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Forti

Bewertungen

Insgesamt 207 Bewertungen
Bewertung vom 31.10.2016
Bomann, Corina

Winterblüte


weniger gut

Heiligendamm, Dezember 1902 - das klingt interessant und vielversprechend: eintauchen in alte Zeiten, der Flair eines Ostseebads, Weihnachtsstimmung. Leider kommt das alles zu kurz und die Handlung beschäftigt sich fast ausschließlich mit einer Liebesgeschichte. Die Kinder zweier verfeindeter Familien verlieben sich ineinander. Klingt nach Romeo und Julia, kann mit dem Klassiker aber bei weitem nicht mithalten.

Die Geschichte wird ohne große Überraschungen und etwas vorhersehbar erzählt. Das Buch zieht sich etwas bis zum absehbaren Ende - mit einigen fast schon haarsträubenden Wendungen. Insgesamt vorhersehbar und im Detail dann doch nicht sehr wahrscheinlich bzw realistisch.

Mich stört, dass sich die Gedanken der Hauptperson Johanna fast ausschließlich um Liebesdinge drehen. Scheinbar hat sie keine anderen Interessen, keine Freundinnen, kein gesellschaftliches Leben. Vom Lauf der Welt nimmt sie wenig wahr, lebt in der eigenen kleinen Welt.
Auch die meisten anderen Frauen des Romans sind größtenteils auf Liebesdinge und alberne Eifersüchteleien fixiert. Dieses klischeehafte Frauenbild hätte ich bei einer jungen, beliebten Autorin im Jahr 2016 auch bei einem historischen Roman nicht erwartet.
Einzig die Schiffbrüchige Barbara ist eine für ihre Zeit toughe junge Frau, die sich und ihren Weg in Vergangenheit und Zukunft mit mehr Courage sucht, als alle anderen Frauen des Buches zusammen.

Sprachlich leider auch eher mittelmäßig.

Mein erstes Buch von Corina Bomann. Ich habe mir mehr erwartet als diese eher durchschnittliche Geschichte.

Bewertung vom 31.10.2016
Mcfadyen, Cody

Die Stille vor dem Tod / Smoky Barrett Bd.5 (eBook, ePUB)


weniger gut

Der fünfte Thriller rund um die FBI-Ermittlerin Smoky Barrett startet rasant und spannend. Es wird einiges aufgefahren, was ich in diesem Buch erwartet habe: Mord, Entführung, schockierende Szenen - nichts für ganz zart Besaitete. Dann wird die Handlung aber ausgebremst. Statt die begonnen Handlung fortzusetzen begibt sich der Leser mit Smoky in Therapie und auf Reisen in Smokys Seelenleben und Vergangenheit. Das bleibt dann aber oft auf einem oberflächlichen Niveau - vor allem ist es aber sehr langatmig. Schließlich wenden sich Smoky und ihr Team wieder dem Fall zu und können einen Teilerfolg erzielen. Das Ende klärt den Fall aber nicht wirklich auf und auch viele Einzelfragen bleiben offen. Das finde ich enttäuschend.

Böse ausgedrückt könnte man bei "Die Stille vor dem Tod" von Cody Mcfadyen von einer Mischung aus Perversionen und 'Psychogelaber' reden. Die etwas maue Handlung versucht der Autor durch die drastischen Gewaltszenen aufzupeppen und durch seitenlanges Gerede in die Länge zu strecken.
Smoky-Fans mögen das eventuell interessanter finden als ich.

Es war mein erster Smoky Barrett-Thriller. Ich konnte der Handlung gut folgen. Dennoch denke ich, dass man das Buch eventuell mit mehr Gewinn liest, wenn man auch schon die vorherigen Thriller kennt.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.10.2016
McKeon, Belinda

Zärtlich


gut

Die achtzehnjährige Studentin Catherine trifft 1997 auf den homosexuellen James. Beide sind jung und lebenshungrig - wollen weg von den Eltern und in der Stadt Erfahrungen sammeln und das Leben genießen. Die beiden sind sich sofort sehr nah. Wir erleben mit den beiden ein intensives Jahr, in dem sich zeigt, dass eine Freundschaft zwischen Mann und Frau Schwierigkeiten birgt.

Der Roman entführt uns in die Studenten- und Künstlerszene Dublins. Wir bekommen Einblicke in ein Land, das vom Nordirlandkonflikt geprägt ist und in dem eine junge, aufgeschlossene Generation auf Katholizismus und Konservatismus trifft. All dies spielt aber nur eine Nebenrolle - im Mittelpunkt steht Catherine und ihre Beziehung zu James.

Die Geschichte erzählt - in der dritten Person geschrieben - vor allem von Catherines Gefühlen. Die anderen Protagonisten erleben wir vorwiegend aus ihrem Blickwinkel. Eine interessante Erzählperspektive, die aber manchmal auch einseitig und etwas langgezogen wirken kann.

Ein langsamer Entwicklungsroman über eine Freundschaft zwischen einem jungen Mann und einer jungen Frau.

Bewertung vom 07.10.2016
Guskin, Sharon

Noah will nach Hause


sehr gut

Irgendetwas stimmt mit dem vierjährigen Noah nicht - das wird seiner Mutter Janie immer schmerzlicher bewusst. Abends im eigenen Bett verlangt er immer wieder nach Hause und zu seiner anderen Mutter zu dürfen. Janie trifft schließlich auf den Wissenschaftler Jerry Anderson, der sich mit dem Thema Wiedergeburt beschäftigt. Zusammen wollen sie Noah helfen und dem Geheimnis, das in ihm steckt, auf den Grund gehen.

Ich konnte mich in alle erwachsenen Protagonisten hineinversetzen und ihre Sorgen und Ängste nachvollziehen und beim Lesen miterleben. Noah bleibt hingegen etwas geheimnisvoll, eine Art Bekannter. Als Leser dringen wir nicht in seine Gedankengänge ein, sondern sehen ihn wie die anderen Protagonisten von außen. Das lässt viel Interpretationsspielraum darüber, was in Noah vorgeht, und ist meiner Meinung nach viel authentischer und reizvoller als wenn dies alles offen gelegt würde.

Parallel zur Handlung werden immer wieder reale Studien, die sich mit dem Thema Wiedergeburt beschäftigen, zitiert. Dass es Forscher, die sich wissenschaftlich mit der Wiedergeburt beschäftigen, gibt, hat die Handlung für mich realistischer, vielleicht sogar glaubwürdiger gemacht.

Das Buch lädt zu Gedankenspielen über Wiedergeburt ein. Es wird dabei aber nie zu abgehoben oder esoterisch. Eine minimale Aufgeschlossenheit gegenüber dem Übersinnlichen in der Fiktion reicht aus, um das Buch mit Freude lesen zu können.


Wer zwischen print und eBook schwankt, sollte hier die Print-Ausgabe wählen, da das Cover wirklich besonders ist :-)

Bewertung vom 28.09.2016
Ryan, Donal

Die Gesichter der Wahrheit (eBook, ePUB)


sehr gut

In Donal Ryans "Die Gesichter der Wahrheit" erzählen 21 fiktive Menschen aus ihrem Alltag. Dieser Alltag wird bestimmt von der Wirtschaftskrise, die Irland nach dem Platzen der Immobilienblase erfasste - das Buch spielt im Jahr 2010.
Die Protagonisten, die in alle im gleichen irischen Landstrich wohnen, sind alle direkt oder indirekt von der Immobilienkrise betroffen. Es sind durchschnittliche Menschen - Bauarbeiter und Kindergärtnerinnen, Familienväter und alleinerziehende Mütter, Junge und Alte - die nun von Auftragseinbußen, Lohnkürzungen oder sogar Schulden betroffen sind.
Die 21 Personen des Buches sind miteinander verbunden, die meisten kennen einander. Mir fiel es teilweise schwer, die Personen und ihr Verhältnis zueinander richtig zuzuordnen.
Es fiel mir aber leicht, mich in die Sorgen und Nöte dieser Menschen hineinzuversetzen, die diese Krise, die uns in Deutschland eher indirekt betrifft, hautnah miterleben. Irland und seine Menschen in Zeiten der Wirtschaftskrise ist ein Thema, mit dem ich mich zuvor noch nicht beschäftigt hatte - umso interessanter, diesen intimen Einblick zu erlangen.

Das Buch hat lange keine Handlung im klassischen Sinne. Erst nach ca. der Hälfte des Buches ist von Mord und Kindesentführung die Rede. Spielt in der ersten Hälfte des Buches die wirtschaftliche Krise die Hauptrolle, liegt der Hauptaugenmerk in der zweiten Hälfte mehr und mehr auf den zwei Verbrechen. Gemeinsames Thema sind die persönlichen Schicksale der Erzähler und ihrer Mitmenschen.

Es ist ein spezielles Buch, das bei der Lektüre nicht gerade heiter stimmt - so deprimierend, wie es vielleicht auf den ersten Blick wirkt, ist es aber keinesfalls. Es ist dem Buch zu gönnen, das es nicht aufgrund des wenig sagenden deutschen Titels und Covers untergeht!

Ein interessanter Einblick ins Irland in Zeiten der Krise - die Kriminalgeschichte hätte es für mich nicht gebraucht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.09.2016
Schnoy, Sebastian

Von Krösus lernen, wie man den Goldesel melkt


sehr gut

Der Kabarettist Sebastian Schnoy beschäftigt sich in seinem Buch, das den etwas sperrigen Titel "Von Krösus lernen, wie man den Goldesel melkt" trägt, mit dem Thema Geld. Es ist kein Ratgeber - wie man beim Titel vielleicht vermuten könnte - sondern eine gute Darstellung der Geschichte des Geldes und von wirtschaftlichen Zusammenhängen.

Die Geschichte des Geldes war mir zum größten Teil neu und wird vom studierten Wirtschaftshistoriker gut und leicht verständlich dargelegt. Die aktuelle Wirtschaftslage wird immer wieder aufgegriffen und mit historischen Ereignissen verglichen. Dies ermöglicht neue Einblicke in die Welt der Wirtschaft und bietet zugleich neue Blickwinkel und Denkansätze auf für selbstverständlich hingenommene Gegebenheiten. Das könnte den Leser leicht depriminieren - der Autor schafft es aber, immer wieder Witz mit den ernsten Themen zu verbinden.

Um das Buch zu verstehen braucht man keinerlei Vorkenntnisse. Das Buch ist unterhaltsam, leicht verständlich, kurzweilig und amüsant geschrieben.

Besitzer der Print-Ausgabe können zusätzlich auch in der Papego-App mobil weiterlesen.

Bewertung vom 08.09.2016
Hurley, Andrew Michael

Loney


sehr gut

Das ganze Szenario in "Loney" von Andrew Michael Hurley ist für mich ungewöhnlich und seltsam. Eine kleine Gruppe englischer Katholiken fährt in den 1970'er Jahren auf eine Art Pilgerreise. Dabei benehmen sie sich fast sektenhaft - in jedem Fall extrem religiös. Ihr Quartier ist ein altes, geheimnisvolles Haus in The Loney, einem unwirtlichen, düsteren Landstrich Nordenglands. Mit dabei: der neue undurchschaubare Priester der Gemeinde und ein junger Mann - Bruder des Ich-Erzählers und zudem Vornamensvetter des Autors - mit einer unerklärten Krankheit oder Behinderung. Auch die Menschen, auf die die Pilgergruppe rund um ihr Quartier treffen, sind alles andere als normal.
Die Protagonisten scheinen an einander und der Situation aber weitestgehend nichts seltsames zu finden - gehen gleichzeitig aber auch nicht besonders freundlich/christlich miteinander um.
Der Ich-Erzähler behält, obwohl er seine eigenen Erinnerungen und Erlebnisse schildert, immer eine Distanz zum Geschehen.
Langsam baut sich so eine düstere, unheimliche Stimmung und eine gewisse Spannung auf - irgendetwas stimmt nicht, irgendetwas wird passieren oder ist schon passiert. Das Cover bildet diese Stimmung passend ab.

Sprachlich ist das ganze von Autor und Übersetzerin gut umgesetzt. Mich hat das Buch und die Erzählweise gefesselt.

Am Ende werden dem Leser nicht alle Fragen beantwortet und nicht alles, was passiert ist, wird aufgelöst. Vieles bleibt offen und somit Spekulation. Das Ende mag somit enttäuschen.
Es ist ein Buch, das polarisiert. Ich kann verstehen, dass manche Leser nichts damit anfangen können. Wer gerne handfestes, klares liest, dem wird dieses Buch vermutlich nicht gefallen.
Einerseits fehlen mir manche Informationen, andererseits ist diese Ungewissheit und Freiraum zur eigenen Interpretation auch ein Reiz des Buches. Wer einem ungewöhnlichen Roman, der sich kritisch mit extremer Religiosität beschäftigt, aber auch Thriller-, Gothic Novel- und Horror-Elemente beinhaltet und in dem die Stimmung vor der Handlung steht, eine Chance geben möchte, hat hier neuen Lesestoff gefunden.

Bewertung vom 05.09.2016
Banner, Catherine

Die langen Tage von Castellamare


gut

Bitte nicht vom Cover täuschen lassen: "Die langen Tage von Castellamare" ist keine Geschichte über Schwestern oder eine Mädchenfreundschaft, sondern eine Familiengeschichte.
Catherine Banner entführt uns auf die fiktive italienische Insel Castellamare in der Nähe von Sizilien. Ein bisschen abseits vom Rest Italiens und dem Weltgeschehen lebt hier die Dorfgemeinschaft - mittendrin die Familie Esposito, deren Geschichte über fast 100 Jahre hinweg erzählt wird. Sie betreibt eine Bar auf der kleinen Insel. Die Bar mit dem schönen Namen 'Das Haus am Rande der Nacht' ist Treffpunkt der Inselbewohner - deren Leben und das Miteinander in der Bar spielen aber nur eine untergeordnete Rolle. Im Mittelpunkt steht die Familie Esposito, die über die vier Generationen der Geschichte einige Schicksalsschläge zu erleiden hat, aber auch immer wieder gute Zeiten erlebt.
Die Geschichte bietet damit auch den italienischen Blickwinkel auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts, der für viele deutsche Leser bestimmt unbekannt und interessant ist. Soweit ich das beurteilen kann, gelingt dies der britischstämmigen jungen Autorin sehr gut.

Die Geschichte wird ruhig erzählt - ungeduldigen Lesern könnte das Erzähltempo zu langsam sein. Auch für mich hatte das Buch einige Längen, andererseits finde es aber dem gemächlichen Lebenstempo einer kleinen Insel entsprechend, also irgendwie passend.

Leider muss ich aber auch sagen, dass man nicht viel verpasst, wenn man das 472 Seiten dicke Buch nicht liest. Die Geschichte ist für mich weder spektakulär noch sprachlich sensationell - auch mit Spannung oder unerwarteten Wendungen kann das Buch nicht aufwarten. Auch die Charaktere blieben etwas blass und wuchsen mir (mit Ausnahme von Concetta) nicht wirklich ans Herz.

Als Ferienlektüre am italienischen Strand wirkt das Buch aber bestimmt mehr als auf der heimischen Couch.


Fazit: ein schönes Buch für Leser, die gerne ruhige Familiengeschichten lesen und dieses Buch mit in den Urlaub auf einer kleinen italienischen Insel nehmen.