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Alexandros
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Erde

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Insgesamt 28 Bewertungen
Bewertung vom 27.05.2023
Wo ist die Mitte des Weltalls? (eBook, ePUB)
Cham, Jorge; Whiteson, Daniel

Wo ist die Mitte des Weltalls? (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die Antwort ist doch nicht 42

Wie sagt man so unschön: Ein Buch für die ganze Familie. Bei "Wo ist die Mitte des Weltalls" von Jorge Cham und Daniel Whiteson stimmt es aber.

Wenn sich ein Absolvent der Robotertechnik, der seinen Kampf mit den Tücken der Prokrastination und dem Alltag eines Universitätsstudenten in witzigen Comics auf Twitter geteilt hat, und ein Professor für Physik und Astronomie für einen gemeinsamen Podcast zusammentun, hat die Hörerschaft unweigerlich Fragen. Die am meisten gestellten haben sie in diesem Buch zusammengestellt und nach dem Stand der aktuellen Forschung kongenial erklärt.

Kongenial deshalb, weil sie für alle verständlich geschrieben sind. Dazu gibt es viele Verweise zur Populärkultur und natürlich zur Science Fiction. Und darüber hinaus illustrieren Jorges Comics das Geschriebene mit einer weiteren Portion Humor.

Folgende Fragen werden ausführlich beantwortet:
1) Wieso kann ich nicht in die Vergangenheit reisen?
2) Wieso haben uns noch keine Außerirdischen besucht? Oder waren sie doch schon da?
3) Gibt es Sie mehrmals?
4) Wie lange wird die Menschheit überleben?
5) Was passiert, wenn mich ein Schwarzes Loch einsaugt?
6) Warum können wir uns nicht teleportieren?
7) Gibt es irgendwo da draußen eine andere Erde?
8) Was hält uns davon ab, zu den Sternen zu reisen?
9) Wird ein Asteroid die Erde treffen und uns alle umbringen?
10) Sind Menschen vorhersehbar?
11) Wo kommt das Universum her?
12) Wird die Zeit irgendwann anhalten?
13) Ist ein Leben nach dem Tod möglich?
14) Leben wir in einer Computersimulation?
14) Warum ist E = mc2
15) Wo liegt das Zentrum des Universums?
16) Können wir aus dem Mars eine neue Erde machen?
17) Können wir einen Warp-Antrieb bauen?
18) Wann wird die Sonne erlöschen?
19) Warum stellen wir Fragen?

"Wo ist die Mitte des Weltalls" räumt zwar ein bisschen mit Hoffnungen und Möglichkeiten für die Zukunft auf. Wer zum Beispiel täglich darauf wartet, dass endlich das Beamen erfunden wird, wird nach der Lektüre des entsprechenden Kapitels wissen, dass Science Fiction aufgrund physikalischer Gegebenheiten Science Fiction bleiben wird. Einige Hoffnungen werden aber auch bestätigt und darüber hinaus einige Ängste abgebaut. In dem Sinne ist "Wo ist die Mitte des Weltalls" ein gelungenes Buch gegen so manchen Verschwörungsmythos.

Fazit: Jorge Cham und Daniel Whiteson haben ein intelligentes, witziges und lehrreiches Buch verfasst, das einfach Spaß macht. Am Ende wissen Sie, dass 42 eben nicht die Antwort auf alles ist. Das Universum ist durchaus komplexer, doch immerhin wissen Sie jetzt mehr als vorher.

Bewertung vom 14.05.2023
Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)
Boyle, T. C.

Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)


ausgezeichnet

Von Schlangen und Schmetterlingen

Am Ende erscheint der Himmel über den Menschen in der Boyle'schen Zukunft weiß und nicht mehr blau. Wie kommt es dazu? Und welche Auswirkungen hat das auf die Erde und seine Bewohner?

T.C. Boyle gibt in seiner brillanten Erzählung Indizien, stellt immer wieder Fragen, die er seine Protagonisten stellen lässt, aber nicht beantwortet.

Die Protagonisten sind Cat, Cooper und ihre Eltern Ottilie und Frank. Im Verlauf des Romans finden sie alles normal; alles wird gut. Immerhin vollziehen sich irdische Veränderungen langsam. Doch wenn der letzte Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt, kommt die große Katastrophe.

Cat will Influencerin werden. Ihr Freund sorgt als Alkoholika-Botschafter für ein gutes Einkommen; da kann sie auf seltsame Ideen kommen. Insbesondere, sich eine Tigerpython zuzulegen, um bei Social Media aus der Masse herauszustechen. Damit beginnt der Roman; damit nimmt das Unheil seinen Anfang.

Cooper ist das genaue Gegenteil. Er hat sein Leben den Insekten verschrieben, vor allem den Schmetterlingen. Mittlerweile findet er kaum noch welche und sieht die Menschheit bereits verschwinden. Das ist ihm jedoch weniger wichtig als das Verschwinden der Insekten.

Auf diesem Konflikt baut sich das Familienleben auf. Mutter Ottilie versucht, es allen recht zu machen. Sie vermittelt, versucht sich an Ressourcenschonung und neuen Rezepten. Vater Frank ist Arzt, spielt jedoch nur eine Nebenrolle.

Boyle schreibt in bekannter Manier großartig. Innerhalb weniger Tage hatte ich das Buch gelesen und wollte doch, dass es niemals endet. Ohne erhobenen Zeigefinger entwirft Boyle eine unmittelbare Zukunft, wie sie durchaus realistisch ist. Sie ist bestimmt von Dürre und Flächenbränden in Kalifornien, wo Cooper, Ottilie und Frank wohnen, und Überschwemmungen in Florida, wo Cat lebt. Kommt die Menschheit noch mal davon? Am Ende liefert Boyle eine Möglichkeit, deutet jedoch gleichzeitig an, dass auch diese vom Menschen erdachte den Zustand der Erde eher noch verschlimmert als verbessert. Die nächste Katastrophe bahnt sich bereits an. Ich hoffe auf mindestens einen zweiten Teil dieser Dystopie.

Ein kleines Manko hat das Buch: Scheinbar hat Übersetzer Dirk von Gunsteren Probleme mit der deutschen Grammatik, insbesondere mit der Unterscheidung von das / dass und dem Dativ. Die vielen entsprechenden Fehler sind dieses Romans unwürdig.

Fazit: Boyle hat mit "Blue Skies" mal wieder einen absoluten Treffer gelandet. Ottilie ist für mich der heimliche / tragische Star. Das Ende des Romans ist offen geschrieben und bietet durch den vorigen Inhalt viel Stoff für Diskussionen. Unbedingt lesen!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.04.2023
Wolf
Stanisic, Sasa

Wolf


ausgezeichnet

Den inneren Wolf rauslassen

Bei diesem Jugendbuch von Saša Stanišić (Text) und Regina Kehn (Illustrationen) stimmt einfach alles. Der Text ist intelligent, lässt sich gut lesen und regt zum Nachdenken an, gibt Anregungen und Tipps, aber nie mit erhobenem Zeigefinger und ist darüber hinaus noch witzig, spannend und zu Tränen rührend. Die Illustrationen sind genau das ebenfalls, nur in zeichnerisch. Beides zusammen steckt zwischen harten Buchdeckeln, liegt auf hochwertigem Papier und ist erstklassig gebunden. Besser geht es nicht!

Inhaltlich auch nicht. Denn hier stimmt einfach alles. Der Protagonist Kemi ist ein Junge im Alter der Zielgruppe, also etwa 12 bis 14 Jahre alt. Mehr gezwungen als freiwillig ist er mit anderen Jugendlichen seiner Schule ins Ferienlager nach Brandenburg unterwegs. Kemi ist ein Nerd, der schlaue Reden schwingt, seltsame Fragen stellt und wahrscheinlich gemobbt werden würde, wäre da nicht Jörg, der scheinbar noch etwas seltsamer ist als Kemi. Jörg ist immer gerne für sich; die anderen wollen nichts mit ihm zu tun haben, außer Marko, der es auf Jörg abgesehen hat und ihn ständig ärgert.

Kemi und Jörg werden in ein Zimmer gesteckt, also müssen sie zwangsweise miteinander klarkommen. Während der Geschichte wird klar, dass Kemi mehr Außenseiter ist als Jörg, dass dieses Außenseiterding gar nicht so toll ist wie man selbst denkt, dass man dagegen aber auch etwas tun kann. Auch für andere einstehen ist nicht so ganz einfach, wird am Ende aber belohnt. Über allem steht der Wolf als Personifikation der Angst in uns und außerhalb von uns.

Fazit: Das Buch ist für Jugendliche von 12 bis 14 Jahre absolut empfehlenswert. Es macht mit Gruppendynamiken bekannt, zeigt unterschiedliche Charaktere und was es bedeutet, wenn man irgendwie nicht dazugehört, v.a. aber was man selbst dagegen tun kann.

Bewertung vom 26.04.2023
Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3
Seeburg, Uta

Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3


gut

Von Mahlzeiten und seltsamen Zufällen

Der Beginn des Romans ist recht gediegen. Man kann sich aufgrund des Sprachstils gut in die Zeit um 1900 einfühlen. Die sicher nicht ganz so große Sache, von der zu Beginn gesprochen wird, erstreckt sich dann über fast 400 Seiten und ist am Ende trotz Langatmigkeit viel zu schnell vorbei.

Zur Handlung: Im München des Jahres 1896 verschwindet ein französischer Diplomat spurlos. Da es zwischen Frankreich und Deutschland bereits gärt, soll der Fall diskret behandelt und der Franzose so schnell es geht wiedergefunden werden. Kommissar Gryszinski geht der Sache nach, findet aber nur ein zwielichtiges russisches Jahr. Dann wird ein deutscher Erfinder ermordet und die Russen scheinen es eilig zu haben, aus München zu verschwinden. So schnell kann man zu einer noblen Dienstreise nach Paris kommen, die natürlich getarnt vollzogen werden soll. Also kommt auch die Gattin des Kommissars, eine angehende Literatin, mit.

Ab hier wird es ein wenig abstrus: Gryszinski und Gattin freunden sich zum Schein mit den Russen an, sie leben in Saus und Braus. Dann geht es nach St. Petersburg. Ohne zu sehr spoilern zu wollen: Nach einem Schicksalsschlag kehren Gryszinskis überstürzt nach München zurück und nach einem heftigen Zwischenfall wird die kleine Sache ad acta gelegt.

Während des Ersten Weltkriegs im Jahre 1916 wird Gryszinskis Sohn Fritz in eben diesen Fall verwickelt. Er wird von einem guten Bekannten seines Vaters (so scheint es) als Spion angeheuert. Ab da nimmt das Schicksal seinen Gang.

Zum Stil: Die Jahre 1896 und 1916 wechseln sich immer wieder ab. Von einem Kapitel zum nächsten springt der Leser in der Zeit vorwärts, rückwärts und wieder zurück - bis zum Finale 1916. Zu Beginn liest sich der Text noch gut. Zum Ende hin wird es sehr rasant, und ich hatte den Eindruck, als hätte die Autorin ihr Buch sehr schnell beenden müssen. Zuweilen wird Gryszinskis Vorliebe für delikate Mahlzeiten zu detailliert beschrieben. Mir persönlich war das teilweise zu eklig, gerade wenn von triefendem Fett geschrieben wurde.

Fazit: Das Buch liest sich so weg, aber für mich gab es einfach zu viele Zufälle. Menschen laufen sich da dauernd so zufällig über den Weg oder treffen sich genau zu den richtigen Zeiten, als hätte es Social Media bereits damals gegeben. Zum Ende hin war mir das einfach zuviel, auch wenn die Autorin dafür eine interessante Erklärung geliefert hat. Realitätsnah war das trotzdem nicht. Alles in allem für mich kein Buch mit Mehrwert.

Bewertung vom 12.04.2023
Wir hätten uns alles gesagt
Hermann, Judith

Wir hätten uns alles gesagt


ausgezeichnet

Ein wunderbar leichtes und schweres Buch

"Wir hätten uns alles gesagt" von Judith Hermann ist eine Sammlung ihrer drei Frankfurter Poetikvorlesungen. So jedenfalls steht es im Nachsatz zu den drei Abschnitten, die in römischen Zahlen durchnumeriert sind. Im Vorsatz erläutert die Autorin kurz ihren Ansatz zum Inhalt.

Die Erzählungen, die eigentlich eine Erzählung sind, nur in drei Kapitel unterteilt, steigen ohne Umschweife ins Thema ein: eine ungeplante Begegnung mit dem Psychoanalytiker der Autorin außerhalb seiner Praxis. Man will seine Ärzte ja nicht außerhalb dieser intimen Umgebung treffen. Und so beschreibt Judith Hermann die Situation genau so wie ich sie mir auch vorstellen würde.

Von dieser abendlichen Begegnung ausgehend schlägt die Autorin einen Bogen zu ihrer Analyse, ihrer Freundin Ada, die ihr den Analytiker empfohlen hat, weiter zurück zu ihren Freunden, mit denen sie vor einem halben Leben ihre Sommermonate verbracht hat hin zu ihren komplizierten Familienbeziehungen und -verhältnissen. All das beschreibt sie in einer leichten, gleichzeitig schwermütig, zuweilen anrührenden Sprache, die zumindest mich sofort in sich hineingezogen hat.

Dieser Text ist etwas sehr persönliches, und das Schreiben wird explizit nur nebenbei erwähnt. Doch mit allem, was im Text steht, wird klar, was Schreiben ausmacht, woher die Inspirationen stammen, weshalb jemand schreibt und wie er oder sie schreibt.

Fazit: Der Text ist keine Anleitung zum Schreiben. Aber er ist ein autobiographisch gefärbtes Spiel mit Sprache, mit Träumen, mit der Abarbeitung an der eigenen Familie, dem eigenen Befinden, zuletzt auch mit Corona und der damit verbundenen veränderten Zeit. Ich mochte das Buch sehr gerne. Es stimmte mich froh und melancholisch zugleich.

Bewertung vom 09.04.2023
Ich, ein Sachse
Meffire, Samuel;Kittstein, Lothar

Ich, ein Sachse


sehr gut

Obwohl auch ich in Dresden geboren bin und seit 2003 wieder hier lebe, hatte ich von Samuel Meffire bisher nichts gehört. Umso gespannter war ich auf seinen Lebensbericht.

Wenn man am Tag der eigenen Geburt einen Elternteil verliert, ist das noch nicht unmittelbar traumatisch. Doch das Trauma entwickelt sich um einen herum. Im Fall von Meffire war es der Vater, der möglicherweise einem heimtückischen rassistischen Attentat zum Opfer fiel. Das Trauma befiel die Mutter, die ihre Wut am kleinen Samuel ausließ. Bei den mütterlichen Großeltern erlebte Samuel ein paar Jahre einer fast unbeschwerten Kindheit, wurde ihr jedoch wieder entrissen, bevor er erwachsen werden konnte.

Die Wendezeit war so etwas wie eine Zeit des chancenhaften Neuanfangs. Doch für einen Dunkelhäutigen wie Samuel auch die Zeit, in der die Menschen um ihn nicht mehr farbenblind waren. Er erlebte viel Rassismus, setzte sich dem als Türsteher in der Dresdner Neustadt aber auch immer wieder selbst aus. Dann versuchte er es als Polizist. Dann gründete er eine Art schlagkräftige Bürgerwehrtruppe.

Es kam, wie es kommen musste: Er legte sich mit den falschen Leuten an, flüchtete fast in den Tod, stellte sich und musste sieben Jahre absitzen.

Während der Schilderung all dessen erlebt man einen höchst unsicheren Menschen, der Anschluss sucht und mitmacht, um dazuzugehören. Dazwischen lernt er Frauen kennen, verliebt sich, vergeigt es aber irgendwann immer. Bis auf die eine, die auch in seiner Zeit im Gefängnis zu ihm hält. Sie und die beiden Kinder sind heute Samuels Lebensanker.

Fazit: Die Geschichte von Samuel Meffire ist für einen Lebensbericht geradezu poetisch. Zuweilen trieft sie mir ein wenig zu sehr vor Selbstmitleid. Deshalb ein Stern Abzug. Auch wenn er unschuldig auf die Welt kam und viel Leid erfahren hat, ist er für seine Lebensentscheidungen selbst verantwortlich. Doch dafür hat er gebüßt und mit Hilfe seines Psychiaters seine Traumata aufgearbeitet. Es ist ihm zu wünschen.

Bewertung vom 09.04.2023
Asterix und Obelix im Reich der Mitte
Gay, Olivier;Tarrin, Fabrice

Asterix und Obelix im Reich der Mitte


weniger gut

Auf dieses Heft hatte ich mich sehr gefreut, obwohl ich ob des Themas etwas skeptisch war. Asterix und Obelix in China? Die historischen Gallier waren dort nie und auch nicht die Römer. Weshalb also diese Geschichte?

Zunächst einmal ist das ein Heft zum etwa zeitgleich erscheinenden Film, von dem ich bereits ein paar Ausschnitte gesehen habe. Alles sehr klamaukig und überdreht. Auch das Heft ist kein klassischer Asterix-Comic, sondern explizit für kleine Kinder konzipiert. Es gibt große Bilder, dazu jeweils einen Textabschnitt. Die Bilder sind allesamt wirklich gut. Deshalb vergebe ich auch zwei Sterne.

Was aber wirklich unterirdisch ist, sind die Texte. Weder hat das Heft eine stringente Geschichte, die Sinn ergibt, noch macht es Lust weiterzulesen. Asterix und Obelix streiten sich ständig und völlig grundlos. Dann will Asterix plötzlich kein Wildschwein mehr essen, nur noch Gemüse und auch der Zaubertrank kommt als Aufputschmittel Drogen gefährlich nahe. Die Dialoge sind sehr nahe an kindlichem Gequengel geschrieben und in einem derart einfachen Deutsch geschrieben, das auch stilistisch schlimm ist, dass das Lesen zur Qual wird.

Fazit: Wer sich das Heft zulegt, klebt am besten die Texte ab und erfindet seine eigene Geschichte entlang der Bilder. So hat diese neue Asterix-Veröffentlichung vielleicht doch noch einen kleinen Mehrwert. Ansonsten leider nicht empfehlenswert.

Bewertung vom 06.03.2023
Dschomba
Peschka, Karin

Dschomba


ausgezeichnet

Die Covergestaltung ist minimalistisch und zeigt ein paar gestutzte blutrote Bäume. Der Titel: "Dschomba" - was soll das sein? Und genau diese Frage hat mich dazu gebracht, die Leseprobe zu lesen. Bin zuerst gar nicht hineingekommen. Der Stil war einfach anders und unterschied sich so von meinen Lesegewohnheiten, also anderen Romanen oder überhaupt Literatur.

Dennoch: Irgendwas war an dem Roman. Und so las ich weiter. Irgendwann konnte ich dazu nicht mehr nur auf der Couch oder auf einer Bank sitzen und still lesen. Also stand ich auf, ging in meiner Wohnung auf und ab und rezitierte mir selbst laut vor. Was für eine Offenbarung!

Dragan Dschomba ist Serbe und kam 1954 ins oberösterreichische Eferding, in den Wohnort der Autorin Karin Peschka. Oder sollte man schreiben: Er tanzte sich in den fremden Ort hinein? Jedenfalls wurde er tanzend auf dem Friedhof entdeckt. Der Protagonist führte sich direkt auf, und die Einheimischen waren entsetzt.

Aus dieser Einführung entspinnt sich ein Hin und Her zwischen dem ersten Jahr Dragans in Eferding und dem Jahr 1977, also dreiundzwanzig Jahre später, als die Autorin zehn Jahre alt war und in der Gaststube der Familie mithalf, schlägt aber auch einen Bogen in die heutige Zeit.

Karin Peschka erzählt vom Suchen und Ankommen, vom schwierigen Sich-aneinander-Gewöhnen zwischen Neuankömmlingen und Einheimischen in der ländlichen Umgebung. Sie erzählt davon, wie Außenseiter der einheimischen Gemeinschaft sich zu Ankerpunkten für Zugewanderte entwickeln können, wie das Seltsame an Menschen erklärbar wird, wenn man sich einerseits öffnet, andererseits ein offenes Ohr hat. Der Roman erzählt von beidseitigen Traumata, von verschwiegenen Ereignissen und Orten, vom Leben und vom Tod.

Fazit: In die Sprache musste ich mich erst einfinden, aber wenn man sich darauf einlassen kann, hat der Roman sehr viel zu geben. Dschomba ist eines der wenigen Bücher, die ich wahrscheinlich zweimal lesen werde und jedem ans Herz legen kann. Unbedingt lesen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.