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DaisyWarwick

Bewertungen

Insgesamt 26 Bewertungen
Bewertung vom 19.04.2021
Nasses Grab (Zwischen Mord und Ostsee - Küstenkrimi 1)
Herzberg, Thomas

Nasses Grab (Zwischen Mord und Ostsee - Küstenkrimi 1)


ausgezeichnet

Mit "Nasses Grab" startet eine neue Reihe von Küstenkrimis, die zwischen den Meeren, das heißt zwischen Nord- ("=Mord", daher der Titel) und Ostsee, also in Schleswig-Holstein, spielen. Mittelpunkt ist die Stadt Flensburg, die wir alle - mehr oder weniger - von unserem Punktekonto kennen. Die dortige Polizeidirektion, vertreten durch Kriminaldirektor Karsten Bruhn, hat gerade ein neues Ermittlerteam zusammen gestellt: Carina Drews, 43, genannt Ina, und erst seit zwei Wochen in Flensburg und Jörn Appel aus Bochum, zufällig Inas Ex-Schwager und Vater ihrer Nichte Dini (Nadine). Das verheißt allerlei Spannungen und private Reibereien, so dass Handlung und Dialoge - zumindest für meine Begriffe - allzu oft ins Private abdriften. Erschwerend kommt hinzu, dass Ina mit ihrem neuen Chef ein Stückchen gemeinsamer Vergangenheit teilt und es zu klitzekleinen Eifersüchteleien kommt, die einem professionelles Arbeitsverhältnis abträglich sind. Dennoch schmeißt sich das neue Ermittlerteam zusammen und klärt investigativ, warum Peter Nissen sterben musste (wobei sich in dieser Person später auch der Zusammenhang zwischen Nord- und Ostsee auf makabre Weise auftut). Das Flensburger Punktekonto der Protagonisten sollte sich bei der beschriebenen Fahrweise im Lauf der Handlung gefüllt haben; sie sind ständig in Action, und auf Mördersuche nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern auch in Dänemark unterwegs.
Insgesamt ist es ein spannender Krimi mit aktuellem Bezug und ein paar überflüssigen Klischees. Auch die privaten Querelen stören manchmal die Handlung. Dennoch denke ich, dass das Team sich finden und auf den Erfolgen dieses Kriminalfalls aufbauen wird. Daher bin ich gespannt auf weiter Folgen aus dem Land zwischen den Meeren.

Bewertung vom 09.03.2021
Die Macht der Akademie (eBook, ePUB)
Skye, Neal

Die Macht der Akademie (eBook, ePUB)


gut

Was MACHT die Akademie?
Titel, Cover und Ankündigung "Schwedenkrimi" hatten meine Phantasie beflügelt, so dass ich mich voller Vorfreude diesem Buch widmete.
Verwundert war ich dann, dass dieser Schwedenkrimi zur Hälfte in Bremen spielt (wobei ich nichts gegen Bremen habe).
Weiterhin hätte ich mir unter "Akademie" ein diabolisches Gegenstück zur Königlich Schwedischen Akademie vorgestellt und weltweite Verbrechen oder Verschwörungen statt Mädchenentführungen erwartet. Die eigentlichen Strukturen der Akademie blieben für mich und in diesem Buch im Dunkeln.
Die Handlung ist flüssig und gut lesbar geschrieben, hilfreich sind auch die Zeit- und Ortsangaben über den (kurzen) Kapiteln, so dass das Hin- und Herspringen und die wechselnden Protagonisten nicht allzu verwirrend wirken. Ganz klar Kritik gibt es für den Korrekturleser; das geht besser!
Bei der dilettantischen "Entführung" von Izabel und den sich daraus ergebenden Ereignissen vermisse ich an vielen Stellen die Logik. Auch die Auflösung der alten Fälle befriedigt mich nicht.
Und nun zum "Personal": Lüder Jenke, Thorben Bannies, Boris Peters, Axel Griesenbeck, Brigitte Fischer, Mats Berglund, Sebastian Morland, Edda Valby. Viele Namen und wenig Profil. Leider sind die Frauen stutenbissig, unsympathisch und als miese Chefinnen dargestellt. Insbesondere Frau Valby ist unhöflich bis rüde unterwegs und kanzelt ihre Mitarbeiter derart ruppig ab, dass sich aus deren Mordgedanken auch ein eigener Fall hätte entwickeln können.
Fazit: Ein leicht lesbarer Krimi, der seinem Namen nicht ganz alle Ehre macht und Potential verschenkt.

Bewertung vom 17.02.2021
Nichts
Stern, Caroline

Nichts


sehr gut

Auch NICHTS ist ein Geschäftsmodell:
Ab einem gewissen Alter hat man eigentlich alles.
Zumindest lautet dann die Antwort auf die Frage, was man sich zum Geburtstag wünscht, sehr häufig "NICHTS". Das hat die "Autorin" von "NICHTS" glasklar erkannt und ein Geschäftsmodell daraus entwickelt. Das ist keinesfalls verwerflich. Der Gratulant kann der Bitte des Jubilars 1:1 entsprechen, ihm NICHTS zu schenken. Zusätzlich kann er sich im Büchlein mit ein paar überflüssigen Ratschlägen; witzigen Sprüchen, z. B. über die Phasen des Alters; wertvollen Lebensweisheiten oder holprigen Reimen verewigen.
Ich werde das Notizheft fürs spontane Schreiben nutzen - gut für die tägliche Übung, aber NICHTS für die Ewigkeit.

Bewertung vom 16.02.2021
Zicke, zacke, tot
Werner, Ingrid

Zicke, zacke, tot


gut

Zicke, zacke - au Backe!
Ingrid Werners dritter Fall um die Privatermittlerin Karin Schneider spielt an fünf tollen Tagen des größten Volksfestes in Niederbayern, des Karpfhamer Fests, welches in diesem Buch neben Bierzelten, Schießbuden, Riesenrad und anderen Attraktionen auch Mord und Totschlag, Hass und Neid sowie menschliche Abgründe bereithält.
Da ich die voran gegangenen beiden Fälle der selbst ernannten Ermittlerin Karin nicht kenne, fiel mir der Einstieg etwas schwer. Ich erfuhr zwar, dass Karin mit ihrer Familie aus der Landeshauptstadt in die dörfliche Idylle des Rottals gezogen war, ihr Mann aber danach wieder nach München gegangen sei, um dort eine Chefarztstelle anzutreten. Dies erklärt trotzdem nicht das seltsam zerrüttete Verhältnis der beiden. Auch ihre vier Kinder kommen anscheinend problemlos ohne ihre Mutter zurecht, so dass Karin als gelangweilte Hausfrau neue Aufgaben annimmt und damit Bedeutung in ihr Leben bringen will. Dies löst sie für sich, indem sie sich ungefragt in die Angelegenheiten Fremder einmischt und damit ungewollt in ein Wespennest sticht.
Mit Rosi, dem ersten Opfer, verbindet sie zumindest eine voraus gegangene Psychotherapie, die offensichtlich genauso erfolglos blieb, wie die Ermittlungsversuche der naiven Hobby-Detektivin. Vielleicht ist es das schlechte Gewissen der Heilpraktikerin Karin, das sie nun dazu antreibt, den vermeintlichen Selbstmordversuch ihrer ehemaligen Patientin auf eigene Faust aufklären zu wollen, wobei sie erst einmal jede und jeden verdächtigt. Als noch hinderlicher erweist sich, dass sie sich ausgerechnet in „George Clooney für Arme“ verliebt und ihn über ihre „Ermittlungstaktik“ aufklärt. Die dadurch ausgelöste Kette fataler Ereignisse überfordert nicht nur die meist falsch liegende, aber desto mehr von sich überzeugte Karin, sondern auch den geneigten Leser (besonders wenn er – wie ich – eher einen Cosy-Krimi erwartet hätte).
Auch wenn mich die Charaktere der handelnden Personen und ihr Agieren nicht ganz überzeugen konnten, liest sich der Krimi flüssig, enthält viel Lokal-Kolorit sowie eine gehörige Portion Humor, wenn man das Geschehen nicht allzu ernst nimmt. Das fällt allerdings schwer angesichts der Kollateralschäden, die Karins Mördersuche begleiten.

Bewertung vom 07.02.2021
Von Huren, Bettlern und Glunterschratzen
Sommerfeldt, Albrecht

Von Huren, Bettlern und Glunterschratzen


ausgezeichnet

Ein leinwander Kerl und eine dammige Geschicht

JANE, liebe Krovim und auch Ihr Hischen, Brisgen, Strichkatzen, feine Pinkel, Gnofen, Veteranen und allerlei Gesindel!
Der Sommerfeldt Albrecht ist ein leinwander Kerl und hat ein guts Buch geschrieben, das müsst Ihr unbedingt lesen. Also, Ihr Mischboche, holt hajum Eure Marie aus dem Beutel, paar Flins reichen auch, und wenn Ihr kein Moos habt, macht chaift oder lasst anschießen, köngt das Druckwerk, nehmt‘s mit in Eure schattere Platte und lest es die ganze Ficht, keine Dange, Ihr werd’s ohnehin nicht zum dormen kommen; es ist eine dammige Geschicht.
Ich hoffe, ich hab Euch bekaschpert!
Das beste Mittelalter(und danach)-Buch, das ich seit längerem gelesen habe. Ab 1500, spätestens nach Luthers Thesenanschlag 1517, spricht man nämlich von der Frühen Neuzeit und „Von Huren, Bettlern und Glunterschratzen“ beginnt immerhin hundert Jahre später; aber alles fühlt sich so an wie unsere Vorstellung vom Mittelalter.
Wanderhuren, Päpstinnen, Klosterbräute, Fürsten und edle Ritter sucht man indes vergebens; stattdessen jede Menge Gestalten der Hamburger Unterschicht, die ihr karges Dasein mit allerlei fragwürdigen Tätigkeiten bestreiten.
So auch der Protagonist und Antiheld Johann Gabelschlag, als ehemaliger Soldat ein Veteran, zerlumpt, verarmt, gezeichnet, vielfach seelisch und körperlich verwundet, hart im Nehmen, aber mit einem weichen Kern, der Mitgefühl empfinden kann für die, denen es noch schlechter geht.
Dieses Mitgefühl mit der jungen Klara, dazu seine Schmerzfreiheit, Widerstandskraft und ungeheure Zähigkeit treiben ihn an, das Verschwinden junger Menschen in Hamburgs Elendsviertel St. Jakobi aufzuklären.
So entwickelt sich ein historischer Kriminalfall, der seinesgleichen sucht.
Die kraftvolle, bildliche Sprache zieht den Leser mitten hinein ins Geschehen. Man riecht förmlich den Unrat und Schmutz der Gassen und Tweeten, den Dampf, der in der warmen Wirtsstube aus nassen Kleidern steigt, spürt die Kälte im Winter 1617/18 in zu dünnen Kleidern auf der Haut und empfindet die Angst vor ständigem Unrecht und Gewalt. Drastisch und ohne Illusion wird diese Zeit und der ständige Überlebenskampf beschrieben. Hinzu kommt viel historisches Hintergrundwissen, Erläuterungen zu Gebäuden, Orten sowie den Ständen und ihren Verbindungen und - nicht zu vergessen – des Rotwelsch, der Sprache der Diebe und Gauner.
Die Kapitelüberschriften ziehen einen mitten hinein ins Geschehen dieses wirklich faszinierenden Buches, sowohl was Handlung und Inhalt als auch Stil und Wortwahl betrifft, und von dem ich mir eine Fortsetzung erhoffe.