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YukBook
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München

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Insgesamt 309 Bewertungen
Bewertung vom 23.02.2020
Korsakova, Natasha

Römisches Finale / Commissario Di Bernardo Bd.2


sehr gut

Ein Mord, ein Ermittlerduo und Bella Italia als Schauplatz - Diese Kombi ist wahrlich nicht neu. Die Krimis der Schriftstellerin und Violinsolistin Natasha Korsakova haben allerding noch ein weiteres Markenzeichen: Sie spielen in der Welt der klassischen Musik.

Im zweiten Fall von Commissario Di Bernardo wird der weltberühmte Pianist Emile Gallois tot und mit zertrümmerter Hand aufgefunden. Angesichts seiner undurchsichtigen Liebesbeziehungen liegt ein Mord aus Eifersucht nahe. So sind der Kommissar und sein Kollege Roberto in der ersten Hälfte des Buches hauptsächlich mit Befragungen beschäftigt, um sich ein klareres Bild seines privaten Umfelds zu machen.

Als ein weiterer Mord geschieht und das Augenmerk auf Emiles Vergangenheit gelenkt wird, kommt die Handlung richtig in Fahrt. Es macht Spaß, das Duo quer durch Rom zu begleiten: Di Bernardo, der sich über das fehlende Mosaiksteinchen den Kopf zerbricht, während Roberto sich keine Gelegenheit der Nahrungsaufnahme entgehen lässt. Die Autorin erweckt dabei bekannte und weniger bekannte Viertel Roms mit ihren architektonischen Besonderheiten zum Leben.

Neben dem Schauplatz spielt ein gewisses Stück von Rachmaninow eine zentrale Rolle, in das ich während der Lektüre hineingehört habe. Als Insider kann Korsakova die Marotten exzentrischer Künstler, ihren Hang zur Theatralik und den extrem hohen Erfolgsdruck in der Musikwelt, der zu Neid und Missgunst führt, sehr authentisch vermitteln.

Bewertung vom 15.02.2020
Portabales , Arantza

Alles, was geschieht, hat seinen Grund


ausgezeichnet

In Zeiten, wo viel Wert darauf gelegt wird, ständig erreichbar zu sein, ist die Kommunikation nur über Anrufbeantworter eher befremdlich. Genau das tun jedoch die vier Protagonistinnen in diesem Roman. Sie hinterlassen Nachrichten und reflektieren dabei über ihr Leben. Marina macht ihrem Ehemann, der sie verlassen hat, Vorwürfe; Carmela, die an Krebs erkrankt ist, verabschiedet sich von ihrem Sohn, der in der Ferne als Arzt arbeitet; Sara macht eine Psychotherapie via Anrufbeantworter und Viviana enthüllt ein Familiengeheimnis.

Je weiter man liest, desto mehr zeigt sich, wie gut diese Erzählform zu der Geschichte passt. Zum einen möchte jede der vier Frauen etwas loswerden, sich von der Seele reden ohne eine sofortige Reaktion oder Erwiderung befürchten zu müssen. Auf diese Weise meiden sie zu viel Nähe, und ihre einseitigen Botschaften bleiben vorerst ohne Folgen. Zum anderen wird man als Leser dazu angeregt, über die Kommunikation als solche nachzudenken, wie schwer sich Menschen damit tun und wieviel im Leben unausgesprochen bleibt.

Das Besondere an Portables Sprache ist, wieviel Kraft und Emotionen in den knappen, teilweise nüchternen Sätzen stecken. Aus den zahlreichen Nachrichten und Fragmenten entsteht allmählich ein immer klareres Bild von vier sehr unterschiedlichen Charakteren und Lebenswegen, die sich teilweise kreuzen. Man erlebt sowohl verstörende Enthüllungen als auch tief berührende Gesten. Ein starkes Buch über die Liebe, Ehe, Freiheit und Selbstständigkeit.

Bewertung vom 08.02.2020
De Stefano, Cristina

Skandalös


sehr gut

Ich muss gestehen, ich kenne nur wenige der Frauen, die Cristina de Stefano in diesem Buch vorstellt. Niki de Saint Phalle zum Beispiel, die durch ihre voluminösen Nana Skulpturen berühmt wurde. Oder Nina Simone mit ihrem unvergesslichen Song "My Baby Just Cares For Me". Doch auch über diese Künstlerinnen lernte ich völlig neue Seiten kennen, die deutlich machen, warum sie in diesem Buch aufgenommen wurden.

Frauen wie Mina Loy, Else Laske-Schüler oder Louise Bourgeois haben eines gemeinsam: Sie verwandelten ihren tiefen Schmerz aus traumatischen Kindheitserlebnissen in Energie und unglaubliche Schaffenskraft. Manche verarbeiteten ihre Wut textlich und veröffentlichten skandalöse Gedichte oder Romane, andere in Form von provozierenden Fotografien oder Skulpturen.

Mir gefiel, dass Cristina de Stefano in jedem Kurzporträt jeweils auf die Herkunft und das Umfeld eingeht, in dem die Frauen aufwuchsen. Dabei stellt sie prägende Beziehungen und einschneidende Erlebnisse heraus, die erklären, warum sie einen so unkonventionellen Weg eingeschlagen haben. Manche Frauen bewunderte ich für ihren Mut, ihre Kreativität und Produktivität, andere fand ich ein wenig furchteinflößend, da sie auch vor exzessivem Alkoholkonsum, Gewalt und kriminellen Taten nicht zurückschreckten, um zu rebellieren und zu schockieren. Schön, dass jedes Kapitel mit einer ganzseitigen Schwarzweißfotografie beginnt, so dass man jeder Person ein Gesicht zuordnen und sie in verschiedenste Länder wie Frankreich, Finnland, Kuba, Mexiko oder Vietnam begleiten kann.

Bewertung vom 04.02.2020
Robert, Marie

Auf einen Kaffee mit Kant


ausgezeichnet

Wer daran zweifelt, dass philosophische Anschauungen praxistauglich sind, sollte dieses Buch lesen. Marie Robert beschreibt höchst anschaulich zwölf typische Krisensituationen, die dem Leser mal mehr, mal weniger bekannt vorkommen dürften. Doch statt aus eigenen Erfahrungen zu schöpfen und selbst Hilfestellung zu bieten, holt sich die Autorin Rat von berühmten Philosophen wie Kant, Heidegger oder Spinoza. Was würde Aristoteles dazu sagen, wenn man sich fest vorgenommen hat, auf Parties nicht mehr über die Stränge zu schlagen und doch wieder in alte Muster verfällt? Was würde Mill dazu sagen, wenn man ehrlich zu seiner Freundin sein möchte ohne sie zu verletzen?

Selten wurde der Unterschied zwischen aktivem und passivem Nihilismus nach Nietzsche, Levinas altruistische Ethik oder Wittgensteins Auffassung von Kultur so verständlich auf den Punkt gebracht und lebensnah vermittelt. Und selten so unterhaltsam! Mehrmals musste ich laut auflachen, zum Beispiel als ein Kulturclash beim ersten Treffen mit den Schwiegereltern beschrieben wird. Die Texte sprühen nur so vor geistreicher Ironie und Situationskomik. Ich war erstaunt, wie viele philosophische Themen zeitlos sind und sich auf unsere heutige Lebenslage genauso übertragen lassen wie auf den Alltag in der Antike.

Ob verzweifelte Eltern, trauernde Singles oder enttäuschte Start-Up Unternehmer - eine sehr breite Zielgruppe könnte in diesem Büchlein Trost und aufmunternde Worte finden und Lust bekommen, sich mit dem einen oder anderen großen Denker näher zu beschäftigen.

Bewertung vom 01.02.2020
Rai, Edgar

Im Licht der Zeit


ausgezeichnet

Der Tonfilm – für uns das Selbstverständlichste der Welt, in den 1920er Jahren eine Erfindung, die als revolutionär gefeiert wurde. In diesem Roman schildert Edgar Rai die Entstehung des ersten großen deutschen Tonfilms "Der Blaue Engel", der mit dem Oscar-Preisträger und Egomanen Emil Jannings und der noch völlig unbekannten Marlene Dietrich verfilmt werden soll. Bis dahin ist es für die Revue-Sängerin, die ihre Laufbahn als Geigenspielerin begann und vergeblich auf einen Durchbruch als Schauspielerin wartete, ein weiter Weg.

Von Anfang an faszinierte mich die Figur der Marlene, die Rai in all ihren Facetten zum Leben erweckt: Einerseits ist sie eine verführerische und vergnügungssüchtige Frau, die sich ohne jede Scheu nimmt, was sie begehrt; andererseits eine unglückliche und schuldbewusste Mutter, die unter der Kühle ihrer Tochter leidet; in jedem Fall aber eine schlagfertige und selbstbewusste Frau, die ihre Stärken zu ihren Gunsten einzusetzen weiß.

Ihre Wandlung von einer unbedeutenden Revuenummer zum Publikumsliebling vollzieht sich inmitten eines quirligen Settings, in dem für jeden Beteiligten, vom Darsteller über den Drehbuchautor und Regisseur bis hin zum Ufa-Boss, alles auf dem Spiel steht und die menschlichen Reibereien und kochenden Emotionen in jeder Zeile zu spüren sind. Der Autor gibt nicht nur jeder Figur genügend Raum zur Entfaltung, sondern zeichnet uns auch ein üppiges Bild der Berliner Künstlerszene, die durch Unterhaltung, Zerstreuung, Leichtfertigkeit und Zügellosigkeit geprägt war. Für Cineasten und Fans der Goldenen Zwanziger ein wahrer Lesegenuss!

Bewertung vom 16.12.2019
Knausgard, Karl Ove

So viel Sehnsucht auf so kleiner Fläche


ausgezeichnet

Schon in seinem Jahreszeiten-Zyklus beschäftigte sich Knausgård mit dem Thema Kunst und bereicherte seine Romane durch Illustrationen von Anna Bjerger und Aquarelle von Anselm Kiefer. Mit diesen Künstlern gibt es in diesem Buch ein Wiedersehen, doch im Mittelpunkt steht ein anderer Maler: Edvard Munch, dessen Ausstellung er vor zwei Jahren in Oslo kuratierte und die derzeit in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen im K20 zu sehen ist.

Der Autor bringt uns in seinem Buch den eigenbrötlerischen Künstler näher, der zahlreiche persönliche Verluste erleiden musste und stellt eine Verbindung zwischen den tragischen Erlebnissen und den stark emotional aufgeladenen Bildern her. Er erläutert die verschiedenen Schaffensperioden, aus denen nur ein Bruchteil, darunter "Der Schrei", bekannt wurde. Gerade den unbekannteren Bildern will sich der Schriftsteller nähern, fährt zu Orten, an denen Munch lebte, und tauscht sich mit Kunstexperten und -kritikern aus. Wenn er das Bild "Asche" von Munch mit "Echo Lake" von Peter Doig vergleicht, stellt er sehr detailliert die Gemeinsamkeiten und Unterschiede heraus. Am liebsten möchte man beide Bilder vor sich sehen, doch das hätte den Rahmen des Buches gesprengt. Immerhin enthält es 14 Reproduktionen von bedeutenden Werken.

Der Schriftsteller schreibt über die allgemeine Rezeption von Munchs Werken, vor allem aber über seine eigene Beziehung zu dem Künstler und versucht zu ergründen, warum ein Bild wie "Kohlacker" derart starke Gefühle in ihm auslöst. Dies führt ihn wiederum zu der nächsten Frage, was Kunst eigentlich für uns Menschen bedeutet und warum wir sie brauchen. Bei dem Versuch, Munch zu verstehen, zieht er auch Vergleiche mit Künstlern aus Film, Fotografie und Literatur wie Fjodor Dostojewski oder Knut Hamsun.

In dieser sehr vielschichtigen Lektüre lernen wir nicht nur Munch und Knausgård näher kennen, sondern werden auch mit philosophischen Gedanken konfrontiert, zum Beispiel welche Rolle Wissen bei unserer Wahrnehmung und Empfindung spielt oder was die kreative Tätigkeit ausmacht. Interessant ist ebenso zu erfahren, wie Knausgård bei den Vorbereitungen der Munch-Ausstellung vorging und welche Unsicherheiten und Zweifel ihn bei der Auswahl der Gemälde und Druckgrafiken plagten. Ich kann es kaum erwarten, die aktuelle Ausstellung in Düsseldorf zu besuchen und die Sammlung sowohl mit Knausgårds als auch mit eigenen Augen zu sehen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.12.2019
Brechtig, Frauke

In den Straßen der Welt


ausgezeichnet

Denkt man an Städte wie London, Berlin oder New York, kommen einem ganz bestimmte Flaniermeilen und Plätze in den Sinn. Insgesamt sechzehn stellt dieser großformatige Band vor. Schlägt man eine Doppelseite auf, taucht man gleich in das Geschehen ein, zum einen weil der Fluchtpunkt der Straßen eine Sogwirkung ausübt, zum anderen, weil die Zeichnungen von Agusti Sousa so farbenfroh und einladend sind.

Trotz der eher skizzenhaften Darstellung wird die Stimmung und Gesamtatmosphäre sehr gut eingefangen. So habe ich die Rambla in Barcelona genauso in Erinnerung wie in der Zeichnung von Sousa. Die typischen Eigenheiten wie der Doppeldeckerbus in London, die Radfahrer und Hausboote in Amsterdam oder die Gondeln in Venedig, die das jeweilige Stadtbild prägen, werden lebendig in Szene gesetzt.

Kurze Texte erläutern, wie die Straße zu ihrem Namen kam, wie sie sich historisch verändert oder welche Bedeutung sie heute hat. Wer wie ich eine Schwäche für gelungene Illustrationen und Wimmelbilder hat, wird sich sicher nicht sattsehen können an den vielen Details. Worüber unterhält sich wohl das Paar, das an einem Brunnen auf dem Platz Rynok im ukrainischen Lwiw steht? Und was für einen Ausflug plant die Familie mit Rucksäcken, die auf die Lombard Street in San Francisco zusteuert? Sowohl Kinder als auch Erwachsene werden Spaß an den Bildern haben. Sie regen die Fantasie an, inspirieren Autor/innen zu neuen Geschichten und wecken die Lust, den nächsten Städtetrip zu planen.

Bewertung vom 04.12.2019
Burton-Hill, Clemency

Ein Jahr voller Wunder


ausgezeichnet

Selten hat mich eine Einleitung so angesprochen wie in diesem Buch. Clemency Burton-Hill beschreibt darin die Idee zu ihrem Musikkalender und ihr persönliches Anliegen, klassische Musik jedermann zugänglich zu machen, ganz gleich, wie viel man davon versteht. Sie ist überzeugt, dass Musik Kulturen verbindet und Grenzen überwindet. Der lockere Ton, der Humor und die Leidenschaft, die in ihren Worten mitschwingt, macht die Violinistin, Radio- und Fernsehmoderation sehr sympathisch.

Sie präsentiert 365 Stücke ihrer Wahl aus tausend Jahren Musikgeschichte, ordnet sie zeitlich ein und erläutert ihre Entstehungsgeschichte. Ich begann meine Lektüre im November. Neben bekannten Komponisten, von denen ich als Kind schon mehrere Stücke auf Klavier gespielt habe, wie Edvard Grieg oder Manuel de Falla, lernte ich eine Reihe neuer Musiker kennen. Besonders begeistert haben mich die Entdeckungen "La Nuit et l'Amour" von Augusta Holmès und "For Now I am Winter" von Ólafur Arnalds. Letzterer ist ein sehr vielseitiger isländischer Künstler und produziert Musik für Film- und Fernsehproduktionen sowie Auftragsarbeiten für Konzerthallen. Komponisten wie Heitor Villa-Lobos versuchten, ihr Interesse für europäische klassische Musik mit Klängen und Themen ihrer Heimat, in seinem Fall, Brasilien, zu verbinden. Ich kann immer mehr nachvollziehen, warum die Autorin Labels wie Klassik oder Popmusik als einschränkend empfindet.

Ich lerne nicht nur viele mir bisher unbekannte Musiker kennen, sondern lese auch über tragische Schicksale wie die von Fanny Mendelssohn, die mehr als 450 Stücke schrieb, doch nur einen einzigen öffentlichen Auftritt hatte. Die zeitgeschichtlichen Hintergründe und persönlichen Lebensgeschichten sind so spannend zu lesen, dass es mir schwerfällt, mich täglich auf ein Musikstück zu beschränken. Das liegt zum einen an dem wunderbaren Schreibstil der Autorin, die den Leser augenzwinkernd direkt anspricht, sondern auch daran, dass viele Emotionen im Spiel sind – schließlich geht es um Musik! Wir erfahren nicht nur, welche Gefühle wie Liebeskummer einen Künstler inspirierten, ein Musikstück zu schreiben, sondern auch, welche persönliche Bedeutung das eine oder andere Stück für die Autorin hat und welche Stimmung oder Emotionen es bei ihr auslöst.

Allein die Musikauswahl und Texte im November haben mir das Tor zu einer spannenden, reichen Musikwelt geöffnet, auch wenn mir nicht alle gleichermaßen gefallen. Ich freue mich auf eine spannende Entdeckungsreise im kommenden Jahr.

Bewertung vom 23.11.2019
Thich Nhat Hanh

Sei liebevoll umarmt


ausgezeichnet

Von Thich Nhat Hanh habe ich schon so manch inspirierendes Zitat gelesen, doch noch kein Buch. Die Neuausgabe dieses Jahresbuchs war daher eine willkommene Gelegenheit, mich näher mit dem Zen-Meister und Friedensaktivisten zu beschäftigen.

Das Buch ist als Begleiter durch ein ganzes Jahr konzipiert und bietet jede Woche die Möglichkeit, eine spirituelle Weisheit näher zu vertiefen. Die Atmung spielt dabei immer wieder eine zentrale Rolle, um sich dem gegenwärtigen Moment zu öffnen und die Einheit zwischen Körper und Geist wiederherzustellen.

Bemerkenswert ist, dass sich im Alltag genügend Gelegenheiten ergeben, seine Anregungen in die Praxis umzusetzen, zum Beispiel wenn man wieder einmal von Einschlafproblemen gequält wird, sich mit seinem Partner streitet oder einen Wutausbruch hat. Es wird schnell deutlich, dass sich kleine Veränderungen in der eigenen Wahrnehmung oder im Verhalten auch auf größere Dimensionen übertragen lassen und jeder Einzelne zu einer friedlicheren Welt beitragen könnte.

Dinge, die ich im Alltag oft erlebe oder beobachte, beschreibt Thich Nhat Hanh sehr treffend, zum Beispiel dass in unserer Gesellschaft eine Gewohnheitsenergie entstanden ist, die uns ständig antreibt. Nicht nur die klugen Worte, sondern auch die farbenfrohen Landschaftsfotografien und Detailaufnahmen der Natur animieren dazu, unsere Umgebung und die Schönheit unserer Erde bewusst wahrzunehmen und zu schätzen.

Der Autor zeigt, dass wir durch die Praxis der Achtsamkeit nicht nur mit unseren individuellen Sorgen und Ängsten besser umgehen, sondern unsere Gesellschaft und Zukunft verändern und positiv beeinflussen können.

Bewertung vom 19.11.2019
Mora, Terézia

Auf dem Seil


gut

Die ersten zwei Bücher der Trilogie von Terézia Mora muss man nicht gelesen haben, um in den dritten Band "Auf dem Seil" einzusteigen. Am Anfang des Romans erfährt man in kurzen Rückblicken, was dem Protagonisten Darius Kopp auf seiner langen Reise bisher widerfahren ist. Nun ist er auf Sizilien gelandet, hat endlich einen angemessenen Platz für die Asche seiner verstorbenen Frau gefunden und hält sich in Catania als Pizzabäcker über Wasser. Ungewöhnlich an dem Roman ist, dass die Autorin mitten im Kapitel die Erzählperspektive mehrfach wechselt. So bekommen wir einen tiefen Einblick in Darius' Gedankengänge, der trotz erfolgter Mission immer noch orientierungslos wirkt.

Als unerwartet seine Nichte Lorelei auftaucht, ist Darius einerseits gezwungen, sich erneut mit den Konflikten in seiner Familie auseinanderzusetzen, vor der er geflohen ist. Andererseits lenkt ihn der Teenager von seinen eigenen Problemen ab. Er willigt ein, die 17-Jährige für einige Zeit aufzunehmen und steckt seine ganze Energie in ihr Wohlergehen, da sie schwanger ist und unter permanenten Brechanfällen leidet. Bis dahin zog mich die Geschichte sehr in den Bann. Als die beiden jedoch nach Berlin reisen, verlor ich immer mehr das Interesse an der Handlung. Vielleicht lag es daran, dass auf einmal so viele Personen aus Darius' Vergangenheit auf der Bildfläche erscheinen, die ich nicht einordnen konnte. Hier wäre es vielleicht hilfreich gewesen, die ersten zwei Bände zu kennen.

Fasziniert hat mich Moras experimenteller Sprachstil, der auf originelle Weise die Innenwelten der verschiedenen Figuren beleuchtet. Für den Protagonisten, der ständig in das Leben anderer hineingerissen wird, statt selbst Fuß zu fassen, entwickelt man ein gewisses Mitgefühl. Meine hohen Erwartungen hat die Autorin des großartigen Erzählbands "Die Liebe unter Aliens" dennoch nicht erfüllen können.