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EOS
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Insgesamt 232 Bewertungen
Bewertung vom 30.04.2019
Redondo, Dolores

ALLES WAS ICH DIR GEBEN WILL


ausgezeichnet

Dieses Buch hat mich total gefesselt, trotz der 600 Seiten wurde es nie langweilig. Ich hatte einen interessanten Roman erwartet, aber Spannung pur erwartete mich mit allem, was man sich von einem guten Krimi/Thriller erhofft.
Inhaltlich geht es um einen vorerst unerklärlichen Unfall. Manuel Ortigosa erhält die Nachricht, dass sein Mann tödlich verunglückt ist, allerdings nicht dort, wo er ihn auf Geschäftsreise vermutet hatte, sondern in Galizien. Manuel erfährt schmerzhaft, dass sein Mann ein Doppelleben geführt hat, das ihm unbekannt war und das auch so manche Gefahren heraufbeschworen hat. War der Autounfall wirklich durch Müdigkeit bedingt, oder war es sogar ein Mord? Gemeinsam mit einem gerade pensionierten Kommissar und einem Priester versucht er, Klarheit zu bekommen, denn er befindet sich in einem Zustand, in dem er noch nicht einmal trauern kann, weil sein Partner ihm plötzlich so fremd erscheint.
Der Leser erhält Einblicke in die Strukturen der alten spanischen Adelsfamilien, deren Ziel es ist, ihr Ansehen zu wahren, koste es, was es wolle. Eine gefühlsarme Welt, voller Intrigen und voller Lug und Trug, sicher auch heute noch aktuell...Der immense Standesdünkel unterdrückt echte Gefühle.
Der Erzählstil der Autorin ist literarisch spannend und beschreibt einen Plot, der allmählich erweitert wird, an Verwicklungen zunimmt und beim Leser unwillkürlich Mutmaßungen auslöst, wer der Täter sein könnte. Immer wieder kommt es zu überraschenden Wendungen, die ein Gedanken-Update erfordern. Mir hat es großen Spaß gemacht, die neuen Informationen mit einzubringen und erneut zu spekulieren. Auch die Auflösung ist perfekt und logisch durchdacht, trotzdem überraschend. Es bleiben keine wichtigen Fragen offen, alles klärt sich lückenlos.
Das Buch liest sich flüssig und angenehm, man fühlt sich durch die facettenreichen und lebendigen Beschreibungen nach Galizien versetzt. Auch die Protagonisten werden anschaulich geschildert und man fühlt sich in ihrer Welt. Am besten gefällt mir Manuel, dessen Gefühlsschwankungen, seine Wut, seine Angst, sein Misstrauen, überhaupt sein Seelenleben vortrefflich beschrieben werden.
Die Lektüre dieses Buches war ein einzigartiges Erlebnis, es erhält die volle Sternenzahl und ich spreche eine absolute Leseempfehlung aus.

Bewertung vom 07.04.2019
Ohlandt, Nina

Dünengeister / Kommissar John Benthien Bd.6


sehr gut

Guter Ruf zu verlieren
Das Buch startet schaurig, denn es geht um Menschenhandel, aber nicht in der aktuellen Zeit, sondern vor vielen Jahren, als gestrandete Schiffe auf Leichen durchsucht wurden, um diese an Wissenschaftler zu verkaufen. Auch die angesehene Sylter Familie Melander lebte gut von diesem Geschäft. Viele Jahre später werden auf dem Grundstück dieser reichen Familie zwei Leichen gefunden, verbuddelt unter einer Düne, eine Frau und ein Kind. Beide starben bereits vor langer Zeit. Nur wenig später werden zwei Mitglieder des Melander Clans in dem altehrwürdigen Haus auf diesem Dünengrundstück tot aufgefunden, eine junge Mutter und ihr Kind. Kommissar Benthien fängt trotz Urlaub mit den Ermittlungen an, denn er glaubt nicht an einen Zufall.
Wir lernen Adeline kennen, die 'Chefin' der großen Familie, sie wirkt auf den ersten Blick sympathisch, da sie sich um alle kümmert und die Familie zusammen hält, auf der anderen Seite verliert sie aber auch an Sympathie, weil sie äußerst dominant ist und sich in alles einmischt. Ebenso werden die anderen Mitglieder der Melander-Sippe sehr ausführlich beschrieben mit all ihren Schwächen und Vorzügen.
Die Autorin hält die Spannung bis zum Ende aufrecht, denn erst da wird der Mörder entlarvt. Nina Ohlandt legt viele falsche Fährten aus, die das Buch interessant machen und zum Mitforschen anregen. Teilweise ist man so ratlos wie die Ermittler selber in diesem Labyrinth von Möglichkeiten, weil man wieder umdenken muss. Die verschiedenen Handlungsstränge verweben sich zusehends miteinander und bieten schließlich eine überraschende Auflösung. Das Ende ist in Agatha-Christie ähnlicher Weise gestaltet, alle werden zusammengerufen und langsam schält sich die Wahrheit heraus.
Nina Ohlandt beweist mit diesem Buch, dass Krimis nicht brutal gestaltet sein müssen, um zu unterhalten. Es geht auch ohne brutale Kampfszenen oder blutige Meuchelmorde.
Was mir nicht gefällt, ist die intensive Schilderung des Privatlebens der Kommissare, denn dadurch kommt es stellenweise zu unnötigen Längen. Benthien und Lilly sind ein Paar, und ständig findet man Hinweise darauf: ein Lächeln, eine zufällige Berührung, Erlebnisse am Strand usw. Mir ist es auch egal, was die beiden essen, welche Kleidung sie tragen oder wie sie die heißen Sommertage gestalten. Ein wenig Privates ist ja ok, aber hier finde ich es etwas übertrieben.
Insgesamt empfinde ich das Konstrukt aus Verdachtsmomenten, Fährtenlegung und Irreführung als gut durchdacht und nachvollziehbar, und auch die abschließende Auflösung in großer Runde ist beeindruckend und authentisch. Es hat Spaß gemacht, bei den Ermittlungen mitzurätseln. Ein Muss für alle Freunde von Soft-Krimis!

Bewertung vom 17.03.2019
Krien, Daniela

Die Liebe im Ernstfall


ausgezeichnet

Liebe zwischen Utopie und Wirklichkeit
Was für ein Buch! Es hat mich fasziniert und gefesselt, es war stets eine Freude weiter zu lesen. Und es tat mir Leid, Abschied nehmen zu müssen, gern hätte ich weiter am Leben der Frauen teilgenommen.
Wieso hat mich dieses Buch so in seinen Bann gezogen? Es handelt sich nicht um einen Roman, der eine fiktive Geschichte erzählt, sondern um die Einzelschicksale von fünf Frauen, die aus dem Leben gegriffen sind und deshalb sehr authentisch rüberkommen. Ich habe mich selber in der ein oder anderen Situation oder Reaktion wieder erkannt.
Die Frauen kennen sich untereinander, unterschiedlich intensiv, die einen sind Freundinnen, die anderen Schwestern oder man kennt sich nur berufsbedingt. Auf sensationelle Weise schafft es die Autorin die Schicksale dieser fünf Frauen in Verbindung zu bringen.
Alle fünf versuchen, eine glückliche Liebesbeziehung nach ihren Wünschen aufzubauen, aber alle fünf scheitern damit. Irgendwann nehmen die Zugeständnisse bzw. die Anpassung an den Partner soviel Raum ein, dass die Luft zum Atmen fehlt und die Beziehung zerbricht. Es bleibt kein Raum oder keine Akzeptanz für die eigene Freiheit, die eigene Selbstverwirklichung. Oder es ist wie bei Judith, die so hohe Ansprüche an eine Beziehung stellt, dass sie einfach keinen geeigneten Lebenspartner findet. Hier fragt man sich, ob ein wenig Kompromissbereitschaft nicht das Streben nach absoluter Freiheit ersetzen sollte.
Der Absprung aus den gewohnten Verhaltensmustern in die Ungewissheit sieht leicht aus, aber wie gelingt die Umsetzung? Hier habe ich das Buchcover vor Augen...
Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und kurzweilig, man nimmt teil an den beschriebenen Gefühlen und Erwartungen. Die Sätze sind meist kurz, aber gehaltvoll und wechseln in der Zeit, was irgendwie eine Art von Unbeständigkeit ausdrückt, passend zum Auf und Ab der hier geschilderten Lebensweisen.
Es handelt sich hier um ein Buch, das ich gerne weiter empfehle, denn es hat mich im Inneren berührt und mich zum Nachdenken gebracht. Auch über das Lesen hinaus war ich mit der jeweiligen Problematik beschäftigt. Und auf der anderen Seite ist es auch ein Mut machendes Buch, denn keine der Frauen lässt sich letztendlich von fatalen Situationen unterkriegen, sondern es findet sich immer ein Ausweg.....Und ich denke, dass dies die Botschaft dieses Buches ist: Lass dich nicht von schlimmen Lebenserfahrungen beugen, es geht weiter, auch wenn du vielleicht ein paar Abstriche von deinen Idealvorstellungen akzeptieren musst.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.02.2019
Sauer, Beate

Der Hunger der Lebenden / Friederike Matthée Bd.2


ausgezeichnet

In diesem Krimi, der im Nachkriegsjahr 1947 spielt, treffen wir Friederike Matthée, eine Beamtin der weiblichen Polizei in Köln, und Lieutenant Davies von der Royal Military Police wieder. Beide ermitteln zunächst in getrennten Fällen, Friederike ermittelt in einem brutalen Mord an einer früheren Kollegin, während Davies versucht, die Mörder von britischen Soldaten zu finden, die noch im Krieg nach einem Kampffliegerabsturz heimtückisch erschlagen wurden. Davies erbittet sich Friederike als Hilfe, und schon bald verweben sich die Ereignisse.
Schnell entwickelt sich zwischen Friederike und Davies wieder die alte Sympathie, aber werden sie in Liebe zueinander finden? Werden sie sich entscheiden, zusammen zu bleiben und eine Familie zu gründen? Man wünscht es sich stets, aber die Bedingungen sind schwierig.
Beide Protagonisten sind mir auch in diesem 2. Band wieder sehr sympathisch, jeder auf seine Weise. Friederike ist fürsorglich, gewissenhaft und sehr sozial eingestellt, auf der anderen Seite geht sie ohne Erlaubnis eigene Wege, wenn sie sie für notwendig hält, wobei sie sich teilweise in gefährliche Situationen begibt. Ich bewundere ihren Mut und ihre Ausdauer in dieser entbehrungsreichen Zeit.
Davies ist mir auch sympathisch, auch wenn er manchmal ein Sturkopf ist, der sich an seinen selbst gemachten Grenzen festklammert. Er ist verschlossener und besonnener als Friederike. Aber auch er ist fürsorglich, korrekt, zuverlässig und sozial. Eigentlich passen die beiden gut zusammen.
Der Schreibstil der Autorin ist fesselnd und anschaulich. Man fühlt sich regelrecht in diese schlimme Nachkriegszeit versetzt und kann die tiefen Sorgen der Menschen verstehen. Ich denke auch, dass die Autorin sehr gründliche Recherchearbeit über diese entbehrungsreichen Jahre geleistet hat, was zudem im Anhang deutlich wird. Ebenso habe ich das Buch als spannend empfunden, denn es gibt nicht nur einen Verdächtigen, und man rätselt mit, was nun genau passiert ist. Es gibt einige falsche Fährten, so dass man wieder umdenken muss, und so sollte ein Krimi sein! Ich musste immer kurz in das nächste Kapitel hineinlesen, wenn ich eine Pause eingelegt habe.....
Am Anfang hatte ich zunächst kleine Probleme mit den vielen neuen Namen, erst später habe ich die Personenliste hinten im Buch entdeckt.
Ich habe das Buch so gern gelesen, dass mir der Abschied schwer fällt und ich auf einen dritten Band mit diesen sympathischen Ermittlern hoffe.
Gern spreche ich eine Lesempfehlung aus und bewerte das Buch mit 5 Sternen.

Bewertung vom 04.02.2019
Born, Leo

Blinde Rache / Mara Billinsky Bd.1


ausgezeichnet

Mara Billinsky, Kommissarin im Morddezernat, ist eine außergewöhnliche Ermittlerin. Sie fällt sowohl durch ihr äußeres Erscheinungsbild auf (schwarze Kleidung, Tattoos und Piercings), als auch durch ihren gewagten Ermittlungsstil, überwiegend im Alleingang. Ihr Chef und die Kollegen, von denen sie 'Krähe' genannt wird, meiden und belächeln sie. Jeder ist überzeugt, dass sie die Frankfurter Polizei schnell wieder verlassen muss....Sie wird zunächst nur auf eine Einbruchserie angesetzt, aber dann passieren einige brutale Morde, und Mara sieht ihre Chance gekommen....Mit ihren ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden begibt sie sich in Gefahr und wird trotzdem nicht ernst genommen.
Mara war mir von Anfang an sympathisch, da sie eine aufrechte Person ist, die schon einiges hinter sich hat, sich aber fangen konnte und nun ihren Beruf mit vollem Einsatz und energisch ausübt. Sie gefällt mir allein schon durch ihren Mut, anders zu sein und sich nicht unüberlegt anzupassen. Sie ist eine starke Persönlichkeit, die trotz heftiger Aversionen in ihrem Umfeld nicht aufgibt, sondern kämpft.
Auch ihr Kollege Rosen gefällt mir als Charakter in diesem Thriller außerordentlich gut, zunächst äußerst reserviert, wird er immer lockerer und sogar eine große Hilfe für Mara. Ich kann mir diesen Typen deutlich vorstellen, äußerlich und temperamentsmäßig ein krasser Gegensatz zu Mara, im Inneren sind vielleicht Gemeinsamkeiten festzustellen.
Der Schreibstil des Autors ist flüssig und lebendig, das Buch ist ein richtiger Pageturner. Dazu trägt natürlich auch die Spannung bei, die bereits im Prolog einsetzt, sich aber immer weiter steigert, die letzten 100 Seiten konnte ich das Buch nicht aus der Hand legen, es hat mich total gefesselt. Und die ganze Zeit rätselt man mit, wer der Täter sein könnte, was für mich einen guten Thriller ausmacht. Ich will in Gedanken dem Täter auf die Spur kommen und seine Motive nachvollziehen können. Die Story ist logisch aufgebaut, der Täter erwächst aus dem Geschehen, und für mich ist keine Frage offen geblieben. Ich habe aber noch länger über die Beweggründe des Täters und seine Aktionen nachgedacht.
Wie schön, dass weitere Bände folgen, denn ich möchte Mara gern wiedertreffen....Und wenn ich nächstes Mal in Frankfurt bin, werde ich bestimmt an dieses Buch denken.
Ich spreche hier eine klare Lesempfehlung aus, jeder Thrillerfan sollte dieses Buch lesen. Mich hat es überzeugt, und ich schmücke es gern mit 5 Sternchen.

Bewertung vom 25.01.2019
Lemaître, Pierre

Die Farben des Feuers / Die Kinder der Katastrophe Bd.2


sehr gut

Am Tag der Beerdigung ihres Vaters widerfährt Madeleine Péricourt, Alleinerbin eines mächtigen Bankimperiums, ein nächster Schicksalsschlag: ihr kleiner Sohn Paul stürzt sich aus einem Fenster und sitzt seitdem im Rollstuhl. Zunächst konzentriert sich Madeleine auf mögliche Therapien, aber merkt bald, dass es keine durchgreifende Hilfe gibt. Sie verfällt in eine Art Lethargie, findet an nichts mehr Interesse, außer Pauls Pflege. Sie verlässt sich auf ihre Angestellten, vertraut ihnen voll und ganz und merkt erst, als es bereits zu spät ist, dass alle nur an ihr persönliches Wohl gedacht haben, sie hintergangen und belogen haben, voller Habgier und Neid, sogar ihre engsten Verwandten. Alle haben sich ihren Anteil an Madeleines Vermögen gesichert und viel bleibt nicht mehr übrig.
Irgendwann realisiert Madeleine, dass sie keinem mehr vertrauen kann und im Prinzip allein mit Paul ist, und sie schmiedet Pläne, um das, was ihr gehört, zurückzubekommen und sich an ihren Ausbeutern zu rächen. Ihre Strategien sind wohl durchdacht, nahezu perfide, und überraschen den Leser durch ihre Niederträchtigkeit.
Der Schreibstil des Autors ist zunächst gewöhnungsbedürftig, denn es werden verschiedene Handlungsstränge einfach hintereinander gesetzt, ohne Unterteilung. Vielleicht will der Autor damit andeuten, wie intensiv alles miteinander vernetzt ist. Die Beschreibungen sind sehr detailliert, bisweilen auch etwas langatmig, wenn es zu sehr in die Feinheiten geht. Sehr überraschend war für mich, dass der Autor bisweilen den Leser direkt anspricht, das hat mir gut gefallen. Man muss sich an diesen Stil zunächst gewöhnen, auch an die vielen Namen, die einen zunächst erschlagen, aber dann liest sich der Roman fließend und auch spannend. Die Spannung rollt langsam an, wird dann aber bei Madeleines verzwickten Aktionen teilweise zum Psychokrimi.
Außerdem baut der Autor etliche humorvolle Elemente in seinen Roman ein, die unterhalten und einen zum Schmunzeln bringen. Teilweise sind es Missverständnisse, oder Beschreibungen, z.B. die Erläuterungen zu Charles Töchtern, aber auch überraschende Reaktionen, die geradezu schelmisch rüberkommen.
Die Protagonistin Madeleine ist mir sehr sympathisch, auch wenn ihre Rachegelüste recht charakterlos sind. Denn anstatt sich ihrem Schicksal zu unterwerfen, was in dieser Zeit des frühen 20. Jahrhunderts nicht unüblich war, verfällt sie in einen rasanten Aktionismus, um sich ihr Recht zu verschaffen. Sie rebelliert gegen die Überheblichkeit der Männerwelt und zeigt ihre Stärke. Manche ihrer Aktionen wirken jedoch zu konstruiert, da fehlt die Authentizität. Aufgrund dieser fehlenden Glaubhaftigkeit und der zeitweiligen Langatmigkeit ziehe ich einen Stern ab.
Trotzdem empfehle ich das Buch gern weiter, da es mir einen interessanten Einblick in die gesellschaftlichen Wirrungen der damaligen Zeit gegeben hat und mich gut unterhalten hat.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.01.2019
Würger, Takis

Stella


ausgezeichnet

Friedrich wächst zwischen den Kriegen zunächst wohlbehütet am Genfer See auf, bis ihm ein schrecklicher Unfall zustößt, der einiges verändert. Seine Mutter, eine Alkoholikerin, bindet ihn sehr stark an sich, sie hat große Pläne mit ihm, die durch den Unfall aber ins Wanken geraten. Sie verfällt immer mehr dem Alkohol, und Friedrich ist recht einsam. Die politische Entwicklung hält man weitgehend von ihm fern, bis er sich als junger Mann entscheidet, sich endlich einmal vom Elternhaus zu lösen, er will auf Reisen gehen. Seine erste Station ist Berlin, wo er schauen will, ob die vermeintlichen Judentransporter wirklich existieren oder nur erfunden sind. Schnell lernt er Kristin kennen und verliebt sich in sie. Kristin akzeptiert ihn, wie er ist, bringt ihm positive Gefühle entgegen und öffnet ihm so manche Tür zum Leben...doch eines Morgens wird Friedrich mit der Wahrheit konfrontiert: Kristin heißt in Wirklichkeit Stella und ist Jüdin, sie wurde von der Gestapo gefoltert und soll andere Juden ausliefern....
Zunächst waren meine Gefühle für den Hauptprotagonisten positiv und voller Mitleid, endlich wird er geliebt und übt sich im Vertrauen, doch bald fragt man sich, ob er an der Realität vorbei lebt. So blind kann man doch nicht sein! Und außerdem so egoistisch, denn Friedrich lebt ein Luxusleben in dieser ärmlichen Umgebung, weil er Geld hat und als Schweizer politisch nichts befürchten muss. Er liebt Stella bedingungslos und ohne jedes Misstrauen, obwohl sie oft einfach verschwindet, ohne zu sagen warum....
Immer wieder schiebt der Autor kurze authentische Gerichtsprotokolle ein, sie wurden dem Prozess gegen Stella Goldschlag entnommen. Dies hinterlässt ein beklemmendes Gefühl und zeigt die Hilflosigkeit der Verfolgten im 2.Weltkrieg. Im Gegensatz dazu werden auch ganz banale Sachen aufgelistet, die während des Schicksalsjahres 1942 geschahen, Fußballereignisse oder Paul McCartney wird geboren.....unfassbare Geschehnisse, wenn man in der Handlung des Buches verwurzelt ist.
Würgers Schreibstil ist klar und angenehm, er benutzt keine überladenen Beschreibungen und trotzdem kommt sehr viel Atmosphäre rüber, z.B. der brechend volle Musikclub oder auch die Suite im Luxushotel. Die Sätze sind überwiegend kurz und übersichtlich. Die Dialoge wirken authentisch und nicht inszeniert. Man könnte das Buch in einem durchlesen, es hat mich gefesselt. Am Ende legt man das Buch nicht einfach beiseite, es wirkt nach, es bleiben so viele Fragen, speziell zu der Liebe zwischen Friedrich und Stella, aber auch zu der damaligen Zeit und ihren Menschen.
Alles in allem ein sehr lesenswertes Buch, das ich ohne Zögern mit 5 Sternen belohne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.01.2019
Felenda, Angelika

Herbststurm / Kommissär Reitmeyer Bd.3


sehr gut

Vordergründig geht es in diesem Krimi um die Aufklärung zweier Mordfälle, beide Opfer waren Angehörige eines Freikorps, die offenbar miteinander verknüpft sind, und um die Suche nach einer jungen Russin aus zaristischen Kreisen, die seit längerer Zeit in München lebt. Der Krimi kam langsam in Schwung, nahm dann aber Fahrt auf und präsentierte ein überraschendes, aber nachvollziehbares Ende.
Was mich beeindruckt hat, ist die Milieuschilderung dieser Zeit. Darüber wußte ich sehr wenig, am ehesten hatte ich Kenntnisse über die Auswirkungen der Inflation für den kleinen Mann. Sehr überrascht hat mich die große Rolle, die Exil-Russen im damaligen München spielten, und dass bereits zu dieser Zeit Hitler und seine Parolen in Erscheinung traten. Mir ist klar geworden, dass es sehr schwierig war, in dieser Zeit zu leben, denn Feinde fanden sich überall. Hier hat die Autorin hervorragende Recherchearbeit betrieben!
Der Schreibstil war manchmal etwas anstrengend, besonders in den Hintergrundschilderungen musste ich manchmal etwas zweimal lesen. Gefesselt hat mich das Buch aber trotzdem, ich habe immer gern weitergelesen.
Mein Lieblingsprotagonist ist der Ermittler Korbinian Rattler. Er geht schon mal eigene Wege und folgt seinem Gespür, ohne dies mit seinem Vorgesetzten Reitmeyer abzusprechen. Als besonders gelungen empfand ich die Szenen mit Larissa, seiner Russischlehrerin, in die er sich abgrundtief verliebt, die ihn aber, wie man schnell merkt, nur benutzt. Die Autorin hat die Beziehung zwischen den beiden so phänomenal beschrieben, dass ich mich immer gefreut habe, wenn wieder eine solche Szene kam. Reitmeyer hat mich nicht so überzeugt, vielleicht liegt es daran, dass ich die Vorgängerbände nicht kenne.
Ich empfehle das Buch jedem, der historisch interessiert ist, denn hier bekommen wir mehr Informationen über die damalige bewegte Zeit als in so manchem Geschichtsbuch, sowie denjenigen, die an solider Krimikost mit einleuchtenden Tatmotiven interessiert sind.

Bewertung vom 29.12.2018
Drews, Christine

Kälter als die Angst / Schneidmann & Käfer Bd.5


ausgezeichnet

Eine Frau wird brutal erschlagen, als Täter wird sehr bald der Ehemann verhaftet, weil einige Umstände gegen ihn sprechen. In der Vergangenheit hat diese Frau jedoch Angst einflößende Drohbriefe erhalten, steckt vielleicht doch jemand anderes hinter der Tat? Denn auch als der Ehemann in Untersuchungshaft sitzt, werden weiterhin mysteriöse Drohbriefe an andere Frauen geschrieben. Es ergibt sich ein verschlungenes Verdachtsgeflecht, dominiert von Angst, und ich habe mitgerätselt, wer als Täter in Frage käme. Die Aufklärung des Falls bringt eine zusätzliche böse Überraschung mit sich.
Es handelt sich hier um den 5.Band der Ermittler-Reihe, was aber kein Problem ist. Der Fall ist in sich abgeschlossen, und es finden sich ab und an Hinweise auf die Vorgängerbände. Für mich war es das erste Buch von Christine Drews, aber sicher nicht das letzte....
Die Personen und ihre Beweggründe bzw. Handlungen sind allesamt authentisch, wenn auch teilweise bizarr. Aber alles wird durch die Autorin gut vorbereitet und umgesetzt, nichts erscheint konstruiert. Ein solcher Fall könnte in jedermanns Nachbarschaft vorkommen.
Für mich ist es wichtig, dass das Krimigeflecht logisch aufgebaut ist, so dass ich Spuren verfolgen kann. Dies ist in diesem Krimi der Fall, ich habe ihn gern gelesen und konnte teilweise nicht einfach unterbrechen, ohne noch kurz in den nächsten Abschnitt hineinzulesen. Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und abwechslungsreich, so dass das Buch mich in seinen Bann gezogen hat. Falsche Fährten und der Perspektivwechsel haben auch dazu beigetragen.
Sehr positiv fand ich, dass das Privatleben der beiden Kommissare nicht so stark in den Vordergrund gestellt wird. Wir erfahren zwar ein paar private Dinge, aber diese werden nur angedeutet, und im wesentlichen geht es um die Polizeiarbeit. Die beiden sind für mich auch absolute Sympathieträger, souverän in ihren Ermittlungen, ehrgeizig und zuverlässig, keine coolen, unglaubwürdigen Draufgänger. So muss es sein!
Alles in allem kann ich dieses Buch allen Krimiliebhabern empfehlen, die gerne mit auf Ermittlertätigkeit gehen und keine Action- Szenen brauchen. Von mir erhält das Buch 5 Sterne!

Bewertung vom 08.12.2018
Montero, Carlos

Deine letzte Stunde


gut

Was wirklich überzeugt, ist der Spannungsbogen, der steil aufwärts geht. Ich habe das Buch kaum weglegen mögen, weil der Autor mich ständig mitfiebern ließ. Und diese Gespanntheit blieb bis zum Ende erhalten, auch wenn teilweise die dann folgenden Aktionen unlogisch, unauthentisch oder irrsinnig wirkten.
Ebenso ist der Schreibstil von Carlos Montero sehr angenehm, man liest fließend und ohne Holpersteine. Er liefert atmosphärische Beschreibungen in guter Qualität und real vorstellbar. Wenn nur seine Charaktere nicht so extrem unlogisch und dumm konzipiert wären....denn es gehört eben zu einem guten Roman, dass die Personen nicht zu konstruiert wirken, sondern glaubwürdig. In diesen Bereich fällt auch das Thema Drogen, denn fast jeder in diesem Thriller nimmt Drogen in irgendeiner Form, von Medikamenten über Alkohol bis hin zu Kokain. Und all das scheint gesellschaftlich geduldet, ja sogar akzeptiert.
Ich gebe drei von fünf Sternen, weil mir der Thrill gefallen hat, aber die Umsetzung nicht überzeugend, teilweise sogar dubios war. Schade.....