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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Pharo72
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Zittau
Über mich: 
Büchersüchtige, introvertierte Leseratte!

Bewertungen

Insgesamt 450 Bewertungen
Bewertung vom 13.07.2023
Haus der Träume / Die Kaufhaus-Saga Bd.1
Lacrosse, Marie

Haus der Träume / Die Kaufhaus-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Das 1907 in Berlin eröffnete Luxuskaufhaus KaDeWe ist der Ort, wo sich die beiden jungen Frauen Rieke Krause und Judith Bergmann noch im Kindesalter das erste Mal begegnen. Erstere stammt aus ärmlichsten Verhältnissen und als sie 1914 dank ihrer Mutter eine Stelle als Kassenmädchen im berühmten Kaufhaus bekommt, geht für sie ein Traum in Erfüllung. Judith dagegen ist Luxus gewohnt als Tochter des KaDeWe-Justitiars und soll den Sohn des Kaufhauseigners, Harry Jandorf, heiraten. Doch der Erste Weltkrieg wirft die Pläne aller Beteiligten gehörig durcheinander und hält so einige Herausforderungen bereit.

Meine Meinung:

Ich habe bisher nichts von Marie Lacrosse gelesen, aber dieser 1. Band der KaDeWe-Dilogie hat mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen. Besonders möchte ich die sicher sehr aufwendige Recherchearbeit der Autorin hervorheben. Die Zeit vom Ersten Weltkrieg an bis in die Mitte der 20er Jahre, als Adolf Jandorf in weiser Voraussicht auf das Kommende seinen Konzern veräußert, waren für mich so lebendig und authentisch dargestellt, dass ich meinte, dabei gewesen zu sein.

Ich habe auch schon Serien zu dem Thema gesehen, aber nie konnte ich so viel über die politischen Verhältnisse, die schreckliche Armut und das Leid während und nach des Krieges lernen wie in diesem Buch. Manch einem mag es zu viel Geschichtswissen gewesen sein und vielleicht hätte man an der einen oder anderen Stelle ein wenig kürzen können, das Buch ist schließlich dick genug, aber ich fand alles sehr interessant.

Natürlich haben mich aber auch die Lebenswege der drei Familien Jandorf, Bergmann sowie Krause außerordentlich fasziniert. Judith wie auch Rieke sind bewundernswerte Frauen, die gegen alle Widrigkeiten mit Mut und Entschlossenheit ankämpfen, die ihresgleichen suchen. Das große soziale Engagement und wissenschaftliche Interesse von Judith sticht gerade in dieser Zeit extrem hervor. Die persönlichen Schicksale, resultierend aus dem schrecklichen Krieg, haben mich teilweise zu Tränen gerührt.

Zusätzlich erhält man noch einen umfassenden Einblick, wie der Ablauf in so einem Genusstempel funktioniert, wie mit den Herausforderungen bezüglich Streiks und Inflation umgegangen wurde, einfach unheimlich viel Detailwissen über dieses berühmte Kaufhaus. Ich muss gestehen, ich war nur einmal kurz nach der Wende persönlich in dem Gebäude. Der überbordende Luxus entspricht weder meinem Geschmack noch meinem Geldbeutel. Nichtdestotrotz konnte ich die Geschichte über das KaDeWe und die damit verknüpften Schicksale aus vollem Herzen genießen.

Für Fans historischer Romane, die eine fesselnde Familiensaga zu schätzen wissen, eine unbedingte Empfehlung.

Bewertung vom 22.06.2023
Unschuldig verurteilt
Benecken, Burkhard;Reinhardt, Hans

Unschuldig verurteilt


ausgezeichnet

Die renommierten Strafverteidiger Burkhard Benecken und Hans Reinhardt, bekannt auch durch den True-Crime-Podcast „Advokaten des Bösen“, gewähren einen Blick hinter die Kulissen des deutschen Rechtssystems und beleuchten insbesondere, wie schnell es zu Justizirrtümern kommen kann.

Meine Meinung:

Zum Glück bin ich persönlich noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten, wie leicht dies jedoch auch einem Unschuldigen passieren kann, hat mir dieses sehr informative Sachbuch aufgezeigt.

Ob falsche Geständnisse erzwungen werden, Zeugen bewusst lügen oder manipuliert werden, Schöffen trotz geringer Sachkenntnis viel zu viel Entscheidungsgewalt haben, Absprachen zwischen Richtern und Staatsanwälten in der Cafeteria stattfinden, Sachverständige längst nicht mehr auf dem neuesten Stand sind – all das und noch viel mehr erzählen die Autoren anhand von Fällen aus ihrer beruflichen Praxis.

Der Fall Jens Söring ist ebenfalls Gegenstand. Mir war er bisher nicht bekannt, auch wenn er wohl große Wellen geschlagen hat. Die Meinungen, ob schuldig oder unschuldig, gehen hier stark auseinander und ich will mir da auch gar kein Urteil erlauben. Sicher ist wohl, dass einiges anders hätte laufen können. Aber auch der prominente Fall von Gina-Lisa Lohfink hat mich regelrecht sprachlos gemacht. Ebenso lassen auch weitere der aufgeführten Justizirrtümer den Leser fassungslos zurück.

Ich fand es enorm spannend, diesen tiefen Einblick ins deutsche Rechtssystem zu erhalten. Und das Ganze auch noch in für den Laien gut verständlicher Sprache. Es erzeugt keineswegs Vertrauen, in welche Fallstricke man als unbescholtener Bürger geraten kann und ich kann nur hoffen, dass ein paar der von den Strafverteidigern vorgeschlagenen Änderungen, die mir dringend notwendig erscheinen, irgendwann eine Umsetzung finden. Bis dahin würde ich es vorziehen, einen größtmöglichen Bogen um jeden Gerichtssaal zu machen. Für an der Justiz Interessierte unbedingt zu empfehlen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.05.2023
Elternabend
Fitzek, Sebastian

Elternabend


sehr gut

Sascha Nebel, ein Kleinkrimineller, sucht sich für einen Autodiebstahl den falschen Ort und die falsche Zeit aus, denn eine junge Frau beginnt plötzlich, den SUV mit einer Baseballkeule zu bearbeiten. Vor der anrückenden Polizei ergreifen sie die Flucht und stranden in einer Fahrgemeinschaft, die auf dem Weg zu einem Elternabend auf einer Insel ist. In Ermangelung von Alternativen geben sie sich als Eltern eines völlig unbekannten Kindes aus und das Chaos nimmt seinen Lauf.

Meine Meinung:

An humorvollen Romanen habe ich von Sebastian Fitzek bisher nur „Schreib oder stirb“ gelesen, mit Co-Autor Micky Beisenherz, den ich auch für den nach meinem Geschmack etwas zu überzogenen Humor verantwortlich machte. Daher wollte ich „Elternabend“, auch nach der überzeugenden Vorstellung des Buches durch Sebastian auf der Leipziger Buchmesse, gern eine Chance geben, was ich keinesfalls bereut habe.

Die erste Hälfte des Buches hat der Humor bei mir auch großartig funktioniert, auch wenn danach irgendwann der Eindruck entstand, dass einige Gags fast zwanghaft eingebaut wurden und die Häufigkeit dann wieder ein Manko darstellte. Dann passierte, womit man bei Fitzek immer rechnen muss und was ich so an ihm liebe. Eine völlig überraschende Wendung, die ich so nicht kommen sah.

Das Buch macht einen Schlenker zu wahrhaft ernsten Themen wie Mobbing, Depressionen und Suizidgedanken. Diese werden vom Autor behutsam und emotional sehr ergreifend in die Story eingebaut. Die Grundstimmung wird eine andere und umso weniger passen nun die Humoreinlagen, die jedoch auch entsprechend abnehmen.

Die Nebenfiguren, speziell die die Verfolgung aufnehmenden Polizisten sowie einige besonders herausstechende Elternpaare, sind herrlich skurril, natürlich extrem überzeichnet, wobei das nicht mal sein muss, ich habe da wenig Erfahrungswerte. Die Hauptcharaktere Sascha und Wilma waren mir beide sehr sympathisch.

Insgesamt hat mich das Buch wunderbar unterhalten, aber auch an einigen Stellen tief berührt. Auch wenn Sebastian Fitzek für mich der Meister des Thrillers ist, bin ich genauso gern bei seinen „Keinthrillern“ mit an Bord.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.05.2023
Auf Samtpfoten durch die Geschichte
Baba, die Katze;Koudounaris, Paul

Auf Samtpfoten durch die Geschichte


gut

Die Katze ist zumindest in Deutschland, soweit ich weiß, das beliebteste Haustier. Doch wer verfügt schon über umfangreiches Wissen zur Geschichte seines felinen Freundes? Katze Baba schafft hier Abhilfe und führt den Leser durch Jahrtausende aufregendem Miteinander von Mensch und Tier.

Meine Meinung:

Als großer Katzen-Fan hat das Buch sofort mein Interesse geweckt. In meiner Kindheit hatte ich immer Katzen und zuletzt auch über viele Jahre zwei Felltiger, die ich inzwischen nur noch besuchsweise sehe. Über den Weg der Samtpfoten an der Seite des Menschen wollte ich gern mehr erfahren.

Aus der Sicht der Tigerkatze Baba wird in diesem Buch die Geschichte der Katzen aufgerollt, beginnend mit der prähistorischen Wildkatze Felis, über die große Verehrung im Alten Ägypten, den Vormarsch in Asien, das finstere Mittelalter. Wir lernen berühmte Schiffskatzen und weitere kätzische Helden kennen, die bis in die Gegenwart zum Siegeszug des beliebten Stubentigers beigetragen haben. Das alles ist sehr gut recherchiert und mit Bild- und Textmaterial unterlegt. Besonders die Beschreibung, wie im Mittelalter mit Katzen umgegangen wurde, war mir so nicht bekannt und hat mich schwer erschüttert. Ein Grund mehr, religiösen Fanatikern kein Verständnis entgegenzubringen.

Die Texte lassen sich gut lesen und Katze Baba hat einen humorvollen Sprachstil, der immer wieder zum Schmunzeln verführt. Die Ausstattung des Buches ist sehr auserlesen und das Werk somit sein Geld auch wert. Der edle starke Einband, ein Lesebändchen und extrem viele bunte Bilder machen das Buch zu einem wertvollen Geschenk für Katzenfans.

Leider sind ein Großteil der Bilder, nämlich die, wo Katze Baba von seinem Besitzer in mehr als 60 Kostüme gesteckt wird, inklusive Perücken, Brillen und sogar Bärte, für mich das größte Manko des Buches und führen zu einer schlechteren Bewertung, als es der Inhalt eigentlich hergegeben hätte. Am Ende versucht der Co-Autor dann sogar noch, das Ganze schönzureden und unterstellt seiner Katze großes Vergnügen an den Verkleidungen. Wer hat nicht schon mal zum Spaß seiner Katze ein Babymützchen oder Ähnliches aufgesetzt und eine entsprechende Reaktion bekommen? Bei aller Liebe, aber nein, das hat für mich nichts mehr mit artgerecht zu tun und kommt eher Tierquälerei gleich. Viele der Bilder drücken auch genau das aus. Im Vorwort wird sich noch lustig gemacht über Celebrity-Katzen, die mit ihren Possen den Menschen Geld in die Kassen spülen. Keine Katze, die etwas auf sich hält, würde sich für so etwas hergeben. Was genau beweisen dann diese Fotos? Eben, das Gegenteil. Jedes Umblättern war durch diese Fotos ein erneutes Ärgernis für mich, weshalb ich leider keine bessere Beurteilung abgeben kann.

Wer darüber aber hinwegsehen kann und die Fotos vielleicht sogar witzig findet, dem sei aufgrund des informativen Inhalts das Buch ans Herz gelegt.

Bewertung vom 11.05.2023
Plagiat
Frech, Jochen

Plagiat


ausgezeichnet

Eine vielversprechende Kanzlerkandidatin mit jeder Menge Unterstützung im Hintergrund, die sie schließlich zur Marionette macht, stolpert über einen großen Fehler in ihrer Vergangenheit – ein Plagiatsvorwurf könnte ihr das Genick brechen. Um dies zu verhindern, ist den Drahtziehern jedes Mittel recht und sie schrecken auch vor Mord nicht zurück. Opfer ist auch Darian, ein junger Ahnenforscher, der tot in seinem Auto aufgefunden wird. Seine Schwester Carla glaubt keine Sekunde an einen Suizid und stößt bei ihren Nachforschungen in ein Hornissennest, das sie selbst in tödliche Gefahr bringt und zur Flucht über den halben Erdball zwingt.

Meine Meinung:

„Plagiat“ ist mein erster Roman von Jochen Frech, von dem ich bisher auch tatsächlich noch nichts gehört habe. Aber es lohnt sich immer, auch mal etwas Neues auszuprobieren, denn dieser Thriller hat mich restlos überzeugt.

Von der ersten bis zur letzten Seite entwirft der Autor hier ein total spannendes, leider, wie man sagen muss, sehr realitätsnahes Komplott, das den Leser in Atem hält. Carla ist eine absolut überzeugende Hauptfigur, mit der man zu jeder Zeit mitfiebert und -leidet, so nah kommt man ihr während ihrer aufregenden Odyssee. Aber auch die Nebenfiguren, seien es ihre Helfer ebenso wie die skrupellosen Antagonisten, sind exzellent dargestellt.

Wie hinter den Kulissen der Politik die Fäden durch mächtige Geldgeber gezogen werden, erscheint leider absolut glaubhaft, wenn auch das sich näher damit Auseinandersetzen für Erschrecken oder auch Resignation sorgt. Die Actionszenen laufen wie ein Film vor dem Betrachter ab und der Autor, der selbst Polizeibeamter ist und jahrelang beim SEK im Einsatz war, weiß hier offensichtlich, wovon er schreibt.

Wer atemlose Spannung mag und sie besonders gern in einem Politthriller findet, der ist hier absolut richtig und kann mit diesem Roman nichts falsch machen. Ich werde den Autor auf jeden Fall im Auge behalten.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.04.2023
SORRY. Ich habe es nur für dich getan
Iosivoni, Bianca

SORRY. Ich habe es nur für dich getan


sehr gut

Die junge Journalistin Robyn ist froh, den Absprung aus ihrer sie nicht mehr glücklich machenden Beziehung zu Julian geschafft zu haben. Als plötzlich die Polizei bei ihr im Büro erscheint und ihr mitteilt, dass ihr Ex-Freund vermisst wird, holt ihre Vergangenheit sie mit aller Macht wieder ein. Einmal mehr ist ihr bester Freund Cooper für sie da, für den sie romantische Gefühle mittlerweile nicht mehr leugnen kann. Doch als er in den Verdacht gerät, etwas mit Julians Verschwinden zu tun zu haben, steigt in ihr die Unsicherheit, zumal sie sich nicht mal selbst zu hundert Prozent vertraut.

Meine Meinung:

Eins vorab, die Aufmachung des Buches ist grandios. Die Farben Rot und Schwarz strahlen für mich in Kombination schon immer eine gewisse Bedrohlichkeit aus und der tolle Farbschnitt der Erstauflage ist natürlich das i-Tüpfelchen. Ich war durch einen Post der Autorin bei Instagram auf das Buch aufmerksam geworden. Da ich schon längst mal etwas von ihr lesen wollte, da ich sie bereits persönlich kennenlernen durfte, habe ich es direkt vorbestellt und nach Erscheinen auch sofort gelesen, was eher selten vorkommt.

Ohne Frage hat Bianca Iosivoni einen fesselnden, nahezu süchtig machenden Schreibstil und so war ich auch schon nach wenigen Seiten dem Sog der Geschichte erlegen. Diese wechselt zwischen der Gegenwart, wo Robyns Ex spurlos verschwunden scheint, und der chronologischen Erzählung der Liebes- und Leidensgeschichte der Beziehung der beiden.

Meines Erachtens hat es die Autorin großartig verstanden, die Entwicklung von einer großen romantischen Liebe hin zu einer absolut gefährlichen toxischen Beziehung darzustellen. Wie schleichend das vonstattengehen kann, in diesem Fall die weibliche Protagonistin immer wieder Ausreden sucht, sich schlussendlich selbst belügt und erst im letzten Moment den Absprung schafft, ist schon drastisch. Es gibt in diesem Buch so einige Trigger-Punkte und vor allem Opfern von toxischen Beziehungsmustern würde ich das Buch eher nicht empfehlen.

Ein paar negative Punkte habe ich allerdings auch. Die Spannung war zeitweise da, vor allem natürlich beim Showdown am Ende, jedoch plätscherte die Handlung zwischendurch auch ziemlich lange recht ereignislos vor sich hin. Ich würde das Buch als abgründige Romanze mit Spannungselementen, aber nicht als Thriller bezeichnen. Wirklich überraschende Twists gab es für mich nicht. Dadurch, dass nach und nach aufgedeckt wurde, welch narzisstische Persönlichkeit hinter Julian steckt, war ich von der weiteren Entwicklung kein bisschen überrascht und hab sie genau so erwartet. Robyn hat mir zwar streckenweise leidgetan, aber so richtig in mein Herz geschlichen hat sie sich nicht. Am ehesten ist das noch Cooper gelungen.

Alles in allem war es aber ein gut zu lesender Spannungsroman, ein gelungener Genre-Mix aus Romantik und Psychothrill, der sicher bei vielen Lesern Begeisterung auslösen wird und bestimmt nicht mein letzter der Autorin war.

Bewertung vom 16.03.2023
Die letzte Lügnerin / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.3
Schwiecker, Florian;Tsokos, Michael

Die letzte Lügnerin / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.3


ausgezeichnet

Strafverteidiger Rocco Eberhardt bekommt erneut Infos, dass sein Vater in einen Politskandal verwickelt sein soll. Noch während er versucht, der Sache auf den Grund zu gehen, wird ein Video veröffentlicht, das den amtierenden Bausenator von Berlin zeigt, wie er einen zwielichtigen Immobiliendeal aushandelt. Doch damit nicht genug. Einer der unmittelbar an der Herstellung des Videos Beteiligten landet bei Rechtsmediziner Dr. Justus Jarmer auf dem Seziertisch und plötzlich deuten alle Beweise für den Mord auf Dieter Möller, den Bausenator. Rocco wird dem unsympathischen Politiker von seinem Vater als Verteidiger empfohlen und muss sich fragen, wie tief dieser selbst in der Sache mit drinsteckt.

Meine Meinung:

„Die letzte Lügnerin“ ist der nunmehr dritte Band der Justiz-Krimi-Reihe von Schwiecker und Tsokos, die ich von Beginn an verfolge. Dieses Mal machen die Autoren die katastrophale Wohnungssituation in Berlin und die fatalen Fehlentscheidungen der Politik diesbezüglich zum Thema.

Zu Beginn kann Rechtsmediziner Michael Tsokos in Person von Dr. Jarmer wieder mit seinem Fachwissen glänzen, was einmal mehr interessant ist. Der größte Schwerpunkt des Romans liegt aber dieses Mal bei der Arbeit vor Gericht, wo ein Großteil der Handlung stattfindet. Das hat mich sehr für diesen dritten Teil der Reihe eingenommen. Man mag denken, dass bei der Aneinanderreihung von Prozesstagen irgendwann Langeweile aufkommt, aber das Gegenteil ist der Fall. Durch Rückblenden zum tatsächlichen Zeitpunkt des Verbrechens und auch zum Täter, den ich tatsächlich nicht auf dem Schirm hatte, entsteht eine enorme Spannung, die bis zum Schluss aufrechterhalten werden kann.

Persönliches bleibt dieses Mal weitestgehend außen vor, auch wenn die Zweifel um Roccos Vater noch nicht wirklich widerlegt sind. Die Hauptfiguren, besonders Jarmer mit seinem moralischen Kompass, aber auch Rocco und sein nicht wegzudenkender Freund und Partner Tobi, wachsen mir immer mehr ans Herz. In kurzen, knackigen Kapiteln wird der Leser nur so durch die Geschichte gejagt. Mir hat es auf jeden Fall Spaß gemacht und ich werde der Reihe treu bleiben. Das Buch sei besonders denjenigen empfohlen, die Wert auf den Schwerpunkt Justiz legen.

Bewertung vom 11.03.2023
Run, Rose, Run - Eine Nacht in Nashville
Parton, Dolly;Patterson, James

Run, Rose, Run - Eine Nacht in Nashville


ausgezeichnet

AnnieLee Keyes setzt alles auf eine Karte, entflieht ihrer gefährlichen Vergangenheit und trampt nach Nashville. Ihr großer Traum ist es, ein Country-Star zu werden. Mit Mut und Durchsetzungswillen gelingen ihr ein paar Auftritte in kleinen Bars, die von den richtigen Leuten nicht unbeobachtet bleiben. Die Country-Ikone Ruthanna Ryder nimmt AnnieLee unter ihre Fittiche und von da an geht es rasant nach oben für sie. Doch die Schatten der Vergangenheit sind ihr dicht auf den Fersen und drohen, ihr neues Glück zu zerstören.

Meine Meinung:

Man sollte sich von dem Namen James Patterson auf dem Titel nicht in die Irre führen lassen und einen Thriller erwarten. Das ist aber auch gar nicht die Absicht dieses Romans. Vielmehr handelt es sich um eine etwas schwülstige Cinderella-Story vom Landei, das sich ihren großen Traum in der Musikbranche erfüllt mit einem Touch dunkler Vergangenheit. Großes Drama, wie es die Welt des Country gerne bereithält.

Ich muss sagen, mir hat es ausgesprochen gut gefallen. Die Hauptfiguren sind gut gezeichnet, besonders Ruthanna hat mir immer wieder ein Lächeln beschert. Der Aufstieg der kleinen AnnieLee gelingt vielleicht ein bisschen zu reibungslos, aber es ist halt ein Märchen. Etwas mehr Spannung kommt erst zum Ende auf, das große Geheimnis stellt sich dann aber doch als gar nicht so dramatisch heraus.

Ich mag Country-Musik, stecke aber jetzt nicht wirklich tief drin im Genre, will heißen, ich kenne auch Dolly Parton nur dem Namen nach. Von daher fand ich es sehr interessant, mal einen etwas tieferen Einblick in das Business zu erhalten. In Teilen hat mich das Buch an den Film „A Star Is Born“ erinnert. Natürlich fehlt auch eine zuckersüße Liebesgeschichte nicht.

Ein Songbook am Ende des Buches mit allen vorkommenden Titeln in Übersetzung rundet das Ganze ab. Wahrscheinlich ist das zum Buch passende Album von Dolly Parton die perfekte Ergänzung, die ich mir bisher allerdings noch nicht gegönnt habe. Alles in allem ein rundum süffiges Lesevergnügen für Fans der Country-Szene, die eine schöne Liebesgeschichte mit winzigem Thrilleranteil zu schätzen wissen.

Bewertung vom 15.02.2023
KOLOSSEUM - SPIELE UM MACHT UND LIEBE (eBook, ePUB)
Rychlik, Frank

KOLOSSEUM - SPIELE UM MACHT UND LIEBE (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Der thrakische Decurio Verus hat eine glänzende Zukunft vor sich, bis er sich in die falsche Frau verliebt. Denn für Licinia entbrennt auch der Aristokrat Tullius, und durch eine Intrige findet sich Verus schließlich als Sklave und schlussendlich als Gladiator wieder, der seinen wichtigsten Kampf im größten Amphitheater aller Zeiten, dem im Jahre 80 n. Chr. eröffneten Kolosseum, bestreiten wird. Sein Gegner ist Priscus, ein Germane, dessen einziges Ziel es ist, gegen Rom aufzubegehren. Beide werden in den Mahlstrom der politischen Ereignisse hingezogen, in denen Verrat, Mord und Intrigen an der Tagesordnung sind.

Meine Meinung:

Frank Rychlik hat mit seinem historischen Politthriller einen monumentalen Roman geschaffen, der mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen hat. Hervorragend recherchiert beleuchtet er beginnend mit dem Selbstmord von Nero im Jahre 68 n. Chr. die chaotischen Jahre voller politischer Intrigen und Machtspiele der vier Kaiser Galba, Otho, Vitellius und Vespasian bis hin zu seinem Sohn Titus. Es erscheint fast unmöglich, all diesen unterschiedlichen Herrschertypen die geforderte Loyalität und bedingungslose Treue entgegenzubringen.

Neben all den politischen Ränkespielen und der Entstehungsgeschichte des berühmten Kolosseums begleitet der Leser den Lebens- und Leidensweg der beiden Gladiatoren Verus und Priscus. Die große Liebe zwischen Verus und Licinia berührt dabei ebenso wie der tief sitzende Hass, den Priscus aus gutem Grund gegenüber Rom empfindet. Auch die turbulenten jungen Jahre des Bauernjungen Philippus, der unverschuldet eine maßgebliche Rolle im Intrigenspiel einnehmen soll, haben mich tief bewegt.

Der Autor hat die verschiedenen Charaktere mit so einer Lebendigkeit ausgestattet, dass man förmlich auf jeder Seite an ihrem Schicksal höchsten Anteil nimmt. Kein Blickwinkel wird dabei jemals langweilig. Ob es der Ausbruch des Vesuv ist, der Pompeji vernichtete, oder die Darstellung der Gladiatorenkämpfe. Als Leser fühlt man sich, als wäre man hautnah dabei. Ein großes Kompliment an Herrn Rychlik für seine bildhafte und authentische Erzählweise.

Ich kann jedem Liebhaber historischer Stoffe, vor allem wenn es die römische Antike betrifft, diesen großartigen Roman nur wärmstens ans Herz legen und hoffe, dass das Buch die Aufmerksamkeit bekommen wird, die es verdient.

Bewertung vom 15.02.2023
Kannibal. Jagdrausch
Benecke, Mark

Kannibal. Jagdrausch


gut

Den Berliner Behörden wird ein Koffer mit Knochen gemeldet. Wie sich herausstellt, sind diese menschlichen Ursprungs und wurden offenbar abgeschabt. Das Werk eines Kannibalen? Die Polizei bittet in diesem skurrilen Fall die Privatermittler Bastian Becker und Janina Funke um Mithilfe. Ersterer stürzt sich auch direkt bis zur Selbstaufgabe in den Fall und dringt tief in die Kannibalismus-Szene ein. Dabei verliert er beinahe den Halt und bringt seine Partnerin in tödliche Gefahr.

Meine Meinung:

Mit „Kannibal. Jagdrausch“ liegt nun nach „Viral. Blutrausch“ der 2. Band der Crime-Noir-Reihe von Bestsellerautor und Kriminalbiologe Mark Benecke vor. Obwohl mich Band 1 nicht vollends überzeugen konnte, habe ich die Reihe gern weiterverfolgt.

Die Gestaltung des Buches ist wieder sehr passend zum Inhalt und hochwertig sowie, was immer sehr schön ist, angelehnt an Band 1. Leider hatte auch dieses Buch wieder zu wenige Seiten, um das an sich interessante Themenfeld ausreichend zu würdigen. Ich fand es dieses Mal schon um einiges spannender umgesetzt und auch der kurze, knackige Schreibstil gefällt mir. Die Auflösung kommt ziemlich abrupt und auch nicht wirklich überraschend daher.

Ermittler Becker verliert sich immer mehr in seinen eigenen Dämonen, sodass er mittlerweile nur noch überfordert und unprofessionell statt brillant und genial wirkt. Sein Glück, dass Janina an seiner Seite für den nötigen Ausgleich sorgt.

Handwerklich hätte dem Lektorat/Korrektorat mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden können. Es gibt Sätze, die sich nach wenigen Absätzen komplett wiederholen und auch orthografisch sind so einige Patzer übersehen worden. Zudem mag ich es gar nicht, wenn Figuren abwechselnd mit Vor- oder Nachnamen betitelt werden. Das suggeriert eine größere Zahl an Protagonisten, stiftet nur Verwirrung und behindert den Lesefluss.

Tieferen Einblick in die Kannibalismus-Szene und ihre Auswüchse zu erhalten, war sicher nicht appetitlich, jedoch irgendwo auch faszinierend. Von daher hoffe ich, dass Benecke sich weiter so außergewöhnlichen Tatmotiven widmet und noch mehr seiner beruflichen Kompetenz einbringt.

Einmal mehr bietet dieser Teil der Reihe solide Krimikost, aber reißt einen spannungsmäßig nicht so wirklich vom Hocker.