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Annis

Bewertungen

Insgesamt 34 Bewertungen
Bewertung vom 24.02.2023
Weite Sicht
Pilz, Thorsten

Weite Sicht


ausgezeichnet

Tieftraurig und zugleich voll von Glück erfüllt

"Auf das Leben. Denk dran, was du mir neulich gesagt hast. [...] Dass man den Augenblick genießen muss. Dass so schnell alles vorbei sein kann."

Charlotte, Gesine, Sabine und Bente. Vier Frauen um die 70, die sich seit Kindheitstagen kennen und deren Schicksale alle miteinander vereint sind.
Als Charlottes Mann stirbt, müssen sie jedoch feststellen, dass jede von ihnen mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen hat und man sich vielleicht doch gar nicht so nah ist, wie man dachte.

Thorsten Pilz ist mit seinem Debüt "Weite Sicht" ein wunderschöner Roman über Trauer, Hoffnung und Liebe gelungen.

Sein Schreibstil ist zwar einfach gehalten, dabei jedoch nicht plump, er trifft er immer die richtigen Worte und schafft so eine ergreifende Melancholie, die einen auf gut 280 Seiten einhüllt und auch nach dem Lesen vorerst nicht mehr loslässt.

Dem Autor gelingt es, einem die Protagonistinnen mit wenigen Sätzen ans Herz wachsen zu lassen, die jeweiligen Schicksale berühren einen sehr und man ist in einem Moment tieftraurig, im nächsten wieder hoffnungsvoll und von Glück erfüllt.

Auf geschickte Weise verwebt er die Geschichten der vier Frauen miteinander und nach und nach kommen Situationen aus der Vergangenheit hinzu, von denen die anderen nichts geahnt haben. So wird ein konstantes Spannungslevel gehalten, das keine Langeweile aufkommen lässt und erst zum Schluss klären sich alle Fragen.
Als LeserIn wird man mit der Gewissheit entlassen, dass jeder Abschied auch einen Neuanfang bedeutet.

Der Roman hat mich so berührt, wie es bisher nur wenige geschafft haben. Dabei war er nicht kitschig oder übermäßig dramatisch, sondern einfach nur voller authentischer Gefühle.
Daher gibt es von mir auf jeden Fall eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 24.02.2023
Wolfskinder
Buck, Vera

Wolfskinder


sehr gut

Eine geheimnisvolle Siedlung von Einzelgängern

"Wer in der Stadt lebt, vergisst leicht, wie dunkel eine Nacht sein kann. Dass es Nächte gibt, die Straßen fressen, indem sie den Asphalt auflösen."

Eine kleine Siedlung, abgeschottet von der modernen Welt, die vielleicht gar nicht so religiös ist, wie sie vorgibt.
Eine Lehrerin aus der Stadt, die die falschen Fragen stellt.
Und eine junge Journalistin, die ihre verschollene beste Freundin auch nach zehn Jahren einfach nicht vergessen kann.

Vera Bucks Thriller-Debüt "Wolfskinder" hat mich direkt angesprochen und neugierig gemacht.
Sie vereint die Geschichten rund um eine sektenartige Zusammenkunft weit oben in den Bergen, die ihr eigenes Leben fernab der Bevölkerung führt und um die Aufklärung der übermäßig hohen Zahl an Vermisstenfällen in dieser Gegend.

Die Autorin schreibt dabei aus unterschiedlichen Perspektiven, sodass man als LeserIn schnell einen Einblick in die verschiedenen Charaktere bekommt und stets weiß, was sowohl auf dem Berg, als auch unten im Dorf bzw. in der Stadt geschieht.

Der Schreibstil ist leicht verständlich und gut zu lesen, man kommt problemlos in die Geschichte rein.
Buck hat eine sehr bildliche Sprache und schafft es, einen mit wenigen Worten an den jeweiligen Schauplatz zu bringen.

Die Story entwickelt sich sehr zügig und es entsteht rasch Spannung. Nach den ersten 150 Seiten weiß man immer noch nicht, wohin einen die Geschichte führt, es kommen anfangs mehr Fragen als Antworten auf.
Diese klären sich im weiteren Verlauf des Buches, vielleicht etwas zu offensichtlich, zumindest kam das Ende leider nicht sehr überraschend und ich hatte schon früh den richtigen Verdacht, wer der Täter sein könnte.
Auch gab es für meinen Geschmack etwas viele Zufälle in der Geschichte.

Nichtsdestotrotz ist es ein wirklich spannender Thriller, der einen auf über 400 Seiten den Atem anhalten und so gut wie keine Längen aufkommen lässt.
Ich empfehle das Buch jedem, der kurzweilige und nervenaufreibende Geschichten liebt, dabei jedoch keinen Tiefgang braucht.

Bewertung vom 18.02.2023
Die letzte Lügnerin / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.3
Schwiecker, Florian;Tsokos, Michael

Die letzte Lügnerin / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.3


ausgezeichnet

Gelungene Fortsetzung rund um einen Polit-Skandal

In einem geleakten Video ist zu sehen, wie Bausenator Möller zwielichtige Immobiliengeschäfte abwickelt. Die Veröffentlichung bedeutet das Ende seiner politischen Karriere. Als kurz darauf der Tontechniker des Videos ermordet aufgefunden wird, deutet alles auf Möller als Täter hin.
Während Strafverteidiger Rocco Eberhardt von Möllers Unschuld überzeugt ist, zieht sich die Schlinge um seinen Hals immer enger, denn es tauchen mehr und mehr Beweise auf ...

Dies ist der dritte Band der Reihe Schwiekers und Tsokos' rund um Strafverteidiger Rocco Eberhardt und Rechtsmediziner Justus Jarmer.
Man kann ihn unabhängig von den ersten beiden Teilen lesen, wobei die Vorgänger auch sehr empfehlenswert sind.

Wie schon in den vorangegangenen Büchern wird die Geschichte wieder in kurzen Kapiteln aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Ich persönlich mag das sehr gerne, da die Geschichte so schnell an Fahrt aufnimmt.
Was neu ist, sind die Zeitsprünge: Die Erzählung wechselt zwischen dem Tatzeitraum und der Gerichtsverhandlung vier Monate später. Durch diese Sprünge entsteht eine enorme Spannung, die auf den letzten 100 Seiten kaum noch auszuhalten ist.
So kommt das Buch im Gegensatz zu anderen Thrillern auch gut ohne reißerische Floskeln und Beschreibungen aus, generell wird sehr nüchtern geschrieben, was ich als absolut stimmig zu den beiden Protagonisten empfinde.

Inhaltlich dreht sich alles um die Wohnungspolitik in Berlin, ein sehr wichtiges Thema, welches eher selten in Büchern aufgegriffen wird.
Die Problematik wird jedoch so verständlich beschrieben, dass der Handlung auch gefolgt werden kann, wenn man sich politisch nicht gut auskennt.
Dennoch ist das Buch natürlich nichts für diejenigen, die sich durch Politik schnell gelangweilt fühlen; aber dass es darum geht, macht der Klappentext schon deutlich.

Da dies ein Justizkrimi ist, spielt sich der Hauptteil der Handlung im Gerichtssaal ab. Hier erfahren die LeserInnen auch erst von den Ermittlungsergebnissen usw.
Ich fand die Szenen rund um den Prozess besonders gelungen und die Einblicke in einen solchen sehr interessant.

Für mich persönlich war der dritte Band des Autorenduos genauso spannend und gut gelungen wie seine Vorgänger und ich hoffe auf noch viele weitere Fälle rund um Eberhardt und Jarmer.

Bewertung vom 10.02.2023
Die Müllfahrzeuge / Wieso? Weshalb? Warum? Junior Bd.74
Erne, Andrea

Die Müllfahrzeuge / Wieso? Weshalb? Warum? Junior Bd.74


ausgezeichnet

Spielerisch die Welt entdecken

Die "Wieso? Weshalb? Warum? Junior"- Reihe beschäftigt sich mit der Beantwortung erster Kinderfragen rund um alltägliche Themen und ist für Kinder von 2-4 Jahren gedacht.

Der neueste Band "Die Müllfahrzeuge" thematisiert Abfallbeseitigung und Straßenreinigung.
Kindern wird spielerisch aufgezeigt, warum Mülltrennung wichtig ist, was die Aufgabe von MüllwerkerInnen ist, wie die Stadt saubergehalten wird und bekommen einen Einblick in das Innenleben verschiedener Müllfahrzeuge.

In dem Buch gibt es einiges zu entdecken, dabei wecken die vielen Klappen schon das Interesse der Kleinsten.
Jede Seite widmet sich einer speziellen Frage, die Antworttexte sind kurz, gut verständlich geschrieben und umfangreich recherchiert.

Besonders schön finde ich auch das Suchbild auf der letzten Doppelseite, in dem wir alle zuvor kennengelernten Abfallbehälter und Müllfahrzeuge wiederfinden können.

Für das Buch gebe ich eine klare Kaufempfehlung, es liefert Antworten zu einem wichtigen Thema für kleinere und größere Kinder.

Bewertung vom 10.02.2023
Männer sterben bei uns nicht
Reich, Annika

Männer sterben bei uns nicht


sehr gut

Ein bedrückendes Erbe

"Für meine Großmutter war Nähe keine relevante Kategorie. Sie hatte kein emotionales Verständnis von Familie, sondern eher ein dynastisches, auch wenn das Wort zu pompös war für den Haufen, den wir darstellten. Sie wies jeder von uns einen Platz und eine Aufgabe zu, und wenn wir den Platz einnahmen und die damit verbundene Aufgabe erfüllten, lief alles glatt, wenn nicht, wurden wir aussortiert wie verschlossene Muscheln."

Annika Reich schafft in ihrem Roman "Männer sterben bei uns nicht" ein interessantes Familienporträt, in welchem der Anschein über allem steht; Gefühle dürfen nicht ausgelebt oder gar gezeigt werden, wichtig ist nur die Form zu wahren - und zwar jene, die Großmutter für das jeweilige Familienmitglied gewählt hat. Männer gibt es hier keine.

Erzählt wird die Geschichte aus Luisas Sicht, der vorgesehenen Erbin des Anwesens und spielt am Tag von Großmutters Beerdigung. Dabei erfahren wir durch Rückblenden nach und nach mehr über die Geschichte der "Dynastie", über die einzelnen Familienmitglieder und ihre Rollen. Nach und nach wird ersichtlich, wie jeder jedem misstraut und die jeweilige Position missgönnt.
Im Laufe des Buches dringen wir immer tiefer in die Gefühlswelten ein, die zu Lebzeiten des Familienoberhauptes nie offenbart werden durften, und erfahren, dass jeder auf seine eigene Art einsam und unzufrieden ist.
Luisa stellt sich die Frage, ob sie die Familientradition überhaupt wahren möchte.

Die Autorin hat einen wunderschönen Schreibstil, klar und doch irgendwie poetisch. Die Geschichte ist kurzweilig und zieht einen immer tiefer in ihren Sog. So kann man die etwa 200 Seiten gut an einem Stück durchlesen.

Ich empfehle das Buch jedem, der gerne Familiengeschichten liest und sich dabei besonders für die jeweiligen Personenkonstellationen interessiert. Es gibt keinen großen Plot oder ein überraschendes Geheimnis, doch die Geschichte kommt sehr gut ohne aus, weil die einzelnen Figuren und ihre Beziehungen zu Großmutter und zueinander so gut gezeichnet sind.

Bewertung vom 24.01.2023
STONE BLIND - Der Blick der Medusa
Haynes, Natalie

STONE BLIND - Der Blick der Medusa


ausgezeichnet

Gelungene Neuerzählung des bekannten Mythos

"Du bist derjenige, der denkt, dass alles, was nicht so aussieht wie du, ein Monster sein muss."

Medusa wächst behütet bei ihren beiden Schwestern, den Gorgonen, auf, bis sie den Zorn Athenes zu spüren bekommt und verflucht wird. Von nun an muss sie ein Leben als Monster führen, während Perseus sich auf den Weg macht, um ihren Kopf als Trophäe zu erlangen.

Natalie Haynes lässt den altbekannten Mythos neu aufleben und schafft es dabei, Medusa in ein anderes Licht zu rücken und zum Nachdenken anzuregen.

Sie hat einen wunderbar klugen, flüssigen und ganz und gar nicht gestellten Schreibstil; besonders gefallen hat mir der ganz leicht eingestreute Humor in manchen Passagen.

Erzählt wird die Geschichte in jedem Kapitel aus der Sicht einer anderen Person und so laufen verschiedene Handlungsstränge parallel ab, die aber alle miteinander verbunden sind.
Man kommt mit den vielen Namen/ Perspektiven überhaupt nicht durcheinander, im Gegenteil: Haynes schafft es, jeder Figur so einen lebendigen und einzigartigen Charakter einzuhauchen, dass man auch als Mythologie-Neuling nicht den Überblick verliert (und für den Fall der Fälle gibt es hinten im Buch ein Personenregister) und das empfinde ich persönlich als absolut herausragende Leistung.

Der Leser wird in einigen Kapiteln persönlich angesprochen, was aber nicht merkwürdig wirkt, sondern ganz und gar in die Geschichte passt.
Das gesamte Buch ist derart kurzweilig und rasant erzählt, dass kein Platz für Längen entstanden ist.

Die Charaktere sind so außergewöhnlich gut gezeichnet, dass man Gefühle und Meinung zu jedem entwickelt und einem die Geschehnisse sehr nahegehen und doch zum Nachdenken anregen:
Wer entscheidet eigentlich, wer oder was ein Monster ist? Und sollte man sich nicht öfter mal in andere Lebewesen hineinversetzen, bevor man urteilt?

Für mich persönlich ist es die beste Neuerzählung eines griechischen Mythos, die ich bisher gelesen habe.
Kluger Schreibstil, lebendige Charaktere und der nötige Tiefgang; ich empfehle das Buch jedem, der in die griechische Sagenwelt einsteigen möchte, aber auch für Kenner bietet es sicherlich noch einiges.
Haynes hat mich mit diesem Werk absolut überzeugt.

Bewertung vom 19.01.2023
ministeps: Fingerspiele für Klitzekleine
Volksgut

ministeps: Fingerspiele für Klitzekleine


sehr gut

Kinderreime für Groß und Klein

"Himpelchen und Pimpelchen stiegen auf einen Berg."

In "Fingerspiele für Klitzekleine" sind zehn klassische Fingerspiele aus dem Volksgut zusammengestellt.
Viele davon kenne ich noch aus meiner eigenen Kindheit, andere waren mir neu.

Die Reime sind kurz und einprägsam und regen zum Mitmachen an, die dazugehörigen Anleitungen leicht verständlich. Illustriert ist das Ganze von Monika Neubacher-Fesser, sodass es auf jeder Doppelseite niedliche Bilder zu entdecken gibt.
Wir finden in dem Büchlein für jede Situation einen passenden Reim: Wenn das Kind auf dem Wickeltisch liegt, auf dem Schoß sitzt, einfach ein bisschen Trost braucht, usw.

Fingerspiele haben viele Vorteile: Sie fördern die Sprachentwicklung, stärken das Selbstbewusstsein, schulen die Konzentrationsfähigkeit und die Motorik und das Allerbeste: Die Bindung zum Kind wird gefestigt.
Aus diesen Gründen empfehle ich das Buch jedem, der irgendwie mit Kindern zu tun hat und eine Auffrischung der bekannten Kinderreime braucht.

Einen Stern ziehe ich jedoch ab, weil ich die Altersempfehlung (9-12 Monate) etwas unpassend finde.
Fingerspiele begeistern schon ab der Geburt und begleiten Kleinkinder bis ins Kindergartenalter hinein.

Bewertung vom 09.01.2023
Frankie
Köhlmeier, Michael

Frankie


gut

Leider etwas enttäuschend

"Niemand nämlich wusste, warum er tat, was er tat, wahrscheinlich nicht einmal er selbst. Und auch nicht, was er als Nächstes tun würde."

Nach 18 Jahren kommt Franks Großvater aus dem Gefängnis. Was er verbrochen hat, weiß der fast 14-Jährige nicht, ebenso wenig, was sein Opa überhaupt für ein Mensch ist.
Die beiden lernen sich kennen und Frank wird immer tiefer in den Bann des Älteren gezogen. Wird in dieser ambivalenten Beziehung der Hass oder die Zuneigung die Oberhand gewinnen?

Michael Köhlmeiers Schreibstil ist sehr gewöhnungsbedürftig und enthält viele eigenwillige Formulierungen ("etwas in den Google eingeben"), die bei mir persönlich den Lesefluss gestört haben. Ich konnte mit der Erzählweise nicht so wirklich warm werden.
Auch mit den Figuren konnte ich nicht so viel anfangen, trotz des Ich-Erzählers war mir der Protagonist Frank nicht wirklich sympathisch (obwohl seine Eigenschaften geradezu musterschülerhaft beschrieben werden, vielleicht etwas zu viel des Guten?) und seine Handlungen und Gedanken sind nicht nachvollziehbar.

Die Grundidee der Geschichte ist zunächst sehr spannend, leider entlädt sich diese Spannung nach etwa der Hälfte des Buches bei der Raststättenszene und danach wird immer mehr klar, dass viele Fragen nicht mehr beantwortet werden, zudem werden Franks Handlungen immer unverständlicher.
Positiv hervorzuheben ist der Aufbau der Story, berichtet wird in kurzen, fast filmischen Szenen, welche ohne viele Umschweife aneinandergereiht werden, sodass eine gewisse Dynamik entsteht.

Leider ging es mir wie einigen anderen LeserInnen auch: Am Ende des Buches hab ich mich nur gefragt, was jetzt die Aussage sein soll.

Wer den Schreibstil Köhlmeiers mag und wer gerne kurze, szenische Beschreibungen liest, für den ist das Buch auf jeden Fall geeignet - ich persönlich kann ihm leider nicht so viel abgewinnen.

Bewertung vom 07.01.2023
Saubere Zeiten
Wunn, Andreas

Saubere Zeiten


ausgezeichnet

Generationen des Schweigens

"Mein Vater hatte mir nie etwas erzählt von sich. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich das Gefühl, dass mein Vater mit mir spricht."

Jakob Aubers Großvater war ein Tüftler. Sein revolutionäres Waschmittel machte ihn reich und berühmt, bis es plötzlich bergab ging mit der Firma Auber.
Als auch Jakobs Vater im Sterben liegt, erfährt dieser endlich durch Tonbänder und Tagebucheinträge, was damals gesehenen ist und verfolgt die Spuren seiner Familie bis nach Brasilien.

Andreas Wunn ist mit seinem Debütroman "Saubere Zeiten" eine wunderbarere Generationengeschichte gelungen.
Mit einer einfachen, klaren Sprache hält er den Leser auf Distanz und erzeugt trotzdem tiefe Gefühle, genauso wie es auch in der Familie Auber üblich war. Er erzählt die Geschichte dreier Generationen von Vätern, die über nichts gesprochen, alles Wichtige mit sich selbst ausgemacht haben.

Erzählt wird wechselnd aus der Sicht von Jakob, seinem Vater und Großvater, dabei ist jedoch immer sofort klar, um wen es geht und es entsteht keinerlei Verwirrung. Die einzelnen, kurzen Erinnerungen setzen sich in Laufe des Buches nach und nach wie Puzzleteile zu einem Ganzen zusammen und offenbaren die Vergangenheit der Familie Auber.

Für mich ist dies eins der besten Bücher, die ich seit Langem gelesen habe. Die Geschichte, die Gefühle, die nicht ausgesprochen werden, die damit einhergehende Einsamkeit der Figuren - das alles hat mich sehr berührt und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.
Absolute Leseempfehlung meinerseits.

Bewertung vom 08.12.2022
NIGHT - Nacht der Angst
Sager, Riley

NIGHT - Nacht der Angst


ausgezeichnet

Fesselnder Thriller mit überraschenden Wendungen

"Sie hätte sich keine Sorgen machen müssen. Sie ist nicht sein Typ. Charlie hingegen ist sein Typ, sehr sogar. Was ein Problem ist."

Charlies beste Freundin Maddy wird auf dem Universitätsgelände ermordet. Um das traumatische Umfeld zu verlassen, beschließt sie, nach Hause zu fahren und trifft auf Josh, der in dieselbe Richtung muss und ihr anbietet, sie mitzunehmen.
Auf der Fahrt schleicht sich ihr immer mehr der Verdacht ein, Josh könne der Campus-Killer sein, der immer noch frei herumläuft. Kann sie ihren Gedanken trauen?
Je weiter die beiden fahren, desto sicherer wird sich Charlie: Nur einer von den beiden kann die Nacht überleben.

Riley Sager ist mit "Night" ein unfassbar spannender Thriller gelungen. Er spielt hauptsächlich im Auto, was ich als Schauplatz für dieses Genre sehr außergewöhnlich und interessant finde.
Wir erfahren im ersten Teil viel über Charlie und ihre Vergangenheit. Sie hat zwischendurch "Aussetzer", die sie als Filme im Kopf beschreibt und schnell verschwimmen die Realität und ihre Gedankenwelt. Ebenso wie sie selbst fragt man sich auch als Leser, was nun wirklich passiert ist und was nicht. Riley konfrontiert einen direkt mit jenen Ängsten, die wohl jeder kennt, der schon einmal bei einem Fremden mitgefahren ist.
Nach der "Kennenlernphase" der beiden Reisenden nimmt die Geschichte schnell an Fahrt auf und mir fiel es schwer, das Buch überhaupt noch aus der Hand zu legen.

Die Protagonistin setzt sich im Laufe der Handlung immer wieder mit ihren Schuldgefühlen für den Tod ihrer besten Freundin auseinander, die Schlüsse die sie daraus zieht und die Entwicklung, die sich durchmacht, sind sehr schön gelungen und gestalten einen großen Wendepunkt in der Geschichte.
Wenn auch die Angst im Vordergrund steht, behandelt der Thriller ebenso die Themen Schuld, Rache und Vergebung.

Zwischendurch bekommt man den Eindruck, die Handlung sei gerade sehr klischeehaft, doch der Autor schafft es, alles mit völlig überraschenden Wendungen zu erklären und zum Schluss ist nichts mehr, wie es am Anfang schien.
Gerade das Ende empfand ich als sehr besonders und gut gelungen, es wird dem Buch definitiv gerecht.

Absolute Leseempfehlung an alle Thriller-Fans!