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Tintenwelten

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Insgesamt 527 Bewertungen
Bewertung vom 28.04.2021
Klune, T. J.

Mr. Parnassus' Heim für magisch Begabte


ausgezeichnet

Linus Baker arbeitet seit Jahren in der Sonderabteilung des Jugendamtes, die für das Wohlergehen magisch begabter Kinder und Jugendlicher zuständig ist. Er ist ein vorbildlicher Mitarbeiter: er ist nie krank, gibt keine Widerworte und ist bei seinen Überprüfungen stets objektiv, gründlich und genau. Schließlich erhält er einen geheimen Auftrag, welcher ihn auf eine abgelegene Insel führt. Dort soll er das Waisenhaus eines gewissen Mr. Parnassus' genau in Augenschein nehmen, doch er merkt schnell, dass seine übliche Vorgehensweise hier nicht funktionieren wird. Widerwillig lässt er sich auf die etwas speziellen Bewohner ein, die seine eintönige Welt ganz schön ins Wanken bringen.

Dieses Buch hat mich von der ersten Seite an direkt in seinen Bann gezogen. Jeder der Charaktere ist einfach der absolute Hammer. Die Geschichte ist aus Linus Sicht geschrieben. Am Anfang hat er ganz schön eingefahrene Meinungen und ist irgendwie ziemlich spießig. Dementsprechend betritt er die Insel und das Waisenhaus auch mit einigen Vorurteilen. Kein Wunder, dass man ihm gegenüber auch erstmal ein wenig misstrauisch ist. Von Beginn an ist allerdings klar, dass er das Herz am rechten Fleck hat. Er möchte immer das Beste für die Kinder und Jungendlichen, hat sich andererseits aber auch nie gefragt, was mit ihnen passiert, wenn es auf seine Empfehlung hin tatsächlich zu Schließungen der Waisenhäuser kommt. Er setzt Vertrauen in die Vorschriften und das Regelwerk der Behörde.

Beim Ankommen auf der Insel habe ich sofort an „Die Insel der besonderen Kinder“ gedacht. Zwar war dieses Buch hier ebenso besonders, aber eben auch ganz anders. Einzige Gemeinsamkeit waren die Kinder mit besonderen Fähigkeiten oder Aussehen. Mehr oder gar zu viel möchte ich über sie gar nicht erzählen, das muss man einfach selber lesen. Aber das lohnt sich so sehr! Jedes einzelne Kind ist wirklich toll, einzigartig und liebenswert. Schnell wird klar, dass sie an das Gute glauben (möchten). Einigen von ihnen sind schon sehr unschöne Dinge passiert und dennoch geben sie nicht auf und hoffen auf ein besseres Leben. Sie selber sind erstmal vorurteilsfrei und das obwohl ihnen selber so viel Misstrauen, so viele vorgefertigte Meinungen, Angst, Hass oder Ausgrenzung entgegenschlagen. Denn die Menschen fürchten die magischen Wesen. Es ist ein Trauerspiel, das einem im Herzen weh tut und zum Himmel schreit vor Ungerechtigkeit.

Dennoch ist die Geschichte für mich ein absolutes Highlight und Wohlfühlbuch. Auch wenn man sich ständig aufregt und an der Menschheit zweifelt, machen die Inselbewohner und auch Linus selber all das wieder wett. Sie sind immer wieder für ein Schmunzeln oder einen Lacher gut und erwärmen einem mit ihrer Art das Herz.

Das schöne an dem Buch sind außerdem seine wichtigen und weisen Botschaften. Zusammen mit dem flüssigen und auch sehr emotionalen Schreibstil hat mir „Mr. Parnassus' Heim für magisch Begabte“ wirklich außerordentlich gut gefallen. Es ist wie das Leben auf der Insel: bunt, facettenreich und magisch.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.04.2021
Poznanski, Ursula

Cryptos


sehr gut

Die Welt wurde von den Menschen völlig ausgebeutet, es kam zum Klimawandel und zu unberechenbaren Naturkatastrophen. Weite Teile der Erde sind unbewohnbar. Lebensraum, Ressourcen, Nahrungsmittel und Wasser werden knapp. Das Leben in der Wirklichkeit ist trostlos, heiß und gefährlich. Deshalb flüchten die Menschen sich nahezu komplett in virtuelle Realitäten. Um ein sehr weit entwickeltes VR-System zu nutzen kleiden sie sich in Ganzkörperanzüge und steigen in Kapseln, durch die sie in Fantasywelten, bereits zerstörte Städte, vergangene Zeitalter oder sogar Kriegsszenarien reisen können. Was das Herz auch begehrt, es ist für jeden etwas dabei. Man kann sein, wer und wo man will.

Jana ist Weltendesignerin. Sie erschafft an ihrer Designstation alternative Realitäten, die sich täuschend echt anfühlen. Als ausgerechnet in Kerrybrook, der friedlichsten Welt von allen, ein Mord geschieht, will sie unbedingt herausfinden, wer dahinter steckt. Dabei stößt sie auf Wahrheiten, die sie an allem zweifeln lassen, woran sie bisher geglaubt hat.

Weil ich selber sehr gerne PC-Games spiele und Virtual Reality sehr faszinierend und spannend finde, war das genau das richtige Buch für mich. Als ich den Klappentext gelesen habe, wusste ich: das muss her und zwar schnell! Ich wurde definitiv nicht enttäuscht, denn ich habe es geliebt mit Jana die verschiedenen Welten zu besuchen, Hinweise zu sammeln, Gefahren zu trotzen und Kämpfe auszufechten. Es war teilweise vielleicht ein bisschen langatmig, nur um dann wieder rasant das Tempo anzuziehen und dem Leser unerwartete Wendungen um die Ohren zu hauen. Einzig die merkwürdig konstruierte und für mich völlig aus der Luft gegriffene Liebesgeschichte hätte ich nicht gebraucht.

Es handelt sich um eine Dystopie, die ebenso Science-Fiction-Elemente wie auch Gesellschaftskritik enthält. Es ist eine düstere, beängstigende und gar nicht so weit hergeholte Zukunftsvision, die doch ziemlich zum Nachdenken anregt. Für Gamer ein Muss und für Fans des Genres auch absolut lesenswert!

Bewertung vom 19.04.2021
Stroud, Jonathan

Die Outlaws / Scarlett & Browne Bd.1


sehr gut

Scarlett ist eine geschickte Bankräuberin, hervorragende Kämpferin und Meisterschützin. Außerdem ist sie auch eine Einzelgängerin. Daher passt es ihr gar nicht, dass Albert ihr auf Schritt und Tritt folgt nachdem sie ihn aus einer verzwickten Lage befreit hat. Der Junge ist schlaksig und tollpatschig, redet ohne Unterlass und scheint völlig weltfremd und dementsprechend hilflos durchs Leben zu tapsen. Als wäre all das nicht genug, stellt sich schnell heraus, dass ihm Verfolger auf der Spur sind und so beginnt eine rasante und gefährliche Flucht durchs ganze Land.

Es handelt sich um eine Dystopie, die im England der Zukunft spielt. Was genau passiert ist wird nicht ganz klar. Die Tatsache, dass viele Fragen bezüglich dem wie und warum offen geblieben sind, hat mich nicht allzu sehr gestört. Da es sich hier um den Auftakt handelt, werden wir bestimmt in den nächsten Bänden Antworten bekommen.

Weite Teile des Landes sind unbewohnbar weil sie entweder zerstört, verseucht oder überschwemmt wurden. In der Wildnis gibt es verschiedene Bedrohungen wie beispielsweise mutierte blutrünstige Tiere oder die geheimnisvollen, aber gefürchteten „Gezeichneten“. Die verbliebenen Menschen leben größtenteils in den verbliebenen Städten, die schwer bewacht werden und in denen die Glaubenshäuser strenge Regeln aufstellen. Jeder der anders ist, wird verstoßen und meist dem Tod überlassen. Dazu gehören Menschen, die besondere Fähigkeiten haben, aber auch solche, die nur einen körperlichen oder geistigen Makel haben.

Mir hat das Worldbuilding sehr gut gefallen. Es erinnert irgendwie an den Wilden Westen in einer teils urbanen, teils dystopischen und postapokalyptischen Welt. Banküberfälle, Verfolgungsjagden und Schießereien lassen die Geschichte niemals langweilig werden. Die Atmosphäre und der Schreibstil haben mich direkt in ihren Bann gezogen. Andererseits ist das Szenario aber auch erschreckend und beängstigend. Denn obwohl die Umwelt schon menschenverachtend genug ist, tun sich die Überlebenden gegenseitig immer noch furchtbare Dinge an.

Die beiden Protagonisten fand ich toll. Scarlett ist ein toughes und starkes junges Mädchen, das schon viel zu lange auf sich allein gestellt ist. Anscheinend ist in ihrer Vergangenheit etwas tragisches passiert, worüber sie auf keinen Fall reden möchte. Sie ist sehr klug, redet nicht viel und wirkt oft ziemlich kaltschnäuzig und schroff. Dennoch merkt man, dass sie das Herz am rechten Fleck hat. Albert hingegen ist das komplette Gegenteil von ihr: er ist immer gut drauf, von allem begeistert und sehr höflich. Allerdings wäre er alleine völlig aufgeschmissen, weil er keine Ahnung von der Welt hat, nicht besonders gut kämpfen kann und eben einfach ziemlich ungeschickt ist. Die beiden sind ein sympathisches Duo, das sich gut ergänzt (auch wenn Scarlett das niemals zugeben würde), sich witzige Schlagabtausche liefert und den Leser bestens unterhält. Schön finde ich auch, dass die Perspektive immer wieder wechselt, sodass man Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelten beider Protagonisten erhält.

Der Verlag nennt eine Altersempfehlung ab 13 Jahren. Dem würde ich nicht unbedingt zustimmen wollen, weil das Buch doch teilweise ziemlich blutig und brutal ist. Für ältere Leser hält es aber auf jeden Fall eine halsbrecherische und manchmal nervenaufreibende Geschichte bereit. Action, Tempo und Spannung kommen definitiv nicht zu kurz!

Bewertung vom 19.04.2021
Fischer, Alexandra

Jeder deiner Atemzüge


ausgezeichnet

Die Geschichte zwischen Allie und Kale erstreckt sich vom Sommer 2004 bis ins Jahr 2019. Dabei kommt es oft zu großen Zeitsprüngen, die meist ein oder mehrere Jahre umfassen, weil ihre Freundschaft von räumlichen Trennungen bestimmt wird, da Kale auf Hawaii und Allie auf dem Festland lebt. Wir erleben alles aus Allies Sicht und können ihre Sehnsucht, Verzweiflung, Hingabe und Angst für und um Kale sowie sämtliche anderen Gefühle hautnah nachempfinden. Man bemerkt sehr gut, dass Allie über die Jahre reift, erwachsener wird und sich auch ihre Gedankengänge und Emotionen verändern. Sie wächst zu einer starken, mutigen und gütigen jungen Frau heran, die man gerne zur Freundin hätte.

Ich mochte Allie als Protagonistin sehr gerne. Sie und Kale sind allerdings sehr unterschiedlich. Allie, die nie einen besonderen Draht zu Wasser und dem Meer hatte, kann ihm nicht so richtig in seine Welt folgen und lebt dementsprechend in ständiger Angst um ihn. Diese steigert sich über die Jahre immer weiter und die Frage ist, ob sie irgendwann gegen seine große Leidenschaft verlieren wird oder ob sie ihn halten kann.

Auf der anderen Seite bleibt Kale für mich immer ein bisschen geheimnisvoll und unnahbar, weil es keine Perspektivenwechsel gibt. Wir lernen ihn so kennen wie Allie ihn beschreibt. Er ist zwar ein total sympathischer Typ mit guten Ansichten, der Allie vergöttert, wenn er nicht grade mit dem Tauschen beschäftigt ist. Sie ist der Grund, warum er wieder aus den Tiefen des Meeres zurückkehren möchte und das merkt man auch. Ehrlicherweise muss ich aber sagen, dass ich ihn manchmal (ebenso wie Allie) nicht verstehen konnte. Er wirkte dann ein wenig egoistisch. Er verlangt von ihr, dass sie ihn niemals vor eine Entscheidung stellen soll. Ich finde das eigentlich ganz schön unfair Allie gegenüber, weil es so wirkt als wäre sie immer die zweite Wahl. Natürlich soll er für sie nicht seine Träume aufgeben oder sich total verändern, aber ein bisschen Rücksicht ist jawohl nicht zu viel verlangt. Ich finde es toll, dass Allie ihn dennoch so sehr unterstützt, obwohl sie seine Begeisterung für das Meer und die Tiefe nicht teilen kann. Aber genau das macht sie eben auch aus: sie würde für ihre Lieben alles tun.

„Jeder deiner Atemzüge“ ist eine sehr schöne, sanfte und dennoch intensive Liebesgeschichte. Sie entführt uns nach Hawaii, an die schönsten Strände, in ein Urlaubsparadies. Uns wird die hawaiianische Kultur näher gebracht, in der Ohana (also Familie) besonders wichtig ist. Ich liebe das Miteinander von Allies Familie und Freunden auf Hawaii! Neben den Örtlichkeiten werden beispielsweise auch Gerichte und Traditionen beschrieben, man möchte am Liebsten sofort selber dorthin reisen. Außerdem erfahren wir einiges über das Apnoetauchen. Es ist aus verschiedenen Gründen sehr gefährlich, aber ebenso faszinierend wie beängstigend. Auch das Thema Umwelt und Umweltschutz wird groß geschrieben. Kale, der das Meer über alles liebt, regt sich unter anderem ständig über Plastikmüll, Überfischung und das Korallensterben auf und setzt sich auch dagegen ein.

Es ist eine Geschichte, die soviel schönes, spannendes und wichtiges vereint: Freundschaft und Liebe, Ohana (Familie), Erwachsen-werden und Selbstfindung, das Verfolgen von Zielen und Träumen, Akzeptanz, Trauer, Vergebung, Apnoetauchen, Umweltschutz. Das Ganze spielt an einem wunderschönen Setting und besticht mit tollen Protagonisten sowie Nebencharakteren. Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 05.04.2021
Tramountani, Nena

Fly & Forget / Soho-Love Bd.1


sehr gut

Journalismus-Studentin Liv ist nach der Trennung von ihrem Freund am Boden zerstört. Unverhofft findet sie schnell ein bezahlbares Zimmer in einer WG. Doch der Schock ist groß als sich der einzige männliche Mitbewohner als ihr ehemals bester Freund Noah erweist. Dieser hat sie während der schwersten Zeit ihres Lebens fallen gelassen und seit dem herrscht Funkstille zwischen ihnen. Jetzt erkennt sie ihn kaum wieder: aus dem sanften und einfühlsamen Jungen von früher ist zwar ein attraktiver, aber leider auch arroganter und unausstehlicher Herzensbrecher geworden. Schon bald bietet sich Liv die Gelegenheit sich für den vergangenen Schmerz zu rächen: sie schreibt an einem Artikel, in dem es darum geht wie man einen Aufreißer mit seinen eigenen Waffen bekehren kann. Wer wäre da besser als Testobjekt geeignet als Noah? Bei ihrem Vorhaben hat sie allerdings ihre jahrelang sorgsam unterdrückten Gefühle außer Acht gelassen.

Die Perspektive wechselt immer wieder zwischen Liv und Noah. Ich konnte mich zwar gut in ihre Gedanken- und Gefühlswelt hineinversetzen, hätte beide aber auch gerne regelmäßig geschüttelt. Viele Probleme hätten sich relativ einfach lösen lassen, aber dann hätte es natürlich auch keine spannende Handlung gegeben xD. "Fly & Forget" war also dementsprechend emotional und teilweise ziemlich tragisch. Dennoch muss ich sagen, dass sowohl einige Konflikte sowie die finale Auflösung der "Geheimnisse" für mich nicht so unerwartet kamen, ich habe mir ziemlich schnell sowas in der Richtung denken können.

Neben den beiden Protagonisten habe ich auch besonders Livs neue Mitbewohnerinnen Matilda und Briony ins Herz geschlossen. Beide waren super sympathisch, sehr unterschiedlich und dennoch ein tolles Gespann. Zusammen mit Noahs bestem Freund Anthony haben sie das Buch auf jeden Fall bereichert. Sie bekommen in Zukunft auch jede ihre eigene Geschichten, die schon ordentlich angeteasert wurden und auf die ich schon sehr gespannt bin.

Bewertung vom 02.04.2021
Geraghty, Ciara

Das Leben ist zu kurz für irgendwann


sehr gut

Terry und Iris sind beste Freundinnen und würden alles füreinander tun. Doch Iris ist krank, sie leidet unter Multipler Sklerose. Heimlich macht sie sich auf den Weg in die Schweiz um dort Sterbehilfe zu erhalten. Als Terry unerwartet und unverhofft davon erfährt, lässt sie alles stehen und liegen und reist ihr hinterher. Nicht etwa, um ihr beizustehen, sondern um Iris umzustimmen. Mit im Schlepptau hat sie dabei ihren dementen Vater. So startet das ungleiche, aber nicht minder sympathische Dreiergespann einen Roadtrip durch England und Frankreich in die Schweiz. Während Iris sich von ihrem Leben zu verabschieden versucht, findet Terry in eben jenes zurück.

Als sie von Iris Vorhaben erfährt, ist Terry am Boden zerstört, sie kann und will nicht verstehen oder akzeptieren, dass sie sich selber das Leben nehmen will. Schließlich ist Iris ihre einzige Freundin und die stärkste Frau, die sie kennt. Diese steht mitten im Leben und weiß immer was sie will. Doch Iris hat ihren Plan lange durchdacht und möchte ihn unbedingt jetzt in die Tat umsetzen wo sie noch frei entscheiden kann. Auch wenn es ihr noch verhältnismäßig gut geht, so weiß sie doch, was mit MS in der Zukunft auf sie zu kommt und möchte dies weder sich selbst, noch anderen zumuten.

"Das Leben ist zu kurz für irgendwann" ist aus Terrys Sicht geschrieben. Mit ihrem Verhalten bricht sie aus ihrem alten Leben aus, was völlig untypisch für sie ist. Sie ist Hausfrau und Mutter zweier mittlerweile erwachsener Töchter. Sie kümmert sich stets darum, dass es allen gut geht und macht sich um alles und jeden Sorgen. Sie wird von Ängsten geplagt, die sie oft völlig einengen. Neben all dem Kümmern, Sorgen und Ängstigen vergisst sie meistens sich selber und das, was ihr gut tut. Auf dem Roadtrip denkt sie plötzlich über ihre Ehe, ihre Kinder und sich selber nach. Ihr wird klar, was für ein Leben sie momentan führt und dass es sie gar nicht wirklich ausfüllt. Letztendlich wächst sie über sich hinaus und so werden die Tage, die die schlimmsten ihres Lebens hätten werden können, ihre besten.

Es ist eine Geschichte über Freundschaft und darüber wie kostbar das Leben und jeder einzelne Augenblick ist. Man sollte es niemals auf irgendwann verschieben, sondern jeden Moment genießen und das tun, was einen glücklich macht. Es geht aber auch ums Abschied nehmen, um Krankheiten wie MS und Demenz. Dementsprechend ist sie traurig, tragisch, emotional, mitreißend und bewegend. Doch es gibt auch humorvolle und schöne Momente. Denn man bemerkt sofort die tiefe Verbundenheit zwischen Iris und Terry sowie die innige Beziehung zwischen Terry und ihrem Vater. Der Umgang miteinander ist wunderbar liebevoll.

Das Buch spricht wichtige und ernste Themen des Lebens an und bringt den Leser damit zum Nachdenken. Es hinterlässt dabei sowohl ein lachendes als auch ein weinendes Auge.

Bewertung vom 14.03.2021
Bernard, C. E.

Das Lied der Nacht / Die Wayfarer-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Der Wanderer Weyd lebt mit seinen Gefährten in einer Welt, in der nachts Licht und Geräusche verboten sind, denn die Schatten haben Gestalt angenommen und metzeln alles nieder, was sich nach Sonnenuntergang bewegt. Die Frage ist wo sie herkommen und wie man sie bekämpfen kann, denn ansonsten droht der Untergang der Menschheit.

Es handelt sich hier um einen allwissenden Erzähler, eine Art Geschichtenerzähler, der über die Gefährten, deren Widersacher und die Gefahr, die von den Schatten ausgeht sowie das Schicksal der Menschen berichtet. Es ist ein ganz besonderer, metaphorischer und bildgewaltiger Schreibstil, der mich sofort in seinen Bann gezogen hat und dafür gesorgt hat, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen wollte. Teilweise kommt die Handlung auch sehr blutig und brutal daher und ist demnach nichts für schwache Nerven.

Wir treffen hier auf eine Vielzahl an Charakteren, die allesamt spannend ausgearbeitet wurden und über die man mal mehr, mal weniger erfährt. Auf der einen Seite der Wanderer Weyd, der viel gereist ist und überall auf der Welt bekannt ist. Er ist stets bemüht die zu schützen, die er liebt. Allen voran die Bardin Caer, in die er heimlich verliebt ist. Diese Zuneigung beruht auf Gegenseitigkeit, aber beide trauen sich nicht, sich ihre Gefühle zu gestehen. Ihnen zur Seite stehen eine ehemalige Seefahrerin, ein alter Mann, der mit Tieren sprechen kann, ein Fuchs, der nichts lieber tut als sich den Bauch vollzuschlagen und noch viele mehr. Es gibt hier sogar Menschen, welche die Sprache des Wassers oder des Feuers beherrschen, mit deren Hilfe die Elemente beeinflusst werden können. Es ist dementsprechend eine phantastische und magische Welt, die einige Überraschungen bereit hält. Die Atmosphäre ist ziemlich düster, bedrückend und bedrohlich.

Eine weitere Besonderheit sind die Zusatzinhalte auf die man über eine App zugreifen kann. Scannt man das Cover oder bestimmte Illustrationen gibt es noch einiges zu entdecken - coole Idee und Umsetzung!

C. E. Bernard hat mit "Das Lied der Nacht" einen grandiosen Auftakt geschaffen, der durch einen wahnsinnig tollen und einnehmenden Schreibstil, interessante und vielschichtige Charaktere sowie eine umfangreiche Handlung und ein komplexes Worldbuilding besticht. Spannung pur, die düstere Atmosphäre, die sehr detailreichen und teilweise nervenaufreibenden Beschreibungen haben mich begeistert!

Bewertung vom 12.02.2021
Braun, Anastasia

Voll relativ! Der Tag, an dem die Zeit verschwand


ausgezeichnet

In Schnellbach verschwinden über Nacht sämtliche Uhren. Die Kinder finden das zunächst überhaupt nicht schlimm, schließlich werden damit Sprüche wie „Beeil dich endlich mal, wir kommen zu spät!“ hinfällig. Im Gegensatz zu ihren Sprösslingen verhalten sich die Erwachsenen jedoch seltsam, sie scheinen völlig übergeschnappt zu sein. Max Vater sitzt beispielsweise nur in Boxershorts am Tisch und starrt die Wand an, Elli bekommt Kaffee anstatt Kakao zum Frühstück und Basti wird ein alter Pantoffel in die Brotdose gepackt. So wird den Kindern trotz unerwartetem schulfrei doch etwas mulmig zu Mute und schnell wird klar: ohne Erwachsene läuft nichts in Schnellbach! Professor Albert Einstock ist der Einzige, der noch bei Verstand zu sein scheint und so bitten die Freunde ihn um Hilfe.

"Voll relativ! Der Tag, an dem die Zeit verschwand" ist ein phantasievolles, irrwitziges und kurzweiliges Zeitreiseabenteuer, das nicht nur Spaß macht, sondern auch lehrreich ist und wichtige Werte vermittelt.

Erzählt wird aus der Sicht von Max, der schon beim Aufwachen bemerkt, das irgendwas anders ist. Wir lernen aber auch seine besten Freunde kennen, ebenso wie Klassenrüpel Konstantin und Professor Albert Einstock. Sämtliche Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet und harmonieren gut miteinander. Auch die Beschreibungen der verrückt gewordenen Erwachsenen waren ziemlich amüsant.

Besonders erwähnenswert sind aber sowohl das Cover als auch die zahlreichen Illustrationen im Buch selber. Auch diese stammen aus der Feder der Autorin und wurden allesamt liebevoll und detailliert gezeichnet. Die Kombination ist toll: kurze Kapitel und altersgerechte Sprache, die für einen guten Lesefluss sorgen sowie einige wirklich witzige und kluge Wortspiele. Diese sorgen dafür, dass man die Geschichte in einem Rutsch durchlesen kann und möchte.

Doch neben dem unterhaltenden Aspekten, ist sie auch ziemlich lehrreich: so wird die Relativitätstheorie auf kindgerechte Art und Weise aufgegriffen, die Frage aufgeworfen wie und vor allem wie sinnvoll wir unsere Zeit nutzen. Aber auch Werte wie Freundschaft und Zusammenhalt spielen eine große Rolle. Nicht nur lesenswert für Kinder, sondern auch Erwachsene werden auf ihre Kosten kommen.

Bewertung vom 27.01.2021
Henn, Carsten Sebastian

Der Buchspazierer


ausgezeichnet

Carl ist Buchhändler aus Leidenschaft. Geschichten begleiten ihn schon sein Leben lang und so hat er es sich zur Aufgabe gemacht seinen Kunden nach Geschäftsschluss ihre bestellten Bücher auch nach Hause zu liefern. Für ihn ist diese Runde durch seine Heimatstadt und der Besuch dieser besonderen Kunden das Highlight des Tages und seine wichtigste Verbindung zur Welt. Doch eines Tages wird seine jahrelang ausgefeilte Routine durch die neunjährige Schascha gestört. Als er dann auch noch überraschend seine Anstellung verliert, ist das Chaos unabwendbar.

„Der Buchspazierer“ ist eine unglaublich tolle Geschichte über die Liebe zu Büchern und damit ein absolutes Muss für jeden Bücherwurm! Wir lernen dort unfassbar liebenswerte Personen kennen, die alle einen unterschiedlichen und spannenden Hintergrund haben. Carl hat es sich angewöhnt die Menschen als Buchcharaktere zu sehen, so besucht er auf seinem täglichen Spaziergang beispielsweise Mr. Darcy oder auch Pippi Langstrumpf. Man merkt schon: es gibt viele Bezüge zu Klassikern, aber auch zu neueren Büchern.

Außerdem wird auch das Alt- und (nicht mehr) gebraucht werden thematisiert, was bei mir teilweise echt für einen Kloß im Hals gesorgt hat. Dementsprechend ist das Buch ziemlich emotional, aber auch herzerwärmend und lässt einen oft schmunzeln. Grade Carl und Schascha sind ein tolles Gespann

5 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.01.2021
Ruile, Margit

Der Zwillingscode


sehr gut

Der 17-jährige Vincent ist eine Doppel-C-Seele und sein Sozialpunkte-Konto ist erschreckend gering. Er gehört damit der Unterschicht an und wird nie studieren oder in Wohlstand leben können. Aufgrund mangelnder Alternativen repariert er illegalerweise die mechanischen Haustiere der Firma Copypet. Eines Tages bringt eine alte Dame ihm eine Katze zur Reparatur und wirft bei Vincent einige Fragen auf, die ihn Nachforschungen über den Tod seiner Mutter unternehmen lassen und ihn letztendlich in die sogenannte „Simulation“ führen. Dies ist eine virtuelle Welt, die unserer nahezu komplett gleicht und in der alle Gegenstände ihr digitales Leben führen. In dieser Parallelwelt ist ein Code versteckt, den Vincent unbedingt finden muss, denn davon hängt das Schicksal der Menschheit ab.

Zukunftstechnologien, künstliche Intelligenz, mechanische Haustiere und Roboter - diese Schlagwörter haben direkt meine Aufmerksamkeit erregt und zwar nicht zu Unrecht. Dieses Buch wird Gamern gefallen und solchen, die sich für programmierte Welten oder Simulationen interessieren. Auch Fans von Black Mirror werden auf ihre Kosten kommen, denn „Der Zwillingscode“ zeigt uns ein spannendes und erschreckendes Zukunftsszenario, wie es auch in der beliebten Serie vorkommen könnte.

So wird der Wert eines Menschen anhand seiner Sozialpunkte bestimmt, welche er für angemessenes Verhalten erhält oder ihm durch Fehltritte wieder abgezogen werden. Je mehr Punkte, desto mehr Privilegien erhält der Bürger und verliert diese im Gegenzug natürlich, wenn der Punktestand sinkt. Diese bedauernswerten Seelen haben dann beispielsweise kein Recht auf Schulbildung, leben in Ghettos und sind generell den Launen des Staates ausgesetzt. So ist bei Vincent und seinem Vater auch fraglich, ob sie ihr Haus überhaupt behalten dürfen. Man merkt: der Jugendliche hat es nicht leicht, doch er hat sich mit seinem Schicksal abgefunden. Allerdings nur bis Zweifel am Grund des Todes seiner Mutter aufkommen, da beginnt er zu hinterfragen und den Dingen auf den Grund zu gehen. Dabei erfährt er unglaubliches und erlebt ein Abenteuer, bei dem er über sich selber hinaus wachsen kann.

Zur Seite stehen ihm dabei Quirrin, Delia, Zarah und nicht zuletzt die alte Dame Miss Sartorius selbst. Alle Charaktere finde ich bemerkenswert und spannend. Grade Vincent selbst wirkt ziemlich reif für sein Alter, was wahrscheinlich seinem hartem Leben und bisherigen Erfahrungen geschuldet ist.

Mich hat „Der Zwillingscode“ mit seiner dystopischen und erschreckenden Welt und der darin lebenden Gesellschaft von Anfang an in seinen Bann gezogen. Ich mochte die Idee, deren Umsetzung, die Charaktere sowie die Botschaft dahinter. Die Geschichte ist auf jeden Fall lesenswert, unterhaltend und regt zum Nachdenken an.