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Petra Sch.
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Gablitz

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Insgesamt 572 Bewertungen
Bewertung vom 07.09.2021
Saller, Tom

Julius oder die Schönheit des Spiels


gut

Julius konnte mich leider nicht wirklich packen trotz der schönen Sprache

Da ich früher gerne Tennis gespielt habe und mich die Zeit des Nationalsozialismus interessiert, habe ich mich schon auf Julius von Bergs Geschichte gefreut.
Leider bekam ich von Letzterem viel zu wenig, obwohl von Beginn an immer wieder Tagebucheinträge aus 1938 von Julius' Gefangenschaft eingeschoben waren.
Doch Anfangs dreht sich alles um Julius Kindheit, der im Gegensatz zu seinen Schwestern ein ruhiger Kerl war, dessen ganzes Leben sich um Tennisspielen dreht. Man bekommt viel Tennis und lernt viel über die Rheinische Geschichte.
Es ist faszinierend über das Leben der Familie zu lesen, die in einer Burg hoch über dem Rhein wohnt, und sogar einen eigenen Tennisplatz besitzt, auf dem die ganze Familie spielt. Und aufgrund des Vermögens kann es sich Julius auch leisten, das Studium abzubrechen und sich voll und ganz auf seine sportliche Karriere zu konzentrieren, für dessen Fairness und "Sportsmanship" er bekannt wurde. Damals gab es für die Turniere noch kein Preisgeld.
Leider konnte ich zu Julius keine richtige Bindung aufbauen, er war für mich nicht so wirklich greifbar.

Mit dem Schreibstil konnte ich anfangs nicht so ganz warm werden, auch wusste ich oft nicht, in welcher Zeit wir uns gerade befinden, da mehrere Jahre zusammengefasst waren, es Zeitsprünge gab und leider keine genaue Kennzeichnung.
Auch die Einschübe aus Sicht des "alten Mannes", der sich im Jahr 1984 auf die Spuren von Julius Leben begibt, kann man erst zum Schluss einordnen.
Erst ab der Hälfte wurde es dann für mich spannender, da hier auch der Schreibstil mitreißender war, die Kapitel kürzer, und man Julius endlich etwas besser kennenlernte, auch über seine Liebesbeziehungen zu (s)einer Frau und einem Mann, und über die NS-Zeit sowie Julius' Widerstand dagegen zu lesen bekam. Julius muss eine für ihn wichtige, aber folgenschwere Entscheidung treffen. "Tennis ist mein Leben. Und Tennis wird mein Tod sein."
Die Sprache im Buch ist sehr umschreibend, mit vielen schönen oder einprägsamen Zitaten. Ich fand auch jenes toll, welches Julius Schicksal beeinflusst hat: "Ich habe keine Lust zu gewinnen, wenn man es von mir verlangt."
Was mich fasziniert hat ist die Tatsache, dass die Geschichte auf einer tatsächlich lebenden Persönlichkeit beruht (Gottfried von Cramm), die Tom Saller mit schriftstellerischer Freiheit in einen fiktiven Roman umgewandelt hat.


Fazit:
Ein Buch, das eher schleppend beginnt, aber mit schöner Sprache und wichtigen Themen wie die Geschichte des Rheins, des Nationalsozialismus und Homosexualität.

Bewertung vom 06.09.2021
Müller, Karin

Die Nacht der freien Pferde / Nordstern Bd.2


sehr gut

konnte mich leider nicht ganz so begeistern wie Teil 1

Erla erwacht nach ihrem schlimmen mysteriösen Unfall aus der Bewusstlosigkeit. Flóki und Kadlin haben ihr Leben und das ihrer Stute Drifa gerettet. Doch Drifa geht es extrem schlecht, und Erla lebt nun in der Welt der Húldu, in der die Zeit anders schnell verläuft als bei den Menschen.
Kann Erla Drifa retten und ihre Mutter wiedersehen?


Meine Meinung:
"Die Nacht der freien Pferde" ist der zweite Teil der Nordstern-Reihe, der leider etwas brauchte, um an Fahrt zu gewinnen.
Die Geschichte schließt direkt an Band 1 an, den man zuvor gelesen haben sollte. Doch dadurch, dass man anfangs viel von Erlas Koma-Träumen und Erinnerungsfetzen liest, die aber nur abgehakt und nicht zusammenhängend sind und man diese - auch mit Kenntnis des Vorgängerbandes - nicht richtig zuordnen kann, ist es schwierig, so richtig in die Geschichte reinzukommen, da es keine "Geschichte" im eigentlichen Sinn gibt.
Wie im ersten Band wird abwechselnd aus Sicht von Erla in ich-Form und in erzählender Form aus Sicht von Flóki (in Kursivschrift) berichtet.
Man kann sich so gut in Erla hineinversetzen, denn sie kann sich nur schwer damit anfreunden, dass das unsichtbare Volk nun ihr neues Zuhause ist. Sie sehnt sich natürlich nach ihrer Mutter. Aber noch mehr danach, ihre Stute zu retten.
In diesem Band haben die Pferde mehr Stellenwert als im ersten Teil, denn es geht viel um Erlas Stute Drifa, der es es nach dem Angriff des Zwischenwesens sehr, sehr schlecht geht. Und als es Erla endlich wieder besser geht, will sie alles versuchen, um ein Heilmittel für Drifa zu finden, und stellt ihr eigenes Glück und ihre Gesundheit dafür hintan.

Isländische Magie und Mystik nehmen wieder viel Raum ein, denn Erla wird eine Weltenwanderin und Flóki hat nun auch endlich seine Gabe gefunden: er kann den Raum beugen. Und gemeinsam mit Flóki und Kadlin, die die Zeit beugen kann, kann Erla ihre Mutter wieder sehen - in der Zeit der Húldu sind nur ein paar Monate vergangen, doch als sie ihre Mutter trifft, die damals schwanger war, ist ihre kleine Schwester Edda bereits 2 Jahre alt. Das Widersehen fand ich sehr berührend, aber auch traurig - denn obwohl Erla ihre Mutsch 2,5 Jahre nicht gesehen hatte, kreist deren einziger Gedanke wieder nur darum, dass sie es nicht fassen kann, dass Erla "unsichtbare Dinge sieht" bzw. glaubt, sich einzubilden.
Und dann ist da noch der Brief, den Erla findet, den sie an Flóki geschrieben hat - datiert mit dem Jahr 1783 - doch mit diesem tut sich eine Lösung für Drifas Rettung auf, für die Erla jedoch ihr altes Leben und ihre Liebe zurücklassen muss und ihr Leben aufs Spiel setzt...

Toll sind die Beschreibungen der Landschaft Islands, die wilden Kräfte der rauen Natur und die ganze Mystik um das Húldufolk, was mir sehr gut gefiel.
Die Atmosphäre in der Geschichte ist jedoch durchwegs düster und beklemmend, das muss man mögen.
Da es wieder ein offenes Ende gab, bin ich nun schon sehr auf den Abschlussband gespannt!


Fazit:
Eine magische Geschichte um Erla, die leider erst nach einiger Zeit Fahrt aufnimmt, um das verborgene Volk, die raue Natur Islands und natürlich Islandpferde.

Bewertung vom 31.08.2021
Schütz, Lars

Angstrichter / Grall und Wyler Bd.4


sehr gut

Der Henker von Nürnberg

In Nürnberg wird ein Mann gevierteilt. Von Pferden. Alles arrangiert von einem Mann in schwarzer Kapuze. Die Leichenteile werden an den vier Stadttoren befestigt, und kurz darauf taucht im Internet ein Livestream zu dieser Tat auf.
Bald darauf geschieht ein weiterer Mord des "Angstrichters": ein Mann wird gepfählt.
Die beiden Profiler Jan Grall und Rabea Wyler erkennen bald, dass dies mittelalterliche Bestrafungen für die Taten der Opfer sind. Doch wer ist der Scharfrichter und warum müssen genau diese Personen sterben?


Meine Meinung:
"Der Angstrichter" ist der vierte Teil um die Fallanalytiker Jan Grall und Rabea Wyler. Das Buch kann eigenständig gelesen werden, da der Fall in sich geschlossen ist und aus der Vergangenheit der beiden Fallanalytiker genug in der Geschichte integriert ist.

Der Schreibstil ist fesselnd, der Spannungsbogen konstant aufrecht und man kann das Buch kaum aus der Hand legen, denn man will unbedingt wissen, warum der Henker diese Bestrafungen durchführt. Bei Opfern, die ihre Strafe doch oft sogar schon durch die weltliche Gerichtbarkeit erhalten haben. Aber Achtung: das Buch ist nichts für Zartbesaitete, denn die Morde sind sehr brutal und blutig.
Mir hat besonders gut gefallen, dass man einiges über mittelalterliche Foltermethoden erfahren hat. Für jede Art von Vergehen gab es eine eigene Bestrafung dazu.
Weiters wird alles sehr bildlich beschrieben, auch Nürnberg und die Umgebung, man hat also Kopfkino pur.
Gelungen fand ich die Einbeziehung der Mittelalterexpertin Dr. Ellen Grafenberg, mit der sich nicht nur eine private Komponente entwickelt hat, sondern die das erste Mordopfer kannte und somit viel für die Auflösung des Falles beitragen konnte.
Toll fand ich, dass man so gut miträtseln konnte: wer ist der Scharfrichter? Warum tötet er diese Menschen? Und denkt er sich die Bestrafungen selbst aus oder gibt es Mittäter? Ich kann nur so viel sagen: einen kleinen Teil konnte ich enträtseln ;)


Fazit:
Blutiger 4. Teil der Reihe mit zwei außergewöhnlichen Profilern und noch außergewöhnlicheren Mordmethoden.

Bewertung vom 29.08.2021
Balsmeyer, Hendrikje;Maffay, Peter

Anouk, die nachts auf Reisen geht / Anouk Bd.1


sehr gut

aufregende Traum-Abenteuer mit Anouk

Die Geschichten um Anouk sind einfach herzerwärmend. Die 6jährige Anouk, die nicht gerne schlafen geht, weil sie noch üüüberhaupt nicht müde ist (woher kenne ich das nur? *lach*) erlebt in ihren Träumen aufregende Abenteuer.
In ihren Traumreise hilft sie - natürlich gemeinsam mit ihrem Freund, dem Kuscheltier Affi - verschiedenen Kindern, ihren Mut, ihre Talente und ihre Stärken zu finden.
So reist sie zu den Indianern, zu den Rittern, zu den Piraten, zum Zirkus uvm und unterstützt die jeweiligen Kinder bei ihren Schwierigkeiten, die ihr dafür ein Erinnerungsstück mitgeben.

Themen, die Kinder von klein bis groß beschäftigen, zB Mut, Freundschaft und Hilfsbereitschaft, werden in den Kurzgeschichten aufbereitet. Besonders wichtig ist die Geschichte, in der die Gleichberechtigung von Mädchen und Frauen gefordert wird.
Die Fantasie von Kindern wird auch besonders angeregt, denn welches Kind möchte nicht gerne mal aufregende Abenteuer erleben und dies wird besonders durch die "Mitbringsel" aus Anouks Träumen unterstrichen.

Der Schreibstil ist liebevoll und kindgerecht, in kurzen, leicht verständlichen Sätzen und viel direkter Rede. Auch werden verschiedene Begriffe in der Geschichte erklärt, zB was ein Adlerhorst ist. Die Kapitel haben eine geeignete Länge, um jeden Abend vor dem Schlafengehen eines vorzulesen (für Kinder ab4 Jahren) bzw. gut geeignet für ungeübte Leser.
Was mich jedoch sehr störte war, dass die Eltern von Anouk ihr nicht zugehört haben, als sie von ihren Abenteuern erzählen wollte. Sie haben sie sofort unterbrochen und gemeint "das war nur ein Traum" - ja, doch trotzdem: meine Tochter erzählt mir auch oft von ihren Träumen! Ich lasse sie erzählen und höre ihr dabei zu!! Anouk tut dies dann immer mit "Mama/Papa sind einfach schon viel zuerwachsen" ab, wobei man aber trotzdem merkt, dass sie gekränkt ist, weil ihre Träume/Abenteuer für ihre Eltern nicht wichtig genug sind, um ihr zuzuhören.

Was dieses Buch jedoch besonders aufpeppt, sind die niedlichen und liebevollen Illustrationen von Joëlle Tourlonias. Diese haben mich bereits auf dem Cover verzaubert und bereichern die Geschichten von Anouk ungemein!


Fazit:
Abenteuerliche Kurzgeschichten um Anouk, die die Fantasie anregen und wichtige Themen wie Mut, Freundschaft und Hilfsbereitschaft beinhalten. Leider fand ich nicht gut, dass Anouks Eltern sie nicht von ihren Träumen erzählen ließen; daher ein Stern Abzug. Ganz toll sind die Illustrationen!!

Bewertung vom 27.08.2021
Beckett, Simon

Die Verlorenen / Jonah Colley Bd.1


sehr gut

Auftakt einer neuen Reihe um einen eigenwilligen Polizisten

London. Jonah Colley von der bewaffneten Sondereinheit wird von seinem ehemaligen besten Freund Gavin McKinney, zu dem er seit 10 Jahren keinen Kontakt mehr hatte, zu einem einsamen Lagerhaus am Slaughter Quay zu Hilfe gerufen.
Doch dort findet Jonah nur die Leiche von Gavin, und drei weitere Tote in Plastikfolie verpackt - vermeintlich illegale Einwanderer.
Doch als Jonah merkt, dass eine Frau noch lebt, wird er von hinten niedergeschlagen, sein Knie dabei zertrümmert. Er wehrt sich und tötet dabei den Angreifer, der laut DNA-Analyse der Verbrecher Owen Stokes ist, der vermeintlich etwas mit dem Verschwinden von Jonahs Sohn Theo vor 10 Jahren zu tun hatte.
Doch danach sind sowohl die Leiche von Gavin als auch die von Stokes verschwunden.
Wo sind die beiden Toten? Und wie hängt alles mit den Ereignissen vor 10 Jahren zusammen?


Meine Meinung:
"Die Verlorenen" ist der Auftakt um eine Reihe um Jonah Colley, den ich sehr eigenwillig fand. Einerseits stark, anderseits ging er mir mit seiner Sturheit und seinen Alleingängen, was ich sehr untypisch für einen Elite-Polizisten fand, sehr auf die Nerven.
Der Schreibstil von Simon Beckett ist auch in seiner neuen Thriller-Reihe gewohnt flüssig, fesselnd und mit konstant hohem Spannungsbogen.
Leider hat der Autor immer und immer wieder die Knieverletzung von Jonah wiederholt. Keine Angst, ich hätte das schon nicht vergessen. ;)

Mit Jonah konnte ich insoweit mitfiebern, da er nicht nur selbst in Verdacht gerät, sondern auch über seinen ehemals besten Freund immer mehr Details herausgefunden hat, was diesen in einem ganz anderen Licht erscheinen ließ.
Und natürlich die Sache mit seinem Sohn - das machte mich ganz traurig :( Und auch hier gab es immer mehr Erkenntnisse, sodass man mit Jonah mithofft: liebt Theo vielleicht doch noch?

Leider hat mich die Auflösung dann nicht so ganz überzeugen können, da ich das Motiv nicht 100% nachvollziehen konnte.
Trotzdem bin ich schon auf den nächsten Fall für Jonah Colley gespannt - und ob dieser auch so persönlich für ihn sein wird.


Fazit:
Reihenauftakt mit kleinen Schwächen: ein persönlicher Fall für einen eigenwilligen Polizisten, der spannungsgeladen zu verfolgen ist, dessen Auflösung mich leider nicht so ganz überzeugen konnte.

Bewertung vom 25.08.2021
Dutzler, Herbert

Letzter Knödel / Gasperlmaier Bd.9


sehr gut

ein witziger Gasperlmaier ermittelt während des Politgipfels in Altaussee


Während des Polit-Gipfels in Altaussee liegt auf einmal die Hilfsköchin tot im Cateringzelt.
Kurz darauf wird auch der Koch tot aufgefunden.
Und später verschwindet die Freundin von Gasperlmaiers Tochter Katharina.
Hängen die Fälle zusammen? Vielleicht auch mit den Russen, die beim Politgipfel sind? Oder doch mit der Heimatpartei, deren Chef sich mit seiner Entourage ebenfalls zur gleichen Zeit in Altaussee aufhält?


Meine Meinung:
"Letzter Knödel" ist der neunte Fall für Franz Gasperlmaier, der sich in meinen Augen charakterlich sehr viel weiterentwickelt hat! Er weiß mit einem Smartphone umzugehen und dass seine Tochter eine Freundin hat, damit freundet er sich auch schnell an. Bloß die Sache mit dem Opa-werden macht ihm Sorge ;)
Man trifft wieder auf alte Bekannte, zB Gasperlmaiers Frau Christine, mit der er sich leidlich wieder ausgesöhnt hat, und Frau Doktor Kohlross, die er aus Liezen für die Leitung des Falles anfordert.
Mangels Büroräumen (die wurden für die Polizisten für den Politgipfel beschlagnahmt) wird das Hauptquartier in Gasperlmaiers Wohnzimmer aufgeschlagen, was auch immer zu viel Chaos und Witz führt.

Das Buch verarbeitet neben viel Humor auch aktuelle politische und gesellschaftskritische Themen, wie heimatnahe patriotische Parteien, Geldannahme und heimliche Geschäftemacherei.
Was mich leider in Büchern immer stört, ist, wenn ständig getrunken wird. Zwar gehört ein Schnapserl hier und eines da sicher zur Mentalität vor Ort, doch ständig darüber zu lesen finde ich nicht gut.
Die Auflösung fand ich dann etwas unaufregend, aber eben deshalb authentisch.
Wie man hier merkt, ist der Lokalkolorit sehr gut dargestellt. Was mir besonders gut gefiel, waren die Beschreibungen der Landschaft, des Ortes und der gesamten Umgebung- ich hatte alles genau vor Augen.


Fazit:
Humorvoller Altaussee-Krimi mit viel Lokalkolorit und einem witzigen Gasperlmaier, der sich definitiv charakterlich weiterentwickelt hat. Ich freue mich schon auf einen weiteren Fall mit ihm!

Bewertung vom 24.08.2021
Tötschinger, Reinhard

Rochade


sehr gut

"Die Malkunst" - Original oder Fälschung?

Wien, 2022: Professor Mag. Clemens Hartmann, Restaurator im Kunsthistorischen Museum, ist mit der Restaurierung des berühmten Werkes " Die Malkunst" von Jan Vermeer beauftragt worden, das bei einem Attentat im Ausland beschädigt wurde.
Hartmann war von Anfang an gegen einen Verleih, und soll nun plötzlich das Bild in 3 statt den geplanten 9 Monaten restaurieren, weil der Bundeskanzler es beim Staatsbesuch der Chinesen wirkungsvoll in seinem Büro in Szene setzen will.
Da eine Husch-Pfusch-Restaurierung das Bild nur beschädigt, kommt Hartmann mit Hilfe seines Assistenten Hubert Finning auf die Idee, dem Kanzler eine Fälschung unterzuschieben - der merkt das ja sowieso nicht!


Meine Meinung:
Die Geschichte ist komplett aus Sicht von Hartmann in ich-Form geschrieben, und anfangs erfährt man hauptsächlich über das Bild, das er restauriert, und erst so nach und nach auch über seine Person.
Obwohl die Sprache und die Geschichte ruhig ist, und ich auch keine besondere Kunstkennerin bin (über die "Malkunst" musste ich erst recherchieren), zieht einen alles in seinen Bann. Man ist fasziniert, wie Restaurierungsarbeiten vonstatten gehen, was keinesfalls langweilig ist!
Dazwischen sind immer wieder Briefe von den Grafen Czernin bzw. Tagebucheinträge von Hartmanns Großvaters, der Leiter der Gemäldegalerie zu Hitlers Zeiten war, eingeworfen, wo man über die Vergangenheit des Bildes erfährt - dieses war damals das Lieblingsbild des Führers. Und der Kanzler, der dieses Bild unbedingt in seinem Büro hängen haben will, erinnert in seinem Gehabe an ebenden.

Mit der Zeit beginnt Hartmann mit dem Bild zu reden - oder eher zu Vermeer. Der ihm auch antwortet. Fand ich schrullig, aber nachvollziehbar - wenn man monatelang nur mit einem Bild verbringt, beginnt man wohl gezwungenermaßen damit zu sprechen ;)
Auch die Politik und Wirtschaft aktueller Zeiten sind fesselnd dargestellt: muss doch Hartmann seine Arbeiten beschleunigen, weil das Museum viel weniger Geld vom Staat zur Verfügung gestellt bekommt; er darf nur mehr billige Pinsel verwenden und muss alle Arbeitsschritte dokumentieren (dabei hat mich aber verwundert, dass er jeden Tag nur bis 16 Uhr arbeitet)
Und durch das Verhalten des jungen Bundeskanzlers, der - ob gewollt oder ungewollt- an den aktuellen erinnert, der dieses Bild unbedingt in seinem Büro zu Repräsentationszwecken für die Chinesische Delegation hängen haben will, da das Bild das Teuerste der Republik ist, wird politische Kritik geübt; bes. in Verbindung mit den Rückblenden in die schlimme Vergangenheit. Und die Chinesen kommen schon in 3 Monaten-da ist es dem Kanzler auch egal, dass die "Reparatur" des Bildes, wie er es nennt, eigentlich mehr als doppelt so lange dauern würde. Typisch Politiker.
Und aus diesem Grund kommt Hartmann in diese Zwangslage, dem Kanzler eine Fälschung unterschieben zu müssen, was ihm mit Hilfe von Hubert zuerst auch prima gelingt, doch dann droht das Ganze aufzufliegen und es kommt dabei zu einem witzigen Verwechslungsspiel.
Die beiden Restauratoren wachsen einem übrigens total schnell ans Herz, und man fiebert mit ihnen mit.
Kleine Kritik meinerseits gibt es jedoch an dem nicht nachvollziehbaren Umstand, dass ein derart wertvolles Bild unbeaufsichtigt in einem Raum steht; und dass Hartmann - auch wenn er der bedeutende Restaurator ist - einfach so mit einem Bild aus dem Museum spazieren kann.
Trotzdem wurde ich von diesem ganz anderen und außergewöhnlichen Roman bestens unterhalten.

PS: Schande über mich, die ich noch nie im KHM war - doch nach dieser Lektüre werde ich "Die Malkunst" definitiv bald besuchen!!


Fazit:
Ruhiger Roman über die Fälschung der bekannten "Malkunst"; mit unterschwelligem Humor und Politik Kritik.

Bewertung vom 22.08.2021
Krusche, Lisa

Das Universum ist verdammt groß und supermystisch


sehr gut

Gustav, sein Opa und Charles erleben das größte Abenteuer ihres Lebens...

Gustavs Mutter hat einen neuen Mann in ihrem Leben, mit dem sie auf Urlaub fahren will.
Gustav will "den Mann" jedoch nicht, denn er wird seine Mutter genauso verlassen und traurig machen, wie die vorigen Männer - deshalb spricht er nicht mehr, bis "der Mann" weg ist.
Eines Tages lernt er Charles kennen, die selbstbewusst, extrovertiert und redefreudig ist - und sie beschließt, dass Gustav seinen Vater, über den er nichts weiß, suchen soll. Denn das Universum ist verdammt groß und supermystisch und hilft einem, wenn man selbst daran glaubt.

Meine Meinung:
Der Schreibstil ist gefällig und aufgrund der einfachen, kurzen Sätze leicht zu lesen. Durch die Schreibweise aus Sicht von Gustav in ich-Form kann man sich noch besser in ihn hineinversetzen und man leidet mit ihm mit. Denn seine Mutter ist ständig traurig, auch weil sie immer wieder von Männern verlassen wurde, dadurch wird Gustav, der kaum Freunde hat, auch traurig. Er sammelt lauter kleine Dinge und schreibt Listen, wer alles sein Vater sein könnte. Seinen Großvater - den Vater seiner Mutter - muss er immer alleine im Altenheim besuchen und eigentlich schweigen sich die beiden dann auch nur an. Und vor allem sagt ihm keiner, wer sein Vater ist, den er doch so gerne kennenlernen will.
Bis er eben eines Tages Charles kennenlernt, die ihn trotz seines Schweigens toll findet. Und seine Wasserpflanze namens Agatha.
Charles ist ein aufgewecktes, schlaues und wissbegieriges Mädchen, das an die Hilfe des Universums glaubt. Und weise, denn sie sagt zu Gustav: "Wenn einem etwas auf der Seele lastet, sollte man es sagen. Wenn einem etwas wichtig ist, sollte man dafür einstehen. Wenn man etwas nicht will, sollte man laut und deutlich 'Nein' sagen. Und wenn man brennende Fragen hat, sollte man sie stellen, und wenn man keine Antwort bekommt, muss man danach suchen."
Das war auch einer meiner Kritikpunkte - dass seine Mutter und sein Großvater ihm nicht verraten wollten, wer sein Vater ist. Dabei gab es dafür gar keinen Grund! Das machte mich wirklich wütend. Und traurig.
Ebenso, dass seine Mutter ihm erlaubt hat, mit der Familie seiner neuen Freundin, die er erst seit kurzem kennt, und seine Mutter gar nicht, auf Urlaub zu fahren.
Gustav spricht in Gedanken mit seiner Wasserpflanze Agatha, was witzig zu lesen ist, obwohl es traurig ist.
Gustav hat Glück, Charles kennengelernt zu haben, denn sie stellt die Fragen, die sich Gustav nicht zu stellen wagt. So erfährt er, dass sein Opa weiß, wer sein Vater ist.
Und so fragen sie sich immer weiter und erfahren Schnipsel für Schnipsel immer mehr Infos für den Weg zu seinem Vater.
Übrigens ist es auch Charles, die Gustavs Opa mobilisiert, sich mit auf die Suche zu machen (sie brauchen ja immerhin einen Fahrer) und außerdem will Gustavs Opa sowieso noch einmal etwas erleben, bevor er in dem Altersheim versauert.
Und so wird es eine abenteuerliche Reise durch Polen in die Slowakei, danach nach Ungarn, und schlussendlich durch Rumänien nach Istanbul. Sie lernen jede Menge Leute auf ihrer Reise kennen - viele gute, aber auch einen schlechten.
Dass Kinderbücher Happy-Ends haben, ist üblich. Hier ist das Happy-End aber melancholisch und anders als erwartet.
Für mich beinhaltet dieses Kinderbuch viele wichtige Themen: Familie, Alleinerziehende, neue Partner eines Elternteils; Freundschaft; Hilfsbereitschaft; Mut und Lebensfreude. Für mich ist dies für ein Kinderbuch aber etwas zu bedrückend und traurig rübergebracht.
"Kann es sein, dass das Universum meistens ganz anders antwortet, als man es gedacht hätte?" - "Klar, du kannst nur deine Fragen stellen und offen sein. Dann kommen Antworten, aber was für welche, kannst du nicht entscheiden. Das ist das Universum, es ist verdammt groß und supermystisch."

Fazit:
Ein erlebnisreicher Roadtrip mit vielen Abenteuern, einer humorvollen Charles, aber leider auch sehr melancholisch und traurig.

Bewertung vom 15.08.2021
Omasreiter, Christiane;Scheck, Kathrin

Die Bildermacherin und das Hexenhaus / Die Bildermacherin Bd.3


sehr gut

Wer ist der Hüter des Hexenhauses?

Evi hat sich von ihrem Mann getrennt und zieht mit ihren Kindern in das gruselige alte Haus, das von allen nur "das Hexenhaus" genannt wird.
Doch bald erhält sie Nachrichten mit Drohungen des "Hüters", und als beim Ausheben des Fundaments für eine Schaukel Kinderknochen auftauchen und später auch die Hausbesitzerin und danach einer ihrer beiden Brüder stirbt, macht sich Evi mit ihrer Freundin Amalia Engl, der "Bildermacherin", auf die Suche nach Infos aus der Vergangenheit des Hauses, um den Täter zu fassen.


Meine Meinung:
"Die Bildermacherin und das Hexenhaus" ist der dritte Teil um die Fotografin Amalia Engl, der in Pfunders in Südtirol spielt.
Der Fall ist in sich geschlossen und das Buch kann eigenständig gelesen werden; alle wichtigen Vorkommnisse aus Amalias Leben werden kurz in die Geschichte integriert.
Amalias Privatleben entwickelt sich weiter; sie ist sehr von dem Maresciallo Lorenzo Marchetti angetan, was ich aufgrund seiner kühlen und unnahbaren Art nicht wirklich nachvollziehen kann.
Für Felix hat sie jedoch auch immer noch Gefühle - ich hoffe, sie kann sich bald entscheiden, immerhin ist sie kein Teenager mehr.
Leider war mir Amalia diesmal auch deshalb nicht ganz so sympathisch, denn als Evi mit ihren Kinder kurzfristig zu ihr in die Wohnung zieht, ist sie von den Kindern nur genervt und kann mit diesen nicht umgehen. Auch wenn man keine Kinder hat, ist es doch logisch, dass man wertvolle Dinge verräumt. Und wenn ihr etwas nicht passt, kann sie den Kindern ihre Regeln auf neutrale Weise klarmachen.

Der Schreibstil ist wieder lebendig und mitreißend, und sämtliche handelnden Personen und vor allem das Pustertal, Pfunders und die ganze Gegend dort sind so anschaulich beschrieben, dass ich sofort wieder in Südtirol war!
Auch das Einfließen von typischen Südtiroler Ausdrücken (inklusive Glossar im Anhang), der Lokalkolorit, die authentischen und lebensechten Protagonistin und die glaubhafte Auflösung machen das Buch zu einem Leseerlebnis!
Immer wieder gibt es Rückblicke in die Jahre 1947 und 1975, und erst viel später führen die Fäden zusammen und man kann den Zusammenhang zum Fall erkennen.
Das gefällt mir an den Bildermacherin-Krimis so gut, dass Ereignisse aus der Vergangenheit Auswirkungen in der Gegenwart haben und dass die Geschichte Südtirols auch immer eine Rolle spielt und spannend dargestellt wird.


Fazit:
Wieder ein spannender Krimi mit der Bildermacherin mit viel Lokalkolorit; leider nicht ganz so fesselnd wie die vorherigen Bände.

Bewertung vom 13.08.2021
Oppel, Kenneth

Sie schlüpfen auch in deiner Stadt / Bloom Bd.2


ausgezeichnet

gelungene Fortsetzung mit einem fiesen Cliffhanger

4,5 Sterne

Anaya, Petra und Seth konnten wirklich ein Mittel gegen das schwarze Gras finden.
Doch der Regen ist zurück und bringt nun fiese gefräßige Würmer und Insekten, die ein tödliches Virus übertragen.
Die drei Jugendlichen sind zur Hälfte außerirdischen Ursprungs, und sie entwickeln sich zu ihrer vorhergesehenen Form immer weiter, mit den jeweiligen Kräften. Anaya ist eine Laufende, Petra eine Schwimmende und Seth ein Fliegender. Sie entdecken jeden Tag neue Fähigkeiten.
Doch die außerirdische Bedrohung kommt immer näher...


Meine Meinung:
Bloom 2 setzt direkt am Ende von Teil 1 an. Alle wichtigen Vorkommnisse werden kurz angeschnitten, sodass man sie wieder im Gedächtnis hat bzw. auch Neueinsteiger wissen, was passiert war. Für das komplette Verständnis ist es natürlich besser, chronologisch zu lesen.
Die Geschichte ist diesmal eher weniger gruselig (klar, die Insekten sind schon schaurig), aber es ist diesmal ziemlich brutal. Meines Erachtens keinesfalls für Kinder ab 12 Jahren geeignet!

Kaum konnten die schrecklichen Pflanzen mit dem Herbizid in die Schranken gewiesen werden, natürlich bisher nur in wichtigen Gebieten, schon passiert der nächste Horror - es regnet Würmer und Insekten!?!
Wieder hatte ich Kopfkino pur, als sämtliche Jugendlichen aus den USA und Kanada, die sich verwandeln, in einen unterirdischen Bunker gesperrt werden. Die Kids entwickeln sich zu drei verschiedenen Spezies, und diese haben unterschiedliche Kräfte und Eigenheiten. Die Entwicklung der Kids ist spannend mitzuverfolgen, und eben auch, wie sie vom Militär behandelt werden: nicht menschlich, versehen mit Nummern.
Leider ist Petra immer noch naiv und nervig, und leider entwickelt sich Seth, je mehr er zum Kryptogenen wird, charakterlich immer mehr und mehr zum Negativen, ich war richtig enttäuscht von ihm.
Natürlich ist es für die Jugendlichen nicht leicht, mit ihrer neuen Identität klarzukommen: sind sie noch Menschen? Oder Außerirdische? Dieser Konflikt ist besonders bei Petra und Seth zu spüren, die sich unterschiedlich entscheiden und fühlen.
Die anderen Jugendlichen polarisieren, vor allem Esta, eine Fliegende, die nur schlecht drauf ist und definitiv nichts gutes im Schilde führt. Darren, ein Schwimmender, ist ein großer Angeber. Und Charles, ein Laufender, hingegen ist ein richtig lieber Kerl, der immer versucht, das Richtige zu tun.

Man fiebert von der ersten bis zur letzten Seite mit - und auch wenn es oft klischeehaft ist, wird man zu jeder Zeit gut unterhalten und kann das Buch kaum aus der Hand legen, da die Entwicklungen so rasant sind.
Toll fand ich, dass man nun endlich erfährt, warum die Außerirdischen auf die Erde gekommen sind.
Diesmal ist der Cliffhanger jedoch noch viel fieser als im ersten Teil; und ich kann den Abschlussband schon kaum erwarten!
Schade fand ich, dass es Teil 2 nur als Taschenbuch gibt, und nicht wie Band 1 auch als Hardcover.


Fazit:
Gelungener, gruseliger zweiter Teil der Bloom-Trilogie; leider mit offenem Ende. Ich kann den Abschlussband schon kaum erwarten!