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Frau M. aus M.
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Magdeburg

Bewertungen

Insgesamt 113 Bewertungen
Bewertung vom 14.05.2024
McCarthy, Alex

Die Schönheit der Rosalind Bone


ausgezeichnet

Eine unglaublich traurige Geschichte mit wunderbarer Sprache erzählt
Dieser Roman hat mich umgehauen. Schon das Cover ist unglaublich gut. Je länger ich auf das Gesicht des Mädchens schaue, um so mehr erzählt es mir. Seine Augen drücken schier Unaussprechliches aus. Im Buch finden sich kurze Informationen über die Autorin. Wir erfahren, das Alex McCarthy ein Studium an der London Contemporary Dance School absolviert hat und auch einige Jahre als Tänzerin und Choreografin gearbeitet hat. Das spiegelt sich sehr stark in der Herangehensweise an diese Geschichte wieder. Ihre Sprache erscheint mir wie ein Ballett. Sie ist sehr feinfühlig, sehr differenziert, sehr nuanciert. Die Übersetzung durch Silke Jellinghaus ist wunderbar. Mit dem Genuss an der Erzahlweise wird die Grauenhaftigkeit der Ereignisse in "Schattental" überhaupt erst fassbar.
Die Geschichte selbst ist deshalb so interessant, weil es um die alltäglichen Dinge geht, über die geschwiegen wird, die unter den Teppich gekehrt werden und mit denen die Betroffenen sich selbst überlassen sind. Angesiedelt in einem kleinen walisischen Dorf mit dem sperrig anmutenden Namen Cwmcysgod (gesprochen Kumkasgott) finden wir die ganze Klaviatur der typische Charaktere. Empathielosigkeit, Egozentrik, Sprachlosigkeit, Gleichgültigkeit, Missbrauch machen die Situation aus. Während sich die Verhältnisse leider nicht verändern (können?) , gelingt es den Protagonisten am Ende einander beizustehen, indem sie Mitgefühl, Akzeptanz und Vergebung füreinander aufbringen. Ansonsten wäre die Geschichte wohl gar nicht auszuhalten.
Die Leistung des Buches besteht vor allem darin, das Ungeheuerliche schonungslos offen auszudrücken und das Unerzählbare zu berichten.
Ich finde diesen Roman wunderschön und enorm wichtig. Sehr gern gebe ich eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 06.05.2024
Cantieni, Benita

Lebenslang beweglich und kraftvoll mit Tigerfeeling


ausgezeichnet

Tolle Anleitung, um dauerhaft in Bewegung zu bleiben
Von diesem Buch bin ich sehr begeistert. Benita Cantieni hat das Bewegungs-Programm "Cantienica, Körper in Evolution" entwickelt, dass speziell für ältere Menschen gedacht ist. Sie bewirbt ihr Thema sehr überzeugend und mitreißend. Dass die regelmäßie "Wartung" von Sehnen, Knochen und Gelenken sich auch verblüffend günstig auf die gesamte Gesundheit auswirkt, macht Benita Cantieni nachvollziehbar. Schon ihre Herangehensweise finde ich sensationell. Sie wendet eine für mich völlig neue Sichtweise an, die schon für sich allein genommen, positiv auf mein Körperempfinden wirkt.
In vielen Fotos und Erläuterungen werden die Übungen vorgemacht und genau beschrieben. Grafiken, an denen gezeigt wird, welche Funktionen die entsprechenden Muskeln, Sehnen und Knochen haben, erleichtern das Verständnis für die jeweiligen Bewegungen.
Die Übungen selbst muss ich mir geduldig erarbeiten. Die Anleitungstexte spreche ich mir jeweils aufs Handy, was die Sache sehr erleichtert. Die angenehme Wirkung kann tatsächlich sofort einsetzen. Das finde ich sehr motivierend. Benita Cantieni sagt, dass das regelmäßige Üben mit der Zeit leichter wird und der Körper sogar danach verlangt, weil es so angenehm ist und so sehr guttut. Im Buch finden sich auch weiterführende Links zu Cantienis Internetseite, zu entsprechenden Studios und Workshops. So kann jede/r Interessierte weitere Informationen und Inspirationen finden.
Ich gebe gern eine absolute Leseempfehlung und auch mit großer Freude fünf Sterne.

Bewertung vom 29.04.2024
Grigorcea, Dana

Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen


ausgezeichnet

Der Roman ist wie eine Schatztruhe
Dieses Buch liebe ich schon seit der ersten Seite. Die Sprache ist sehr schön, die Figuren sorgfältig gestaltet. Doch erst im Verlaufe des Lesens erkannte ich langsam die tatsächliche Genialität dieses Romans. Es gibt zwei Erzählstränge. Der eine ist im Jahr 1926 angesiedelt, wo der Künstler Constantin Avis nach New York reist, um dort eine Ausstellung seiner Werke zu eröffnen. Der andere bewegt sich in der Gegenwart, wo die Autorin Dora nach Ligurien reist, um einen Roman über Constantin Avis zu schreiben. Die beiden Erzählstränge verbinden sich zu einem einzigen Band. Es gibt wunderbare Synchronizitäten. Die wehenden gelben Vorhänge, mit weißen Linien durchzogene graue Steine und ein weißes Hütchen sind leicht wahrzunehmen. Aber es geht um noch viel mehr. Zeit und Raum verschmelzen und werden unwichtig. Das Buch wurde für mich zu einem Gemälde, das sich lohnt, in aller Ruhe und in allen Details zu betrachten. Die angesprochenen Themen sind offenbar zeitlos. Neben dem erklärten Thema, was denn Kunst sei, kann der Leser noch weitere starke Themen entdecken.
„Kunst ist ein Angebot zur Spiegelung. Jeder liest sein eigenes Buch, …“ schreibt die Autorin Dana Grigorcea auf die Frage eines Lesers. Es empfiehlt sich, dieses Zitat einige Zeit wirken zu lassen. Dieses Buch ist toll, weil es dem Leser auf meisterhafte Weise zeigt, wie die Welt in ihm drin aussieht.
Für mich ist es das schönste Buch seit Jahren. Auch ich nenne mich eine Vielleserin und habe schon eine ganze Menge wirklich sehr guter Bücher kennengelernt. Ich freue mich sehr, dass dieses Buch mit mehreren Auszeichnungen bedacht worden ist.
Dieses Buch ist das, was sich der Leser daraus macht. Jetzt. Mit einigen Jahren Abstand erneut gelesen, kann es womöglich wieder Überraschendes preisgeben. Ich bin jetzt schon gespannt darauf.

Bewertung vom 19.04.2024
Unger, Dipl. Psych. Sonja

Mikrotrauma


ausgezeichnet

Trauma und Mikrotrauma - eine um sich greifende Krankheit
Der Titel mag auf den ersten Blick etwas harmlos klingen: klitzekleine Traumata. Die Mikrotraumata, die durch viele kleine sich wiederholende Verletzungen entstehen können, sind jedoch nicht weniger folgenreich als Traumata infolge von großen Katastrophen wie beispielsweise Kriegserlebnisse. Die Psychologin Sonja Unger erläutert sehr ausführlich in leicht verständlichem Schreibstil, was Mikrotraumata sind, wodurch sie entstehen können und wie sie sich äußern können. Sie erläutert insbesondere sehr plastisch, durch welche Herausforderungen unserer Gesellschaft ein seelischer Stress entsteht, dem nicht alle Menschen gewachsen sind. Es sind auch einige Fallbeispiele angeführt. Für das Überwinden von Mikrotraumata hat Sonja Unger einige Strategien erarbeitet. Es sind verhaltenstherapeutische, auch ganz allgemein nützliche Wege zur Stressreduzierung, Erhöhung der Widerstandsfähigkeit und Stärkung der Selbstwirksamkeit. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich darauf einzulassen, ins Handeln zu kommen, sich zu entwickeln und idealerweise an der Problematik zu wachsen..
"Mikrotrauma" ist ein sehr wichtiges Buch über ein Phänomen unserer Zeit, das noch nicht erkannt oder doch sehr unterschätzt ist. Es ist ein wichtiger Baustein, um das Thema ins Bewusstsein von möglichst vielen Menschen zu bringen. Ich gebe gern eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 02.04.2024
Wortberg, Christoph

Gussie


ausgezeichnet

Starke Persönlichkeiten
"Gussi" ist eine etwas melodramatische Romanbiografie über Auguste Zinsser. Sie steht sicher beispielhaft für viele Frauen ihrer Zeit, die klaglos die ihnen zugedachte Rolle spielten, jede Menge Kinder gebaren und es dem Ehemann zuhause gemütlich machten. Dennoch ist Gussis Geschichte eine besondere. Für den konservativen Konrad Adenauer, der als starker und nicht besonders einfacher Charakter bekannt ist, ist sie die zweite Ehefrau. Er ist seinerzeit der Oberbürgermeister von Köln. Somit wird auch sie zu einer öffentlichen Person. In turbulenten und schwierigen Zeiten wird ihr sehr viel abverlangt. Sie zerbricht schließlich an den den Zumuten der NS-Zeit.
Die Geschichte beginnt damit, dass Gussi schwer krank ist und weiß, dass sie nicht mehr lange leben wird. Sie erinnert sich an die wichtigen Stationen ihres Lebens. Diese springen in den Zeiten vor und zurück. Orientierung geben jeweils ebenfalls romanhaft aufbereitete Auszüge aus dem Briefwechsel mit ihrem Vater, dem sie zeitlebens sehr nahe stand.
Der Roman ist wunderbar und gefühlvoll erzählt. Er erzählt auch einiges über den Familienvater und Politiker Konrad Adenauer. Ich gebe gern eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 26.03.2024
Ruge, Sybille

9mm Cut


ausgezeichnet

Man sollte sich immer etwas für den nächsten Morgen hinlegen
Das Buch ist ein Thriller und zeichnet zugleich ein sehr klares Bild bestimmter gesellschaftlicher Kreise. Die Ich-Erzählerin ist Privat-Detektivin. Unter dem Decknamen Evelina Klein wird sie von ihrem stinkreichen, absolut egozentrischen und ziemlich bigotten Kunden K2 in die Schweiz geschickt, um auffällige Geschehnisse in einer K2 gehörenden Stiftung aufzuklären. Sie landet in einem Sumpf aus kaputten Typen und kriminellen Machenschaften. Sie trifft auf Menschen, die ziemlich verbogen sind und die fragwürdigen Zielen folgen. Mit ihrer nüchternen und abgeklärten Art bewegt sich Eve Klein sehr souverän in dieser Szenerie. Mit scharfem Verstand erfasst sie sehr schnell, was gespielt wird. Die Mission ist nicht ungefährlich, doch Eve versteht es sehr gut, sich selbst abzugrenzen und zu schützen. Da habe ich tatsächlich einiges dazugelernt, was ich zukünftig auch in meinem Leben anwenden werde.
Der Schreibstil ist eigenwillig und messerscharf. Die Story ist sehr cool und sehr spannend. Ich habe mich bestens amüsiert und gebe sehr gern fünf Sterne.

Bewertung vom 21.03.2024
Rennefanz, Sabine

Kosakenberg


ausgezeichnet

Kathleen - Eine Frau geht ihren Weg
"Kosakenberg" ist ein sehr komplexer und spannender Roman. Es ist die Geschichte der Ich-Erzählerin Kathleen, die in den 1980er Jahren in einem kleinen Dörfchen in Brandenburg aufgewachsen ist und inzwischen seit vielen Jahren als Grafikdesignerin in London lebt. Es ist eine Geschichte von Veränderungen, von den Dingen, die hinter uns zusammenfallen und verschwinden und von den Dingen, die uns schwer anhängen. Kathleens Geschichte unterscheidet sich von der ihrer Mutter und Großmutter vor allem dadurch, dass sie die Möglichkeit hat, ihr Leben selbstbestimmt und unabhängig zu gestalten. Dazu gehört auch, dass sich ihr durch die deutsche Wiedervereinigung und die rasanten technischen Entwicklungen jede Menge Möglichkeiten auftun. Sie macht Abitur, studiert und entscheidet sich für ein Leben im Ausland. Sie tut nur das, womit sie sich wohlfühlt. Mit ihren ländlichen ostdeutschen Wurzeln hat das alles scheinbar nichts mehr zu tun. Dennoch sind sie da und zerren teilweise heftig an ihr. Die Geschichte wird in zehn Heimfahrten erzählt, die den Prozess des Fortgehens, des Wandels und der danach möglichen Heimkehr beschreibt. Es ist ein Frauenroman, ein Mutter-Tochter-Roman, ein Wenderoman, ein Dorf-Stadt-Roman und ein Roman über Wurzeln und neue Heimat.
Dieses Buch hat mich sehr berührt. Viele Dinge konnte ich sehr gut nachvollziehen. Sehr gern gebe ich eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 20.03.2024
Schulz, Bernhard M.

Liebe ist ganz anders


ausgezeichnet

Feuilleton vom Feinsten
Bernhard M. Schulz (1913-2003) gilt als Meister des Feuilletons und der Kurzgeschichten. Sein Sohn Ansgar hat hier eine sehr schöne Auswahl von Texten, die er hauptsächlich für die Neue Osnabrücker Zeitung und andere Zeitungen und Zeitschiften verfasst hatte, herausgegeben. Die kleinen Geschichten drehen sich um die Liebe in verschiedenen Variationen. Da ist natürlich die romantische Liebe zwischen Männern und Frauen, aber auch die Liebe zu den Kindern, unter Geschwistern, zu einem Hobby oder einem Beruf und auch einfach zum Leben an sich. Es sind fröhliche und traurige Geschichten, die spannend sind und in denen es oft auch unverhoffte Wendungen gibt. Sie sind mit ihrem jeweiligen Entstehungsjahr versehen, so dass man sich den gesellschaftlichen Kontext dazu sehr gut vorstellen kann. Die Geschichten aus den 1950er, 1960er, 1970er und 1980er Jahren spiegeln die verschiedenen Themenkreise wieder, die typisch für diese Jahrzehnte waren. Hervorragend ergänzt werden die Texte durch viele tolle Karikaturen von Fritz Wolf (1918-2001), der seinerzeit Hauskarikaturist der Neuen Osnabrücker Zeitung und Weggefährten von Bernhard M Schulz war.
Ich bin sehr begeistert von dieser besonderen Sammlung kleiner literarischer Schmuckstücke. Deshalb gebe ich sehr gern eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 06.03.2024
Stekovic, Slaven

Jung bleiben, alt werden


sehr gut

Über die Suche nach dem Geheimnis des ewigen Lebens
Dieses Buch beschäftigt sich mit den neuesten Ergebnissen der Langlebigkeitsforschung. Die vielen schönen Illustrationen und der lockere bildhafte Schreibstil nehmen die Leser und Leserinnen mit in die Welt der Wissenschaft. Ausführlich und sehr anschaulich wird erläutert, was Gene sind und wie sie funktionieren, wie Proteine aufgebaut sind und wie sich deren Rolle im Laufe des Lebens verändert, welche Arbeit unser MIkrobiom leistet und wie individuell der Stoffwechsel eines jeden Körpers ist. Es wird ziemlich schnell klar, wie komplex so ein menschlicher Organismus aufgebaut ist, so dass es wohl noch ziemlich viele Geheimnisse zu lüften gibt. Die in diesem Buch beschriebene Forschung ist auf die biologischen Funktionen und Interaktionen im menschlichen Körper begrenzt. Die Wechselbeziehungen zwischen Körper, Psyche und Geist werden nur in dem einen oder anderen Nebensatz erwähnt. Das Buch ist aber insgesamt betrachtet sehr informativ und unterhaltsam.

Bewertung vom 07.02.2024
Tsokos, Anja;Tsokos, Michael

Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge


ausgezeichnet

Einstein und Ritas Tochter
"Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge" ist ein ganz besonderer Roman. Er ist zum Schreien komisch und in gleichem Maße ernst. Er vermittelt Ostdeutsche Geschichte, insbesondere DDR-Geschichte, jenseits von irgendwelchen Ideologien. Aus der Sicht von Heinz Labensky eben. Der ist wegen einer Lernbehinderung früh von der Schule abgegangen. Sein Herz hat er schon sehr früh und für immer an Rita verschenkt, die für ihn die Welt bedeutet. Leider ist der Kontakt zu ihr vor vielen Jahren verloren gegangen. Jetzt ist er 79 und Insasse eines "Feierabendheims" in Thüringen, wo er die Tage verdämmert, bis er eines Tages einen Brief aus Stralsund von einer Frau erhält, die behauptet, Ritas Tochter zu sein und die Kontakt zu ihm aufnehmen will. Stehenden Fußes macht sich Heinz auf den Weg. Es beginnt ein Roadtrip quer durch Deutschland und quer durch verschiedene Ereignisse und Themen der DDR-Geschichte. Viele alte Erinnerungen kommen hoch. Durch Bekanntschaften, die er unterwegs macht, wird er mit der heutigen Welt konfrontiert. Alte Geschichten weben sich auf diese Weise in aktuelle Geschehnisse ein, wodurch ein komplexes Bild von Labenskys Welt entsteht. Am Ende steht verblüffender Weise ein Neubeginn für Heinz Labensky. Es ist eben nie zu spät für überraschende Wendungen.
Besonders gefällt mir, dass viele typische DDR-Redewendungen, DDR-Vokabeln und viele DDR-typische Sachen in den Text eingeflochten sind .
Ich hatte sehr viel Freude beim Lesen und gebe eine unbedingte Leseempfehlung.