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A. Jürgens

Bewertungen

Insgesamt 91 Bewertungen
Bewertung vom 29.03.2013
Fränkisch für Anfänger
Regenauer, Bernd

Fränkisch für Anfänger


gut

Der unterhaltsam und keineswegs ernst zu nehmende 128 Seiten starke Sprachführer wartet neben Übersetzungen und Erklärungen auch mit Anekdoten, Witzen und Cartoons auf, um neben der Sprache auch fränkische Verhaltensmuster an Regenauers LeserInnen zu bringen. Bevor man sich an einen Test wagen kann, sollte man sich das 1 x 1 des Fränkischen zu Gemüte führen und das gerade Erlernte in Kapiteln wie Speis und Trank, Liebesgeflüster, Donnerwetter oder Geflügelte Worte vertiefen. Auch Fränkisch für Fortgeschrittene findet man im Buch. Eingangs der Kapitel gibt es immer einen Crashkurs, bevor es dann an Wörter und Sätze von A - Z, ihre Übersetzungen und Erklärungen geht und der Autor Redewendungen offenbart, die zeigen, dass Gesagtes und Gemeintes nicht zwingend übereinstimmen muss. Hier habe ich mir zugegebenermaßen bei dem 1956 in München geborenen und heute in Nürnberg lebenden Liedermacher und Kabarettisten Bernd Regenauer, der u. a. Texte für Dieter Hildebrandts Scheibenwischer und die Münchner Lach- und Schießgesellschaft verfasste, etwas mehr erwartet. Wirklich enttäuscht wurde ich jedoch auch nicht.

Der Autor rät dazu, alles laut nachzusprechen, um den Weg zur fränkischen Seele zu finden. Keine Ahnung, ob das klappen kann. Allerdings sorgte lautes Nachsprechen für Lachtränen, als ich kürzlich mit meinen Brüdern Seite für Seite durchnahm. Genau wie bei einem Schwäbisch-f‘r-Dammies-Kurs oder bei Plattdütsch för Quieddjes kommen da nämlich die tollsten Worte heraus, weil man ausgerechnet in dem Fall hochdeutsch zu lesen scheint, auch wenn man sonst nicht hochdeutsch spricht. Obwohl ich je nach Ortschaft fränkisch an und für sich sehr gut verstehen kann, begriff ich auf diese Art erst einmal gar nichts, solange ich nicht den Begleittext dazu vor Augen hatte. Unabhängig vom Sinn oder Unsinn des Satzes wäre ich beispielsweise trotz sechs von sieben verstandenen Worten bei Iich mecherd aamol a aanzichs Mamalaadnaamerla homm nie im Leben darauf gekommen, dass mein Bruder gerne einmal ein Marmeladenglas hätte. Und wie etwa im Schwäbischen gibt es natürlich auch im Fränkischen mehrere Bedeutungen für ein und dasselbe Wort. So kann Vodder sowohl für Vater als auch für Vorder oder auch für fährt er stehen. Schlimm wird es, wenn das Wort dann in allen drei Variationen in einem Satz auftaucht. Erschwerend kommt die Vorliebe der Franken hinzu, verschiedene Wörter zusammen auszusprechen. Buchstaben übermäßig zu dehnen, hart oder überraschend weich auszusprechen erschwert mir persönlich das Nachahmen ebenfalls. Die Buchstaben p, t oder k sucht man in diesem Dialekt vergebens und das rollende r, nun ja … Wie gesagt, wir lachten Tränen und gelangten schnell zu der Ansicht, dass wir nicht das richtige Talent für das laute Lesen des fränkischen Dialekts besitzen.

Wer übrigens Sächsisch, Bairisch (kein Tippfehler, das schreibt sich bei Langenscheidt tatsächlich so), Kölsch oder Schwäbisch für Anfänger sucht und diese sprachliche Erweiterung genauso wenig ernst zu nehmen gedenkt wie den Sprachführer Fränkisch für Anfänger, wird auch diesbezüglich bei Langenscheidt fündig.

Sprache verbindet ja bekanntlich. Ob das mit dem Sprachführer so wirklich gelingt, mag dahingestellt sein. Allerdings: Lachen verbindet auch irgendwie und das kann man mit Fränkisch für Anfänger durchaus. Zum Verschenken an alle Neigschmeggde in die mittelfränkische Metropolregion und ihre angrenzenden Gebiete. Alle anderen Sub-Dialekte des Fränkischen in Regenauers Büchlein unterzubringen, wäre unmöglich gewesen. Ich möchte dafür knappe drei von fünf Punkten vergeben.

2013 Antje Jürgens (AJ)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.03.2013
Naturkosmetik aus meinem Garten
Bodenstein, Katharina; Schneider, Jutta

Naturkosmetik aus meinem Garten


ausgezeichnet

Naturkosmetik kann man kaufen oder selbermachen. Anregungen und Bücher zu diesem Thema gibt es einige. Wer sich mit gänzlich natürlichen Produkten reinigen und pflegen möchte, ist mit Katharina Bodensteins Naturkosmetik aus meinem Garten besser bedient.

Bodenstein verwendet Obst, Gemüse, Blüten, Blätter, Kräuter und Früchte aus Natur und Garten nicht nur um ihren Gaumen zu verwöhnen. Sie zaubert daraus Kosmetik (fast) zum Nulltarif, wie sie eingangs ausführt. Wohlfühlkosmetik aus allem was essbar und gut verträglich ist, bietet nicht nur Spaß beim Zusammenrühren. Immerhin kann nicht nur die Maske aus Erdbeerpüree auch gegessen werden.

Bevor es an die natürlichen Rezeptideen geht, geht die Autorin jeweils auf Hauttypen und Inhaltsstoffe der Pflanzen ein. Ebenso spricht sie Anwendungsmöglichkeiten an, erwähnt Basisrezepte und lässt auch Informationen zum Sammeln und Konservieren von Kräutern und Co. nicht außen vor. Alles Wesentliche wird kurz und knapp auf anschauliche Art erläutert.
Bereits ab Seite 19 startet Bodenstein mit ihren Rezeptideen für Haare, Haut, Gesicht und Körper. Haushaltsübliche Utensilien reichen beim Nachmachen. Bodenstein konzentriert sich auf Ingredienzen, die man regional problemlos je nach Jahreszeit frisch aus Natur und Garten ernten oder kaufen kann. Vieles erhält man auch in getrockneter Form.

Die Rezepte sind nach den vier Jahreszeiten geordnet. Praktisch finde ich die Farbbalken. Diese sind der Schriftfarbe im Inhaltsverzeichnis (Grün/Frühling, Rot/Sommer, Orange/Herbst und Lila/Winter) angepasst und erleichtern das Nachschlagen. In diesem Buchteil finden sich auch Kurzbeschreibungen der verwendeten Pflanzen. Zahlreiche Farbfotos von Jutta Schneider lockern alles auf. Ebenfalls sehr praktisch finde ich das ab Seite 115 folgende Verzeichnis der Anwendungen und Wirkungen. Auch hier ist der Grundbestandteil des Rezepts in der Farbe gedruckt, die die jahreszeitliche Zuordnung und das Nachschlagen im Buch erleichtert. Ein paar Bezugsquellen runden das Ganze ab.

Die fertigen Mischungen sollten zwar schnell aufgebraucht werden. Das macht aber nichts, denn zur Herstellung notwendige Zeitaufwand ist gering. Die Rezepte sind samt und sonders leicht und vor allem sehr schnell nachzuarbeiten und bieten Inspirationen für eigene Variationen.

Pflegen, Verschönern und Verwöhnen - keine Erfindungen der Neuzeit, auch wenn in den letzten Jahrzehnten eine unüberschaubare Masse an kosmetischen Produkten auf den Markt geworfen wurde. Zutatenlisten lesen sich allerdings oft wie ein Chemiebaukasten und nicht von ungefähr reagieren viele empfindlich bis allergisch auf eine zunehmende Anzahl an diesen Erzeugnissen.

Zugegeben: Auch auf Naturkosmetik kann man reagieren, plagen doch immer mehr Menschen Nahrungsmittelunverträglichkeiten bis hin zu ausgewachsenen Lebensmittelallergien. Da man jedoch selten mehr als drei Zutaten für ein Rezept braucht, kann man eventuelle Auslöser schnell ausfindig machen. Das fällt aber leicht, da sie sich nicht hinter unverständlichen chemischen Bezeichnungen verstecken.

Die Lorbeerblatt-Spülung sorgt seit einigen Tagen für einen zarten roten Schimmer auf meinem Haar, der nicht nur bei mir ausnehmend gut ankommt. Und auch Bodensteins Anleitungen der Apfel-Sahne- und Hefemaske hat meiner kürzlich zu extremer Trockenheit neigenden Haut auf die Sprünge geholfen.

Bodensteins Naturkosmetik aus meinem Garten belebt altes Wissen neu und bietet so eine wunderbare Möglichkeit auch bei Kosmetik und Wellness nicht auf Nachhaltigkeit zu verzichten. Denn allein schon das Einsparen von unnötigen Verpackungen spricht unabhängig vom völligen Verzicht auf chemische Zusätze und künstliche Konservierungsmittel für sich. Ein Buch, das die volle Punktzahl verdient und auch von mir bekommt.

2013 Antje Jürgens (AJ)

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.03.2013
50 blumige Kränze
Walther, Beate

50 blumige Kränze


ausgezeichnet

Kürzlich ergab sich während eines Ausflugs eine kurzfristige Einladung. Da wir dort nicht mit leeren Händen auftauchen wollten,machten wir uns eilig auf die Suche nach einem entsprechenden Geschenk. Dabei wurde ich wieder einmal von der preislichen Entwicklung geschockt, die ich ansonsten weniger mitbekomme, weil ich viel selbst bastle, stecke, binde oder zusammenstelle. Anregungen dazu finde ich unter anderem in Zeitschriften oder Büchern wie etwa dem gerade vor mir liegenden Büchlein 50 blumige Kränze für jede Gelegenheit.

Selbermachen lohnt sich durchaus auch finanziell. Wir haben uns anlässlich der zuvor erwähnten Einladung für ein Arrangement entschieden, das dem in 50 blumige Kränze für jede Gelegenheit auf Seite 29 abgebildeten Windspiel verblüffend ähnelt. Allerdings waren neben der 60 cm hohen hängenden Kätzchenweide nur jeweils eine Osterglocke, Hyazinthe, Primel, Belli und etwas Efeu darin verarbeitet, die im Buch abgebildeten Hyazinthenkränze fehlten und das Pflanzbehältnis war ein mit farbigem Papier aufgepeppter Kunststoffblumentopf. Der Preis dafür betrug etwas mehr als 65 Euro. Weniger als ein Drittel kostete mich dagegen meine selbst zusammengestellte Kopie für unseren Wintergarten. Und das, obwohl wie in 50 blumige Kränze für jede Gelegenheit mehrere Blühpflanzen die hängende Kätzchenweide umgeben und sich alles in einem Weidenkorb befindet.

Doch zurück zum Buch. In dem werden interessierte Hobbyfloristen und solche, die es vielleicht noch werden wollen, in verschiedene Kranztechniken eingeweiht, erfahren vom benötigten Werkzeug und allgemeine Informationen über Kränze. Denn tatsächlich ist es mit etwas Fingerfertigkeit überraschend einfach Kränze und Arrangements für so ziemlich jede Gelegenheit selbst herzustellen. Sei es für Anlässe wie Taufen, Hochzeiten oder auch Trauerfeiern, für Dekorationen, die sich aus dem Jahresverlauf ergeben, weil man für jemanden ein Geschenk sucht oder das eigene Zuhause verschönern möchte.

Die Anregungen in dem 128 Seiten starken Büchlein reichen von trockenen Kränzen über solche, die feucht gehalten werden müssen. Von solchen, die aus Gemüse hergestellt werden (etwa als Deko für Büffets) über jene, die kein Gemüse beinhalten und trotzdem essbar sind. Es gibt welche, in denen Schnittblumen verarbeitet werden und solche, in denen Topfpflanzen Verwendung finden. Es gibt sie in edler (mit Orchidee) oder schlichter (mit Strohblümchen) Ausführung. Solche, die mancher auf Anhieb nicht zwingend als Kranz bezeichnen würde (etwa den Topf-Kranz-Garten, die frostigen Schönheiten oder das oben genannte Windspiel). Üppige Gebilde oder diejenigen, die durch ihre Bescheidenheit bestechen. Konservative, pfiffige oder zeitlose Ideen wechseln sich ab.

Zu jedem Vorschlag gibt es eine kleine Einleitung und farbige Fotos. Damit werden jedoch keine einzelnen Arbeitsschritte beleuchtet, sondern lediglich das Ergebnis gezeigt, teilweise mit einer Detailaufnahme. Der notwendige Bedarf an Pflanzen und zusätzlichem Material wird aufgeführt und die Technik (geklebt, gesteckt, gewunden, gebunden) genannt, die im Kapitel Kranztechniken eingangs näher beschrieben wird. Danach geht es an die eigentliche Anleitung. Diese ist kurz aber ausreichend beschrieben, sodass auch Neulinge gut damit zurechtkommen dürften. Zahlreiche Tipps bieten Zusatzinformationen und Buchtipps sowie ein Register runden das Büchlein ab.

Selbermachen lohnt, schon allein wegen des Spaßfaktors. 50 blumige Kränze für jede Gelegenheit bietet Anregungen für größere und kleinere Geldbeutel und nachvollziehbare Anleitungen. Dafür möchte ich fünf von fünf Punkten vergeben. Ich werde Beate Walthers Büchlein mit Sicherheit noch öfter zur Hand nehmen und mich davon inspirieren lassen.

2013 Antje Jürgens (AJ)

Bewertung vom 29.03.2013
Tír na nÓg, Das Schicksal der Welt
O'Connell, Sean

Tír na nÓg, Das Schicksal der Welt


gut

Obwohl ich mit dem ersten Tír na nÓg-Band um den Auserwählten Cornelis (erschienen 11/2011) Probleme beim Eintauchen in die Geschichte hatte, war früh klar, dass ich auch den zweiten Band (erschienen 04/2012) lesen wollte. Der lag dann zwar auch recht schnell auf meinem SuB, allerdings kam ich erst jetzt dazu, ihn zu lesen. Genau wie beim ersten Buch dauerte es auch bei Das Schicksal der Welt wieder geraume Zeit, bis ich mich an den Schreibstil von Sean O’Connell gewöhnt hatte.

Gleich vorab, wer den ersten Teil nicht gelesen hat, sollte dies vorher nachholen. Zu viel wurde darin bereits angesprochen und teilweise erklärt. Wem diese Grundlage fehlt, wird mit der Fortsetzung keine rechte Freude haben. Und ebenfalls gleich jetzt: Der zweite Band von Tír na nÓg hat ein offenes Ende. Das liegt darin begründet, dass Cornelis Geschichte weitergeht. Und zwar mit Túatha Dé Danann (Band 01- Das Sternenheim, 07/2012, und Band 2- Nekropolis, 10/2012).

Mit seinem zweiten Buch setzt O’Connell denn auch nahtlos an das Geschehen des ersten Bandes an. Cornelis, Meister Aki, Raggah und ein Unsterblicher setzen ihre Reise in den Süden fort, trotz aller Erlebnisse und bisher erlebter Gefahren. Zu dringlich ist die Aufgabe, Näheres über die Entstehung der Welt und Ursache und Lösung bezüglich ihres momentanen Zustands herauszufinden. Denn unabhängig davon, dass die Natur zunehmend verrückt spielt, nehmen auch Kriege und Verwüstungen zu. Als sie Zeuge eines Massakers werden, wird Cornelis von seinen Gefährten getrennt. Während sie gefangen genommen werden und sich schon bald einem unbesiegbar scheinenden Untier gegenübersehen, muss sich auch Cornelis diversen Gefahren und seiner Vergangenheit ebenso wie der vor ihm liegenden Aufgabe stellen. Er bezahlt mit seinem Leben dafür und stellt gleichzeitig fest, dass der Tod weder die letzte noch eine wirkliche Grenze ist.

O’Connells Romanreihe lässt sich nach wie vor in keine wirkliche Genre-Schublade stecken. Er mischt auch in seiner Fortsetzung Fantastisches mit Realem, Mystisches mit Modernem, wobei historisch anmutende Passagen nicht außen vor bleiben. Nicht zu vergessen natürlich Science-Fiction mit einem Hauch Horror. Mit seinem Schreibstil schafft er kein richtiges Jugendbuch, aber auch keines, das sich nur für Erwachsene eignet. Nach wie vor verliert er sich beinahe in zu bildhaften Beschreibungen, ohne jedoch den Wust an roten Fäden loszulassen, die sich durch mehrere Handlungsebenen schlängeln, annähern und wieder auseinanderdriften. Er bedient sich diverser Klischees und manche seiner Ideen entwickeln sich vorhersehbar. Dennoch schafft er es, überraschende Wendungen in das Geschehen zu verarbeiten und entwickelt dieses auf komplexe, wenn auch teils zu oberflächliche Art und Weise weiter. Wie schon im ersten Band wirft er unzählige Fragen auf, deren Antworten sich aber nicht zwangsläufig in Das Schicksal der Welt finden.

Obwohl ich mich dieses Mal deutlich schneller an O’Connels Schreibstil gewöhnte, empfand ich den zweiten Tír na nÓg-Band stellenweise hart an der Grenze. Die unterschiedlichen Handlungsebenen und teils skurrilen Ideen sorgten dafür, dass ich manchmal fast den Durchblick verlor. Trotzdem hat es der Autor auch dieses Mal geschafft, meine Neugier auf die Fortsetzung im ersten Túatha Dé Danann-Buch zu wecken. Für Das Schicksal der Welt möchte ich deshalb drei von fünf Punkten vergeben.

2013 Antje Jürgens (AJ)

Bewertung vom 29.03.2013
Schiffbruch
Wudy, Brissa

Schiffbruch


ausgezeichnet

Die alleinerziehende Wudy ist nach einem Unfall auf den Rollstuhl angewiesen. In Schiffbruch erzählt sie von diesem lebensumwälzenden Geschehen.

Gleich eingangs bedankt sich Wudy für all das Gute, das ihr seither widerfahren ist. Für Dinge, von denen sie weiß, dass sie nicht selbstverständlich sind. Dies und der Untertitel … und das Leben ist doch vollkommen deuten an, was sich im Buch noch mehr herauskristallisiert: Wudy hat sich von den Folgen des Unfalls nicht unterkriegen lassen. Das heißt nicht, dass sie nicht mental zu Boden gegangen ist. Auch wenn sie es nicht explizit schreibt, spürt man es mehrfach zwischen den Zeilen. Doch sie hat sich jedes Mal wieder aufgerichtet.

Da sie überwiegend auf die Zeit nach dem Unfall eingeht, kann man sich nur ausmalen, wie stark ihre Persönlichkeit, wie groß ihre Lebenslust oder wie ausgeprägt ihr soziales Engagement zuvor gewesen sein muss. Und in diesem Bereich hat sie keine Lähmung erfahren. Allerdings musste sie ihre Grenzen neu kennenlernen und definieren.

Das Buch liest sich sehr flüssig, obwohl das Geschriebene nicht immer leicht und auch nicht konsequent linear aufgebaut ist. Die Autorin erzählt zum einen die fiktive Geschichte einer Gruppe Gestrandeter. Die pflegt auf einer einsamen Insel nicht nur ihre Wunden, sondern hält ebenso nach dem Leben außerhalb Ausschau, wie sie Gegebenes zu akzeptieren versucht. Dabei lässt Wudy ihre LeserInnen immer wieder aus der Sicht eines anderen Schiffbrüchigen an den Ereignissen dort teilnehmen. Die einsame Insel, die Machtlosigkeit der Gestrandeten, ihre Sorgen, Nöte und Ängste aber auch ihre Hoffnungen korrespondieren mit dem, was Wudy zum anderen über sich selbst schreibt.

Statt einer autobiografische Erzählung über erlittene Verletzungen, daraus resultierende Behandlungen und Spätfolgen überrascht Wudy mit ihrer spirituellen Einstellung oder philosophischen Betrachtungen. Schilderungen über die Folgen ihrer Lähmung im Alltag gehen darüber fast unter. Eher beiläufig erfährt man, wie sie nach einem Umzug in eine eigentlich barrierefreie Wohnung vom zuständigen Architekten hören muss, dass sie doch bloß aufstehen und wenige Schritte gehen muss, um in die überhaupt nicht barrierefreie Dusche zu gelangen. Nur zaghaft blitzen solche Erlebnisse auf und werden sofort von etwas anderem übertüncht.

Verdrängung? Manches wirkt distanziert. Fast, als ob Wudy sich selbst keinen genaueren Blick auf bestimmte Gedanken gestatten würde. Doch wesentlich öfter offenbart sich die Stärke einer Frau, die gelernt hat, sich in Krisenzeiten einem Schilfrohr gleich zum Boden zu neigen und dann wieder aufzurichten. Allenfalls geknickt, aber nicht gebrochen. Die ihre Lebensfreude nicht verliert, weil neben ihr auch Freunde und Verwandten sie weiterhin als Frau und Mutter und nicht nur als Behinderte sehen. Berührend fand ich in diesem Zusammenhang, wie sie zu einer Bauchtanzgruppe stieß und ihre Freude am Tanzen wiederfand.

Wudy beschränkt sich aber nicht nur auf das Schildern ihrer Erlebnisse bzw. ihrer Reaktionen und Gefühle darauf. Sie macht sich auch Gedanken um andere. Versucht in diese hineinzufühlen. Erklärungen für Verhaltensweisen zu finden, ohne diese zu verurteilen. Gleichzeitig sieht sie immer noch andere Männer und Frauen, denen es offensichtlich deutlich schlechter geht als ihr selbst. Auch an den sich daraus ergebenden Gedanken lässt die Autorin ihre LeserInnen teilhaben.

Man merkt dem Buch an, dass es geschrieben werden musste. Zur Bewältigung des Erlebten. Doch entstand auch ein Buch über den Wert einer positiven Lebenseinstellung. Eines, das den eigenen Blick auf das persönliche Umfeld verändern kann. Das zeigt, dass ein Schiffbruch im Leben nicht das Ende sein muss. Und dass neue (Lebens-)Wege, so unbekannt und erschreckend sie auch erscheinen mögen, immer noch Wege sind, die es sich zu beschreiten lohnt. Eins, für das ich vier von fünf Punkten vergebe.

2013 Antje Jürgens (AJ)

Bewertung vom 22.03.2013
Blütenküche
Bühring, Ursel

Blütenküche


ausgezeichnet

Zahlreiche Fotos sorgen für eine farbenfrohe Gestaltung. Trotzdem kommen Informationen auf den 64 Buchseiten nicht zu kurz. Bereits auf der Innenseite des Covers geht es damit los und auch die hintere Innenseite des Bucheinbandes wird genutzt. Das Buch eignet sich sowohl als Mitbringsel als auch für den Eigenbedarf und richtet sich an Naturfreunde, Hobbygärtner und Genießer.

Nachdem Bühring zunächst allgemein auf die Blütenküche eingeht, informiert sie im Anschluss daran über das Sammeln, Haltbarmachen und Zubereiten der Pflanzen. Über 60 Rezepte finden sich in ihrem Buch. Diese befassen sich mit kultivierten Pflanzen wie Rosmarin oder Ringelblume, um nur zwei zu nennen. Doch auch Wildpflanzen bleiben nicht unerwähnt. Hinzu kommen 14 Pflanzenporträts. Auf je einer Seite geht die Autorin genauer auf die Herkunft des Namens, den Standort, das Aussehen, Sammeltipps (oder Sammelverbote etwa wegen Naturschutz) und die Wirkung ein. Auch historische und/oder Volksmund-Überlieferungen sind im Buch nachzulesen.

Die Rezepte sind gut und einfach aufgebaut, weshalb sie leicht nachgearbeitet werden können. Die Beschaffung der Zutaten wird, je nachdem wo man wohnt, zugegebenermaßen schon etwas schwieriger. Doch grundsätzlich wird, wer Zugriff auf einen Garten, Balkonpflanzen oder auch die freie Natur hat, mit Sicherheit mit mehreren Pflanzen schnell fündig. Und dann kann man loslegen mit Leckereien wie Safranrosenbutter (in die aber weder eine Rose noch Safran kommt) oder Huflattich-Zabaione, Blumenquark oder Veilchencreme und Co. Oder einfach seinen Salat mit Blüten sowohl geschmacklich als auch dekorativ bereichern.

Natur und Garten haben eine überraschende Vielfalt an blühenden Leckerbissen zu bieten, viel mehr als in dem Buch vorgestellt werden können. Trotzdem schade, dass ich nicht zaubern kann. Sonst würde ich mir jetzt den Schnee weg- und Blütenpracht herzaubern. Die Fotos im Buch haben genauso Appetit gemacht, wie die Rezepte an sich. Das Buch ist eine gelungene Mischung aus Information und Inspiration. Ein Buch, das Neulinge neugierig macht und denjenigen, die schon Erfahrungen mit der Verwendung von Blüten und Wildkräutern haben, sicherlich noch die eine oder andere Anregung bietet. Die Gestaltung des Büchleins tut ein übrigens, weshalb ich Blütenküche - farbenfroh, dekorativ, lecker die volle Punktzahl geben möchte.

2013 Antje Jürgens (AJ)

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.03.2013
Natürlich Heike
Boomgaarden, Heike;Oftring, Bärbel

Natürlich Heike


ausgezeichnet

In einem Garten gibt es immer etwas zu tun. Was man wie und wann machen kann, erläutert die Autorin, wobei sie dem Jahresverlauf folgt. Ein Blick auf die Seitenzahl und das Inhaltsverzeichnis lässt den Verdacht aufkommen, dass manches genauer hätte beschrieben werden können. Doch richtiggehend oberflächlich gestalten sich Boomgaardens Ausführungen nicht.

Bereits beim Durchblättern entdeckte ich manches, was ich so noch nicht wusste. Und stellte fest, dass das Buch anders als erwartet ist. Es geht nicht nur ums (natürliche) gärtnern (draußen). Die gelungene Mischung aus Ratgeber und Nachschlagewerk hält mit Anregungen nicht hinter den Berg und lässt auch Rezeptideen nicht außen vor. Die gibt es für die Schönheit oder die Küche. Auch Zimmerpflanzen und Dekorationen werden angesprochen. Eher ein Sachbuch mit Lesebuchcharakter für Frauen, obwohl die Tipps nicht geschlechtsspezifisch sind. Ein sehr lebendiges, persönliches Buch, in dem sich die Autorin wie bei ihrer Tätigkeit als Radio- und TV-Garten-Expertin offen und kreativ präsentiert. Fachwissen muss nicht zwingend trocken sein. Die Gartenbau-Ingenieurin schöpft auf unterhaltsam-amüsante, leicht nachvollziehbare Art aus einem über Jahre gesammelten Erfahrungsschatz und vermittelt diesen nahezu spielerisch.
Zahlreiche Fotos, farbige Überschriften, Tipps, die die regulären Texte auflockern, kleine handschriftlich wirkende Vermerke. Alles liebevolle Details, die das Geschriebene optisch aufwerten.

Dazwischen erfährt man immer wieder Dinge aus Boomgaardens Welt. Sehr schnell wird deutlich, dass der Untertitel So lebe ich mein Gartenjahr stimmt. Boomgaarden bezieht Erlebnisse und Erträge aus ihrem Garten und der Natur in ihr Leben mit ein, sei es in Blumendekorationen oder in selbst gemachte Kosmetik, in die Vorratshaltung von Lebensmitteln oder im Hinblick auf Entspannung.

Kein ganz typisches Gartenbuch also, mit dem die Autorin sowohl Lob als auch Tadel einsteckte. Dem einen ist es zu oberflächlich, dem anderen zu persönlich und wieder anderen - wie mir - gerade recht. Die darin gefundenen Tipps und Tricks werde ich jedenfalls sukzessive umzusetzen und mir Monat für Monat Inspirationen daraus holen. Für manche vielleicht kein perfektes Gartenbuch, aber für mich eindeutig eines, das auf gelungene Art vermittelt, wie man seinem Garten und sich selbst Gutes tun und es genießen kann. Dafür möchte ich fünf von fünf Punkten vergeben.

2013 Antje Jürgens (AJ)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.03.2013
Milchsuppe und Malzkaffee
Maurer, Heinrich

Milchsuppe und Malzkaffee


ausgezeichnet

Mitte des vergangenen Jahrhunderts siedelt Heinrich Maurer das Geschehen in seinem Roman Milchsuppe und Malzkaffee an. Darin geht es um Leo, einen Handwerkersohn aus einem kleinen süddeutschen Dorf. Nach dem viel zu frühen Tod seiner Mutter ändert sich alles. Lachen und Liebe sind unter der strengen Hand seiner Stiefmutter bloße Erinnerungen. Doch obwohl sein Leben eingangs kaum Perspektiven bietet, tun sich dem Jungen, der gern in Fantasiewelten flüchtet, ungeahnte Wege auf. Weil der Dorflehrer mehr in ihm sieht als alle anderen, wird Leo selbst Lehrer und träumt von einem besseren Leben. Dann allerdings landet er zu seiner großen Enttäuschung in einem abgelegenen Schwarzwalddorf.

Leo hat also wenig zu lachen. Zu trist und trostlos, zu hart und ungerecht beschreibt Maurer die damalige Zeit. Dabei lässt er auch Leos übrige Familie nicht außen vor, die sein Los teilt. Niemand will die Stiefmutter im Haus haben, die nicht nur die Kinder, sondern auch ihren Vater so triezt, dass er Jahr um Jahr stiller und hoffnungsloser wird. Auch Bekannte und Freunde, sofern man in diesem Zusammenhang davon sprechen kann (ich würde es eher Zweckgemeinschaft nennen), finden Erwähnung.

Passend zur damaligen Zeit wählt der Autor seinen Schreibstil. Ohne wortmalerische Schnörkel beschreibt er nicht nur eine dichte, authentisch wirkende, örtlich und zeitlich gegebene Hintergrundatmosphäre, sondern hebt auch den rücksichts- und lieblosen Umgang innerhalb oder das teils herablassende Verhalten außerhalb der Familie sehr deutlich damit hervor.

Daraus ergibt sich jedoch eine Distanz, die es mir lange Zeit erschwerte bis unmöglich machte, mich mit einzelnen Charakteren anzufreunden. Leo etwa blieb mir bis kurz vor Ende des Romans völlig fremd und unsympathisch. Sein Vater und mittlerer Bruder ebenso. Leos älterer Bruder, seine Schwester Louise, sein Freund Friedrich oder seine spätere Familie aus dem Schwarzwald hatten es da schon leichter. Einzig die Stiefmutter, die von der Beschreibung her am wenigsten Sympathie für sich einfordern konnte, hatte von Beginn an mein Mitgefühl und weckte den Wunsch, mehr über sie zu erfahren. Genau damit geizt der Autor allerdings. Erst gegen Ende seines Romans geht er etwas näher auf sie ein und erst da, gewannen dann Leos Geschwister noch so etwas wie Respekt, obwohl ihr Wandel nicht so recht zu ihrem vorherigen Verhalten passt. Mit dem für mich egoistisch wirkenden Leo selbst versöhnte ich mich erst mit seiner Entscheidung im Bezug auf seine spätere Familie. Dessen ungeachtet wirkte aber keine einzige Figur unglaubwürdig oder völlig erfunden.

So kam es, dass ich es nicht schaffte, das Buch beiseitezulegen, obwohl ich mich anfangs mit Maurers Roman überaus schwer tat. Vieles erschien mir zu weit von der heutigen Zeit entfernt und nur schwer vorstellbar. Doch nachdem ich mir diverse Gespräche mit Zeitzeugen in Erinnerung rief, die in ähnlichen Verhältnissen aufwuchsen, wurde mir schnell klar, dass die Handlungen und schemenhaft aufblitzenden Emotionen, die sonstige Gefühlskälte ebenso wie die Hoffnungslosigkeit den ortsgebundenen, morbide-düsteren, sozialen Zuständen der damaligen Zeit und dem Überlebenskampf geschuldet waren und in diesem Zusammenhang glaubwürdig und verständlich sind.

Kein Roman für nebenbei, obwohl die einfache Sprache dafür sorgt, dass man ihn recht schnell lesen kann. Keiner, der die Massen begeistern dürfte. Vielmehr eine existenzialistische Geschichte, in der die Träume und Wünsche von Freiheit und Selbstbestimmung immer wieder in den tatsächlichen Gegebenheiten zu ersticken drohen und doch nie ganz untergehen. Die zeigt, dass man sein Leben selbst in die Hand nehmen kann und muss und egal wie die Umstände sind, immer noch den Weg der freien Entscheidung wählen kann. Die mich überraschend in ihren Bann zog und der ich fünf von fünf Punkten geben möchte.
2013 Antje Jürgens (AJ)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.