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Kuehn, S.

Bewertungen

Insgesamt 911 Bewertungen
Bewertung vom 07.11.2023
Dutzler, Herbert

Die Welt war voller Fragen


ausgezeichnet

Zeitreise
"Die Welt war voller Fragen" von Herbert Dutzler ist der Nachfolger von „Die Welt war eine Murmel“, das man zum Verständnis aber nicht unbedingt vorher gelesen haben muss. Nach der Lektüre möchte man das aber unbedingt.
Erzählt wird hier die Geschichte vom erwachsenen Siegfried, der sein Elternhaus ausräumt. Beim sortieren treffen ihn viele Erinnerungen und Rückblicke, lustige, emotionale und auch schwierige. Damit taucht er dann in die Vergangenheit ein.
Siegfried ist ein aufgeweckter, kluger Junge, der eine scharfe Beobachtungsgabe hat. Ihm entgeht nicht viel, obwohl er einiges noch nicht einordnen und verstehen kann.
Durch seine Augen erleben wir die sechziger Jahre in Österreich, die rasante Entwicklung, die in vielen Gebieten stattfand, Politik, Gesellschaft, Wissenschaft und für Siegfried wichtig, die Raumfahrt.
Die Mutter emanzipiert sich langsam und will arbeiten und sogar Autofahren, der Vater säuft, aber besteht auf seiner Rolle als Familienoberhaupt, Kriegsgeschehnisse müssen verarbeitet werden und die Oma versucht zu vermitteln.
Siegfried selbst bringt sich durch ehrliche Fragen und seine etwas vorlaute Art in so manche Bedrängnis. Vieles ist zum schmunzeln, durch die Erzählweise und den Betrachter, obwohl es teils bitterböse Wahrheit ist.
In diesem Buch geht man auf eine ganz humorvolle und auch intime Weise auf Zeitreise und erinnert sich an viele Dinge, die nicht immer nur gut waren. Super und sehr interessant geschrieben.

Bewertung vom 06.11.2023
Dunne, Ellen

Unfollow Stella


ausgezeichnet

Verwirrspiel
"Unfollow Stella" von Ellen Dunne ist schon der vierte Band rund um die Ermittlerin Patsy Logan. Für mich persönlich ist es der zweite, den ich gelesen habe. Obwohl mir der letzte sehr gut gefiel, hat das dieser Band noch toppen können.
Patsy ist in Irland, sie befindet sich beruflich und auch privat in einer Auszeit.
Sam Feuerstein, ein guter Freund und Botschafter, bittet sie um Mithilfe bei der Suche nach einer vermissten jungen Frau. Die Ermittlungen führen nach Dublin und es ist sehr spannend und interessant in diese Stadt einzutauchen. Alles ist sehr gut beschrieben.
Noch weitaus faszinierender fand ich die Beschreibung der Tätigkeit von Stella, sie arbeitete für eine Agentur für Content-Prüfung, die Material in der virtuellen Welt auf Massentauglichkeit sichten. Was für eine Arbeit, in was für Abgründe blicken diese Menschen dort täglich, das war sehr gut erklärt.
Aber wie und ob das alles mit ihrem Verschwinden zusammenhängt, klärt dieses Ermittler-Team in mühevoller Kleinarbeit mit viel Recherche und Detektivsinn.
Das Buch hat ein sehr ernstes Thema, es gibt viel Gewalt und Intrigen, aber der Schreibstil ist trotzdem mit Humor und jederzeit gut verständlich.
Von der ersten Seite an war dieses Buch spannend und hat mich mitgenommen auf die Suche nach Stella und auch Patsy ist mir wieder etwas vertrauter geworden und ich warte schon gespannt darauf neues über sie zu lesen.

Bewertung vom 03.11.2023
Freytag, Anne

Vom Mond aus betrachtet, spielt das alles keine Rolle


sehr gut

Familienleben von nahe betrachtet
"Vom Mond aus betrachtet, spielt das alles keine Rolle" von Anne Freytag ist ein Buch, dass einige Geschichten in einer erzählt.
Das meiste wird aus der Sicht von Sally, der jugendlichen Protagonistin, erzählt. Gerade den Blick durch ihre Augen, ihre persönliche Sicht der Dinge, fand ich sehr schön dargestellt.
Sally erzählt von ihrer Familie, der eigenwilligen Mutter und mehreren Geschwistern, den Haustieren und auch den Freunden der Familie. Es gibt auch noch Väter, die hier aber eher keine Rolle spielen. Das Familienleben ist eigenwillig, aber sehr präzise und genau beobachtet, man fühlt sich oft so, als säße man zugequalmt mit am Küchentisch oder tränke Tee mit ihnen.
Die andere Erzählstimme gehört Leni, einem Hausgast der Familie, einer jungen Frau, die sehr sympathisch und authentisch rüberkommt und einen etwas anderen Blick auf die Situation bietet.
Letztendlich passiert hier nicht so viel in diesem Buch, es ist das Leben in allen seinen Facetten, was hier begeistert, diese Beschreibung des Erwachsenwerdens, des Sichselbstfindens.
Die Geschichte ist warmherzig und voller Humor, teil etwas langatmig erzählt, aber mich störte das nicht. Mich störte mehr, dass hier Corona so sehr im Vordergrund stand, so eine große Rolle einnahm, das fand ich echt zu viel.

Bewertung vom 29.10.2023
Hirtzy, Michael

Vergessene Geschichten


ausgezeichnet

Fantastisch unterhaltsam
"Vergessene Geschichten" von Michael Hirtzy ist eine ganz fantastische Sammlung von Kurzgeschichten.
Ich finde es fast schwerer gute Kurzgeschichten zu finden als einen guten Roman. Mit dieser Sammlung ist das aber definitiv gelungen, die Geschichten sind Fantasy, Grusel, Horror und Science-Fiction, sie sind alles, nur nicht langweilig.
Ich musste mich beim Lesen zwingen, sie einzeln zu konsumieren und nicht gleich alle nacheinander zu lesen, denn das wäre ihnen nicht gerecht geworden.
Es sind 12 Geschichten, denen jeweils eine Illustration vorangestellt ist. Mir gefällt auch sehr, dass der Autor zu jeder Geschichte ein paar Worte voranstellt. Wodurch sie inspiriert wurde, wofür sie gedacht war, nützliche Hintergrundinformationen.
Der Schreibstil ist einprägsam, lässt sich gut lesen und schaffte Bilder in meinem Kopf, die ich da nicht immer haben wollte. Die Themen und Handlungsorte sind so vielfältig wie die Geschichten selbst, auch aktuelle Themen sind dabei, aber alle Geschichten hatten ein passendes Ende und haben mir durchweg gefallen.
Auf jeden Fall kann ich den nächsten Dämon, der mir begegnet, sehr gut Kontra geben und ihn vielleicht auch tief unter die Erde locken, zur Mutter der Felsen.

Bewertung vom 29.10.2023
Izquierdo, Andreas

Kein guter Mann


sehr gut

Ein sehr leicht zu lesender, unterhaltsamer Roman
Walter ist Postbote und Walter macht einen guten Job, egal was er macht, nur das sieht leider nicht jeder so. Auch bei der Post ist er nach einem Streit mit einem Postkunden unbequem geworden und wird sozusagen strafversetzt in die Christkindfiliale.
Hier muss er Briefe von Kindern an das Christkind sichten und auch beantworten. Dabei stößt er auf den Brief von Ben, der ihm auffällt, weil der Junge keine übertriebenen und materiellen Wünsche hegt, sondern einfach Hilfe daheim braucht. Ben wendet sich an den lieben Gott und so wird Walter zu Gott.
Nach und nach erfährt man in Rückblicken mehr aus Walters Leben und warum er mit 60 allein in seinem Haus sitzt, geschieden, keinen Kontakt zu Kindern und Enkel und nun auch noch Probleme im Job.
Nebenbei geht es in der Geschichte zwischen Ben und Gott Walter weiter, was auch sehr unterhaltsam zu lesen ist.
Mir hat sehr gefallen, wie Walter selbst versucht hat, in seinem Leben nochmals eine Wende durchzuführen, das macht Mut für jeden Neuanfang. Walter ist ein sehr geradliniger und ehrlicher Mann, den ich sehr mochte und dem das Leben oftmals übel mitgespielt hat.
Verpackt wurde hier eine eher tragische Lebensgeschichte in viel Humor und eine sehr gut geschriebene Geschichte.

Bewertung vom 24.10.2023
Ryan, Anthony

Ein Fluss so rot und schwarz


sehr gut

Ein fremdes London
"Ein Fluss so rot und schwarz" von Anthony Ryan ist ein Thriller und dystopisch, also eigentlich ganz anders, als was ich sonst von diesem Autor kenne. Gelesen habe ich sonst von ihm hauptsächlich Fantasy in einem historischem Setting. Aber beim Schreibstil wusste ich, was mich erwartet.
Das Buch ist deutlich kürzer als seine Fantasy-Romane, was aber nicht auf Kosten seiner Beschreibungen geht, die sind trotzdem sehr bildhaft. Dafür lernen wir hier die Protagonisten nicht so gut kennen, weil sich diese selbst nicht kennen.
Es ist ein gespenstisches Szenario, man erwacht an Bord eines Schiffes, weiß nicht wer man ist und wo man ist. Das Schiff ist führerlos und man scheint allein auf der Welt, kein Kontakt ist möglich.
Nach und nach werden auf dem Schiff eine Gruppe von Männern und Frauen wach, die sich an nichts weiter erinnern, als an eine Kernkompetenz, die jeder von ihnen hat. Was ist ihre Aufgabe? Wer schickt sie und warum?
Hier entstehen mit jeder Seite mehr Fragen, als beantwortet werden. Ich fand das Szenario sehr spannend und unverbraucht.
Und so machen sie sich auf zu einer Odyssee durch London, ein London, das unvorstellbares Grauen beinhaltet. Hier hat das Buch auch definitiv Horror-Elemente, was mir gut gefiel, es war sehr spannend und unheimlich gemacht.
Für ein perfektes Buch fehlte mir hier die Weitläufigkeit, ein tieferes Eintauchen in diese Welt und das Verschmelzen mit den Charakteren, das hier war eher kurz und knackig.

Bewertung vom 24.10.2023
Knecht, Doris

Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe


sehr gut

Etwas endet, etwas beginnt
"Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe" von Doris Knecht ist nicht mein erstes Buch der Autorin. Von ihrem sicheren und treffenden Schreibstil war ich also schon überzeugt.
Die Protagonistin bleibt für den Leser namenlos und erzählt aus der Ich-Perspektive. Dadurch fühlt man sich ihr sehr nahe.
Sie ist in dem Alter, wo sie Rückschau hält. Es ist ein Wendepunkt, ein Abschluss irgendwie und doch eine Chance auf einen Neubeginn.
Die Kinder gehen ihre eigenen Wege, brauchen sie nicht mehr rundum als Mutter und auch ihre eigene Rolle als Tochter wird mit beleuchtet.
Es gibt nach 50 Jahren Leben sehr viel, an das man sich erinnert und wohl noch mehr, was man vergessen hat. Sehr schön kommt das hier rüber, dass nicht immer die großen Momente die wichtigsten sind.
Die Protagonisten erzählt sehr vertraut, fast intim, im Selbstgespräch, ihre innersten Gedanken, auch Tabuthemen werden angesprochen. Trotz allem bleibt eine Distanz zwischen Leser und Erzähler, bei mir jedenfalls.
Das Buch ist unaufgeregt, nicht spannend und doch möchte man es nicht aus der Hand legen und einige Dinge werden bei mir noch länger widerhallen.

Bewertung vom 24.10.2023
Cline, Emma

Die Einladung


sehr gut

Brauchte bei mir etwas
"Die Einladung" von Emma Cline ist ein Buch, indem man sich erst langsam zurecht findet. Es ist auch kein Wohlfühlbuch, hinterlässt eher Nachdenklichkeit und einen faden Nachgeschmack.
Alex, die Protagonistin, lebt auf Kosten anderer und dabei ist sie auch recht skrupellos. Sie lügt und betrügt, bereichert sich schonmal ungefragt am Eigentum anderer. Manche Aktionen sind so gewitzt, dass es schon wieder Klasse hat. Sie lebt in der Welt der Schönen und Reichen und ihr wird abrupt ganz klar, dass sie so gar nicht dazu gehört und irgendwann auch nicht mehr geduldet wird.
Alex ist nicht sympathisch, aber man kann auch nicht wegsehen, man möchte wissen, was dahinter steckt, warum sie so handelt, so geworden ist.
Es ist ein kluger Roman über unsere Gesellschaft, hier steckt mehr dahinter, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Obwohl kein Thriller, waren hier auch viele Spannungen enthalten.

Bewertung vom 21.10.2023
Vernet, Stéphanie;de Cussac, Camille

Büchermenschen


ausgezeichnet

Ein Buch über das Buch
"Büchermenschen: Wie ein Buch entsteht" von Stéphanie Vernet und Camille de Cussac ist ein wunderbar illustriertes Kinderbuch. Doch es ist nicht nur das, es ist als Buch schon ein kleines Gesamtkunstwerk und ganz sicher nicht nur für Kinder von Interesse, sondern für jeden Lesenden und Bücherfreund.
Gut gefällt mir hier die Themenvielfalt, es geht um den Buchdruck und die Bindung, genauso wie um Autor und Lektorat.
Hier merkt man, dass ein Buch von Büchermenschen für Büchermenschen geschaffen wurde. Ich lese schon so lange und hatte so viele verschiedene Ausgaben in der Hand und konnte doch noch so einiges für mich mitnehmen.
Das Buch ist wunderbar und durchgehend illustriert, hier muss man ganz genau hinsehen, überall werden Aussagen getroffen und etwas veranschaulicht. Für kleinere Kinder ist es wohl etwas viel oder eben mit Begleitung lesen.
Bei mir bekommt das Buch einen festen Platz im Regal, damit ich es immer mal wieder ansehen kann.