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Benutzername: 
westeraccum
Wohnort: 
Sauerland

Bewertungen

Insgesamt 201 Bewertungen
Bewertung vom 18.09.2023
Mord im Christmas Express
Benedict, Alexandra

Mord im Christmas Express


sehr gut

Bei dreißig Grad einen Weihnachtskrimi zu lesen - das gibt echte Abkühlung, zumal der Zug in den schottischen Highlands in einen Schneesturm gerät und entgleist.
In dem Zug sitzen achtzehn Menschen, die zu Weihnachten in ihre Heimat reisen wollen und dabei von dem Schnee aufgehalten werden. Das alles wäre kein Problem, wenn nicht auch eine bekannte Influencerin mit ihrem übergriffigen Freund dabei wäre und eben diese Frau plötzlich tot in ihrem Abteil läge. Zufällig ist auch Roz, eine Polizistin im Ruhestand, dabei und sie beginnt sofort zu ermitteln. Dabei sorgt sich Roz um ihre Tochter, die gerade ihr Kind zur Welt bringt, und möchte unbedingt bei ihr sein.
Ich fand das Buch sehr spannend. Es ist keine von den üblichen kitschigen Weihnachtsschmonzetten, in denen man schon nach zehn Seiten weiß, wer sich am Ende glücklich in den Armen liegt. Denn das Buch hält einige Überraschungen bereit und thematisiert Gewalt gegen Frauen sehr deutlich.
Ein ungewöhnliches Weihnachtsbuch, das nicht in die Kitschfalle tritt!
Auch das Cover mit dem eher dezenten Weihnachtsmotiv und der Reliefstruktur hat mir sehr gut gefallen.

Bewertung vom 10.09.2023
Die Erfindung des Lächelns
Hillenbrand, Tom

Die Erfindung des Lächelns


sehr gut

Paris 1911. Der Louvre ist wie ein Selbstbedienungsladen. Die Wächter sind alt und verschlafen den größte Teil des Tages. Handwerker gehen ein und aus, die Türen sind häufig weit offen. Kein Wunder, dass sich Langfinger immer wieder in den Depots bedienen und wertvolle Kunstwerke mitgehen lassen. Als aber eines Tages die berühmte "La Joconde", die Mona Lisa von Leonardo da Vinci, verschwindet, ist die Aufregung groß und schon bald wird der Direktor des Louvre abgesetzt. Inspektor Juhel Lenoir wird auf den Raub angesetzt, doch Kompetenzwirrwarr und unprofessionelle Arbeit machen die Suche schwierig.
Das Buch beruht auf echten Vorfällen und auch die Rollen, die Picasso, Apollinaire, Isadora Duncan und andere reale Personen spielen, lehnen sich eng an die Realität an. Dennoch hat Hillenbrand seine künstlerische Freiheit genutzt und einen ungewöhnlichen historischen Roman geschrieben. Manchmal geht es etwas zu sehr durcheinander und die Vorfälle verwirren, aber insgesamt habe ich mich gut unterhalten gefühlt. Der Schreibstil ist leicht lesbar, die Beschreibungen der Belle Époque lebendig und farbig.
Das Buch ist eine gute Mischung aus Kriminalfall und historischem Roman, darunter leidet natürlich die Spannung etwas. Aber insgesamt eine gute und leichte Unterhaltung!

Bewertung vom 03.09.2023
Mit kalter Präzision / Die Sabine Yao-Reihe Bd.2
Tsokos, Michael

Mit kalter Präzision / Die Sabine Yao-Reihe Bd.2


sehr gut

Als die Frau eines renommierten Berliner Schönheitschirurgen ermordet aufgefunden wird, soll die Rechtsmedizinerin Dr. Sabine Yao vom BKA die Ermittlungen des LKA begleiten. Schon bald taucht der Verdacht auf, dass der Ehemann mit der Tat zu tun haben könnte, doch er hat ein sicheres Alibi. Doch dann entdeckt Yao eine Möglichkeit, mit der sich der Arzt ein Alibi verschafft haben könnte und es tauchen noch mehr ungeklärte Todesfälle in seinem Umfeld auf. Eine gefährliche Jagd beginnt.
Michael Tsokos ist selbst ein bekannter Rechtsmediziner, der seine Erfahrungen auch in seinen Thrillern verwendet. Wie auch seine anderen Bücher ist auch dieses Buch sehr spannend bis zur letzten Seite. Die Figur der Sabine Yao hat mir gut gefallen, Tsokos hält bei ihr die Waage zwischen fachlicher Kenntnis und privaten Ereignissen und Problemen.
Allerdings darf man für die Bücher nicht allzu zart besaitet sein, denn es werden oft schwierige medizinische und rechtsmedizinische Erkenntnisse beschrieben, die manchmal recht grausam sein können.
Aber ansonsten sehr lesenswert!

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Bewertung vom 31.08.2023
Gewässer im Ziplock
Vowinckel, Dana

Gewässer im Ziplock


ausgezeichnet

Margarita lebt mit ihrem Vater zusammen in Berlin. Der Vater ist jüdischer Kantor, die Mutter hat die Familie verlassen, als das Kind drei Jahre alt war. Nun ist Margarita 15 und fährt in den Sommerferien nach Chicago zu ihren Großeltern mütterlicherseits. Dort fühlt sie sich als Teenager nicht mehr wohl und so wird sie weitergereicht zu ihrer Mutter, die ein Auslandssemester in Jerusalem verbringt. Und dort geht dann alles schief.

Das Buch ist eine Mischung aus Coming-of-age-Roman, Familiengeschichte und Roadmovie. Dadurch wird es sehr abwechslungsreich und manchmal auch spannend. Margarita steckt voll in dem Ablösungsprozess von ihren Eltern, wobei die Mutter keine gute Rolle spielt. Sie ist gegenüber ihrem Kind sehr nachlässig, "vergisst" sie am Flughafen abzuholen, es findet kaum Kommunikation zwischen den beiden statt und dadurch gibt es Missverständnisse, die eine Lawine in Gang setzen. Aber auch das Verhältnis zu dem religiösen Vater ist nicht unbelastet. In der Familie gibt es Konflikte auf allen Ebenen, zwischen Eltern, Kindern und Geschwistern und sie werden nicht ausgesprochen, sondern totgeschwiegen. Dazu kommen die Belastungen der älteren Generation in Bezug auf die Shoah.

Ich war überrascht, dass das Buch ein Erstling ist, denn es ist hervorragend geschrieben, sehr sensibel und in einem sehr differenzierten Stil. Ich habe ganz nebenbei viel über das Judentum gelernt, auch über die Sicht der Israelis auf Deutschland.

Das Buch ist ein Roman für ältere Jugendliche, die sich mit dem Thema auseinandersetzen wollen, zuerst aber würde ich es Erwachsenen jeden Alters empfehlen.

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Bewertung vom 24.08.2023
Sekunden der Gnade
Lehane, Dennis

Sekunden der Gnade


ausgezeichnet

Wie weit geht man, wenn einem alles genommen wird? Die Frage stellt sich für Mary Pat Fennessy, die nach ihren Mann und ihrem Sohn nun auch ihre geliebte Tochter Jules verloren hat. Sie ist eines nachts einfach verschwunden und niemand kann sagen, wo sie ist. In ihrer Verzweiflung geht Mary Pat über alle Grenzen und legt sich mit dem mächtigen Bandenboss des Stadtviertels von Boston an.
Das alles erzählt Lehane vor dem Hintergrund des "Bussing" im Jahr 1974. Dabei sollten schwarze und weiße Schulkinder in Schulen der jeweils anderen Hautfarbe transportiert werden, um eine bessere Mischung zu erreichen und im besten Fall das Verständnis füreinander zu fördern. Die Proteste waren ungeheuer, im ganzen Land kam es zu Demos und Gewalt.
Das Buch ist außerordentlich gut geschrieben und sehr bewegend. Es zeigt, was Rassismus damals anrichtete und was er auch heute anrichtet. Ich konnte nicht aufhören zu lesen und war von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Das Problem ist heute so aktuell wie vor fünfzig Jahren und ich lege es allen Leserinnen und Lesern sehr ans Herz.

Bewertung vom 17.08.2023
Die Akte Madrid / Lennard Lomberg Bd.2
Storm, Andreas

Die Akte Madrid / Lennard Lomberg Bd.2


gut

Was hat der deutsche Verteidigungsminister mit dem spanischen Diktator Franco zu tun? Diese Frage stellt sich dem Kunstsachverständigen Lennard Lomberg, nachdem er in Spanien ein verschollenes Gemälde suchen soll. Spuren führen zu dem früheren Besitzer, der ausgerechnet heute Verteidigungsminister ist. Gemeinsam mit seiner Freundin, der Kriminalrätin Sina Röhm, folgt er der blutigen Spur des Bildes, die tief in die Vergangenheit führt. Welche Rolle spielte dabei der Vater des Ministers, der unter ungeklärten Umständen dem Caudillo diente?
Während mir der erste Band der Reihe um Lennard Lomberg sehr gut gefiel, hat mich dieses Buch enttäuscht. Es gibt einfach eine zu große Zahl an Personen, die Erzählstränge sind verwirrend und das Ende unbefriedigend. Storm macht hier den Fehler zu viel in das Buch hineinpacken zu wollen. Da wäre weniger eindeutig mehr gewesen.
Schade, denn der Ansatz ist gut und Lomberg eine spannende Persönlichkeit.

Bewertung vom 17.08.2023
Sylter Welle
Leßmann, Max Richard

Sylter Welle


sehr gut

Max wird von seinem Großvater Ludwig nur "Ambrosius" genannt, aus welchem Grund auch immer. Die beiden haben ein enges Verhältnis, sehen sich aber selten, weil Max in Berlin lebt. Nun besucht er seine Großeltern für ein paar Tage in deren Urlaub auf Sylt und viele Erinnerungen aus der Kindheit kommen wieder ans Tageslicht.
Erinnerungen, die manchmal lustig, oft genug aber auch schmerzlich sind, an Menschen, die gestorben sind, an eine Eule, die eines Tages davonflog, an Essen und Musik, die zur Familie gehörten.
Das alles beschreibt Leßmann locker, aber auch eindringlich und manchmal todtraurig. Er schafft den Spagat zwischen leichter Urlaubserzählung und ernsthafter Auseinandersetzung mit dem Thema Familie, ihren Macken und Seltsamkeiten. Auch die Situation der alt werdenden Großeltern spielt eine wichtige Rolle. Leßmann findet eine ganz eigene Sprache für das Erlebte, die mir gut gefallen hat.
Ein schönes und sensibles Buch über die wichtigsten Menschen in unserem Leben, die uns immer beeinflussen, auch wenn wir weit weg sind.

Bewertung vom 01.08.2023
Bei euch ist es immer so unheimlich still
Schröder, Alena

Bei euch ist es immer so unheimlich still


sehr gut

Der Erstling von Alena Schröder "Junge Frau am Fenster stehend..." hat mir gut gefallen und so wollte ich natürlich auch das neue Buch lesen.
Hier erfährt an die Vorgeschichte von Hannah und ihrer Familie. 1989 fährt Hannahs Mutter Silvia mit ihrer kleinen Tochter Hals über Kopf aus dem chaotischen Berlin zurück in ihre Heimat Ildingen. Der Vater ist inzwischen verstorben und ihre Mutter Evelyn hockt allein in ihrem großen Haus. Silvia hofft, dass die kleine Enkelin Evelyn aus ihrer Starre reißen kann und dass sie einige Fragen beantwortet, die Silvia zu ihrer Vergangenheit hat. Doch das ist nicht einfach.
Das Buch ist auf zwei verschiedenen Zeitebenen geschrieben, die deutlich gekennzeichnet sind. Die erste Ebene ist das Leben im Jahr 1989 kurz vor dem Fall der Mauer, die zweite Ebene geht zurück in die Jahre nach dem 2. Weltkrieg, als Evelyn nach Ildingen kommt und den Arzt Karl Borowski heiratet. Sie wird Ärztin und arbeitet im Krankenhaus zusammen mit ihrem Mann. Erst nach einigen Jahren wird die Tochter Silvia geboren und Evelyn wird Hausfrau, ist aber sehr unglücklich. Sie kann dem Kind keine Liebe geben, denn sie liebt eigentlich nur ihren Beruf. Dieser Mangel an Liebe wirkt sich auf Silvias ganzes Leben aus.
Alena Schröder zeigt deutlich auf, wie sich die Lebenslinien früherer Generationen noch auf die Nachkommen auswirken. Evelyn hat keine Liebe erfahren und kann sie auch nicht an ihre Tochter weitergeben. So bleibt das Kind einsam und ängstlich. Silvia will alles bei Hannah besser machen, aber auch das gelingt ihr nur bedingt. Die Schatten der Vergangenheit lasten auf allen.
Mir hat das Buch wieder gut gefallen und ich kann es allen empfehlen, die gute Unterhaltung mit Tiefgang von einem Buch erwarten.

Bewertung vom 28.07.2023
Schönwald
Oehmke, Philipp

Schönwald


sehr gut

Dass ich jetzt über dieses Buch eine Rezension schreiben muss, macht mich zuerst etwas ratlos. Passagenweise hat mich das Buch restlos begeistert, es gab aber auch Teile, in denen es sich zog wie der sprichwörtliche Kaugummi.
Die Schönwalds sind keine einfache Familie. Der Vater Harry ist Staatsanwalt, seine Frau Ruth wollte eigentlich als Literatur-Professorin Karriere machen, aber wegen der Kinder gab sie das Vorhaben auf. Die drei erwachsenen Kinder könnten unterschiedlicher kaum sein. Chris ist ein beliebter Literaturprofessor in den USA, seine Schwester Karolin kriegt nicht auf die Reihe und will nun einen queeren Buchladen in Berlin eröffnen. Das jüngste Sohn Benni ist mit einer sehr reichen Tochter verheiratet und zerreibt sich zwischen den Ansprüchen seiner Eltern und denen seiner Ehefrau.
Das Buch wird immer wieder aus wechselnden Perspektiven erzählt und dabei kommen Erinnerungen hoch, die aber je nach Person vollkommen unterschiedlich ausfallen. Das ist einerseits menschlich spannend, andererseits aber auf Dauer manchmal auch ermüdend.
Philipp Oehmke kann hervorragend schreiben und bringt einen weiten Horizont in das Buch ein. Literatur, Musik, Politik spielen immer wieder eine tragende Rolle und als Leser kramt man dazu auch in seinen eigenen Erinnerungen. Er jongliert mit ironischen Elementen ebenso wie mit ernsthaften politischen und philosophischen Auseinandersetzungen. Besonders gut hat mir Oehmkes Blick auf die gesellschaftlichen Themen unserer Zeit gefallen, z.B. die MAGA-Bewegung von Donald Trump oder die sog. Cancel-Culture.
Auch wenn ich mich manchmal durch ein Kapitel kämpfen musste, halte ich das Buch doch für ein wichtiges Werk unserer Zeit, das sicher noch einige Diskussionen auslösen wird.

Bewertung vom 27.07.2023
Die letzte Nacht / Georgia Bd.11
Slaughter, Karin

Die letzte Nacht / Georgia Bd.11


ausgezeichnet

Fünfzehn Jahre nach ihrer Vergewaltigung wird Sara Linton wieder heftig an das Geschehen damals erinnert, als eine junge Frau ins Hospital eingeliefert wird, die ebenfalls vergewaltigt wurde. Alles weist darauf hin, dass sie nicht das einzige Opfer des Vergewaltigers war und Sara sucht nach Spuren. Sie steht kurz vor ihrer Hochzeit mit Will Trent und Will und seine Partnerin Faith ermitteln heimlich in den Kreisen, in denen auch Sara früher verkehrte. Alle ehemaligen Studenten und Assistenzärzte sind erfolgreiche Ärzte geworden, aber schon bald ergeben sich Spuren zu einem "Vergewaltigerclub". Sara hat schwer zu kämpfen, um mit all dem fertig zu werden.
Das Buch ist von der ersten bis zur letzten Seite sehr spannend und hat mich nicht losgelassen. Ich mag die Bücher von Karen Slaughter schon lange, aber dieses Buch ist eines ihrer besten. Es geht unter die Haut und ist sicher keine leichte Feierabendlektüre.
Gut geschrieben, sehr fesselnd und keine Minute langweilig - besser geht es nicht!