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Rotwein17

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Insgesamt 70 Bewertungen
Bewertung vom 11.12.2020
Rosenfeldt, Hans

Wolfssommer / Hanna Wester Bd.1 (2 MP3-CDs)


sehr gut

Auch als Hörbuch eine Empfehlung - Aber: Deutliche Unterschiede zu „Sebastian Bergman“!

„Wolfssommer“ ist der Auftakt einer neuen Kriminalthriller-Reihe des schwedischen Erfolgsautors Hans Rosenfeldt. Angesiedelt ist die Geschichte in der kleinen schwedischen Grenzstadt Haparanda, nahe der finnischen Grenze. Da wurden bei mir Erinnerungen wach an die TV-Serie „Bordertown“, die im nicht weit entfernten finnisch-russischen Grenzgebiet spielte. Auch in Wolfssommer ergeben sich, nach dem Fund eines toten Wolfs, Hinweise auf diverse Verbrechen, die eng mit Geschehnissen in Finnland und Russland zusammenhängen.

Natürlich vergleicht man im Hinterkopf das neue Setting unweigerlich mit der phänomenal guten Vorgängerreihe von Hjorth und Rosenfeldt um Profiler Sebastian Bergman und das Ermittlerteam um Torkel Höglund. So gibt es auch in Wolfssommer ein Team an Ermittlern, im Mittelpunkt steht jetzt die erfahrene, nicht mehr ganz junge Polizistin Hannah Wester. Damit enden aber schon die Gemeinsamkeiten. Wer also eine Art Fortsetzung der Sebastian Bergman-Reihe mit anderen Protagonisten erwartet hat, wird vermutlich enttäuscht sein. Die Handlung entwickelt sich hier schneller, die Szenen und Erzählperspektiven wechseln häufig, mehr Schnitte, mehr Action, weniger privater Hintergrund, weniger Emotionen. Standen bei Bergman die Ermittler, deren privates Umfeld und ihre persönliche Entwicklung über die Fälle hinweg im Vordergrund, so liegt der Fokus in der neuen Serie – zumindest im ersten Teil – auf der Story und auf der Spannung. Diese zu erreichen, belässt es Rosenfeldt nicht bei einem einzigen Toten. Weitere Menschen müssen im Verlauf des Wolfssommers ausgerechnet in dem Nest Haparanda ihr Leben lassen, u.a. wegen einer russischen Auftragskillerin, die noch dazu eine persönliche Verbindung zu Hannah Wester zu haben scheint.

Das mag sich ein wenig dick aufgetragen und konstruiert anhören – und so empfand ich es beim Hören stellenweise auch. Gewöhnungsbedürftig fand ich zudem, dass nahezu bei allen Figuren – Kriminaler und Kriminelle – deren privater Background beleuchtet wird, aber eben, anders als bei Bergman, nicht kontinuierlich und ausführlich – sondern eher oberflächlich und teils auch recht klischeehaft. Klar kann man in einen Auftaktfall nicht beliebig viel hineinpacken, aber vielleicht hätte das Rosenfeldt auch gar nicht erst versuchen sollen. Ich hatte jedenfalls den Eindruck, etwas weniger Action und etwas mehr Tiefgang und Ruhe beim Erzählen wäre mehr gewesen. Natürlich bin ich gespannt, wie es im nächsten Fall weitergeht, ob es eine reine Thriller-Reihe wird oder ob den Figuren noch ausreichend Raum zur persönlichen Entfaltung gegeben wird und sie dadurch an Tiefe gewinnen.

Sprecherin des Hörbuchs ist Vera Teltz, die schon unzählige Thriller(-reihen) eingelesen hat. Sie macht das so routiniert und überzeugend, dass ich ihre Stimme eigentlich gar nicht mehr bewusst wahrnahm, sondern entspannt den Film genießen konnte, der vor meinem inneren Auge ablief. Kompliment! Die Fassung der mp3-CD ist übrigens eine, warum auch immer, leicht um 17 min gekürzte Lesung – bei einer Gesamtspieldauer von über 11 Stunden verschmerzbar.

Fazit: Der Auftakt der neuen Reihe ist insgesamt gesehen durchaus gelungen, es war spannend und unterhaltsam, aber – es ist noch Luft nach oben. Gute 4 Sterne!

Bewertung vom 02.12.2020
Evers, Horst

Es hätte alles so schön sein können


gut

Das Hörbuch hätte so schön sein können ...

Ich bin seit vielen Jahren Horst Evers-Fan, aber diese Geschichte hat mir nicht wirklich gefallen. Habe das Hörbuch geschenkt bekommen. Positiv: Der Autor liest selbst (wer die Lesungen oder Bühnenprogramme von Horst Evers kennt, weiß um den Mehrwert) + es handelt sich um eine ungekürzte Lesung mit rund 7 Stunden Spieldauer. Die Story ist natürlich sehr an den Haaren herbeigezogen, was aber bei Horst Evers normalerweise nicht schadet. Denn er versteht sich ja normalerweise gut darauf, die Handlung immer konsequent weiterzuentwickeln, auch wenn es irgendwann völlig absurd wird. Das macht bei ihm ja einen guten Teil der Komik aus.

Leider hatte ich den Eindruck, dass sein bewährtes Rezept diesmal nicht so gut funktioniert. Die Erzählung plätschert irgendwie einfach so dahin, sie ist weder besonders spannend noch lustig, eigentlich dreht sich die ganze Handlung von Anfang bis Ende nur um die Entsorgung einer Leiche. Da hatte ich einfach deutlich mehr erwartet, vor allem mehr Abwechslung. Wirklich empfehlen kann ich „Es hätte alles so schön sein können“ daher nicht. Ich fand es ok, aber nicht mehr.

Wem dagegen Horst Evers‘ Sprachwitz und Wortgewandtheit als Kaufargument genügen, der kann hier getrost zugreifen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.09.2020
Bánk, Zsuzsa

Sterben im Sommer


ausgezeichnet

Authentisch, berührend, hilfreich - (Hörbuch: Sterben im Sommer)

Es ist ein sehr persönliches Buch geworden. In „Sterben im Sommer“ schreibt Zsuzsa Bánk über die letzten Monate im Leben ihres Vaters. Die Erzählung setzt ein, als László Bánks zurückgedrängt geglaubte Krebserkrankung unvermittelt zurückkehrt. Die bis vor kurzem noch unbeschwert verlebten Jahre werden nun abgelöst von Sorgen, Ängsten, Schmerzen, Krankenhausaufenthalten und schweren Entscheidungen. Wer selbst schon seine Eltern oder andere nahestehende Menschen auf ihrem letzten Lebensweg begleitet hat, wird sich unweigerlich in vielen der geschilderten Situationen wiederfinden.

Die Autorin schildert alles sehr detailliert, die Gespräche mit Ärzten und Freunden, die Reaktionen innerhalb der Familie und im Umfeld, den Tag der Todesnachricht, die Vorbereitungen zur Beerdigung, den Ablauf der Trauerfeier und des Begräbnisses, die mühsamen Versuche wieder in einen geregelten Alltag zu finden, das Auf- und Ausräumen des Nachlasses und den schwierigen Umgang mit den vielen täglichen Erinnerungen. Im weiteren Verlauf des Buchs geht es dann, neben den zahlreichen Erinnerungen an die in der ungarischen Heimat des Vaters gemeinsam mit der Familie verbrachten Sommeraufenthalte, insbesondere um die nach der Beerdigung nun einsetzende Zeit der Trauer, welche die Autorin in vielen Momenten immer wieder unvermittelt einholt.

„Sterben im Sommer“ ist nicht nur ein literarisches Aufarbeiten des erlittenen Verlusts und der Geschehnisse, sondern vor allem auch ein liebevoller Rückblick auf den Vater, den früheren Mittelpunkt der Familie. Die Autorin lässt den Leser dabei ganz nah an sich und die Familie Bánk heran, sie verklärt nichts, sie lässt den Leser ganz selbstverständlich teilhaben und in zahlreichen Rückblenden eintauchen in eine ganz besondere deutsch-ungarische Familiengeschichte.

Ich habe die Erzählung als Hörbuch auf 5 Audio-CDs gehört, mit Lisa Wagner als Sprecherin, die ich bisher nur aus diversen TV-Produktionen (u.a. Tatort) kannte. Im ersten Moment bedeutete das für mich schon eine Umstellung, denn ihr letztes Werk „Weihnachtshaus“ hatte die Autorin noch selbst auf eine sehr einfühlsame Art eingelesen. Doch Lisa Wagner macht ihre Sache, wie ich finde, hervorragend. Sie liest ein wenig anders als Zsuzsa Bánk, nüchterner, klarer, aber dennoch mit einem guten Gespür für den für die Autorin typischen Schreibstil mit seinen immer möglichst präzisen Beschreibungen, Annäherungen und Konkretisierungen. Vor allem aber lässt sie sich ausreichend Zeit und liest mit der richtigen Geschwindigkeit. Würde sie zügiger lesen, würde viel von der Bildhaftigkeit der Sprache und der durch sie transportierten Emotionen verloren gehen. So aber ist es genau richtig für das Verständnis und sehr angenehm zum Hören.

Fazit: Ein schwieriges, oft tabuisiertes Thema wird hier aufrichtig, authentisch und auf eine sehr persönliche Art behandelt. Hörempfehlung!

Bewertung vom 13.05.2020
Mantel, Hilary

Spiegel und Licht / Tudor-Trilogie Bd.3 (4 MP3-CDs)


ausgezeichnet

Hörempfehlung!

Mit „Spiegel und Licht“ endet die Trilogie um Thomas Cromwell und Henry Tudor (Heinrich VIII.). Geschildert werden die letzten vier Lebensjahre Cromwells von 1536 bis 1540, sein steiler Aufstieg zum Master Secretary und Lordsiegelbewahrer bis hin zur Ernennung zum Earl of Essex kurz vor seinem gewaltsamen Tod im Juli 1540.

Die Geschehnisse überschlagen sich in dieser Zeit förmlich und hätten locker für 2 Bände gereicht. So verwundert es nicht, dass „Spiegel und Licht“ mit rund 1200 Druckseiten bzw. als Hörbuch mit einer Spieldauer von rund 37 Stunden (CD-Ausgabe mit 4 mp3-CDs) der umfangreichste Teil der Trilogie geworden ist. Ich habe pro Tag im Schnitt etwa eine halbe bis eine Stunde angehört, so dass mich Thomas Cromwell nun fast 6 Wochen „begleitet“ hat. Es ist schon irgendwie ein komisches Gefühl, dass diese Reihe, die mit „Wölfe“ und „Falken“ fulminant begonnen hat, nun ihr definitives Ende gefunden haben soll.

Inhaltlich erfolgt in Teil 3 eine weitere Fokussierung auf die Person Cromwell, auch mit etlichen Rückblenden in seine Kindheit, Jugend sowie seine Zeit in Italien. Gerade im Mittelteil führt das zu einigen Längen. Diese Ausführlichkeit hätte ich mir dafür eher zum Ende hin wieder mehr gewünscht. Denn als Henrys Unzufriedenheit mit Anna von Kleve immer offensichtlicher wird und Cromwells Feinde zunehmend gegen ihn intrigieren, spitzt sich die Lage rasch zu. Warum er als routinierter Strippenzieher deren Bedrohlichkeit aber nicht eher erkennt und nach Auswegen sucht um sich zu retten, hat sich mir nicht ganz erschlossen.

Wurden Teil 1 und 2 noch von Frank Stöckle eingelesen, fungiert im letzten Teil nun Frank Stieren als Sprecher. Dem Hörerlebnis tut dies keinen Abbruch – im Gegenteil. Stieren erzählt lebendig und differenziert die einzelnen Charaktere gekonnt, ohne dabei zu übertreiben. Der einzigartige Erzählfluss der Autorin und die unmittelbare Greifbarkeit der Handlung (Hilary Mantel schreibt erneut durchweg im Präsens und von Th. Cromwell stets in der dritten Person - „er“) bleiben dabei erhalten. Besonders hat mir gefallen, wie er den König spricht, ein Mix aus affektiert und überheblich, zuweilen auch etwas unsicher und unentschlossen – einfach genial. Gleiches gilt für den französischen Botschafter Chapuys. Nicht nur dessen Akzent, sondern auch die von gegenseitiger Wertschätzung geprägte Freundschaft zwischen ihm und Cromwell werden in diesem Hörbuch wunderbar transportiert.

Fazit: Ein würdiger Abschluss einer Reihe, die für mich persönlich eines der literarischen Highlights der letzten Jahre darstellt. Erlebbarer kann man Geschichte nicht machen. Insgesamt sehr gute 4 bis 5 Sterne.

Bewertung vom 18.02.2020

Pegasus 55118G - Istanbul, Das Würfelspiel, Brettspiel, Familienspiel


ausgezeichnet

Eine der besten Umsetzungen eines Brettspiels als (einfacheres) Würfelspiel!

Obwohl wir schon das „normale“ Istanbul-Brettspiel besitzen, haben wir uns jetzt auch noch das Würfelspiel dazu gekauft. Das Schöne daran ist: Es ist neuen Spielern schnell erklärt, ruckzuck aufgebaut und hat mit ca. 30 Minuten eine angenehm kurze Spieldauer. Einige Elemente und Motive sind dem Brettspiel entlehnt, auf manches (wie z. B. Gehilfen) wurde verzichtet. Dennoch bieten sich hier so viele taktische und zum Teil auch neue Möglichkeiten, dass man eigentlich nichts vermisst. Vor allem ist „Istanbul – Das Würfelspiel“ ein sehr unterhaltsames, abwechslungsreiches und in sich stimmiges, rundes Spiel – und das für sehr wenig Geld.

Wie auch im Brettspiel geht es darum, als Erster eine vorgegebene Anzahl an Rubinen zu sammeln. Rubine bekommt man im Tausch für Geld und Waren, welche man wiederum über die geworfenen Würfel erhält. Es gibt Moscheeplättchen für dauerhafte Vorteile und Erleichterungen sowie Basarkarten für einmalige Aktionen und Erträge. Genialerweise bringen die Basarkarten auch den Mitspielern (abgeschwächte) Vorteile, so dass auch die gerade eigentlich nicht aktiven Spieler trotzdem ins Spiel mit eingebunden sind.

„Istanbul – Das Würfelspiel“ eignet sich auch hervorragend als Spiel zu zweit.

Das Wichtigste in Kürze:

✅ sehr gut verständliche, kurze Spielanleitung -> geringe Einstiegshürde
✅ schön gestaltetes + sprachneutrales Spielmaterial (keine Texte, nur Symbole)
✅ angenehm kurze Spieldauer (im Durchschnitt ca. 30 Minuten)
✅ ideal auch für Wenig- und Gelegenheitsspieler
✅ gute Balance aus Taktik und Glück (Würfel)
✅ Interaktion über Basarkarten + die stetig steigenden Preise für die Rubine
✅ alle Spieler nehmen am Spielgeschehen teil, keine Wartezeiten
✅ hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis, auch gut als Geschenk geeignet
✅ hoher Wiederspielreiz

Ich vermute mal, dass es für diese etwas vereinfachte Würfelversion von Istanbul keine Erweiterungen o.ä. geben wird. Denn das Spiel ist in sich abgeschlossen und wie ich finde ein Musterbeispiel dafür, wie aus wenigen und einfachen Spielmechanismen ein absolut rundes und gelungenes Spiel entstehen kann. Kompliment an Autor Rüdiger Dorn!