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JED
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Bewertungen

Insgesamt 132 Bewertungen
Bewertung vom 26.01.2014
Das Erste Horn / Das Geheimnis von Askir Bd.1
Schwartz, Richard

Das Erste Horn / Das Geheimnis von Askir Bd.1


ausgezeichnet

Kurzinhalt:

Der alte Krieger Havald wird mit einigen anderen Gestalten in einem Gasthof im hohen Norden derart eingeschneit, dass niemand von ihnen das Haus mehr verlassen kann.
Die Stimmung wird immer unangenehmer, misstrauisch wird jeder andere beäugt. Als auch noch ein schrecklicher Mord geschieht, der auf einen Werwolf zurückzuführen ist, droht die Lage endgültig zu eskalieren.

Zusammen mit der Halbelfe Leandra und der Dunkelelfe Zokora macht sich Havald auf, das Rätsel zu lösen und stößt dabei auf einige neue Geheimnisse. Denn dies ist kein normaler Gasthof. Und nicht jeder ist das, was er scheint.


Meine Meinung:

Der Plot ist genau das Richtige für lange Winterabende, denn während die Gefährten im Gasthof frieren, ist man froh, ein warmes Zuhause zu haben, das man zudem nicht mit solch seltsamen Gestalten teilen muss, wie sie in Richards Schwartz Roman aufeinandergedrängt sind.

Die Vorstellung, aufgrund der Witterungsbedingungen nicht aus diesem Gasthof zu können, wird immer bedrohlicher, Schwartz versteht es, Spannung aufzubauen, die einen atemlos weiterblättern lässt.
Mit einer Detailverliebtheit, die jede Figur vor dem inneren Auge des Lesers lebendig werden lassen (und damit selbst mich nicht überfordert, wenn mal mehr als drei Namen fallen :o)), gelingt es ihm zudem, einen regelrechten Film im Kopf entstehen zu lassen. Dazu trägt auch sein unglaublicher Ideenreichtum ein, der mit spannenden Wendungen nicht spart und die Genrebezeichnung "Fantasy" - im wahrsten Sinne des Wortes - verdient.

Gleichzeitig schreibt er mit einem unglaublichen Humor, der mich sofort für diesen Autor eingenommen hat. Besonders die Dunkelelfe Zokora, deren liebster Ausruf ein augenverdrehendes "Menschen!" ist, sorgt für mehr als ein Schmunzeln.

Zudem stellt sich während des Lesens immer wieder die Frage, wo bzw. wann die Geschichte eigentlich spielt. Erinnern viele Dinge regelrecht an unser Mittelalter, widersprechen die 2 Monde, die am Himmel der Figuren zu sehen sind, der Überlegung, ob das Buch in einer "realen" Zeit angesiedelt ist. Dennoch finden sich immer wieder spannende Parallelen zu unserer eigenen Geschichte, die dem Buch noch einmal einen zusätzlichen Reiz verleihen.

Fazit:

Unbedingt lesen! Unglaublich witzig und spannend zugleich!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.01.2014
Teufelslist, 5 Audio-CDs
Mørk, Christian

Teufelslist, 5 Audio-CDs


gut

ls der Briefträger Desmond im irischen Städtchen Malahide durch den Briefschlitz die Beine einer Frauenleiche entdeckt, ahnt er nicht, welche Funde die Polizei in diesem Haus noch machen wird.
Zwei angekettete und schwer misshandelte Mädchen werden ebenfalls tot aufgefunden. Es stellt sich schnell heraus, dass es sich dabei um die Nichten der Toten handelt. Zudem stellen die Ermittler fest, dass noch eine weitere Person in dem Haus gefangen gehalten wurde, die jedoch entkommen zu sein scheint.

Als der Hilfsbriefträger Niall das Tagebuch eines der Mädchen auf dem Postamt findet, kommt Licht in die grausame Geschichte.


Meine Meinung:
Wer hinter diesem Kurzinhalt einen saftigen Thriller vermutet, der irrt und das ist wohl auch der Grund für einen Großteil der enttäuschten Rezensionen, die ich sonst zu diesem Hörbuch/Buch gefunden habe.

Tatsächlich mischt sich mit dem Auffinden der Tagebücher ein sehr subjektiver Faktor in die Geschichte (eben aus der Sicht von zwei verschiedenen Frauen geschrieben).
Es geht nun vor allem um das irische Dorf und die dort lebenden Frauen (hier im Mittelpunkt natürlich die Walsh-Schwestern und ihre Tante), die schnell von einem dort auftauchenden Fremden (Jim) fasziniert sind.

Die Dorfatmosphäre und das Mit- und Gegeneinander wird daher stärker betont als die vielleicht erwartete Thrillerspannung - aber genau das macht den Reiz dieser Geschichte meiner Meinung nach aus, denn dieser eher unterschwellige Spannungsaufbau gelingt Moerck ausgezeichnet.

Jim nennt sich selbst einen Seanchai, einen Geschichtenerzähler, und diese (Fantasy-)Geschichten gibt er immer mal wieder in dem einen oder anderen Pub von sich und fließen ebenfalls als zusätzlicher Strang in die Hauptstory mit ein.

Um die verschiedenen Erzählstränge zu unterscheiden, wird das Hörbuch von vier verschiedenen Sprechern gesprochen: einmal einem allgemeinen Erzähler (Felix Knopp), der die Geschichte um Niall und dem Leichenfund erzählt, dann jeweils von einer Sprecherin (Ulrike Grote und Nina Petri), die in Ich-Perspektive das Tagebuch der Schwestern Fiona bzw. Roison Walsh lesen und von einem weiteren Sprecher (Stephan Schad), der Jim sein soll und abends Fantasy-Geschichten im Pub zum Besten gibt.

Das ist gut gedacht, aber leider krankt das Hörbuch auch genau daran. Denn während Felix Knopp großartig liest, wirkt Ulrike Grote eher langweilig und unbeteiligt. Das mag auch daran liegen, dass sie der naiven Fiona einen gewissen Charakter in ihrem Tagebuch verleihen wollte, aber ganz schlimm ist der Sprecher des Jim. Ihm nimmt man diesen so unglaublich umwerfenden Mann einfach nicht ab, der angeblich so viele Frauen fesseln soll (vor allem als Seanchai mit den Geschichten, die er zu Besten gibt!) und damit verspielt das Hörbuch leider viel an Wirkung.

Zudem ist es so stark gekürzt, dass Figuren oft an Orten plötzlich auftauchen, an denen sie einen Augenblick vorher noch nicht waren oder wichtige Handlungsstränge einfach nicht mehr verständlich sind und man sie sich irgendwie zusammenreimen muss. Schade.


Fazit:
Interessanter Plot, der leider an der Hörbuchumsetzung krankt. Andere Sprecher und weniger Kürzung hätten dem Ganzen gut getan.Dann doch lieber das Buch lesen.

Bewertung vom 26.01.2014
Tödliche Spiele / Die Tribute von Panem Bd.1 (6 Audio-CDs)
Collins, Suzanne

Tödliche Spiele / Die Tribute von Panem Bd.1 (6 Audio-CDs)


ausgezeichnet

Kurzinhalt:
Nordamerika in einer fernen Zukunft. Der Kontinent ist nach vielen Krigen und Naturkatastrophen in 12 Distrikte unterteilt, in der die meisten Menschen in Armut leben, mit harter Hand vom Kapitol unterdrückt.

Um die Bewohner von Panem weiter zu unterjochen, richtet das Kapitol jedes Jahr die so genannten "Hungerspiele" aus. Jeweils zwei Tribute, ein Junge und ein Mädchen, aus jedem der Distrikte werden ausgelost und müssen gegeneinander an einem für sie unbekannten Ort bis zum Tod kämpfen.
Ihr Kampf ums Überleben wird für die anderen Bewohner auf großen Leinwänden übertragen und kann durch Spenden o.ä. beeinflusst werden..

Als die kleine Schwester von Katness diesmal aus dem Lostopf gezogen wird, meldet sich Katness freiwillig, um die 12jährige zu schützen. Zusammen mit Peeta wird Katness in einen Wald voller Gefahren geworfen und muss irgendwie überleben.


Meine Meinung:
Ich habe das Buch nicht gelesen, sondern den Film gesehen. Und war auf ein morbide Art unglaublich gefesselt, so dass ich sofort das Hörbuch hören musste.

Diese Zukunftsvorstellung, die Suzanne Collins hier malt, ist mehr als grausam und hat mich sehr lange beschäftigt. Allein die Bilder der Toten, die Nacht für Nacht an den Himmel projiziiert werden und letztlich ja noch Kinder sind, lässt einen frierend zurück.

Dass es sich bei der Panem-Reihe insofern eigentlich um ein Jugendbuch handelt, erscheint diskutabel.

Vor allem die Einflüsse, die das Kapitol auf das Geschehen nimmt, wenn ihnen dieses zu "langweilig" erscheint, macht deutlich, wie sehr diese Menschen in dieser düsteren Zukunft doch einfach nur Spielball sind und der Unterhaltung dienen - obwohl es de facto ums nackte Überleben geht.


Zu welchen Grausamkeiten sich andersherum die Teilnehmer hinreißen lassen, um letztlich die Spiele zu gewinnen, wirft weitere philosophische Fragen auf.

Denkt man zudem an unsere heutigen voyoristischen TV-Formate wie Dschungel-Camp oder Big Brother, erscheint diese Zukunftsperspektive fast nicht zu weit weg und deswegen nicht weniger erschreckend.

Zur gekürzten Hörbuch-Fassung lässt sich sagen, dass ich niemals das Gefühl hatte, dass irgendetwas Inhaltliches fehlt oder sich Verständnislücken auftun, wie dies oft bei anderen Hörbüchern der Fall ist.
Hier ist der Verlag behutsam und einfühlsam vorgegangen.

Die Sprecherin, Maria Koschny, wurde 2012 für den Deutschen Hörbuchpreis nominiert (hier mit dem zweiten Teil "Gefährliche Liebe"). Sie hat eine ruhige und gleichzeitige harte Art zu lesen, dass man ihr die "Ich"-Perspektive der Katness sofort abnimmt.



Fazit:
Wirft viele philosophische Fragen auf, unglaublich spannend und auf eine morbide Art faszinierend und wirklich gut gelesen.Werde mich sofort an den zweiten Teil: Die Tribute von Panem. Gefährliche Liebe machen.

Bewertung vom 05.10.2012
Wo immer du bist
Berenson, Karin

Wo immer du bist


weniger gut

Kurzinhalt:
Die Studentin Anne ist seit einigen Monaten glücklich mit der Amerikanerin Jo liiert, die von einem Tag auf den anderen spurlos verschwindet.
Gleichzeitig wird Anne von einer seltsamen Frau verfolgt.
Als Anne diese schließlich zur Rede stellt, kommt heraus, dass Jo auch aus deren Leben nach einer Beziehung vor 2 Jahren spurlos verschwand.
Gemeinsam machen sich die Frauen auf die Suche nach Antworten.

Meine Meinung:
Ich habe selten ein Buch gelesen, bei dem ich mich fast die ganze Zeit dabei ertappte, permanent mit dem Kopf zu schütteln und zu denken: Was für eine unsinnige, konstruierte Geschichte!

Und doch habe ich mich durch volle 210 Seiten gequält, die mir irgendwann vorkamen wie 1000. Entsprechend lange habe ich gebraucht, um das Ganze auszulesen. Und kann auch abschließend nur sagen: Was für eine Zeitverschwendung! Das Buch wird nicht besser.

Das beginnt schon mit der Ausgangssituation. Annes Vorgängerin Therese beobachtet (durch Zufall) Jo und Anne noch zusammen.
Statt jedoch die verlorene Freundin zur Rede zu stellen, verfolgt sie fortan Anne. (Ich habe echt eine Umfrage unter meinen Freundinnen gemacht, ob ich da vielleicht komisch ticke, aber alle haben mir bestätigt, sie würden in solch einer Situation wohl kaum "die Neue" verfolgen, sondern sich eher an "die Alte" wenden - oder sich ganz wegdrehen).

Offenbar war diese Konstruktion aber nötig, um Anne und Therese zusammen in die Geschichte zu bringen, die nun gemeinsam versuchen herauszubekommen, was es mit dem ständigen plötzlichen Verschwinden von Jo auf sich hat.

Ab sofort ist das Buch abwechselnd aus der Perspektive von Anne und Therese geschrieben. Während Therese aber in der "Ich-Form" erscheint, so als würde sie einen Brief oder Tagebuch schreiben, sind Annes Kapitel weiter aus der Draufsicht geschrieben, Anne ist also "sie".

Das wirkt insofern verwirrend, da sich im Laufe des Buches herausstellt (und ich weiß nicht, ob der Autorin dieser stilistische Kniff erst während des Schreibens eingefallen ist, anders kann ich mir die vielen Lücken im Text nicht erklären), dass Anne und Therese sich gegenseitig "Kapitel" über ihr Leben mit Jo (und das davor) schreiben, um sich so der gemeinsamen Geschichte mit der verschwundenen Frau anzunähern.
Aber müssten Annes Kapitel dann nicht auch in der "Ich-Form" erscheinen? Oder bekommt der Leser gar nicht die von den Frauen geschriebenen Kapitel zu sehen, sondern nur die der Autorin Karin Benson (was wiederum das "sie" bei Anne erklären würde?)?

Das hat sich für mich bis zum Schluss nicht geklärt. Zumal Therese immer wieder davon berichtet, wie sie die von Anne geschriebenen "Kapitel" liest, auf bestimmte Inhalte daraus eingeht, die aber irgendwie wieder dem Leser vorenthalten werden.

Falls meine Rezension verwirrend wird und mir hier niemand mehr folgen kann: Im Buch ging es mir genauso!

Dazu kommt eine absolut an den Haaren herbeigezogene Räuber-und-Gendarm-Geschichte, wie sie sich Kinder nicht platter ausdenken könnten. Ich erspare hier weitere Details. Wen's interessiert, der mag das Buch lesen.

Einzig positiv zu vermerken sind einige charmante Lesben in dieser Geschichte, die wohlig in einer WG leben und etwas Wärme in das Buch zaubern.Leider rettet das die Hauptstory nicht mehr.

Fazit:
Konstruiert. Unglaubwürdig. Und sorry: Einfach nicht lesenswert!

Bewertung vom 11.09.2012
Unter deutschen Betten
Polanska, Justyna

Unter deutschen Betten


weniger gut

Kurzinhalt:

Justyna Polanska arbeitet seit vielen Jahren als Putzfrau in Deutschland. Ihre Erlebnisse hat sie in diesem Buch verarbeitet.

Meine Meinung:

Sowohl der Titel des Buches als auch der Klappentext sind mehr als missverständlich, wecken sie doch die Erwartungshaltung, dass sich das gesamte Buch damit befasst, was eine Putzfrau so in deutschen Wohnungen findet.

Tatsächlich hätte das "Betten" im Titel weggelassen und einfach nur "Unter Deutschen" genannt werden sollen. Denn die polnische Herkunft von Polanska (Nomen est omen?) und die damit einhergehenden Vorurteile stehen stark im Mittelpunkt des Buches.

So beschreibt sie zunächst sehr ausführlich, wie und warum sie nach Deutschland kam, was sie in ihren jungen Jahren als Au Pair Mädchen erlebt hat und später auch als Mieterin mit deutschen Nachbarn. Ferner erzählt sie auch, wie sie ihren Mann kennenlernte und ihre folgende "typisch polnische" Hochzeit u.ä. Es gibt auch einen kompletten Speiseplan eines polnischen Weihnachtessens.

Zudem kommen auch Putztipps, die sicher nicht ganz uninteressant sind (ein paar habe ich mir jedenfalls gleich notiert :o))), aber ebenfalls in diesem wenig stringentem Buch irgendwie fehl am Platze.

Die eigentlichen Anekdoten zu ihren Kunden sind nur vereinzelt gestreut und - wenn man sich das Layout des Ganzen ansieht - mehr als kurz. Noch nie habe ich ein Buch mit sovielen kurzen Sätzen und darauf permanent folgenden Absätzen gelesen (ein Satz, Absatz, ein Satz, Absatz usw....).

Den gesamten Text hätte man locker auf weniger als der Hälfte der Seiten unterbringen und somit ein paar Bäume mehr am Leben lassen können.

Zu ihrem Blick auf "die Deutschen":

Dass es immer wieder zu sexuellen Belästigungen kam, macht traurig, auf Dauer aber auch ärgerlich. Ist es wirklich das, was unsere Gesellschaft widerspiegelt? Zwar betont Polanska auch immer wieder, dass sie "auch andere" Deutsche kennengelernt hat, ein fader Nachgeschmack bleibt aber.

In gewisser Weise war ich insofern froh, dass die Autorin auch nicht frei von Vorurteilen ist, wenn sie etwa von ihrer ersten Begegnung mit einem Liebesbrief bei einem schwulen Mann schreibt.

Fazit:

Ärgerlich, da beim Leser eine falsche Erwartungshaltung geweckt wird, auch wenn die wenigen Anekdoten über die deutsche Kundschaft z.T. auch unterhalten.

Bewertung vom 11.09.2012
Vor dem Morgen liegt die Nacht
Breitsprecher, Claudia

Vor dem Morgen liegt die Nacht


sehr gut

Besprechungsexemplar: „Vor dem Morgen liegt die Nacht“

Autorin: Claudia Breitsprecher
Seiten: 297
Verlag: Krug & Schadenberg

Kurzinhalt:
Als Nina ihre ehemalige Nachbarin Maria Conti nach über 20 Jahren bei einem Theaterbesuch wiedertrifft, bricht nicht nur für sie eine Welt für zusammen.
Es ist Michelle, die Nichte von Maria, die beginnt, die Geschichte, die die beiden Frauen einmal miteinander verbunden hat, aufzuarbeiten und sich dabei auch Nina immer mehr annähert.

Meine Meinung:
Ich habe lange überlegt, was es eigentlich mit dem Titel auf sich hat: "Vor dem Morgen liegt die Nacht."
Wenn man davon ausgeht, dass der Morgen immer etwas mit einem Neuanfang, einem Aufbruch zu tun hat, so ist die Nacht noch das Verharrende und eben Dunkle, das es bis dahin zu überwinden gilt.

Verharren tun alle Figuren auf ihre Weise und das über einen so langen Zeitraum, dass ich irgendwann Probleme hatte, die Geschichte noch als "glaubwürdig" zu verstehen. Oder immer mal wieder von dem Bedürfnis getrieben war, den einen oder anderen Protagonisten zu schütteln und in seinem ganzen Denken und Sein voranzutreiben, um die "Nacht" eben zu überwinden.

Dies erscheint besonders signifikant, da Michelle an einer relativ frühen Stelle des Buches zu Nina sagt, "dass wir in jedem Moment unseres Lebens die Wahl haben, uns auf die eine oder andere Weise zu verhalten. Wie sehr wir immer wieder überlegen müssen, welchen Aspekt unseres Seins wir in den Vordergrund rücken wollen." (S. 72)

Die Figuren des Buches haben sich für das Verharren entschieden. Aber letztlich kommt nur durch dieses Verharren der Plot zustande, den die Autorin hier webt.

Nina ist seit dem tödlichen Autounfall ihrer Eltern erstarrt und verharrt in Depressionen, genauso wie in der Wut auf Maria, die vor über 25 Jahren (!) aus ihrem Leben einfach verschwunden ist.
Michelle verharrt in ihrem Liebeskummer und der Enttäuschung nach ihrer ersten Liebe (immerhin auch schon fast 20 Jahre her) und möchte sich daher nicht mehr neu verlieben.
Ihre Tante Maria verharrt in alten Verhaltensweisen, da sie ihr ganzes Leben irgendwie immer auf der Flucht war und nirgendwo richtig anzukommen scheint - genauso wenig wie sie bereit ist, ihr Verhalten zu erklären.

Michelles Vater (Bruder von Maria) verharrt in seiner Trauer um die DDR und damit ein System, an das er geglaubt hat und missgönnt seiner Tochter den Erfolg, den sie in dem neuen Staat hat.

Mit diesem Habitus war er vor allem die Figur, mit der ich am meisten Probleme hatte. Sicherlich mag es sie geben, diese "Unverbessserlichen", die nie in dem neuen System angekommen sind, verbittert sind durch den Verlust ihrer Arbeit etc.
Aber auch so lange nach der "Wende" nicht zu begreifen, dass die nachfolgende Generation andere Chancen hatte und diese auch nutzte, da sie sonst selbst in dem neuen Staat untergegangen wäre?
Ja, deswegen mit dem eigenen Kind über Jahre nicht zu reden, als hätte sie persönlich die Mauer eingerissen?

Tatsächlich spricht er jetzt, nach so vielen Jahren noch davon, wie er seine Tochter noch immer in dem "blauen Hemd" der Pioniere (liebe West-Autorin, das Hemd war weiß, aber das nur am Rande) sieht.
Das finde ich immer besonders problematisch bei Menschen, die einer Generation angehören, die selbst irgendwann noch ein braunes Hemd getragen haben bzw. damit in irgendeiner Weise konfrontiert waren.

Denn auch das Leben der Eltern im Nazi-Deutschland wird thematisiert (was mir irgendwann dann doch zu viele Verwicklungen und Verwebungen waren, da ich immer mal wieder zurückblättern musste, wer jetzt genau was erlebt hat).

Es ist als Verdienst der Autorin anzusehen, die noch so wenig aufgearbeitete Ost-West-Problematik mit in dieses Buch zu bringen. Leider sind die Glaubwürdigkeit der Figuren und damit die Motive, die sie antreiben, dabei irgendwann unterwegs auf der Strecke geblieben.

Fazit:
Breitsprecher hat einen interessanten Plot entwickelt, der zur Folie für die Liebe zweite

Bewertung vom 15.08.2012
Alltag tötet
Nössler, Regina

Alltag tötet


gut

Kurzinhalt:
In diesem Buch vereinen sich 10 Kurzgeschichten von Regina Nössler rund um lesbische Frauen und ihre (Liebes-)Verwicklungen im Alltag.

- Die Sendung mit der Maus oder: Alltag tötet
- Unbeirrbar verfolge ich mein Ziel
- Charlottes neununddreißigster Geburtstag
- Die Liesbesprobe
- Gunda schmollt
- Nora wartet
- Der Närrin lacht das Glück
- Wo bin ich?
- Outdoor Adventure
- Liebe und Fürsorge

Meine Meinung:
Kurzgeschichten zeigen das Talent eines Autors, wird hier doch auf kleinstem Raum ein Plot geschaffen, der den Leser entweder in seinen Bann zieht - oder eben nicht.

Schon der antagonistische Titel "Alltag tötet - Geschichten über die Liebe" ließ mich ein wenig an die bissige Ingrid Noll denken und ihren schonungslosen Blick auf die Marotten einzelner Menschen, die immer wieder zu bösartigen Verwicklungen führen.

Tatsächlich hat auch Nössler in ihren Geschichten herrlich schrullige Figuren geschaffen, die nur eines gemeinsam haben: sie sind lesbisch.
Schon die Wahl ihrer Namen lässt (nomen est omen) nicht immer modernes Denken vermuten: Agnes, Gunda, Renate oder Edit lassen bereits Schlimmes vermuten.

Dabei hat die Autorin ihnen einige wirklich üble Macken angedichtet, sei es, dass unbedingt sonntags immer mit der Liebsten die Sendung mit der Maus gesehen werden muss (Die titelgebende erste Erzählung) oder das Angst vor dem Verreisen zu großen Problemen führt ("Wo bin ich?").

Der Leser beobachtet diese schrägen Figuren mit einer gewissen Faszination wie ein Besucher im Zoo. Es gelingt Nössler die skurilen Geschichten spannend und lesenwert aufzubauen,jedoch enden sie oft zu aprupt und "einfach gelöst". So hätte ich mir oft ein Fortführen der guten Ideen und weitere Verwicklungen gewünscht.
Es bleibt offen, ob die Autorin aufgrund des begrenzten Platzes darauf verzichtet hat (eben "Kurz"geschichten) oder ihr einfach die Einfälle ausgegangen sind. Schade.

Fazit:

Viele gute Ideen, leider oft nicht zu Ende ausgeführt.

Bewertung vom 09.08.2012
Zeit bis Mitternacht
Berlin, Malou

Zeit bis Mitternacht


gut

Kurzinhalt:

Berlin 1987. In der noch geteilten Stadt verliebt sich die West-Berlinerin Franka in die Ost-Berlinerin Margareta. Fortan ist Frankas Leben vom Pendeln zwischen beiden Hälften der Stadt bestimmt, wobei sie immer wieder um Mitternacht Ost-Berlin wieder verlassen muss - nur um sofort wieder einzureisen.

Nicht nur deswegen reift in ihr langsam der Wunsch, komplett in Ost-Berlin zu bleiben und sich einbürgern zu lassen.

Meine Meinung:

Es ist als Verdienst der Autorin anzusehen, dass sie versucht, in diesem Buch das Ost-Berlin der späten 80er Jahre wieder auferstehen zu lassen. Dies ist rückblickend sicher nicht immer einfach und durch die eigene Biografie (sie selbst stammt aus Baden-Württemberg) gefärbt.

Diese subjektive Färbung beeinflusste auch mein eigenes Lesen und nun Einschätzen dieses Buches. Da ich selbst in Ost-Berlin aufgewachsen bin, habe ich einiges als "bekannt" wiedergefunden, einiges fand ich aber auch übertrieben oder falsch dargestellt.

Das macht es nicht einfach, eine angemessene Rezension zu verfassen und ich möchte daher an dieser Stelle darauf hinweisen, dass auch Rezensionen stets subjektiv sind und jede(r) Leser sich eine eigene Meinung bilden kann und soll. Ich kann hier nur meine persönlichen Eindrücke schildern.

Gestolpert bin ich als erstes über die Sprache der Ost-Berliner Protagonistinnen. Begriffe wie "urst" und "schau" waren auch einst in meinem Sprachschatz zu finden, allerdings haben wir diese eher als Teenager verwendet. Dass über 30jährige diese noch benutzen, erscheint eher befremdlich.

Dass diese zudem Kassetten hören, fand ich beeindruckend, kann ich mich doch noch genau an den Ost-Berliner Preis eines solchen Juwels erinnern: 20 Ost-Mark! Nicht gerade das, was man dann in den 80er Jahren gehäuft zu Hause hatte.

Wenn man bedenkt, dass das Buch in den späten 80er Jahren spielt, in der die Welt bereits im Umbruch war (immerhin war Gorbatschow bereits seit 1985 Generalsekretär der KPD und trat einige Entwicklungen los), ist es erstaunlich, dass diese zwischen den Hauptfiguren kaum zur Sprache kommen, obwohl sie natürlich (wenn auch geheimes) Thema der meisten Ost-Bürger waren.

Weder die Montagsdemonstrationen in Leipzig, noch später die großen Demos in Berlin werden hier erwähnt. Es ist, als wäre das Ost-Berlin der Autorin eine wirkliche politische Insel und die Mauer wäre 1989 "plötzlich" gefallen.

Einzig die gehäuften Ausreisen über Ungarn werden kurz erwähnt.

Insofern erscheint es seltsam, das Franka bis zum Schluss an ihrem Wunsch festhält, Bürgerin der DDR zu werden, während gleichzeitig nicht klar ist, warum die Ost-Berlinerinnen Margareta sowie ihre beste Freundin Ulli bleben wollen (als Lesben immerhin stark in ihrem Leben eingeschränkt).

Zumal die Autorin immer wieder die Bedrohung durch die Stasi sowie Bespitzelung im Umfeld in das Geschehen mit einfließen lässt.Aber auch hier bleibt die Authentizität manchmal auf der Strecke: So wird etwa gleich am Anfang festgestellt, dass Magdalena - da sie für den FDGB arbeitet - auf keinen Fall Westkontakte haben darf, aber gleich auf der nächsten Seite schreibt sie eine (für alle gut lesbare!) Postkarte an die Geliebte im Westen.

Fazit:

Ein wichtiges Thema deutsch-deutscher Geschichte anhand einer interessanten Liebesgeschichte ausfgearbeitet. Mir persönlich blieben nur zuviele Fragen offen.