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Bookfairy

Bewertungen

Insgesamt 70 Bewertungen
Bewertung vom 25.07.2016
Cline, Emma

The Girls


sehr gut

"The Girls" beginnt wie ein Buch für junge Erwachsene, allerdings mit mehr literarischem Anspruch. Die Autorin Emma Cline beschreibt das Leben von Evie Boyd, die im Sommer 1969 in Kalifornien lebt und eigentlich ein typischer Teenager ist. Sowohl sprachlich als auch vom Verständnis des Seelenlebens einer 14-jährigen her ist der erste Teil des Buches toll zu lesen. Jeder Leser wird die Ängste und Sehnsüchte seiner Jugend auf den Punkt gebracht wiedererkennen.

Evie lechzt nach Anerkennung und möchte wahrgenommen werden. Da sie aber ein völlig durchschnittliches Mädchen ist und ihre Eltern sich noch dazu gerade getrennt haben und daher mit sich selbst beschäftigt sind, gelingt ihr das nicht – bis sie Suzanne begegnet. Suzanne sieht sie bei einer Zufallsbegegnung nur einmal an und Evie hat das Gefühl, dass sie zum ersten Mal richtig "gesehen" wurde.

Evie schafft es, in Suzannes "Familie" aufgenommen werden, die auf einer heruntergekommenen Ranch lebt und deren Zentrum der charismatische Russell ist. Alle Mädchen lieben ihn. Obwohl Evie sich seiner Anziehungskraft auch nicht entziehen kann, ist Suzanne aber ihr eigentlicher Fixpunkt in dieser Gemeinschaft.

Die reelle Vorlage dieses Buches ist der Kult um Charles Manson. Auch dieser Kult um Russell endet mit Gewalt und Tod, wie man gleich am Anfang des Buches erfährt. Die Autorin versucht zu zeigen, wie leicht ein unsicheres Mädchen wie Evie in die Fänge eines Mannes wie Russell gelangen kann. Das ist ihr meiner Meinung nach aber nur begrenzt gelungen, da die Geschichte in dem Moment an Tempo und Glaubwürdigkeit verliert, als Evie auf die Ranch zieht. Während ich Evies Faszination mit der Gruppe um Russell und dem Leben auf der Ranch durchaus nachvollziehen kann, ist Russell einfach zu blass beschrieben, als dass ich verstehen könnte, was sein Charisma ausmacht. Immer wenn er auf der Bildfläche erscheint, verwandeln sich alle und das Leben wird schön und bunt – ja, aber warum? Das kann die Autorin zumindest mir nicht nahebringen.

Auch Evies Faszination mit Suzanne ist schwer zu verstehen, da ich Suzanne völlig langweilig und nichtssagend finde. Aber in dem Fall reicht es mir, dass Evie sich von ihr angezogen und verstanden fühlt, da muss ich nicht unbedingt mehr wissen.

Durch den wunderbaren Stil der Autorin macht es Spaß, "The Girls" zu lesen. Sowohl Evie als auch Suzanne sind relativ unsympathisch und Russell ist für mich eine Randfigur, da müsste das Buch eigentlich langweilig sein, was es aber nicht ist. Und auch wenn die Autorin es nicht schafft, den Sommer 1969 heraufzubeschwören oder mir Russells Charisma zu vermitteln, zeigt sie doch, wie leicht unsichere, verletzliche Teenager beeinflusst werden und als Mittel zum Zweck benutzt werden können.

Auch den Aufbau des Buches finde ich sehr gelungen, denn erzählt wird die Geschichte von der erwachsenen Evie, die zurückblickt und die in einem jungen, unsicheren Mädchen, das sie zufällig trifft, die Evie von früher wiedererkennt…

Bewertung vom 13.07.2016
Bierach, Barbara

Lügenmauer / Emma Vaughan Bd.1


sehr gut

Und wieder einmal ein Buch mit irreführendem Klappentext: "Die Spur führt in ein Kloster, in dem in den 60er Jahren junge Mütter ihre unehelichen Kinder zur Welt brachten. Was aber passierte mit den Kindern? Emmas Fragen treffen nur auf eisiges Schweigen."

Tja, nur leider spielt dieses Heim für ledige Mütter in den Ermittlungen von Inspector Emma Vaughan überhaupt keine Rolle – sie weiß bis zum Ende des Buches nicht einmal, dass es existiert – also kann sie auch keine Fragen dazu stellen! Ich hatte mir nach dem Klappentext ein ganz anderes Buch vorgestellt, aber glücklicherweise hat es mir trotzdem gefallen, gerade weil es nicht diesem Klischee entsprach.

Emma muss den Mord an dem pensionierten Reverend Fitzpatrick aufklären. Ein protestantischer Pfarrer im katholischen Irland, der noch dazu für die britische Armee gearbeitet hat, muss doch Feinde gehabt haben. Steckt vielleicht gar die IRA dahinter? Oder doch ganz einfach ein eifersüchtiger Ehemann, da der Reverend für seine Frauengeschichten bekannt war? Während Emma in diese Richtungen ermittelt, sieht sich in England eine Altenpflegerin mit der Vergangenheit einer dementen alten Dame konfrontiert…

Emma Vaughan als Ermittlerin gefällt mir. Sie hat eine schwierige Ehe hinter sich, deren Auswirkungen sie immer noch körperlich spürt, nämlich in Form von starken Schmerzen durch einen Unfall, die sie mit immer höheren Dosen Schmerztabletten zu bekämpfen versucht. Sie hat das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn, aber ihr Ex-Mann hat das Wohlwollen der Leute um ihn herum, denn nur Emma und er kennen die Wahrheit über ihre Ehe. Emma ist Protestantin wie der ermordete Reverend, will aber mit jeder Form von Religion nichts zu tun haben, was in Irland nicht möglich ist. Ihren Kollegen, Sergeant James Quinn, findet sie manchmal zu nett und zu charmant für einen Polizisten, aber eigentlich tut er ihr auch ganz gut in ihrem chaotischen Leben. Die beiden bilden ein interessantes Team und die Autorin hat sich viel Spielraum für eine eventuelle Fortsetzung als Serie mit diesem Duo gelassen.

Jetzt kommt meine Kritik: man merkt, dass das Buch von einer deutschen Autorin geschrieben wurde; es ist teilweise einfach zu belehrend und schulmeisterlich, vor allem wenn es um die Geschichte, Kultur und Landschaft Irlands geht. Was ich auch sehr merkwürdig finde, ist, dass Emma angeblich nichts von Religion wissen will, aber auf fast jeder Seite kommen ihre Überlegungen zu katholisch/protestantisch vor. Selbst in den Krimis von Adrian McKinty, der seinen Detective Sean Duffy Anfang der 80er Jahre in Nordirland ermitteln lässt, spielt das keine so große Rolle wie hier im Jahr 2005, in dem das Buch spielt. Obwohl die Handlung interessant war, hat es mich irgendwann etwas genervt.

Emma denkt und handelt insgesamt zu deutsch, dadurch hat mich das Buch beim Lesen trotz aller Landschaftsbeschreibungen nicht nach Irland versetzt, so wie das zum Beispiel bei McKintys Büchern der Fall ist, aber von der Handlung her hat mir das Buch gut gefallen, wenn auch nicht so sehr als "Irland-Krimi".

Bewertung vom 10.07.2016
Barrows, Annie

In Liebe, Layla


sehr gut

"In Liebe, Layla" ist für mich ein typisch amerikanischer Roman, der in einer amerikanischen Kleinstadt während der Wirtschaftskrise in den 30er Jahren spielt.

Die Senatorentochter Layla weigert sich, standesgemäß zu heiraten und wird von ihrem Vater in die "Verbannung" geschickt, in diesem Fall in das kleine Städtchen Macedonia in West Virginia; dort soll sie die Geschichte der Stadt zu deren 150-Jahr-Feier aufschreiben. Sie wohnt zur Untermiete bei der Familie Romney und bald gilt ihr Interesse nicht nur der Vergangenheit der Stadt, sondern auch der Vergangenheit dieser Familie…

Die Geschichte wird mal aus Laylas Sicht erzählt und mal aus der Sicht der 12-jährigen Willa Romney, die am Tag von Laylas Ankunft beschließt, erwachsen zu werden und sich nicht mehr von den Erwachsenen belügen zu lassen – vor allem, wenn es um die Vergangenheit geht.

Wenn ich dieses Buch sehr amerikanisch finde, dann liegt das hauptsächlich an der Erzählweise. Das Tempo ist sehr ruhig, fast schon beschaulich, und spiegelt damit das Tempo wider, in dem sich das Leben der Bewohner von Macedonia in der Hitze des Sommers abspielt, in dem Layla dort ankommt. Die Beschreibungen des Wetters, der Menschen, der Häuser, der Gärten, der Stadt usw. nehmen einen großen Teil des Buches ein. Die Erzählweise hat mich an viele andere amerikanische Romane erinnert. Einerseits zieht es das Buch ziemlich in die Länge und manchmal hat es mich ungeduldig gemacht, weil ich lieber gewusst hätte, wie die Handlung weitergeht, aber andererseits sorgt es für eine sehr angenehme Lektüre. Es ist kein Buch, das ich ohne Unterbrechung gelesen habe, da ich ja sowieso nicht wusste, wann es in der Handlung endlich weitergeht, aber ich habe es immer wieder gerne in die Hand genommen, um zur Entspannung zu lesen.

Die Handlung, und letztendlich auch die Familiengeschichte der Romneys, ist nichts Weltbewegendes, aber da das Buch 600 Seiten hat, kann man damit für eine Weile in das Leben in Macedonia eintauchen, was ich sehr nett fand.

Was mich wirklich gestört hat, war ein Punkt in der Übersetzung: fast alle Frauen und Mädchen in Macedonia werden mit "Süße" angesprochen und das sehr, sehr häufig. In meinem Sprachgefühl kann man nur kleine Mädchen oder seine Frau/Freundin mit "Süße" titulieren", andererseits hat es einen sehr komischen Beigeschmack. Wahrscheinlich steht im Original "Sweetie" oder "Honey", was gerade in den USA völlig normal ist, aber auf Deutsch stört mich dieser inflationäre Gebrauch von "Süße" sehr.

Bewertung vom 17.06.2016
Carter, Chris

I Am Death. Der Totmacher / Detective Robert Hunter Bd.7


gut

Ich habe alle Bücher von Chris Carter gelesen. Der letzte Band, der mir am besten gefallen hat, war ja etwas anders als die anderen, aber diesmal ist der Autor zu seinem normalen Schema zurückgekehrt. Normalerweise gefällt mir an seinen Büchern die wachsende Spannung, wenn die Täter ihre psychologischen Spielchen mit Robert Hunter treiben, und die Teamarbeit von Hunter und seinem Partner Carlos Garcia. Beides habe ich in diesem Buch vermisst; es ist ein lauwarmer Aufguss aller vorherigen Bände.

In Los Angeles entführt und ermordet ein Serientäter junge Frauen, nachdem er sie vorher auf brutalste Weise gefoltert hat. Jedes Mal hinterlässt er auf makabre Weise seine Signatur "Ich bin der Tod". Bald fängt er auch an, auf verschiedenen Wegen mit der Polizei zu kommunizieren, und das Merkwürdige daran ist, dass er hofft, er möge bald gefasst werden, damit die Morde aufhören können…

Das Schema ist haargenau dasselbe wie in den Bänden 1-5, aber hier fehlt so viel, was das Besondere der anderen Bücher ausmachte. Abgesehen von den Beschreibungen der Folterungen und Morde, wo Chris Carter an Fantasie ja noch nie zu übertreffen war, hatte ich das Gefühl, das alles schon mal in anderen Büchern gelesen oder in Filmen gesehen zu haben.

Obwohl ich fand, dass Hunter und Garcia diesmal mehr auf einer Ebene agierten, nachdem sonst ja immer Hunter der Überlegene war, ist von Garcia kaum etwas zu merken. Von beiden erfährt man nichts vom Privatleben, was für mich in so einer Serie auch dazugehört. Und richtige Ermittlungsarbeit ist eigentlich auch nicht erkennbar; Hunter hat eher immer irgendwelche Ahnungen, die sich dann (natürlich) als richtig herausstellen.

Am meisten hat mich die Auflösung des Falls enttäuscht, da der Autor in diesem Buch ein stilistisches Mittel benutzt, das ich nicht mag und von dem ich mich immer hinters Licht geführt fühle – aber das sieht wahrscheinlich jeder Leser anders.

Das Buch ist nicht schlecht, es ist ein spannender, handwerklich gut gemachter Thriller, aber es reicht an Carters vorherige Bücher einfach nicht heran.

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Bewertung vom 13.06.2016
Rees, Tracy

Die Reise der Amy Snow


sehr gut

Ich mag historische Romane, aber bei diesem hat mich die Beschreibung zunächst etwas abgeschreckt: Amy Snow wurde als Baby ausgesetzt und von Aurelia, der Tochter der adligen Familie Vennaway gefunden. Die Eltern wollen das Baby sofort ins Waisenhaus geben, wo es ihrer Meinung nach hingehört, aber Aurelia besteht darauf, dass sie bleibt. Die beiden Mädchen werden beste Freundinnen, doch Aurelia stirbt sehr jung. Nach ihrem Tod lässt sie Amy einen Brief zukommen, in dem sie sie auf eine "Schatzsuche" schickt. In diesem Brief steht ein "Code", den nur Amy entschlüsseln kann, um dann den nächsten Brief mit dem nächsten "Code" zu finden - das hat sich für mich nicht nach historischem Roman angehört, eher nach Fantasy oder Spionage-Thriller…

Doch schon nach wenigen Seiten war ich überzeugt, denn ich war bereits tief ins viktorianische England eingetaucht, das die Autorin mit ihrer Sprache und ihren Beschreibungen perfekt vermittelt. Durch die Briefe lernt der Leser Aurelia kennen und auch Amy lernt dadurch eine "neue" Aurelia kennen, von der sie nicht wusste, dass sie existierte. Aurelia hatte ein Geheimnis und zu dessen Lösung will sie Amy mit Hilfe der Briefe führen. Zugegeben, für Leser im 21. Jahrhundert ist es bald offensichtlich, was Aurelias Geheimnis ist, aber da man keine Details weiß, mindert das die Spannung nicht. Abgesehen davon, dass Aurelia Amy zu ihrem Geheimnis führen will, möchte sie mit ihren Briefen auch erreichen, dass Amy endlich anfängt richtig zu leben. Bisher war sie als Aurelias Freundin im Haus ihrer Eltern nur geduldet und hat weder in die Welt der Reichen noch in die der Dienstboten gehört. Dass sie nun als Frau alleine auf Reisen geht, widerspricht auch den Konventionen der Zeit. Mit Aurelias Hilfe findet sie Freunde und Unterstützung und trotzdem überkommen sie oft Zweifel, ob diese Suche es letztendlich wirklich wert ist…

Das ist der Punkt, der zum Sternabzug bei mir geführt hat: das Buch ist mit fast 500 Seiten zu lang; ein Großteil der Seiten ist damit ausgefüllt, dass Amy nicht weiß, was sie machen soll und ob sie überhaupt weitermachen soll. Nach einem fesselnden Anfang verliert das Buch an Tempo und wiederholt sich sehr oft. Zum Teil lösen sich Amys Probleme auch zu schnell von selbst und durch Zufall, das hat mich auch etwas gestört.

Die Beschreibungen sowohl der verschiedenen Charaktere als auch der viktorianischen Zeit wären allerdings fünf Sterne wert. Allein durch ihre Briefe hat man das Gefühl Aurelia zu kennen, Amys neue Freunde in Twickenham sind einfach nur entzückend und an der exzentrischen Mrs Riverthorpe kommt niemand vorbei. Die Autorin hat sehr gut und viel recherchiert und versetzt den Leser in eine anderen Zeit und Welt.

Trotz der Länge ein wirklich schönes Buch und obwohl es um die üblichen Themen geht – beste Freundinnen, Liebe, arme Frau in der Welt der Reichen - ein ungewöhnlicher historischer Roman.

Bewertung vom 07.06.2016
Llach, Lluis

Die Frauen von La Principal


ausgezeichnet

"Die Frauen von La Principal" - das sind drei Generationen von Frauen, die ein großes Weingut in Katalonien führen. Die Erzählung springt zwischen den Zeiten hin und her, wobei die Tatsache, dass die Frauen in jeder Generation Maria heißen, das Verständnis nicht unbedingt fördert. Sie beginnt 1893, als die einzige Tochter des Großgrundbesitzers den Besitz erbt, der wegen einer Reblausplage dem Untergang geweiht zu sein scheint, und endet im Jahr 2001, als die 60-jährige Enkelin dieser Erbin die Wahrheit über gewisse Ereignisse in ihrer Familie erfährt…

1936 geschah ein Mord in Pous, dem Ort, zu dem die Principal gehört. Der junge Polizeibeamte Recader wurde hingeschickt, um den Fall aufzunehmen, konnte aber nicht lange ermitteln, da der Spanische Bürgerkrieg dazwischenkam. 1940 ist er zum Inspektor aufgestiegen und bittet seinen Chef, diesen Fall endliche lösen zu dürfen. Recader ist mit Leib und Seele Polizist und hat viele seiner Methoden aus den englischen Kriminalromanen gelernt, die seine Mutter immer las. Seine Ermittlungen und Gedanken stoßen nicht überall auf Verständnis, sind aber unterhaltsam zu lesen.

Den Mordfall kann Recader nur lösen, wenn er die Hintergründe kennt, und so erzählt ihm die alte Amme Úrsula nach und nach die Geschichte der Principal und ihrer Frauen…

Ich habe lange überlegt, ob ich dem Buch vier oder fünf Sterne gebe, da es einige Längen hat. Während Recader seine Ermittlungen durchführt, ist die Handlung voller Elan und Spannung, doch Úrsulas Geschichte, so interessant sie auch ist, lähmt den Lesefluss etwas. Dafür entschädigt dann aber wieder die poetische und ausdrucksstarke Sprache des Autors (und der Übersetzerin!), daher habe ich mich für fünf Sterne entschieden.

Die wenigen Seiten, die in der Gegenwart spielen, fand ich etwas zu nüchtern verglichen mit der Vergangenheit, aber früher war das Leben auf der Principal auch einfach bunter und vielfältiger und vor allem lebten dort damals viel mehr Personen.

"Die Frauen von La Principal" ist ein ungewöhnliches Buch, sowohl vom Inhalt, Aufbau als auch von den Charakteren her, und es hat mich damit in seinen Bann gezogen. Meine Sympathien für die Charaktere wechselten auch ständig, da der Leser von jeder Person auch eine weniger nette oder angenehme Seite kennenlernt. Es gibt (fast) niemanden, der nur gut oder nur böse ist, und das hat mir gut gefallen. Ich hoffe, der Autor hat noch einmal so einen tollen Einfall für ein Buch, mit dem er uns in die Vergangenheit Kataloniens entführt.

Bewertung vom 31.05.2016
Fox, Candice

Hades / Eden Archer & Frank Bennett Bd.1


sehr gut

Dies ist der erste Band der Trilogie um die Geschwister Eden und Eric. Beide arbeiten bei der Mordkommission in Sydney. Wie es kam, dass sie zur Polizei gegangen sind und dass sie eine völlig andere Motivation dafür haben als andere Polizisten, wird in Rückblenden in ihre Kindheit erzählt.

Eden und Eric wurden von Hades, dem "Herrn der Unterwelt" Sydneys aufgezogen, nachdem er sie als Kleinkinder eigentlich "entsorgen" sollte. Hades ist der Chef der Mülldeponie und für einen angemessenen Preis entsorgt er alles… Die Eltern der Kinder wurden bei einem Überfall ermordet, aber die beiden haben überlebt und Hades nimmt sie auf und sie wachsen mit seinen Moral- und Wertvorstellungen auf. Doch ihre Vergangenheit hat sie geprägt und sie wollen Rache an den Tätern, die ihre Familie zerstört haben…

Frank Bennett wird Edens neuer Partner bei der Mordkommission. Schnell merkt er, dass die Zusammenarbeit mit Eden nicht immer einfach ist, da sie Geheimnisse hat und da Eric versucht, ihm das Leben schwer zu machen. In ihrem ersten gemeinsamen Fall jagen sie einen Serienkiller, der es auf die Organe seiner Opfer abgesehen hat.

Im Prinzip gibt es in diesem Buch drei Handlungsstränge: die Erzählung von Eden und Erics Kindheit, den aktuellen Fall und Franks Leben. Der Fall wird aus Franks Sicht erzählt, wodurch man ihn und sein ziemlich verkorkstes Leben besser kennenlernt. Außerdem ist er wie besessen davon, der mysteriöse Eden näher zu kommen…

Am interessantesten war für mich Eden und Erics Kindheit und welche Auswirkungen sie auf ihr heutiges Leben hat. Der Fall war zwar interessant, geriet aber etwas in den Hintergrund. Ich hätte gerne mehr über den Täter erfahren, von dem nur einige Kindheitserlebnisse beschrieben sind, und darüber, wie er dazu kam, diese Morde zu planen und auszuführen. Frank ging mir auf die Nerven mit seinem Selbstmitleid, da er sich das Meiste, was in seinem Leben schiefgelaufen ist, selbst zuzuschreiben hat.

Eden steht in diesem ersten Band definitiv im Mittelpunkt und das macht das Besondere des Buches aus, obwohl sie mir etwas zu perfekt ist: sie sieht zu jeder Tages- und Nachtzeit aus wie ein Model – egal wieviel Schlaf sie hatte -, ist künstlerisch begabt und intelligent. Das ist irgendwie zuviel.

So ganz gelungen fand ich die Mischung der drei Perspektiven nicht, weswegen ich dem Buch "nur" vier Sterne gebe, aber "Hades" ist auf jeden Fall ein spannender Krimi mit interessanten Protagonisten und einem ungewöhnlichen Hintergrund. Ich bin gespannt, wie es weitergeht und ob die Vergangenheit Eden und Eric irgendwann einholt...

Bewertung vom 31.05.2016
Bell, Anna

Eigentlich bist du gar nicht mein Typ


sehr gut

Im Original heißt dieses Buch "The bucket list to mend a broken heart", denn in englischsprachigen Ländern sind "bucket lists" sehr beliebt (schließlich gibt es dort ja sogar ein eigenes Wort dafür…!).

Abis Freund Joseph hat vor kurzem mit ihr Schluss gemacht mit der Begründung "ich glaube nicht, dass wir die gleichen Dinge vom Leben wollen". Als er ihr eine Kiste mit ihren Sachen, die noch in seiner Wohnung waren, vor die Tür stellt, findet Abi dort Josephs "bucket list", nämlich eine Liste mit 10 Dingen, die er vor seinem 40. Geburtstag getan haben möchte. Auf der Liste sind mehrere Aktivitäten, die Abenteuerlust und Sportlichkeit voraussetzen, zwei Eigenschaften, die Abi nicht hat und die ihr bei Joseph eigentlich auch nie so aufgefallen sind.

Obwohl Abi völlig unsportlich ist und ihr vor allem der letzte Punkt – Abseilen vom höchsten Turm der Stadt – Albträume bereitet, beschließt sie, Josephs Liste zu verwirklichen. Wenn Joseph sieht, dass sie alle Dinge macht, von denen er träumt, muss er doch erkennen, wie gut sie zusammen passen und zu ihr zurückkommen!

In dem Moment, wo Abi beginnt, die Liste in Angriff zu nehmen, ist schon klar, wie das Buch endet. Aber das macht nichts, weil es einfach Spaß macht Abi auf ihrem Weg zu begleiten. Auch Abis Freunde sind vorhersehbar: da gibt es die beste Freundin, die kein Blatt vor den Mund nimmt, aber immer für sie da ist; den verständnisvollen Kollegen; die neue, junge Kollegin, die es auf Abis Position abgesehen zu haben scheint und die den Chef um ihren kleinen Finger wickelt, und nicht zuletzt den zuverlässigen männlichen Freund, der als Einziger den wahren Grund für Abis ungewöhnliche Liste, die gar nicht zu ihr passt, kennt.

Das Buch ist in typischer Chick-lit-Manier geschrieben – man mag das oder man mag es nicht. Ich mag es, daher gebe ich vier Sterne, denn hier haben wir Chick-lit vom Feinsten. Es ist ein Buch, das der Leserin ein gutes Gefühl gibt und mit dem man sich für ein paar Stunden in eine andere Welt zurückziehen kann. Und ich glaube, ich verrate nicht zuviel, wenn ich sage, dass Abi am Ende natürlich ihr Glück findet…

Bewertung vom 29.05.2016
Prammer, Theresa

Mörderische Wahrheiten / Carlotta Fiore Bd.2


gut

"Mörderische Wahrheiten" ist der 2. Band der Autorin, in dem Carlotta ("Lotta") Fiore in einen Mordfall verwickelt wird. Glücklicherweise hatte ich den 1. Band "Wiener Totenlieder" – der mit einem Cliffhanger endet, an den der 2. Band anschließt – kurz vorher gelesen. Das kann ich jedem Leser nur empfehlen, da man meiner Meinung nach die vielen Anspielungen auf Carlottas Vergangenheit, auf den 1. Fall und ihre Beziehung zu den meisten anderen Personen im 2. Band sonst nicht versteht.

Dann hat man es aber mit einem außergewöhnlichen Kriminalfall zu tun: in Wien werden mehrere Teenager auf dieselbe Weise ermordet wie in einer Mordserie vor zwanzig Jahren, auch die DNA des damaligen Täters wird an den Tatorten gefunden. Das Problem ist nur, dass der Täter von damals nach einer langen Zeit im Gefängnis vor kurzem gestorben ist…

Konrad Fürst war vor zwanzig Jahren der Hauptermittler in dem Fall und sein Vorgesetzter Krump setzt auf sein Wissen und seine Erinnerungen – nur leider ist Konrad gerade aus einem monatelangen Koma aufgewacht und kann sich an nichts erinnern. Krump setzt Lotta darauf an, Konrad so schnell wie möglich dazu zu bringen, sich wieder zu erinnern und an dem Fall mitzuarbeiten. Lotta möchte aus anderen Gründen, dass Konrads Erinnerungen zurückkommen, da sie am Ende des letzten Falles erfahren hat, dass Konrad ihr Vater ist, vor seinem Unfall aber nicht mehr mit ihm darüber reden konnte. Lotta ist zwar eigentlich Kaufhausdetektivin, nachdem sie bei der Polizei nicht angenommen wurde, hat aber durch ihren Freund Hannes schon im letzten Fall mitermittelt. Sie stellt auch bald fest, dass sie in ihrer Kindheit Kontakt mit der Familie des damaligen Täters hatte und kann in ihren Nachforschungen daran anknüpfen.

Also zieht Lotta mit ihrem kleinen Sohn in Konrads Wohnung und holt Konrad zu sich nach Hause. Das Zusammenleben mit einem kleinen Kind und einem Mann ohne Gedächtnis, der die einfachsten Dinge neu lernen muss (und dann sofort wieder vergisst) ist gelinde gesagt chaotisch. Lotta will den Fall auch so schnell wie möglich lösen, damit Krump aufhört, Konrads Genesung zu behindern. In ihrem Bemühen verursacht Lotta immer mehr Chaos und begibt sich immer wieder in Gefahr…

Ich fand den Fall und letztendlich auch seine Lösung sehr interessant, aber leider etwas zu chaotisch und teilweise für einen Krimi auch zu spannungsarm. Wie schon im letzten Band stört mich, dass man nicht merkt, dass die Handlung in Wien spielt. Abgesehen von den Wiener Ortsnamen gibt es überhaupt kein Lokalkolorit, was ich sehr schade finde.

Die Charaktere in dem Buch sind definitiv gewöhnungsbedürftig, allen voran Carlotta. Sie ist sehr impulsiv und viele ihrer Handlungen kann man nicht nachvollziehen. Einerseits hat mich das gestört, andererseits ist es ja eigentlich normal. Die meisten Handlungen normaler Menschen im täglichen Leben sind auch nicht unbedingt nachvollziehbar, da kann man es auch nicht von Romanfiguren erwarten. Konrads Vorgesetzter Krump ist mir zu extrem, in allem, was er macht, und Lottas Freund Hannes, der auch der Vater ihres Kindes ist, bleibt eine Randfigur. Zu Konrad, der mir im ersten Band am sympathischsten war und der für mich meistens die Stimme der Vernunft war, kann man in diesem Band verständlicherweise nicht viel sagen.

Die Autorin schreibt an einem 3. Teil dieser Serie. Ich werde ihn wohl lesen, um zu sehen, wie es mit Konrad und Lotta weitergeht, aber so gespannt auf den nächsten Band wie nach "Wiener Totenlieder" bin ich leider nicht mehr.