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Aischa

Bewertungen

Insgesamt 572 Bewertungen
Bewertung vom 16.09.2021
Haderer, Georg

Seht ihr es nicht?


sehr gut

Es weht ein frischer Wind durch die österreichische Krimiszene: "Seht ihr es nicht?" ist der gelungene Auftakt zu einer Reihe um die ehemalige Polizistin Philomena Schimmer, die nach einem traumatischen Einsatz nun als Sonderermittlerin im "Kompetenzzentrum für abgängige Personen" tätig ist.

Der Kriminalroman ist in mehrfacher Hinsicht untypisch für das Genre. Zum einen steht nicht so sehr das Verbrechen und dessen Aufklärung im Mittelpunkt als vielmehr die Ermittlerin Schimmer. Haderer zeichnet ein anschauliches Bild ihrer Psyche, er versorgt den Leser mit Szenen zu ihrem Sexualleben und auch ihre Familie nimmt großen Raum ein.

Und auch sprachlich ist die Geschichte weit davon entfernt, gewöhnlich zu sein. Haderer legt ein schnelles Erzähltempo vor, das die ganze Aufmerksamkeit des Lesers fordert. Der Stil ist eigenwillig, überraschend und immer wieder witzig-ironisch. Besonders haben es mir zahlreiche schlagfertige Dialoge angetan. An skurillen Figuren mangelt es nicht, manche sind etwas überzeichnet und teils tappt der Autor in die Stereotypie-Falle. Ein wenig anstrengend fand ich es, die zahlreichen Austrizismen und (zumindest Nicht-Österreichern) ungeläufigen Abkürzungen nachschlagen zu müssen, hier wäre ein erklärender Anhang schön.

Ein Pluspunkt ist für mich hingegen die Vielfalt der angerissenen Themen. Der geneigte Leser lernt über Nanobots ebenso dazu wie über die Theorie sogenannter morphischer Felder, Robert D. Hares Psychopathen-Checkliste oder den surrealistischen Fotografen Wiliam Wegman.

Der Plot selbst spart nicht an roten Heringen und überraschenden Wendungen, für mich bis zur letzten Seite spannend und unterhaltsam, ich hoffe auf baldige Fortsetzung.

Bewertung vom 16.09.2021
Hahn, Marco

Stupid ways to die


gut

Bereits auf dem Cover verspricht Autor Marco Hahn fast Unglaubliches: "Mit drei einfachen Schritten länger leben." Meine Neugierde war schnell geweckt, sollte es wirklich so mühelos sein, sich zusätzliche Lebenszeit zu verschaffen?

Nun, schon im Vorwort wird es leider unseriös: Man soll "einfach" Zucker und Aluminium nach Möglichkeit vermeiden, außerdem viel Wasser trinken und - voilà - schon lebt man deutlich länger, verspricht Hahn. Sorry, selbst wenn all dies der Gesundheit zuträglich sein mag, ein Versprechen auf ein (noch dazu deutlich) längeres Leben kann niemand abgeben!

Man merkt dem Ratgeber an, dass es dem Autor ein großes Anliegen ist, sein im Selbststudium und durch eigene Recherche erworbenes Wissen mit der Welt zu teilen. Dabei zeigt der studierte Betriebswirt durchaus profunde naturwissenschaftliche Grundkenntnisse. Allerdings wird auch deutlich, dass hier ein Laie schreibt. Das wäre auch völlig in Ordnung, wenn der Autor nicht immer wieder versucht hätte, seinen missionarischen Eifer auf möglichst breite Faktenbasis zu stellen. Mit über zwanzig Seiten Quellenangaben und Web-Links nimmt der Anhang fast ein Achtel des gesamten Buchs ein, für einen Ratgeber doch recht viel. Für eine wissenschaftliche Arbeit ist das angemessen, ja sogar nötig, in diesem Ratgeber wirkt es auf mich übertrieben. Zumal die Fakten oft nicht eindeutig zu interpretieren sind, was der Autor immerhin ehrlich zugibt, etwa wenn er Krankheiten nennt, die möglicherweise im Zusammenhang mit Aluminiumbelastung stehen.

Grundsätzlich teile ich viele Ansichten Hahns, doch ich hatte mir etwas mehr Motivation und praktische Tipps für die Umsetzung einer besseren Lebensweise erhofft. Dass Wasser zu den gesündesten Getränken zählt, dürfte inzwischen wirklich Allgemeinwissen sein, und dennoch greifen viele immer noch zu oft zu Softdrinks, Fruchtsäften und Alkohol. Wieso bietet das Buch nicht ein paar schmackhafte Rezepte für aromatisiertes Wasser, mit frischen Kräutern, Zitrone etc.?

Sehr gelungen sind die zahlreichen witzigen Farbillustrationen von Ralph Handmann, sie bringen so manchen Aspekt besser auf den Punkt als der Text.

Über einige Satzfehler habe ich mich genauso geärgert wie über despektierliche Stellen ("Senioren, die tagtäglich eine komplette Mahlzeit in Form von Tabletten einnehmen"), daher vergebe ich leider nur eine mittlere Bewertung.

Bewertung vom 08.09.2021
Dedopulos, Tim

Sherlock Holmes Mind Palace Geniale Gedächtnisrätsel


sehr gut

Mit "Geniale Gedächtnisrätsel" legt Tim Dedopulos seine dritte Rätselsammlung rund um den britischen Meisterdetektiv Sherlock Holmes vor. Der Titel ist etwas irreführend, geht es doch weder ausschließlich um Gedächtnisrätsel, noch kann man die Aufgaben anhand "Sherlocks genialer Gedächtniskunst" lösen, wie die Subheadline impliziert.

Vielmehr bietet das Buch 100 Fragestellungen aus Mathematik, Naturwissenschaften und Logik, gruppiert nach vier Schwierigkeitsstufen. So manch verzwicktes Rätsel konnte ich nach einiger Zeit knacken; insbesondere die naturwissenschaftlichen Aufgaben weiß man, oder eben nicht, da kann man oftmals ohne entsprechende Vorbildung wenig ausrichten. Diese Fragen eignen sich aber gut für ein Quiz im Familien- oder Freundeskreis, zumal die Auflösung (meist) kurz und dennoch allgemein verständlich ist.

Das großformatige Paperback punktet auch durch die hervorragende Gestaltung. Die vorder- und rückseitige Umschlagklappenbroschur kann gut als Lesezeichen für Rätsel und Auflösung dienen. Und die zahlreichen farbigen Illustrationen sind eine wahre Augenweide, nicht nur für Fans des britischen Detektivs.

Erzähler ist - wie auch in den Originalgeschichten von Arthur Conan Doyle - Dr. Watson, Freund und ständiger Begleiter von Holmes. Die Rätsel sind in der fiktiven Welt des Detektivs angesiedelt; der geneigte Leser wird auch weitere Figuren des Sherlock-Universums wiederfinden, wie etwa Inspector Lestrade. Außerdem werden viele Kriminalfälle kurz zitiert.

Neu an dieser Rätselsammlung ist, dass überdies verschiedene Methoden vorgestellt werden, anhand derer man sein Gedächtnis trainieren kann. Darunter finden sich bekannte Verfahrensweisen, wie die Loci-Methode, aber auch relativ Ungewöhnliches wie die Hérigone-Methode zum Memorieren langer Zahlenreihen. Hier will das Buch meines Erachtens zu viel auf einmal. Ich denke nicht, dass man damit sein Gedächtnis wirklich verbessern kann, dazu sind die genannten Methoden zu oberflächlich erklärt. Aber vielleicht wecken sie beim ein oder anderen das Interesse, sich weitergehend zu informieren.

Fazit: Eine wunderschön gestaltete Sammlung von Rätseln und Quizfragen, an der vor allem Sherlock-Holmes-Fans ihre wahre Freude haben dürften. Nicht unerwähnt lassen möchte ich das hervorragende Preis-Leistungs-Verhältnis.

Bewertung vom 06.09.2021
Moster, Andreas

Kleine Paläste


ausgezeichnet

"Es ist nicht das erste Mal, dass der Hund versucht, mich zu ermorden." Schon mit diesem originellen ersten Satz hatte Andreas Moster meine volle Aufmerksamkeit, und dies sollte sich auch bis zum Endes dieses großartigen Romans nicht ändern.

"Kleine Paläste" erzählt von Missbrauch und einer kleinbürgerlichen Gesellschaft, die lieber wegsieht, als sich der Konfrontation mit dem Täter zu stellen. Eine Gesellschaft, wie es sie leider auch heute immer noch viel zu oft gibt. Ehefrauen, die sich leidenschaftlich der Renovierung des Eigenheimes widmen, statt die Beziehung zu Mann und Kind ehrlich zu reflektieren. Nachbarn, die sich hinter dem Rücken "das Maul zerreißen", aber keinen noch so großen Verdachtsmoment laut aussprechen oder gar entsprechend handeln.

Geschickt wechselt der Roman zwischen zwei Zeitebenen und mehreren Erzählperspektiven. Zwischen der Tat und der Gegenwartsebene (genau genommen das Jahr 2018) liegen 32 Jahre. Mehr als eine Generation - doch aufgearbeitet scheint nichts. Nur langsam bröckelt der Putz von den "kleinen Palästen", nur bruchstückhaft kann man durch feine Risse hinter die mühevoll aufrecht erhaltenen Fassaden blicken.

Moster sind unverhoffte Bilder gelungen, die sich mir eingeprägt haben. Etwa wenn er von den Hautfalten des an den Rollstuhl gefesselten Vaters schreibt, an die sich der pflegende Sohn nicht herantraut, weil dort verborgene Geheimnisse liegen.

Die Erzählung hat einerseits eine Grundschwere, die der Thematik angemessen ist. Andererseits überrascht der Autor auch mit Witz und Esprit, die vor allem aufblitzen, wenn die verstorbene Mutter des Protagonisten, quasi als Gespenst zum Leser spricht und das Setting kommentiert, ohne handelnd eingreifen zu können.

Große Schreibkunst, ich ziehe meinen Hut!

Bewertung vom 03.09.2021
Jørgson, Til

Glüxfall


ausgezeichnet

Literatur ist immer auch Geschmackssache, und dies gilt für erotische Literatur wahrscheinlich noch etwas mehr als für andere Genres. Die sexuellen Vorlieben sind schließlich sehr individuell; was den einen anregt, findet die andere abstoßend.

Und so ist auch meine Beurteilung über diesen Roman überaus subjektiv. Bislang hat mich erotische Literatur wenig angesprochen, die Geschichten waren mir entweder zu romantisierend, zu niveaulos oder zu pornografisch. Dies hat sich mit "Glüxfall" definitiv geändert, dieses Buch trifft genau meinen Geschmack, es ist ein wahrer Schatz an sexuellen Fantasien.

Und obwohl es definitiv nicht an sexuellen Begegnungen mangelt, beschränkt sich Til Jørgson hier nicht auf eine mehr oder weniger willkürliche Aneinanderreihung von Geschlechtsakten. Nein, der Plot kann viel mehr: Die Lektüre konfrontiert einen mit unterschiedlichsten Thematiken, wie Autismus, der chinesischen Kultur, unerfülltem Kinderwunsch und auch der Verflechtung von Sex und Macht. Die Sprache ist explizit, der Autor nimmt kein Blatt vor den Mund und schafft es dennoch, nicht ins Ordinäre abzugleiten. Die Charaktere sind teils extrem, ich wurde oft überrascht, ohne dass dies auf Kosten der Glaubwürdigkeit ging. Jørgsons Stil ist witzig und intelligent - zwei Eigenschaften, die ich auch an einem Liebhaber schätze. Inwieweit Protagonist Hendrik autobiografische Züge trägt, bleibt letztlich ein Geheimnis, gewisse Parallelen zur Vita des Autors mögen die Fantasie der geneigten Leserin durchaus anregen ...

Ausstattung und Layout sind für ein Paperback hervorragend, eine kurze Personenübersicht und ein - oftmals humorvolles - Glossar sind willkommene Ergänzungen.

Wer Lust an der Lust hat (oder bekommen möchte), dem kann ich "Glüxfall" als Mitmachbuch für Erwachsene sehr empfehlen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.08.2021
Kaufmann, Claudia

Das Fräulein mit dem karierten Koffer


sehr gut

Claudia Kaufmann ist unter anderem als Drehbuchautorin für "Lilly Schönauer" und "Der Bergdoktor" bekannt - nicht gerade mein TV-Geschmack.

Doch der neueste Roman aus ihrer Feder hat mich durchaus positiv überrascht. Er überzeugt als glaubhaftes Sittengemälde der noch jungen Bundesrepublik in den 1960er Jahren: Schwule erfahren nicht nur gesellschaftliche Ächtung, sondern ihnen droht überdies Strafverfolgung und Gewalt, und auch als ledige Mutter wird man gegängelt und verachtet.

Auch die dargestellten Generationenkonflikte haben mich beeindruckt: Die jungen Erwachsenen haben großenteils andere Moralvorstellungen als ihre Mütter und Väter und auch die unrühmliche Nazi-Vergangenheit der Eltern- und Großelterngeneration bietet reichlich Konfliktpotenzial.

Sprache und Setting ermöglichen dem Leser eine Zeitreise rund 70 Jahre in die Vergangenheit: Kaufmann schreibt Mannequin statt Model, und Diskothek statt Club, dies wirkt authentisch.

Im letzten Drittel lässt die Geschichte leider ein wenig nach; Zeitsprünge erschließen sich oft nur mühsam, es wird ein wenig konfus. Zudem hätte ich mir ein wenig mehr Münchner Lokalkolorit gewünscht. Leider gibt es nur wenige Beschreibungen der bayerischen Landeshauptstadt; der Roman hätte genauso gut in einer anderen Metropole des Nachkriegsdeutschlands spielen können.

Davon abgesehen ist es ein unterhaltsamer Roman mit Tiefgang, der Gott sei Dank auch auf ein klassisches Happy End verzichtet.

Bewertung vom 16.08.2021
Schmid, Eva-Isabel

Paracelsus - Die Fragen der Toten


sehr gut

Aller guten Dinge sind drei - leider hat sich Autorin Eva-Isabel Schmid bei ihrem aktuellen Roman nicht an dieses bekannte Sprichwort gehalten: Ihre Historienroman-Reihe rund um den bekannten Arzt, Naturforscher und Philosophen Theophrastus Bombast von Hohenheim, besser bekannt als Paracelsus, ist eine Diplogie, sprich: der zweite Band ist zugleich der letzte.

Dies ist allerdings auch fast das Einzige, das ich an diesem Werk kritisieren kann. Die spannende Melange aus akribisch recherchierten historischen Details und glaubhafter Erfindung ist extrem unterhaltsam. Dabei legt Schmid vor allem Wert auf die Entwicklung ihrer Charaktere. Ausufernde Beschreibungen von mittelalterlicher Mode oder Kulinarik á la Rebeca Gablé sucht man hier vergebens. Doch dies ist auch nicht nötig, stehen doch im Zentrum der Geschichte Medizin, Theologie und Alchemie, und hierzu zeichnet Schmid ein überzeugendes Bild des berühmten Arztes. Etwas schade fand ich, dass an keiner Stelle erwähnt wird, dass Paracelsus erwiesenermaßen Stotterer war.

Zudem habe ich eine Personenliste vermisst. So habe ich mich, obwohl ich den ersten Band kenne, anfangs etwas schwer getan, mich wieder in der Geschichte zurechtzufinden. (Tipp an dieser Stelle: Unbedingt Band 1 lesen, sonst dürfte dieser Roman nur schwer verständlich sein, da auf eine kurze Zusammenfassung des vorausgehenden Plots leider verzichtet wurde.)

Doch all dies sind Kleinigkeiten. Ich kann Schmids Paracelsus-Dilogie allen Liebhabern spannender Historienromane wirklich ans Herz legen, vor allem denjenigen LeserInnen, die sich für Medizinhistorie und starke Charaktere interessieren. Ich hätte liebend gerne weitere Bände "verschlungen".

Bewertung vom 09.08.2021
Ward, Felicity

Sag mir, wer ich bin


weniger gut

Es hätte ein wirklich guter Roman werden können. Felicity Ward nimmt sich eines wichtigen und - leider - allgegenwärtigen Themas an: Wie kann ein Leben gelingen, das durch eine (Beinahe-)Vergewaltigung als Teenager traumatisiert wurde?

Die Geschichte ist spannend aufgebaut und erhält durch überraschende Wendungen viel Nervenkitzel. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, ich wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht. Der Roman spielt überwiegend in Montreal, und bereits im Vorwort geht Ward auf die großen Spannungen zwischen englisch- und französischstämmigen Kanadiern ein. Noch in den 1970ern sahen sich viele Anglokanadier als die Elite des Landes und blickten auf die sozial und wirtschaftlich unter ihnen stehenden frankophonen Mitbürger herab.

Leider wird die interessante Darstellung dieser gesellschaftlichen Strukturen und der spannende Plot von einer mir unbegreiflichen Wendung überschattet: (ACHTUNG: SPOILER!)

Protagonistin Sally glaubt Jahrzehnte nach ihrer brutalen Misshandlung ihren Peiniger zu erkennen und entdeckt ausgerechnet mit diesem ihre sexuelle Leidenschaft. Überhaupt ist der Roman eine Ansammlung sehr verquerer Einstellungen zur Sexualität - auch dann, wenn man berücksichtigt, dass er vor rund 50 Jahren spielt. Ein paar Beispiele: Sallys Patenonkel und späterer Ehemann (sic!) denkt sich: "Jemand muss dieses Mädchen vögeln ..., das ist die einzige Lösung, und wenn es ohnehin jemand tun muss, dann kann ich das genauso gut selbst übernehmen." Ja, es mag Männer geben, die so denken, aber in einem reflektierten Roman sollte doch auch dargestellt werden, was dies mit "dem Mädchen" macht. Leider bietet die Autorin hier kaum Einblick in Sallys Gefühlswelt. - Philipp schließlich, der vermeintliche Täter, wirft Sally vor, er habe durch sie Geschmack an Gewalt und Brutalität gefunden. Das muss man sich mal vorstellen: Ein junges Mädchen erfährt unfassbare Gewalt, ist fortan zu keinem befriedigenden Sexualleben fähig, bis sie als Frau eine masochistische Beziehung eingeht, bei der ihr der sadistische Partner die "Schuld" an der Gewaltausübung gibt. Wie bitte ...?!

Ward möchte laut Vorwort ihren Roman als eine Allegorie über die Gefahr verstanden wissen, die Opfermentalität und Wiederholungsangst bergen. Dies ist in meinen Augen leider überhaupt nicht gelungen. Vielmehr schreibt sie den Opfern sexueller Gewalt eine Mitschuld an Wiederholungen zu, sollten sie es nicht schaffen, das erlittene Trauma zu verarbeiten.

Da hilft es auch nicht, dass die falsche Reaktion des Vaters aufgezeigt wird, der extrem wütend reagiert, als Sally als Kind von einem Exhibitionisten belästigt wird. Diese Wut des Vaters löst Schuldgefühle bei Sally aus, die auch bei dem späteren Übergriff wieder hoch kommen.

Unter dem Strich ein mehr als zweifelhafter Roman, ich hoffe nur, dass keine Opfer sexueller Gewalt sich damit auseinander setzen müssen.

Bewertung vom 20.07.2021

Willkommen beim Sommerfest!


ausgezeichnet

Dieser Ratgeber für ein tolles Sommerfest ist ganz nach meinem Geschmack: Die frische, übersichtliche Optik macht sofort Lust, erste Leckereien auszuprobieren. Es finden sich 68 Rezepte, von Snacks, Salaten und Grillgut bis hin zu Desserts und Getränken ist an alles gedacht.

Dabei finden sich Klassiker wie Kartoffelsalat oder Spareribs genauso wenig wie innovative Portobelllopilz-Burger oder Tofu-Mango-Spießchen mit fruchtiger Salsa. Es gibt Fleischgerichte und Vegetarisches, die Auswahl ist wirklich vielfältig. Gemeinsam ist allen Rezepten eine sehr verständliche und übersichtliche Erläuterung. Auf einen Blick sieht man, was man benötigt, wie lange es dauert und für wie viele Personen es reicht. Die Zubereitung ist einfach und schnell, nicht unwichtig, wenn man viele Gerichte für ein buntes Buffet vorbereiten möchte.

Kreative Tipps für Deko und Rezepte für Marinaden und Würzmischungen runden das farbenfrohe Buch ab.

Eine klitzekleine Kritik: Das Paperback bleib nur anhand von Beschwerung der Seiten aufgeschlagen liegen. Dafür bekommt der abgerundete Buchrücken aber wenigstens keine Knicke.

Fazit: Ein außerordentlich gelungener, moderner Ratgeber für Feiern unter freiem Himmel, eine klasse Rezeptsammlung - zur gelungenen Sommerparty fehlt nur noch gutes Wetter!

Bewertung vom 20.07.2021
Mumby, Hannah

Elefanten


gut

Die studierte Verhaltensbiologin Hannah Mumby hat eine beeindruckende wissenschaftliche Karriere aufzuweisen: Nach Stationen in Cambrigde, Berlin und Colorado lehrt sie derzeit an die Universität in Hongkong, wo sie das Applied Behavioural Ecology and Conservation Laboratory leitet.

Untertitel und Klappentext des Hardcovers versprechen Einblicke in das Leben der Elefanten wie auch den Alltag der Erzählerin bei ihrer Feldforschung. Leider brilliert Mumby als Sachbuchautorin nicht ansatzweise so wie als Biologin. Dem Buch fehlt ein roter Faden, die Story ist so wirr, dass ich bei der Lektüre mehrfach zurückblättern musste, um überhaupt zu wissen, ob die Schilderungen sich gerade auf Erlebnisse in Kenia, Nepal oder Myanmar bezogen. Aber sei es drum, die sprunghafte Schreibe, teils an Tagebucheinträge erinnernd, hätte ich durchaus toleriert.

Mumbys Forschungsansatz hingegen ist in meinen Augen sehr fragwürdig: Sie möchte herausfinden, wie ein Elefant sich fühlt. Für einen Laien, für einen Tierliebhaber und Elefantenfreund ist dieser Wunsch verständlich - für eine Naturwissenschaftlerin finde ich eine derartige Sichtweise naiv und unprofessionell. Wie kann die Biologin Mumby glauben, dass man sich wirklich in einen Vertreter einer anderen Spezies hineinversetzen kann? Wirklich seltsam ist es in meinen Augen, wenn die Autorin erklärt, dass es ihr manchmal so vorkommt, als wäre es schwieriger, sich selbst in einem anderen Menschen wiederzuerkennen, als in einem Elefanten. Sie ist letztlich davon überzeugt, zu wissen, wie sich ein Elefant fühlt!

Außerdem überträgt Mumby immer wieder menschliche Eigenschaften auf Tiere. Dieser Anthropomorphismus ist in der Fabel durchaus charmant, hat für mich jedoch in einem Sachbuch nichts zu suchen. Negativ aufgefallen ist mir auch eine recht unkritische Betrachtung des Einsatzes von Arbeitselefanten in der Holzwirtschaft, die so gar nicht zu Artenschutz und Tierwohl passen will. Möglicherweise ist dies eine typisch britische postkoloniale Haltung.

Gefallen hat mir, dass zwischendurch auch humorvolle bis selbstironische Passagen auftauchen. Und die Beschreibung der Feldforschungsmethoden war sehr interessant, etwa die Versuche, anhand äußerlicher Merkmale wie Brust- oder Fußumfang auf das Gewicht eines Elefanten schließen zu können. Ein weiterer Pluspunkt ist eine umfangreiche Farbfotostrecke.

Unterm Strich konnte mich diese verquere Mischung aus tagebuchartigen Fragmenten und unwissenschaftlicher Liebe zu Elefanten nicht überzeugen.