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Renas Wortwelt

Bewertungen

Insgesamt 176 Bewertungen
Bewertung vom 24.03.2025
Aufräumen
waldis, angelika

Aufräumen


sehr gut

Bei diesem Roman bin ich völlig hin und her gerissen. Und das nicht nur, weil wieder einmal der Klappentext absolut in die Irre führt, gaukelt er doch, wenn auch vielleicht unbeabsichtigt, vor, es handele sich um einen leichtfüßigen, humorvollen Roman. Ein Roman, in dem eine Frau nach jahrzehntelanger Ehe plant, ihren Gatten zu ermorden.
Neben diesem leichten Ärger über den falsche Erwartungen weckenden Klappentext ärgerte ich mich während der Lektüre auch permanent über die Protagonistin. Diese ist auf der Reise nach Genua zu ihrem Ehemann, um diesen aus der Welt zu räumen.
Luisa, inzwischen über 70, hat beschlossen, ihr Leben aufzuräumen. Nach all diesen Jahren, in denen sie alles klaglos ertrug, quasi ihr Leben, ihren Mann und ihr Schicksal einfach geschehen ließ, will sie nun plötzlich die Initiative ergreifen. Und sich sozusagen für all das Ungemach, das Ehemann Alfred ihr in diesen vielen Ehejahren zufügte, rächen. Am liebsten auch gleich noch an weiteren Männern aus ihrem Leben, wie ihren Schwiegersohn, der ihrer Tochter so gar nicht guttut und dem Arzt, der eine Operation verpfuschte und so das Leben ihrer anderen Tochter vollends zerstörte.
Nun sitzt sie also im Zug nach Italien, während ihre Tochter und andere glauben, sie sei in Wien. Möglichst nicht auffallen, so dass sich später niemand an sie erinnert, so plant sie den Mord an ihrem Mann. Mittels eines Menüs, das er liebt und dem sie eine ganz besondere, eine tödliche Zutat beizufügen plant.
Auf dieser Reise blickt sie auf ihr Leben zurück, auf Alfred, den Künstler, der sich stets verdrückte, wenn das Leben schwierig wurde, der immer irgendwo eine andere Frau hatte, der nie genug Geld besaß und sich daher ständig von Luisa aushalten ließ.
Sie, die als Hauswirtschaftslehrerin arbeitete, hetzte dafür umso mehr durch ihr Leben, Kinderbetreuung, Haushalt, Beruf, später noch die unheilbar kranke, behinderte Tochter wegen eines ärztlichen Kunstfehlers, all das hielt sie diese ganzen Jahre durch, ohne sich zu beklagen. Nur die Hilfe ihrer ungewöhnlichen Mutter hatte sie in dieser Zeit, während Alfred irgendwann gar nicht mehr auftauchte.
Im Zug lernt sie einen Mann kennen, der sich merkwürdig verhält. Zuerst misstraut sie ihm, dann schließen sie sich zusammen und reisen gemeinsam weiter, werden ungestüm, Luisa tut Dinge, die sie nie für möglich gehalten hätte und genießt das. Dann schließlich kommt sie in Genua an.
Mich hat einerseits die gewaltige Art des Erzählens von Angelika Waldis beeindruckt, ihr Stil ist mal ergreifend, mal sanft ironisch, nie verurteilend, immer leicht distanziert. Manchmal schweift sie ein wenig zu sehr vom aktuellen Handlungspfad ab, verliert sich in ihren eigenen schwungvollen Formulierungen, Metaphern und Beschreibungen.
Andererseits wurde ich, je weiter ich las, umso wütender auf Luisa, auf diese Hauptfigur, die sich alles gefallen ließ, die ihrem Alfred selbst dann noch Tausende Euro überweist, nachdem er sie mit all den Sorgen und Nöten allein gelassen hatte. Die einen Kollegen anhimmelt, sich in ihn verliebt, dies aber nie ausspricht, nun, viele Jahre nach dessen Tod aber immer noch von ihm träumt. Mir ist diese Protagonistin zu defensiv, zu weich, um nicht zu sagen schwach. Trotz all dessen, was sie ausgehalten hat, hat sie sich nie gewehrt, und nun plötzlich, mit über 70 soll sie den Mut und den Antrieb haben, ihren Mann zu ermorden. Das schien mir etwas unglaubwürdig, nicht recht plausibel.
Daher diese Zwiespältigkeit, mit der ich den Roman sehe, weswegen er mich auch nicht zu 100 Prozent überzeugen konnte. So perfekt und gelungen er stilistisch sein mag.
Angelika Waldis – Aufräumen
atlantis, Februar 2025
Taschenbuch, 191 Seiten, 18,90 €

Bewertung vom 21.03.2025
Chicken Impossible
Voorhoeve, Anne C.

Chicken Impossible


ausgezeichnet

Dass dies der erste Krimi für Erwachsene ist, den diese Autorin veröffentlicht, mag man kaum glauben. So genial ist der Mix aus tierischem Spaß und emotionalem Familienzwist, so perfekt die Balance zwischen Humor und Drama, zwischen ironischem Witz und höchster Spannung.
Dabei kommt der Roman in einem ganz harmlosen Gewand daher, meint man, eine lustige Geschichte aus der Sicht tierischer Ermittler zu lesen, wie man sie beispielsweise von Leonie Swann oder anderen kennt. Doch dieser Roman ist anders.
Es gibt zwar sehr wohl etliche Kapitel aus der Sicht von Rocky, einem zu Höherem berufenen Amrock-Huhn, das nicht nur die neue Hühnersippe als Oberhuhn anführen soll, sondern auch die Menschen, bei denen die vier Hühner nun leben werden, akribisch beobachtet. Bei diesen Menschen handelt es sich um die Schwestern Helene und Hilde, beide über 70. Hilde, die Ältere, ist verwitwet und gegen deren Willen bei Helene eingezogen. Diese hatte beider Mutter bis zu deren Tod gepflegt und lebte nun weiter im gemeinsamen Haus. Bislang in herrlichem Frieden.
Das änderte sich jedoch schlagartig mit Hildes Einzug. Nicht nur, dass Hilde strikt gegen die Hühnerhaltung war und ohnehin ständig gegen alles stänkert, was Helene wichtig ist. Nicht nur, dass sie in der Garage Unmengen an Vorräten lagert, als müsse sie mehrere Kompanien versorgen, Hilde ist auch noch enorm nachtragend. Seit der Kindheit, eigentlich seit deren Geburt, ist sie nämlich auf Helene eifersüchtig und lässt es an keiner Schikane fehlen.
Lange begreift Helene nicht, was abläuft, doch als sie irgendwann dahinterkommt, eskaliert das Ganze, wird das Drama zum Schauplatz eines Mordes.
Dass es am Ende zu einem Mord unter den Schwestern kommt, ist von Beginn des Romans an bekannt. Doch wer von den Beiden wen tötet, das bleibt die ganze Zeit offen und genau daraus zieht der Roman eine ungemeine Spannung. Dazu kommt die unglaublich gute Erzählweise, die geschickt platzierten richtigen und falschen Hinweise. Sowie die sehr einfühlsam und mit Verständnis für beide Seiten geschilderten Szenen aus der Kindheit der Schwestern, die die ganzen Missverständnisse zeigen, die schuld sind am völlig zerstörten Verhältnis zwischen den beiden Frauen.
Auch die fein geschliffenen Charaktere machen die Lektüre zu einem großen Vergnügen. Keiner ist nur gut oder nur böse, auch die liebe Helene hat ihre Abgründe. Und dann natürlich die vier Hühner, als da sind die bereits erwähnte Rocky und ihre Schwester Amy, beide aus der amerikanischen Rasse der Amrocks sowie Susi und Heidi, zwei Sundheimer Hühner, badischer Herkunft. Letzteres schlägt sich dem herrlich kolportierten Dialekt nieder.
Geradezu genial die Szenen, in welchen die Hühner mit der Waschbärfamilie verhandeln, damit sie von diesen Jägern nicht gefressen werden. Oder wie sie den Fuchs übertölpeln. Und natürlich wie die vier Hühner schließlich dazu beitragen, dass Helene die größte Schandtat Hildes entdeckt.
Dieser Roman ist so spannend, so unterhaltsam und gleichzeitig berührend und ernsthaft, dass ich ihn nicht aus der Hand legen konnte, sondern ihn binnen weniger Stunden ausgelesen habe. Einzig der Schluss, ganz am Ende, der hat mich ein wenig enttäuscht, das hätte es nicht gebraucht. Aber davon abgesehen ist dieses Buch wärmstens zu empfehlen. Und ich hoffe sehr auf weitere Bücher aus der Feder von Anne C. Voorhoeve.
Anne C. Voorhoeve - Chicken impossible
emons, Februar 2025
Taschenbuch, 320 Seiten, 14,00 €

Bewertung vom 17.03.2025
Der Gott des Waldes
Moore, Liz

Der Gott des Waldes


sehr gut

Dieser durchaus interessante Roman vereint sieben Zeitebenen und acht Erzählperspektiven. Da nützt auch die einigermaßen gelungene Story nichts, man verliert immer wieder den Überblick, wer was gerade erzählt und wann sich das zuträgt.
Was dazu führte, dass ich weder einen Zugang zu den vielen Figuren fand noch einem Handlungsstrang problemlos folgen konnte. Dabei ist die Geschichte, die hier erzählt wird, eigentlich fesselnd genug, auch wenn sie ziemlich weitschweifig und mit recht vielen Nebensträngen daherkommt.
So ist es auch nicht sehr einfach, die Handlung in wenigen Sätzen zusammenzufassen. Es beginnt damit, dass der Teenager Barbara van Laar aus einem Ferienlager verschwindet. Besagtes Ferienlager wird von ihrer Familie, den überaus wohlhabenden Van Laars auf ihrem Gelände in den Adirondacks betrieben. Barbara ist aufmüpfig, widersetzt sich den familiären Regularien, denen sich hingegen ihre Mutter Alice längst völlig unterworfen hat.
Und das nicht erst seit vor vierzehn Jahren Barbaras Bruder Peter IV, genannt Bear, im Alter von acht Jahren ebenfalls verschwand und nie gefunden wurde. Natürlich kommen nun all die Trauer, die Beschuldigungen und Gerüchte wieder hoch, die damals aktuell waren. Es suchen auch durchaus dieselben Menschen nun nach Barbara, die damals nach Bear suchten.
Einige Verdächtige werden schnell gefunden, die sich dann auch noch gegenseitig beschuldigen. Dabei wird klar, wie groß der Unterschied ist in der Behandlung reicher Männer im Vergleich mit der Weise, in der mit armen Frauen umgegangen wird. Dies ist, neben der eigentlichen vordergründigen Handlung, Hauptthema des Romans.
Es werden immer wieder die Diskrepanzen gezeigt, wie Reiche sich die Welt nach ihren Wünschen formen können, während die Armen vom Leben und vom Einfluss der Reichen geformt werden. Manchmal ist diese Botschaft des Romans ein wenig zu dick unterstrichen, wird nicht sehr subtil vermittelt.
Auch die sehr großen Unterschiede im Verhalten gegenüber Frauen und Männern, von Frauenrechten und ihrer, ja man kann es so nennen, Unterdrückung werden thematisiert. Was auch angebracht ist, denn die Handlung trägt sich zum einen im Jahr 1975 zu und zum anderen 1961, dem Jahr, in dem Bear verschwand, und sogar noch früher, nämlich in den 50ern, als Alice Peter van Laar den III. heiratet.
Die gesamte Story ist sehr verwickelt, es treten sehr viele Personen auf, darunter bekommen auch solche eine eigene Erzählperspektive, die keine tragende Rolle spielen. Wie beispielsweise ein 1961 Verdächtigter im Vermisstenfall des Jungen. Dann gibt es die Perspektive von Alice, Barbaras Mutter, von Louise, einer Betreuerin aus dem Ferienlager sowie von Tracy, einer Jugendlichen, die mit Barbara in derselben Gruppe im Lager ist. Dazu die Perspektive von Judyta, einer Ermittlerin bei der Suche nach Barbara, die, so empfand ich es, die eigentliche Hauptrolle im gesamten Roman spielt. Eine weitere Perspektive bekommt Jacob Sluiter, ein entflohener Mörder, sowie am Ende auch noch ein weiterer Mitarbeiter des Ferienlagers wie schließlich auch noch Barbara selbst.
Dies zusammen mit den vielen Zeitsprüngen, den absolut unnötigerweise auseinandergerissenen Szenen – trotz nahtloser Fortsetzung aus derselben Perspektive beginnen neue Szenen, sehr oft nach gerade mal zwei oder weniger Seiten – führt zu einer Erzählweise, die anstrengend ist, die wenig Zugang zu den Figuren ermöglicht (mit Ausnahme von Judyta, in die man sich bei der Lektüre wirklich hineinfühlen kann) und die dem Spannungsaufbau keinen Gefallen tut. So richtig nimmt die Spannung erst Fahrt auf gegen Ende, auf den letzten 100 oder 150 Seiten, als nicht mehr ständig die Perspektiven und die Zeitebenen wechseln.
Insgesamt ein stilistisch unbedingt gelungener, thematisch hochinteressanter und vom Plotaufbau herausfordernder Roman, den man uneingeschränkt empfehlen kann, trotz der oben genannten Kritikpunkte.
Liz Moore - Der Gott des Waldes
aus dem Englischen von Cornelius Hartz
C.H.Beck, Februar 2025
Gebundene Ausgabe, 590 Seiten, 26,00 €

Bewertung vom 14.03.2025
Mord im Chateau / Ein Brite in Frankreich Bd.3
Moore, Ian

Mord im Chateau / Ein Brite in Frankreich Bd.3


gut

Nun folgt also die dritte Episode um das ungleiche Paar Richard und Valérie, die beiden selbsternannten Detektive. Oder Sicherheitsleute, wie sie sich in diesem Band nennen, in dem sie eine Filmcrew beschützen sollen.
Hauptrolle in besagtem Film spielt eine Nichte Valéries, weswegen diese auch sehr besorgt ist. Denn Lionel, so der Name der Schauspielerin, wird bedroht, gestalkt, verfolgt. Richard hingegen soll all die am Filmset beteiligten Menschen schützen während des Drehs auf einem Schloss in der Nähe des Dorfs, in welchem Richard ein kleines Hotel betreibt, dessen Dauergast inzwischen Valérie ist.
Gleich zu Beginn verstirbt ein Statist, da dieser aber bereits das stolze Alter von 102 Jahren erreicht hat, vermuten alle einen natürlichen Todesfall. Erst als noch ein weiteres Opfer zu beklagen ist, werden die Verdachtsmomente, dass es sich um Morde handeln könnte, stärker.
Leider versandet die ganze Handlung und insbesondere die Spannung zwischen viel zu vielen Belanglosigkeiten. Trotz des durchaus liebenswerten Paares Richard und Valérie, er voller Ehrfurcht für sie und ihre Fähigkeiten, sie seine Bewunderung genießend und seine ruhige Art durchaus liebend, trotz des immer wieder durchscheinenden zarten Humors wird die gesamte Geschichte zu langatmig, um nicht zu sagen langweilig erzählt.
Es gibt viel zu viele Figuren, allein die zahlreichen, die zur Filmcrew gehören, dazu all die Menschen aus Richards Umgebung wie das aus den vorigen Bänden bekannte halbseidene Paar, das ständig neue Rollen einnimmt und wieder Richards noch nicht ganz Ex-Frau, die leider auch wieder auftaucht, ohne dass man darin einen Sinn für den Plot erkennen kann.
Auch die durchaus unterhaltsamen Szenen, in welchen Richard sich Schlachten mit dem schlosseigenen Pfau liefert, können nicht verhindern, dass sich die gesamte Handlung unnötig in die Länge zieht. Was auch an den vielen endlosen Gesprächen liegt, deren Sinn für den Fortgang der Handlung oder den Spannungsaufbau man kaum zu erkennen vermag. So wie auch in den vielen Abschweifungen, den vielen Szenen, in denen nichts geschieht, was die Handlung irgendwie voranbringt oder was mit dem eigentlichen Plot in Zusammenhang steht.
Vielleicht ist die Geschichte um diese beiden doch trotz allem so sympathischen Hauptfiguren einfach auserzählt. Nur sie allein können die Handlung nicht tragen und so verliert man auf halber Strecke auch das Interesse daran, zu erfahren, wer wen warum hinterrücks ermordet hat.
Es bleibt offen, ob ich einen weiteren Band, so denn ein solcher erscheinen sollte, noch lesen möchte.
Ian Moore - Mord im Chateau
aus dem Englischen von Barbara Ostrop
rororo, Februar 2025
Taschenbuch, 334 Seiten, 14,00 €

Bewertung vom 12.03.2025
Von hier aus weiter
Pásztor, Susann

Von hier aus weiter


ausgezeichnet

Von dieser sehr begabten Autorin stammt auch der Roman "Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster", den ich zwar nicht gelesen, dafür aber als Verfilmung mit der wunderbaren Iris Berben gesehen habe. Und der nun erschienene neue Roman steht dem vorigen in überhaupt nichts nach.
Voller Einfühlungsvermögen, emotional ohne rührselig zu werden, erzählt die Autorin von Marlene. Ihr Mann ist tot, nach dreißig Jahren Ehe. Er war sehr krank gewesen, war selbst Arzt, konnte seinen Zustand daher einschätzen und hatte beschlossen, sich das Leben zu nehmen. Nun ist Marlene plötzlich allein, nachdem ihr Mann ihre ganze Ehe hindurch alles regelte, alles bestimmte.
Und kaum ist die Beerdigung vorbei, scheinen seine drei längst erwachsenen Söhne aus der ersten Ehe diese Funktion weiter betreiben zu wollen, wenn auch unter dem Deckmantel der Fürsorge. Doch Marlene hat ganz andere Pläne. Nach vielen Tagen und Wochen des Dahindämmerns, des Sich Gehenlassens, in denen sie einfach nur dahin treibt, das Essen vergisst, das Einkaufen und vieles mehr, braucht sie allerdings einen Klempner für die Dusche.
Der junge Mann, der dann vor ihrer Tür steht, war früher ein Schüler von ihr, der ehemaligen Grundschullehrerin. Da Jack gerade ziemlich ohne Bleibe dasteht, schlüpft er kurzerhand bei ihr unter, kümmert sich ein wenig um sie, kocht und räumt auf. Als er sich dabei einmal verletzt, lernt er Marlenes Hausärztin Ida kennen – und verliebt sich in sie.
Währenddessen hadert Marlene mit allem, wäre gerne selbst mit ihrem Mann zusammen gestorben. Da erreicht sie eine Nachricht, die sie nach Wien zu einer alten Freundin führen soll. Kurz entschlossen begleiten Ida und Jack Marlene auf dieser Fahrt. Auf der es zu merkwürdigen Begegnungen kommt und Marlene einige Wandlungen und Erfahrungen durchläuft.
Diese Geschichte ist so voller Warmherzigkeit, voller Verständnis, dass man sich eingehüllt fühlt wie in eine flauschige Decke. Dabei wird es nie kitschig, nie rührselig oder schwülstig. Wie es Susann Pásztor gelingt, Marlenes Gefühle – wir lesen den Roman durchgängig und konsequent aus ihrer Perspektive – darzustellen, ihre Wut, ihre Trauer, auch ihre Einsamkeit und Verlorenheit, das ist geradezu genial und beeindruckend. Nie wird die Erzählweise überdramatisiert, nie wird etwas zu dick aufgetragen. Immer bleiben die Figuren lebensecht, lebendig. Man meint, neben ihnen zu sitzen und ihren bei den Gesprächen zu lauschen.
Dabei sind auch die Dialoge stets authentisch, lebensnah, mal ernst, mal voller leisem Humor. Herrlich zum Beispiel das Gespräch zwischen Marlene und den drei Stiefsöhnen, bei dem alle irgendwie aneinander vorbeireden und dennoch alles um ein Thema kreist. Auch Marlene nimmt sich selbst nicht zu ernst. Allein schon der Einstieg in diesen Roman, wenn Marlene sich unter der Tür einer Toilettenkabine hindurchwindet, sorgt für die entsprechende Stimmung, die den gesamten Roman prägt.
Dazu kommen absolut wunderbare Figuren, mit klarem Profil, auch sie alle gelungen gezeichnet, ohne zu viel unwichtige Nebeninformationen, nur das, was für die Handlung und die Entwicklung von Belang ist, wird erwähnt. Auch die Nebenfiguren, die nur kurz auftreten, sind sympathisch, lebensecht, man kann sich in alle und alle Situationen sehr gut einfühlen.
Manches bleibt unerklärt, fast mystisch, übernatürlich. Man muss nicht alles erklären. Dazu gibt es manche unheimlich gute Twists, viele Überraschungen, dabei immer plausible Reaktionen, nichts wirkt unnatürlich. Auch die zarte Liebesgeschichte ist mit wunderbar feinen Worten erzählt. Ich habe diesen Roman in einem Rutsch gelesen, konnte ihn nicht aus der Hand legen.
Das interessante an diesen Geschichten ist, dass es meist neue Bekanntschaften sind, mit denen die Trauernden aus der Talsohle herauskommen. Hier in diesem Roman stimmt das zwar nur bedingt, da Ida mit Marlene bereits bekannt war, aber wohl nicht so eine enge Freundin.
Ein ganz wunderbarer Roman, herzerwärmend, Mut und Zuversicht schenkend.
Susann Pásztor - Von hier aus weiter
Kiepenheuer & Witsch, Februar 2025
Gebundene Ausgabe, 253 Seiten, 24,00 €

Bewertung vom 10.03.2025
Sonst stirbt sie!
Boehler, Arne M.

Sonst stirbt sie!


ausgezeichnet

Wenn es in einem Krimi um Kindesentführung geht, dann entsteht schon allein aus diesem Fakt erhebliche Spannung, weil, nicht nur, aber besonders all diejenigen, die selbst Kinder haben, sich um das Opfer sorgen und mit den Eltern fühlen. Wenn es dazu dem Autor gelingt, die Figuren facettenreich zu gestalten und auch die Ermittler mit Profil und interessantem Hintergrund zu versehen, sind alle Zutaten vorhanden.
So auch in diesem Roman, den ich zwar nicht Thriller nennen möchte, der mich aber doch von der ersten bis zur letzten Seite fesseln konnte. Auch wenn die Auflösung ein wenig wie aus dem Hut gezaubert wirkt, mancher Faden lose hängen bleibt und einiges mühsam konstruiert wirkt.
Worum geht es: Philipp, einige Jahre jünger als seine Frau Lena, bemerkt eines Morgens, dass ihr Kind, die einjährige Emma, nicht in ihrem Bett liegt. Lena, von Beruf Lehrerin, ist gerade mit Freundinnen auf einer Kurzreise, aber ohnehin kümmert sich Philip, ein Musiker, um Kind und Haushalt.
Die hinzugerufene Polizei in Person der Kommissarin Svenja Paulus neigt recht schnell dazu, die Eltern oder wenigstens ein Elternteil in Verdacht zu haben. Als dann auch noch Details aus Philips Kindheit und Informationen über seine psychischen Störungen auftauchen, ist Svenja überzeugt, in ihm den Täter zu haben.
Doch auch Lena verhält sich verdächtig, entzieht sich der Beobachtung der Polizei, bekommt kryptische Drohungen. Derweil steigt die Sorge um das Kind, von dem allerdings die Ermittlerin schon fast glaubt, dass es nicht mehr lebt.
Sie selbst hat mit einer alten Beziehung zu kämpfen, ein Mann aus ihrer Vergangenheit ist wieder aufgetaucht und scheint sie zu bedrohen.
Erzählt wird das Ganze wechselweise aus den Perspektiven von Lena, Philipp und Svenja Paulsen. Dazwischen geschoben, was ich grundsätzlich gar nicht mag, auch Szenen aus der Sicht des Täters/der Täterin. Diese allerdings sind leider so ungeschickt, dass man schon beim ersten Mal, als eine solche Szene erscheint, das Geschlecht erfährt, was für die Spannung sehr kontraproduktiv ist.
Dafür gelingen dem Autor teils sehr geschickte und vor allem absolut in die Irre führende Cliffhanger, zumal gegen Ende. Hingegen sind manche Hinweise, manche Verdachtsmomente ein wenig arg dick aufgetragen, wird das Geheimnisvolle, insbesondere wenn es um Lenas Leben geht, etwas zu deutlich gezeichnet.
Das Ende kommt dann sehr plötzlich und steckt noch einmal voller Dramatik und Tempo. Manches bleibt jedoch unerklärt, manches wirkt nicht ganz schlüssig, anderes ein wenig an den Haaren herbeigezogen. Dennoch macht der Krimi Spaß, liefert gute und solide Unterhaltung.
Und am Ende bleibt mindestens ein loser Faden hängen, der vermuten lässt, dass es noch einen Folgeband mit Svenja Paulsen geben dürfte.
Arne M. Boehler - Sonst stirbt sie
gmeiner, Februar 2025
Taschenbuch, 311 Seiten, 14,00 €

Bewertung vom 07.03.2025
Die erste halbe Stunde im Paradies
Adomeit, Janine

Die erste halbe Stunde im Paradies


ausgezeichnet

Wer schon länger meine Rezensionen liest, weiß, dass ich monoperspektivisch erzählte Romane bevorzuge. Somit hatte das neue Buch der wirklich sehr begabten Janine Adomeit – ihr vorheriger Roman "Vom Versuch, einen silbernen Aal zu fangen" hatte mich bereits begeistert - schon vorab gute Chancen, denn es erzählt die Geschichte von Anne und ihrem älteren Bruder Kai durchgängig und konsequent nur aus Sicht der jungen Frau.
Beziehungsweise des Kindes Anne, denn der Roman spielt auf zwei Zeitebenen. Im Heute ist Anne Anfang Dreißig, Pharmaberaterin und gerade auf einer Firmenveranstaltung, wo sie einen für ihre Karriere wichtigen Vortrag halten soll. Die andere Zeitebene zeigt Anne als Kind im Grundschulalter. Hier erleben wir mit, wie sie und ihr einige Jahre älterer Bruder Kai immer mehr die Versorgung und Pflege ihrer Mutter übernehmen müssen.
Denn die Mutter erkrankt schwer, woran, wird nur beschrieben, nicht mit Namen benannt. Mit der Zeit kann sie immer weniger selbst verrichten, die Kinder müssen sie irgendwann sogar waschen und anziehen. Ihr Körper verfällt, sie kann kaum noch gehen, nicht fest zugreifen, auch das Stehen fällt ihr immer schwerer, nur noch ihre Musik bleibt ihr, zumindest auf CD, ihr, der Sängerin und Musikerin, die damit einst Säle füllte und gut verdiente. Doch die Mutter will keine Hilfe von außerhalb, aus Angst, dass man ihr Anne wegnimmt, die Vormundschaft entzieht, weil sie nicht mehr allein für das Kind sorgen kann.
Die Väter von Kai und Anne, es gibt derer zwei, sind bei den Kindern nicht beliebt und somit auch keine Lösung. So kommt es, wie man es erwarten muss, irgendwann ist vor allem Anne mit all dem überfordert, immerhin ist sie zu diesem Zeitpunkt gerade mal 10 oder 11 Jahre alt. Die Situation eskaliert schließlich, was zu einer viele Jahre andauernden Entfremdung zwischen Anne und Kai führt, die als Kinder fast symbiotisch aneinander hingen.
Erst jetzt, als Anne sich auf den wichtigen Vortrag vorbereiten muss, meldet sich Kai, will von ihr aus einer Entzugsklinik abgeholt und zu seiner neuen Unterkunft gebracht werden. Fast gegen ihren eigenen Willen fährt Anne tatsächlich los, doch auf der Rückfahrt stecken sie in einer sehr großen Schafherde fest und kommen so erstmal eine geraume Zeit nicht weiter. Während dieses Zwangsaufenthalts kommen die alten Wunden zum Vorschein, wird manches erklärt, anderes bleibt unerzählt, unverstanden.
All das, beide Zeitebenen, schildert Janine Adomeit mit einen unglaublich feinen Gespür für verletzte Gefühle, für Vorwürfe gegen den andern und vor allem die gegen sich selbst. Es gelingt ihr die empathische Darstellung der Zerrissenheit Annes sowohl während der Kindheit, als sie zuerst stolz ist, so viel für die Mutter tun zu können und am Ende aber sehr wütend auf die Mutter, die sich oft ihrer Hilfe widersetzt. Diese inneren und äußeren Konflikte, die Wut und Enttäuschung über den vermeintlichen Verrat Kais und vor allem den daraus resultierenden Verlust des geliebten Bruders, das beschreibt die Autorin ohne Rührseligkeit, ohne Kitsch und ganz ohne auf Klischees zurückzugreifen. Sie schafft es, dass man durch den Roman, vor allem die Szenen aus der Kindheit Annes, jagt, hin und her gerissen zwischen Mitleid mit dem Mädchen, Mitgefühl und einem gewissen Verständnis für die kranke Mutter und einem ebenso vorhandenen Verstehen des Verhaltens des gerade volljährig gewordenen Sohns.
Ein Roman, der nachdenklich macht, der berührt ohne zu dramatisieren. Ein Roman um eine eigentlich glückliche, weil voller Liebe steckende Familie, die dann aber doch an den Verhältnissen, an der Erkrankung der Mutter zerbricht. Unbedingt lesenswert.
Janine Adomeit - Die erste halbe Stunde im Paradies
Arche, Februar 2025
Gebundene Ausgabe, 271 Seiten, 23,00 €

Bewertung vom 05.03.2025
Crime im Heim
Tannert, Ida

Crime im Heim


sehr gut

Nicht der erste und sicher nicht der letzte Kriminalroman, der in einem Seniorenheim spielt. Auch dieser setzt auf Humor, auf liebevoll-ironisch gezeichnete Figuren mit mehr oder weniger skurrilen Marotten sowie auf verschlungene Pfade zur Auflösung.
Ida Tannert, die unter ihrem Namen Tessa Korber bereits mehrere erfolgreiche und lesenswerte Romane veröffentlicht hat, lässt eine Gruppe von Senioren ein Theaterstück planen. Es soll Hamlet aufgeführt werden und Impresario Friedhelm legt sein ganzes Herzblut in dieses Spiel. Doch dann wird der Mops Ophelia tot aufgefunden und wenig später sogar noch eine weitere Leiche.
Die Theatergruppe, allen voran die ehemalige Yogalehrerin Katia, heimlich Angebetete von Friedhelm, möchte den Todesfall aufklären. Denn in Verdacht gerät zuerst eine von ihnen, schließlich ein weiterer aus ihrer Gruppe, der, erst verschwunden, dann wieder auftaucht und über dessen geheimnisvolle Vergangenheit einiges bekannt wird. Eine Tasche voller Geld spielt bei dem ganzen Geschehen dann auch noch eine wichtige Rolle.
So wirklich stringent und logisch entwickelt sich die Handlung nicht, nicht alles ist wirklich plausibel, manche (falschen ) Spuren zu breit und die Auflösung schließlich ein wenig arg mühsam konstruiert. Dennoch macht der Roman Spaß, denn die Figuren sind wirklich gelungen. Da gibt es den Anarchisten, den Zahnarzt, die Psychiaterin, die Gräfin, den Vogelkundler und einige mehr. Jeder und jede hat besondere Marotten, manche benötigen Rollator oder Rollstuhl, andere hören oder sehen nicht mehr gut und alle haben ihre eigene Geschichte, ihre eigenen Geheimnisse.
Doch auch hier liegt ein Manko des Romans, denn die Figuren werden mal mit ihrem Namen, öfter aber mit ihren ehemaligen Berufen benannt. Die Zuordnung von Name zu Beruf bleibt bis zum Ende verwirrend, da hilft auch nicht das gezeichnete Figurentableau in der Innenklappe des Covers, welches nur die Namen aufführt. Das lenkt manchmal etwas von der Handlung ab, da man nicht weiß, ob von einer oder zwei verschiedenen Personen gesprochen wird.
Trotz dieses kleinen Kritikpunktes hoffe ich, dass man all diesen Figuren einmal in einer Fortsetzung wieder begegnet, vielleicht dann klarer identifizierbar.
Ida Tannert - Crime im Heim
DuMont, Februar 2025
Klappenbroschur, 269 Seiten, 17,00 €

Bewertung vom 03.03.2025
Die Farben der Revolution. Éléonore und Robespierre (eBook, ePUB)
Limbeck, Jeanette

Die Farben der Revolution. Éléonore und Robespierre (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Selbst wenn mich gerade diese Epoche und dieses Land rund um die Ereignisse der Französischen Revolution nicht ohnehin schon immer sehr interessiert und beschäftigt hätten, hätte dieser absolut gelungene Roman mich trotzdem in seinen Bann ziehen müssen.
Denn die sehr fähige Autorin, deren Vorgängerbuch "Die Fliegerinnen" mir bereits ausnehmend gut gefiel, schafft es, in ihrem Roman über die Liebe zwischen einer der prägendsten Gestalten dieser Zeit, Maximilien Robespierre, und seiner Verlobten, Eléonore Duplay, alles zu vereinen, was ein gutes Buch ausmacht.
Da sind zum einen die historischen Hintergründe, die allein für sich schon eine fesselnde Geschichte darstellen, die trotz umfangreicher Analysen bis heute noch Fragen offen lassen und die vor allem eine der weitreichendsten Umwälzungen in der europäischen Historie bedeuteten. Und da sind zum anderen die handelnden Menschen, die in dieser unruhigen Zeit agierenden Politiker, die Künstler, Maler, Schriftsteller, die verschiedenen Klassen, Adelige, Bürger, Handwerker und die Männer und Frauen. Jede Gruppe für sich und alle zusammen treten in diesem fesselnden Roman auf, jede einzelne Figur hat ihre Rolle in diesem Drama.
Vor allem aber natürlich Eléonore, die uns ihre Geschichte in Ich-Form konsequent aus ihrer eigenen Perspektive schildert. Und diese Perspektive ist das Wichtige, das Entscheidende in diesem Geschichte einer mutigen, einer ungewöhnlichen Frau. Denn Eléonore kämpft nicht nur für die Republik, für die Abschaffung der Monarchie und des Adels, für gleiche Rechte für alle Bürger. Ganz besonders und mit hohem persönlichem Einsatz kämpft sie für die Rechte der Frauen. Denn Frauen hatten kein Wahlrecht und das war in der neuen Verfassung, die nun entstehen sollte, auch nicht vorgesehen. Frauen hatten Heim und Kinder zu versorgen, Verstand wurde ihnen abgesprochen. Kämpften sie, beharrten sie auf ihrem Mitspracherecht, wurden sie verunglimpft, verhaftet, verurteilt.
Frauenrechte, die Gleichberechtigung der Frauen scheinen das vornehmliche Thema der wirklich sehr begabten Autorin zu sein, denn auch schon in "Die Fliegerinnen" hat sie das thematisiert, in der Schilderung der Ungleichbehandlung der russischen Kampfpilotinnen im zweiten Weltkrieg im Vergleich mit ihren männlichen Kollegen. Auch dort hat Jeanette Limbeck geschickt und gelungen die historischen Ereignisse mit mehreren Frauenschicksalen verknüpft und so erlebbar gemacht.
Die Handlung in ihrem neuen Roman erstreckt sich über vier Jahre und berichtet die Ereignisse der Jahre 1791 bis 1795. Die Republik sollte entstehen, doch die Handelnden waren sich uneins über den Weg dorthin. Es gab viele Auseinandersetzungen, kriegerische an den Grenzen und in den Provinzen, wie wortreiche im Parlament. Viele verschiedene, gegensätzliche Interessen prallten aufeinander und inmitten dieses Chaos, in welchem ein falsches Wort zur falschen Zeit, eine aus der Luft gegriffene Verdächtigung schnell zu Verhaftung, Verurteilung und Hinrichtung führen konnte, steht Robespierre. Er wohnt im Hause Duplay und begegnet so Eléonore. Beide sind schnell gleichermaßen voneinander beeindruckt und angezogen, doch er, der sie aufrichtig liebt, zweifelt an einer gemeinsamen Zukunft.
Eléonore, die trotz ihrer Liebe auch immer wieder heftig mit ihm über Politik, Frauenrechte und über seine Pläne streitet, ist Malerin mit Leib und Seele, auch wenn sie sich Zeit und Mittel für ihre Passion mühsam erkämpfen muss. Sie erschafft Porträts von Robespierre, Gemälde der Revolution im damals üblichen antiken Stil. Doch auch auf diesem Gebiet haben Frauen viel weniger Chancen und Möglichkeiten als Männer, was ihr immer wieder schmerzhaft klar wird.
Der Roman zieht von der ersten Seite in die Geschichte hinein, man folgt atemlos den Geschehnissen. Doch oft war ich verwirrt, zu viele Akteure treten auf, all die Politiker, Journalisten, Künstler, die um Robespierre herumschwirren, die mal mit Vor-, mal mit Nachnamen genannt werden, so dass ich immer wieder mal den Überblick verlor. Da half durchaus das Glossar am Ende des Buches, wo sich auch eine Liste der auftretenden Personen findet. Allerdings wäre es noch besser gewesen, diese alphabetisch aufzuführen, des leichteren Auffindens wegen, statt in der Reihenfolge ihres Auftretens.
Den Einstieg in den Roman bildet eine Szene in der heutigen Zeit, in der eine "sie" - vermutlich meint die Autorin hier sich selbst - ein Gemälde von Eléonore Duplay entdeckt, solcherart auf die Protagonistin aufmerksam wurde und so wohl die Idee zum Roman entstand. Auch dass dies am Ende wieder aufgegriffen wird, ist okay. Nur zwischendrin das einmal wieder einzufügen, macht in meinen Augen herzlich wenig Sinn, es irritiert sehr und reißt aus der eigentlichen Handlung raus.
Ein absolut empfehlenswerter Roman, greift er doch nicht nur historisch interessante Zeiten auf, sondern lässt eine faszinierende Frauenfigur aus der Vergessenheit heraustreten und erzählen.

Bewertung vom 24.02.2025
Das Dinner - Alle am Tisch sind gute Freunde. Oder? (eBook, ePUB)
Rudolf, Emily

Das Dinner - Alle am Tisch sind gute Freunde. Oder? (eBook, ePUB)


weniger gut

Im Ansatz eine gute Plot-Idee: Eine Gruppe von Freund:innen findet sich zu einem Krimi-Dinner zusammen, welches sich als die von allen vor Jahren miterlebte Geschichte des Verschwindens einer jungen Frau aus ihrem Kreis herausstellt. Doch dem Roman fehlt es an Spannung, an Twists und an fesselnden Charakteren. Auch der Schreibstil ist wenig herausfordernd, eher simpel.
Fünf Menschen versammeln sich in einem – natürlich – einsam gelegenen Restaurant in der Eifel. Das Restaurant wird geführt von einem aus ihrer Gruppe, Jonathan, der sie zu einem Krimidinner geladen hat, wie sie es früher öfter veranstaltet haben. Damals waren sie noch sechs: Jonathan, seine Schwester Hanna, seine heutige Verlobte Lotta, Tristan, Hannas Ex und Kiano, Jonathans damaliger bester Freund. Es fehlt seit ihrem letzten Zusammensein in einem Zeltlager Maria, damals die beste Freundin Hannas.
Maria verschwand spurlos, nie wurde ein Lebenszeichen von ihr gefunden, aber auch keine Leiche. So weiß niemand, was mit ihr geschah, was zu vielen Theorien, Vermutungen und Verdächtigungen innerhalb der Freundesgruppe führt. Nach diesem Vorfall damals haben sie sich mehr oder weniger aus den Augen verloren, nun hat Jonathan sie wieder zusammengeführt.
In dem Krimispiel übernimmt jeder der Fünf eine Rolle, bekommt einen Rollennamen und eine Rollencharakterisierung. Während sie spielen, wird immer klarer, dass die angeblich erfundene Kriminalgeschichte, die diesem Spiel zugrunde liegen soll, ziemlich genau erzählt, was damals geschah bis zu Marias Verschwinden. Auch wenn Orte, Namen und Zeiten verändert wurden, erkennen sie wieder, was sie damals taten und sagten.
All das ist unglaublich verwirrend erzählt. Zum einen wechseln ständig die Erzählperspektiven, jede Figur bekommt einen eigenen Erzählstrang. Diese sind alle in Ich-Form geschrieben, was zu noch mehr Verwirrung beiträgt, denn wenn man innerhalb einer Szene eine Lesepause einlegt und dann weiterliest, weiß man nie, wer gerade erzählt.
Die aus jeweils unterschiedlichen Erzählperspektiven geschilderten Szenen sind extrem kurz, so dass man ständig aus einem Handlungsstrang herausgerissen und in einen anderen hineingestürzt wird. Dazu kommt, dass alle Figuren nun zwei Namen tragen, den eigenen und den Rollennamen aus dem Krimispiel und darüber hinaus gibt es schließlich noch jeweils ebenfalls eingeschobene Szenen, die die damaligen Ereignisse schildern, diese wiederum in Ich-Form und aus wechselnden Perspektiven.
So verliert man irgendwann völlig den Faden, die Spannung, die doch das Wichtigste bei einem Kriminalroman sein sollte, bleibt komplett auf der Strecke. Keine der Figuren ist sympathisch, ihre Emotionen sind plump und klischeehaft beschrieben, oft zu dick aufgetragen und wenig nachvollziehbar. Fast alle Figuren wirken hölzern, wie Schauspielschüler, die ihre Rolle nicht wirklich beherrschen. Und schließlich ist die gesamte Story unnötig in die Länge gezogen, um sie zu erzählen, hätte es keiner fast 600 Seiten bedurft.
Insgesamt konnte mich dieser Roman gar nicht abholen, nicht unterhalten und nicht überzeugen. Lediglich die Ausgangsidee hat ein gewisses Potenzial, was aber leider gänzlich verschenkt wird.
Emily Rudolf - Das Dinner
Scherz, Januar 2025
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