwähnenswert ist noch das einseitige Nachwort der Autorin, in dem es ihr gelingt sogar noch eine Geschichte zu verstecken.

Mein persönliches Fazit: Wegen den vielfach eingesetzten phantastischen Elemente ein interessantes Erzählungsband, das mich aber literarisch ein Stück weit nicht überzeugte.

Bewertung vom 19.08.2025
Gahlow, Lara M.

Vorwiegend festkochend


sehr gut

Minna und Moni

Vorwiegend festkochend ist eine Erzählung der Hamburger Autorin Lara M.Gahlow. Aufepeppt ist das Ganze mit ein paar Fotos und Rezepten, die ich persönlich nicht gebraucht hätte. Aber die Erzählung ist wirklich lesenswert.
Die 92jährige Minna und ihre neue Pflegerin Moni.
Zwei Frauen, die sehr unterschiedlich sind und die sich doch verstehen.
Das schafft die Autorin auf wenig Raum zu zeigen. Und doch muss man als Leser die Geschichte leider schon allzubald verlassen.

Bewertung vom 19.08.2025
Lühmann, Hannah

Heimat


ausgezeichnet

Die neuen Frauen von Stepford

Von der Journalistin und Autorin Hannah Lühmann kommt mit Heimat ihr zweiter Roman, der die Frauen in den Mittelpunkt stellt und eine gesellschaftliche Situation zeigt. Der erste Roman war schon nicht schlecht, aber Heimat ist literarisch eine Steigerung.

Jana zieht mit ihrem Freund Noah und ihren zwei Kindern aufs Land, Sie ist wieder schwanger. Sie trifft hier auf Karolin und ihren Freundeskreis.
Ein konservatives Frauenbild, wie es die rechten propagieren, dominiert im Dorf und ist den Freundinnen ein Ideal.

Jana verspürt eine gewisse Faszination und lässt sich immer mehr vereinnahmen.
Damit verbunden ist auch eine Abkehr vom bisherigen und die Beziehung zwischen Jana und Noah wird schwieriger.

Die Autorin zeigt diesen Prozess des Wandel langsam und präzise. Dadurch wird es umso eindrücklicher. Außerdem entwickelt eine starke, beunruhigende Atmosphäre.

Bewertung vom 19.08.2025
Dinic, Marko

Buch der Gesichter


sehr gut

Balkanreigen

Von Marko Dinic hatte mich sein Roman Die guten Tage beeindruckt.
Buch der Gesichter ist komplex und als Leser muss man erst einmal in den Text reinkommen. Betrachtet wird eine Zeit Anfangs des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Figuren wechseln mit den Kapiteln. Es wirkt wie ein Reigen.
Viele Schilderungen sind hat, bis an die Grenze des Erträglichen. Das Buch kann daher nur Lesern empfohlen, die thematisch wirklich interessiert sind.

Bewertung vom 19.08.2025
Keßler, Verena

Gym


ausgezeichnet

wann ist zuviel zuviel?

Verena Keßlers neuer Roman ist faszinierend, denn sie lässt den Leser dicht an die Gedanken und Emotionen der Hauptfigur ran und zeigt deren Entwicklung.
Die Protagonistin bewirbt sich in einem Fitnessstudio und wird aufgrund einer kleinen Lüge tatsächlich genommen. Sie hat behauptet, sie wäre eine junge Mutter und diese Lüge muss sie dann dauerhaft aufrechterhalten.
Dennoch macht sie sich gut im Job. Ihr sozial eingestellter Chef Ferhat fördert sie und empfiehlt ihr ein Aufbautraining.
Sie interessiert sich dann auch wirklich fürs Trainieren. Immer mehr steigert sie sich rein und hat Erfolge. Doch irgendwann droht sie die Kontrolle zu verlieren. Es stellt sich die Frage, wann ist zuviel zuviel?
Man erkennt, wie schnell eine positive Entwicklung auch kippen kann.
Das Buch vermag zu fesseln und ich las es nahezu ohne große Unterbrechungen an einem Tag durch.

Bewertung vom 16.08.2025
Filteau-Chiba, Gabrielle

Die Ungezähmten


sehr gut

Die Ungezähmten ist sowohl ein spannender Roman als auch sprachlich ansprechend. Die Erzählstimme ist dominierend. Als Leser ist man durchgängig bei den Gedanken der Wildhüterin Raphaëlle, die alleine mit ihrer Hündin in den Wäldern lebt und gegen die Wilderer vorgehen will.
Und einer der Wilderer hat es auf sie abgesehen. Doch Raphaëlle schlägt zurück. Dann ist auch noch eine Lovestory von Raphaelle mit Anouk in die Geschichte integriert.
Der wildromantische Schauplatz Kamouraska, Quebec in Kanada sorgt für viel Atmosphäre. Gabrielle Filteau-Chiba schreibt eindringlich. Als Leser hat man das Gefühl anwesend zu sein.
Wer gerne über Outdoor und wilde Tiere liest, wird in diesem Buch im hohen Maße fündig.

Bewertung vom 14.08.2025
Dröscher, Daniela

Junge Frau mit Katze


ausgezeichnet

Leben mit Krankheiten und Katze
Junge Frau mit Katze liest sich wie eine Fortsetzung von Daniela Dröschers wunderbaren, autofiktionalen Roman Lügen über meine Mutter.
Es ist wieder ein gut lesbares Buch, der aus der Sicht der Erzählerin geschildert wird. Sie ist inzwischen Mitte Zwanzig und bereitet sich auf ihre Doktorarbeit vor. Das ist stressig für sie.
Ela lebt mit ihrem sensiblen Kater Sir Winston und hat mit Leo und deren Kind eine gute Freundschaft.
Ihr Leben wird aber beherrscht von Krankheiten verschiedenster Art, wobei man als Leser nicht genau weiß, ob sie teilweise nicht eingebildet sind.
Es scheint, als wenn die Krankheiten psychologisch mit den Problemen der Familienprobleme der Kindheit bedingt sind.

Das ernste Thema wird aber mit Wortwitz abgemildert.
Auch Elas Mutter hat wieder eine Rolle, wenn auch kleiner als im anderen Buch.
Dröschers Art zu schreiben, ermöglicht Anteilnahme am Leben ihrer Figuren.