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Anonym

Bewertungen

Insgesamt 78 Bewertungen
Bewertung vom 03.04.2024
That Girl
Santos de Lima, Gabriella

That Girl


sehr gut

Im positiven Sinn anders als erwartet


Mit „That Girl“ hat sich Gabriella Santos de Lima an eine andere als ihre bisherigen Geschichten gewagt, die mich stark zum Nachdenken gebracht hat. That Girl ist keine Liebesgeschichte, aber es ist eine Geschichte, die wir wegen seiner schonungslosen Ehrlichkeit dringend mehr benötigen würden. Dennoch spielt die Liebe auch in diesem Roman eine Rolle, wenn Tess beim Daten auf verschiedene Männer trifft und die Frage im Raum steht, ob er der eine sein könnte, der anders ist. Doch anders als ihre anderen Geschichten verfolgt diese Geschichte nicht den Zweck uns eine romantische Geschichte zu erzählen, sondern Gabriella zeigt uns mit That Girl die toxischen Seiten beim Daten auf.

Neben dem Daten geht es aber auch um das gesellschaftliche Bild, das auf Social Media vermittelt wird und wie toxisch dieses ist. Das Ende passt zur Geschichte und hat mich mit einer tollen Botschaft für mehr Selbstliebe und Freundschaft überzeugt. Gabriellas Schreibstil lässt einen direkt in die Geschichte versinken und enthält wie gewohnt ganz viele tolle Botschaften versteckt, nur dieses Mal noch offenkundiger. Dadurch, dass das Buch viele harte Wahrheiten anspricht, hat es mich stark zum Nachdenken über unsere Generation gebracht. Ich empfehle es allen, die sich mehr Realität für unsere Generation wünschen.

Bewertung vom 03.04.2024
Das Philosophenschiff
Köhlmeier, Michael

Das Philosophenschiff


sehr gut

Mit seinem neusten Werk knüpft Michael Köhlmeier an sein Werk „Zwei Herren am Strand an“. Diesmal geht es um die Philosophenschiffe, die sich Lenin ausgedacht hat, um unerwünschte Intellektuelle aus der Sowjetunion herauszuschaffen. Köhlmeier beleuchtet das Schicksal der auf den Philosophenschiff lebenden Menschen durch die Augen von Anouk Perleman-Jacob und ihren Eltern. Die fiktive Anouk war selber erst 14 als sie mit ihren Eltern auf eins der Philosophenschiffe kam, und berichtet jetzt im Alter von 100 Jahren einem Schriftsteller von ihren Erlebnissen auf dem Philosophenschiff. Dabei verfremdet Köhlmeier bewusst Realität und Fiktion und lässt Lenin 5 Tagen nach Abfahrt auf das Philosophenschiff bringen. Köhlmeier erzählt Geschichte mal aus einem anderen Blickwinkel, bei dem die gnadenlose Vorgehensweise der Bolschewisten aber auch ihre Schwäche deutlich wird.

Bewertung vom 03.04.2024
Sparks
Dawson, J.R.

Sparks


sehr gut

Zirkusmagie und die düstere Historie


Sparks erzählt die Geschichte von Rin, Odette und Mauve, die als Zirkusartisten um die Welt reisen. Doch sie sind auch Sparks, d.h. Menschen mit besonderen Fähigkeiten. Die für die Geschichte am wichtigsten Fähigkeit hat Rin, die durch die Zeit reisen und dadurch versuchen kann, diese zu verändern. Die Geschichte spielt Anfang des 20. Jahrhunderts, wodurch die Sparks mit einigen Gefahren zu kämpfen haben: sei es die Regierung, die sie wegen ihrer Andersartigkeit wegsperren will, dem bevorstehenden Krieg oder auch nur einem einzelnen bösartige Circus King.

Dawson verbindet geschickt die düstere Historie Anfang des 20. Jahrhunderts mit einer magischen Zirkusgeschichte. Erzählt wird der Roman aus Rins Sicht und die des Circus Kings, wobei Rin sich im Jahr 1926 befindet, während wir mit Edward mitten im 1. Weltkrieg sind. Persönlich fand ich Edwards Sicht nochmals spannender, weil hier die schockierende Vorgehensweise von ihm enthüllt werden. Dawson gelingt es den Circus King beeindruckend authentisch zu erschaffen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass seine Charaktereigenschaften mit zu dieser Zeit tatsächlich vorherrschenden Verhaltensweisen übereinstimmt.

Rins Perspektive bringt demgegenüber die nötige Leichtigkeit mit rein, weil wir hier viele Zirkusszenen haben. Geschickt verknüpft Dawson das Zeitreisen und die Zirkusszenen mit den historischen Geschehnissen und lässt uns diese dadurch hautnah erleben. Lange Zeit wusste ich nicht, auf welchen Plottwist die Geschichte hinausläuft, sodass dieser mich zum Ende des Romans umso mehr beeindruckt hat. Sparks hat mich damit vor allem durch die starken Charaktere und die historische Dimension überzeugt, denn Dawson beleuchtet die Schreckend des Krieges, macht aber auch Hoffnung. Demgegenüber hätte dem Roman ein wenig mehr Handlung nicht geschadet. Deswegen empfehle ich Sparks allen, die nach einer historisch angehauchten Fantasy mit beeindruckend authentischen Charakteren suchen.

Bewertung vom 03.04.2024
Zeilenflüstern / Sweet Lemon Agency Bd.1
Groh, Kyra

Zeilenflüstern / Sweet Lemon Agency Bd.1


sehr gut

Humorvoll und tiefgründig


Auch wenn Klara Noel nur von seiner Stimme kennt, bedeutet seine Stimme ihr alles. Denn immer wenn es ihr schlecht geht, hört sie ihn in der Vertonung ihrer liebsten Fantasyreihe. Deswegen ist es für Klara umso überraschender, als sie feststellt, dass ausgerechnet Noel ihren Werbetext einsprechen soll und dieser sich ganz anders als erwartet verhält…

Schon die Grundidee, ein Buch zu lesen, dass sich mit Hörbüchern auseinandersetzt, fand ich faszinierend, weswegen ich umso gespannter auf die Umsetzung war. Die Umsetzung hat mir auch echt gut gefallen, weil Kyra Groh die starke Leistung von Hörbuchsprechern mit ihrer Geschichte toll unterstrichen hat. Gleichzeitig wird dieses Thema geschickt humorvoll umgesetzt, was der Geschichte die nötige Leichtigkeit verliehen hat.

Beide Perspektiven bringen ein weiteres wichtiges Thema in die Geschichte mit rein. Bei Klara ist es das Thema Gehörlosigkeit, während es bei Noel um das Scheitern von beruflichen Träume geht. Beide Themen empfand ich authentisch umgesetzt. Beim Thema Gehörlosigkeit konnte ich auch nochmals persönlich etwas dazulernen, was mir gut gefallen hat. Aber auch mit Noels Geschichte ist es Kyra Groh gelungen, Hoffnung zu verbreiten und zu zeigen, dass ein neuer beruflicher Plan nichts schlechtes bedeuten muss. Besonders macht die Geschichte vor allem Kyra Grohs Erzählstil, weil sie Klara und Noahs Geschichte spannend und humorvoll, aber auch tiefgründig erzählt, weswegen ich sie echt gerne gelesen habe.

Bewertung vom 24.03.2024
Unlearn Patriarchy 2
Amojo, Ireti;Borcak, Melina;Boussaoud, Yassamin-Sophia

Unlearn Patriarchy 2


ausgezeichnet

Bereichernd


„Unlearn patriarchy“ zeigt in dreizehn verschiedenen Essays in wie vielen verschiedenen Bereichen immer noch das Patriarchat herrscht, angefangen von unserer Architektur bis hin zur Kirche und macht die jeweiligen Auswirkungen schonungslos deutlich.

Dabei ist das Buch durch die verschiedenen Themen und Stimmen sehr bereichernd. Gerade dadurch, dass die Beiträge von Experten für das jeweilige Thema verfasst wurden, konnte ich in jedem Essay viele mir neue und augenöffnende Informationen mitnehmen. Jeder einzelne Beitrag ist toll recherchiert und liefert einem viele wichtige, sachliche Informationen.

Die Bandbreite an Themen unterstreicht, in wie vielen Bereichen man die schockierenden Auswirkungen des Patriarchats gar nicht auf dem Schirm hat. Besonders gelungen empfand ich, dass das Buch hervorhebt, dass es Untergruppen unter weiblich gelesenen Personen gibt, die noch stärker unter der Ungleichbehandlung zu leiden haben, wie z.B. BiPoC. Deswegen muss Feminismus heutzutage auch immer mit anderen Themen mitgedacht werden.

Ingesamt ein augenöffnendes Buch, das die Auswirkungen des Patriarchats in seiner ganzen Bandbreite deutlich macht.

Bewertung vom 24.03.2024
Was die Dünen verheißen / Die St.-Peter-Ording-Saga Bd.2
Janz, Tanja

Was die Dünen verheißen / Die St.-Peter-Ording-Saga Bd.2


sehr gut

Berufliche Selbstverwirklichung und die Liebe


Tanja Janz ist mit „Was die Dünen verheißen“ ein schöner Wohlfühlroman gelungen, der durch die angesprochen Themen aber auch zum Nachdenken anregt. Im Vordergrund steht die Frage, ob es Julia gelingen wird, sich gegen die elterlichen Berufswünsche durchsetzten zu können, um ihren eigenen Traum von der Arbeit als Stewardessin bei der Lufthansa verfolgen zu können. Als sie dann noch den sympathischen Björn kennenlernt, steht ihr Berufswunsch nochmals mehr unter Druck. Wird es Julia gelingen, ihren Berufswunsch und die Liebe in Einklang zu bringen?

Der Roman ist in St.Peter Ording zum Ende der 70er Jahre angesiedelt. Die damalige Atmosphäre hat Janz toll eingefangen und durch die Seiten wieder zum Leben erweckt. Aber auch der Ort und sein Charme werden durch die Seiten lebendig, sodass man am liebsten direkt nach St.Peter Ording gehen möchte. Durch Janz flüssigen Schreibstil fliegt man nur so durch die Seiten und bangt mit Julia um ihre Selbstverwirklichung und die Liebe. Janz erzählt die Liebesgeschichte sehr gefühlvoll, sodass man auch emotional mit Julia mitfiebert. Indem es aber auch um berufliche Ziele geht, bleibt der Roman spannend. Ich empfehle das Buch als Wohlfühlroman für entspannte Lesestunden.

Bewertung vom 05.03.2024
Eine halbe Ewigkeit
Kürthy, Ildikó von

Eine halbe Ewigkeit


sehr gut

Tiefgender Blick aufs Leben


Im Kern der Geschichte steht Cora Hübsch, die nun, nachdem ihre Kinder ausgezogen sind, feststellen muss, dass durch die anstrengenden Jahre mit den Kindern auch ihre Ehe mit Dito massiv gelitten hat. Durch ihr Tagebuch wird sie wieder auf ihre alte Liebe Daniel aufmerksam. Doch zwischen Daniel und Cora steht noch immer Coras Schuld, die sie an einem Happy End hindert. Ich habe „Eine halbe Ewigkeit“ gelesen ohne vorher „Mondscheintarif“ gelesen gehabt zu haben. Vielleicht erklärt sich daraus, warum mir der Zugang zur Geschichte und den Figuren so schwer fiel. Vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass die Themen, die Frau Hübsch beschäftigen, für mich noch zu weit in der Ferne liegen.

Der Roman will im Vordergrund vor allem einen Rückblick auf die vergangenen 25 Jahre von Cora Hübsch werfen. So verfolgen wir Hübsch dabei, wie sie ihr Leben reflektiert und mit ihren alltäglichen Problemen im Alter hadert. Zum Ende hin wird die Geschichte dann richtig emotional, wenn es um die Entscheidung, die Cora Hübsch damals getroffen hat, geht. Diesbezüglich empfand ich die Aufarbeitung wirklich gelungen, weil ähnliche Reaktionen in einem solchen Fall sehr vorstellbar sind. Auch wenn ich mich mit Hübschs Problemen nicht identifizieren konnte, empfand ich den ehrlichen und tiefgehenden Blick auf ihr Leben mal etwas anderes und stellenweise hat er mich auch sehr nachdenklich gemacht. Somit würde ich die Geschichte vor allem, Frauen, die Cora Hübschs Probleme mit dem Alter nachvollziehen können, empfehlen.

Bewertung vom 29.02.2024
Der Spurenfinder
Kling, Marc-Uwe;Kling, Johanna;Kling, Luise

Der Spurenfinder


ausgezeichnet

Wohlfühlbuch, das fantastische Elemente mit Witz und einem Kriminalfall kombiniert


Der Spurenfinder Elos von Bergen hat gemeinsam mit seinen Kindern Ada und Naru fast jeden Fall lösen können. Doch nachdem es fast zu einem tödlichen Konflikt gekommen wäre, wollte er sich eigentlich zur Ruhe setzen und ist dazu mit seinen Kindern nach Friedhofen gezogen. Doch dann geschieht ausgerechnet in diesem geruhsamen Dorf ein Mord. Und wer anders als Elos von Bergen könnte ihn lösen?

Der Spurenfinder verbindet fantastische Elemente mit Witz und einem Kriminalfall und ist deswegen ein ganz besonderes Buch. Im Gegensatz zu anderen Krimifällen fühlt dieser Roman sich dank der fantastischen Elemente nach einem Wohlfühlbuch an, in dessen Welt man gerne eintaucht. Dazu tragen auch die beiden Zwillinge Ada und Naru bei, die man aufgrund ihrer humorvollen und durchtriebenen Art schnell ins Herz schließt. Der Kriminalfall ist undurchsichtig, wodurch ich viel Spaß beim Miträtseln hatte. Besonderes Highlight sind die vielen Illustrationen, die das Geschehen toll graphisch wiedergeben.

Für mich war das Buch dank der Mischung aus fantastischen Elemente mit Humor und einem Kriminalfall ein absolutes Wohlfühlbuch, sodass ich es allen die eine schöne Geschichte suchen, gerne empfehle.

Bewertung vom 29.02.2024
Yellowface
Kuang, R. F.

Yellowface


ausgezeichnet

Hochaktuelle Fragen zur Literaturbranche


Mit „Yellowface“ bespricht R. F. Kuang hochaktuelle Fragen zur Literaturbranche. Es geht um kulturelle Aneignung, darum, wer überhaupt die Möglichkeit bekommt, zu veröffentlichen und wer über welches Thema schreiben darf. Daneben versteht man die Literaturbranche nach der Lektüre deutlich besser.

Kuangs Schreibstil nimmt einen gleich zu Beginn von der Handlung ein. Sie spinnt die behandelten Themen in einen spannenden Thriller, bei dem einem trotz Junipers unsympathischen Art das ständige Mitfühlen, ob Juniper auffliegt, bleibt.
Denn Juniper stiehlt nach einem Unfall, bei dem die chinesisch-amerikanische Autorin Athena Liu stirbt, deren Manuskript, überarbeitet es und gibt es schließlich als ihr Werk aus. Dies ist umso brisanter, weil der Roman von den chinesischen Heldentaten im 1.Weltkrieg handelt und Juniper im Gegensatz zu Athena keinen chinesischen Hintergrund hat, ihr Name Juniper Song aber den Eindruck erwecken möchte. Daran anknüpfend werden die Fragen, wer wie veröffentlichen darf, gestellt.

Ein brillanter Roman, der einen mit vielen klugen Fragen zur Literaturbranche konfrontiert und deren Schattenseiten aufzeigt.

Bewertung vom 29.02.2024
Demon Copperhead
Kingsolver, Barbara

Demon Copperhead


ausgezeichnet

Das Schicksal eines Kindes, das stellvertretend für eine ganze Generation und Region steht


Demon Copperhead hat es schon zu Beginn seines Lebens nicht leicht: sein Vater ist vor seiner Geburt gestorben, seine Mutter ist drogenabhängig. Sein weiteres Leben wird von diesem Schicksal geprägt sein. Er wird in unterschiedliche Pflegefamilien geschickt, die ihn nur wegen des Geldes oder seiner Arbeitskraft aufnehmen und erlebt so Hunger und Armut am eigenen Leibe.

Bis er eines Tages auch noch in die Drogensucht rutscht. Schonungslos ehrlich erzählt Barbara Kingsolver von den brutalen Auswirkungen auf sein Leben. Seine Geschichte steht stellvertretend für eine ganze Generation, der man nachlässig Schmerzmittel verschrieben hat und die so unfreiwillig in die Drogensucht reingerutscht sind. Anhand der vielen gut recherchierten Details wird Kingsolvers intensive Beschäftigung mit der Opioidkrise deutlich.

Demon Copperheads Geschichte ist in Kingsolvers Heimatregion, den Appalachen angesiedelt. Neben den schrecklichen Zuständen, die sie in den Blick nimmt, lernen wir auch ihre Einwohner, die Melungeons kennen.
Kingsolver erzählt die Geschichte authentisch aus der Sicht eines Kindes und lässt durch die vielen Details die harte Realität deutlich werden. Die Themen, die Kingsolver thematisiert, sind stark in das Leben ihres Protagonisten Demon eingebettet und werden erst durch dessen Entwicklung begreifbar.

Ein beeindruckender Roman, der einen noch lange danach zum Nachdenken anregt.