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Lena
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Köln

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Insgesamt 188 Bewertungen
Bewertung vom 12.11.2025
Tevis, Walter

Das Damengambit


ausgezeichnet

Beth Harmon wächst nach dem Tod ihrer Eltern in den 1950er-Jahren in einem Waisenhaus in Kentucky auf. Sie ist ein intelligentes, in sich gekehrtes Mädchen, das sich zu sehr an die Beruhigungspillen gewöhnt, die ihr mit acht Jahren verabreicht werden. Bevor sie mit zwölf Jahren von einem kinderlosen Paar adoptiert wird, wird sie durch den Hausmeister im Keller auf Schach aufmerksam und entwickelt eine Faszination für das Spiel, das sie sich in schlaflosen Nächten aneignet.
Mit der Unterstützung ihrer Adoptivmutter gewinnt sie in Amerika Schachturniere, wird finanziell unabhängig und ist bald auch international erfolgreich. Als Mädchen in einem männerdominierten Sport ist Beth trotz einiger Förderer einsam und droht sich in einem gefährlichen Mix aus Pillen und Alkohol zu verlieren und damit auch ihr Talent und ihre aussichtsreiche Karriere aufs Spiel zu setzen.

Nachdem ich die gleichnamige Netflix-Serie mit Begeisterung angesehen habe, bin ich neugierig auf die Romanvorlage geworden, die bereits 1983 in den USA erschienen ist und erst sehr viel später ins Deutsche übersetzt wurde. Die Serie bleibt sehr nah am Buch und auch wenn ich die Entwicklung von Beth schon kannte, fesselt der Roman mit einem noch tieferen Verständnis für die Gemütslage der Hauptfigur.

Der Roman handelt von Schach, was ich selbst noch nie gespielt habe, aber es ist auch nicht nötig, die exakten Regeln zu kennen und Spielzüge nachvollziehen zu können. Die Schilderungen der Spiele, der Turniere und der Vorbereitungen darauf nehmen viel Raum ein. Daneben geht es jedoch um ganz universelle, zeitlose Themen wie Einsamkeit, Suchtverhalten, Rassismus und patriarchale Strukturen.

Beth entwickelt sich von einem Wunderkind zum gefeierten Star der Schachszene. Sie ist intelligent und ehrgeizig, fleißig und zielgerichtet und kann sich deshalb schon in jungen Jahren gegen Großmeister durchsetzen. Lebendig und eindrücklich ist geschildert, wie viel Arbeit und Durchhaltevermögen es erfordert, in so einer Disziplin bestehen zu können.
Beth muss nicht nur lernen mit Niederlagen, sondern auch mit Verlusten umzugehen. Von früher Kindheit an geprägt, greift Beth routiniert zu Beruhigungspillen, um sich zu entspannen und greift wenig später unkontrolliert zum Alkohol. Der Drogenmix lässt sie die Einsamkeit vergessen.
Mit ihrem Hang zur Selbstzerstörung droht Beth ihren Erfolg zu sabotieren, hat jedoch in den schwersten Stunden Menschen an ihrer Seite, die sie wieder auffangen.

"Das Damengambit" ist mehr als nur ein Buch über Schachspielen. Es ist ein vielschichtiger Roman über ein großes Talent, das mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen hat und sich mit Alkohol und Medikamenten betäubt und antreibt. Angesiedelt in den 1950er- und 1960er-Jahren kommt neben dem Ost-West-Konflikt und Kaltem Krieg auch das Leben und der Wunsch nach Selbstbestimmung in patriarchalen Strukturen zum Tragen. Selbst wenn man kein großes Interesse für Schach haben sollte, bewegt das persönliche Schicksal der besonderen Hauptfigur, wobei man mit Spannung verfolgt, ob sie ihr großes Ziel, den amtierenden Schachweltmeister zu schlagen, mit nur 18 Jahren erreichen kann, ohne an ihren eigenen Ambitionen zugrunde zu gehen.

Bewertung vom 10.11.2025
Knight, Eliza

Bernadette Swifts Gespür für Bücher


gut

Bernadette Swift arbeitet 1963 als Lektorin bei dem Verlag Lenox & Park in New York, wo sie als Frau schon immer mehr leisten musste, als ihre männlichen Kollegen, um sich zu beweisen. Trotz Probleme mit ihrem direkten Vorgesetzten bewirbt sie sich für eine Beförderung und bekomm daraufhin noch mehr Gegenwind zu spüren. Unterstützung erhält sie von ihren Freundinnen aus dem Buchclub und ihrem Kollegen Graham, die hinter ihr stehen und Halt geben. Während sich die Beziehung zu Graham intensiviert und er bald schon mehr als nur ein verlässlicher Kollege ist, muss sich Bernadette entschieden gegen Ungerechtigkeiten und Anfeindungen am Arbeitsplatz zur Wehr setzen und scheut auch nicht davor zurück, ihren Kampf für mehr Gleichberechtigung für Frauen öffentlich zu machen.

Der Titel "Bernadettes Gespür für Bücher" ist ein wenig irreführend, denn tatsächlich geht es inhaltlich nicht um den Beruf der Hauptfigur als Lektorin oder das gemeinsame Lesen von Büchern in einem Buchclub, sondern um die misogynen Verhältnisse in ihrem Büro.
Bernadette bekommt von der Abwertung ihrer Arbeit bis hin zu sexuellen Übergriffen alles zu spüren, was frau sich an negativen Einflüssen im Beruf vorstellen kann. Doch die junge Frau setzt sich zur Wehr und organisiert sogar einen öffentlichen Protest, um auf die Ungleichbehandlung von Frauen am Arbeitsplatz hinzuweisen. Auch in ihrem Buchclub sind die alltäglichen Probleme der Frauen im Zusammenhang mit dem anderen Geschlecht, ein wichtiges Thema.
Neben den Problemen im Büro sorgt sie sich um ihren Bruder, der als Soldat in Vietnam ist und versucht sich nach früheren negativen Erfahrungen für eine Beziehung zu Graham zu öffnen, der ihr stets mit Rand und Tat zur Seite steht und ein offensichtliches Interesse an ihr zeigt.
Festen Halt gibt ihr auch ihre Riesendogge Frank, die in der Geschichte sogar eine eigene Perspektive erhält - für Hundefreude nett, aber ohne Mehrwert für die Handlung.

Die Geschichte prangert mit Mobbing am Arbeitsplatz, sexueller Belästigung, Diskriminierung von Frauen und Sabotierung ihrer Karrieren wichtige und ernsthafte Themen an, die schon im Jahr 1963 virulent waren, aber in Teilen (leider) nichts an ihrer Aktualität verloren haben.
Der Roman bleibt dabei jedoch oberflächlich und entwickelt sich nach der dramatischen Schilderung der verschiedenen Hürden, mit denen sich Bernadette konfrontiert sieht, am Ende rasend schnell. Nach einem kleinen Anstoß lösen sich alle Probleme wie ganz von allein und Bernadettes steiler Karriere steht plötzlich nichts mehr im Wege.

Die Geschichte ist zum Schluss unheimlich seicht und süßlich und stellt damit die Ernsthaftigkeit der vorangegangenen Probleme in Frage. Auch fehlt bis auf den Equal Pay Act ein konkreter Bezug zur damaligen Zeit und die Einflüsse einer etwaigen Frauenbewegung. Dass der Bruder der Hauptfigur in Vietnam stationiert ist, darüber hinaus der Vietnam-Krieg und die Proteste dagegen aber keinerlei Erwähnung finden, hinterlässt zusätzlich einen faden Beigeschmack und lässt die Geschichte etwas unwirklich und mangelhaft recherchiert wirken.

Bewertung vom 09.11.2025
Graf, Lisa

Zwei Rivalen, ein Traum. / Lindt & Sprüngli-Saga Bd.2


sehr gut

Nach einem schweren Schicksalsschlag wird Rudolf Lindt als Jugendlicher von seinen Eltern nach Lausanne geschickt, wo er bei seinem Großonkel Charles Amédée Kohler, Inhaber einer Schokoladenfabrik und Erfinder der Noisette, körperlich harte Arbeit lernt. Zurück in Bern beschließt er, in die Fußstapfen der Kohler-Chocolatiers zu treten und 1879 als Rodolphe Lindt fils seine eigene Schokoladenfabrik zu eröffnen. Von vielen belächelt, möchte Rodolphe die Schokoladenproduktion revolutionieren und die Schokolade noch feiner machen.
Währenddessen haben sich die Sprünglis auf dem Markt der Chocolatiers etabliert und führen ihren Betrieb in Zürich schon in der zweiten Generation.
"Lindt & Sprüngli - Zwei Rivalen, ein Traum" ist der zweite Band der "Lindt & Sprüngli"-Trilogie und setzt die Geschichte chronologisch dort fort, wo Band 1 endete, im Jahr 1863.
Band 1 handelte ausschließlich von der Entwicklung der Familie Sprüngli, Band 2 verliert diese nicht aus den Augen, legt den Fokus der Erzählung aber auf Rodolphe Lindt und seine Innovation des Conchierens.
Die Geschichte ist wieder aus vielen kurzen Kapiteln aufgebaut, die manchmal nicht mehr als drei bis vier Seiten umfassen. Gerade zu Beginn ist die Erzählweise damit sehr sprunghaft. Drei Familien (Sprüngli, Lindt, Kohler) an drei Orten (Zürich, Bern, Lausanne) sowie an die zehn verschiedene Perspektiven der handelnden Personen verhindern ein flüssiges Lesen und gestalten die Geschichte zunächst oberflächlich. Dazu kommt eine leichte Verwirrung aufgrund der Dopplung von Vornamen, da über Generationen hinweg in den Familien gleiche männliche Vornamen vererbt wurden.
Es wird zwar das ein oder andere Rippchen Schokolade genascht, die eigentlich interessante Handlung über Rodolphes Ehrgeiz, die Herstellung von Schokolade zu optimieren, um den Geschmack zu verfeinern, setzt aber erst nach 200 Seiten ein. Die Geschichte wird in der Folge nicht nur fokussierter, sondern auch fesselnder und schokoladiger.

Der Roman zeugt von einer aufwändigen Recherche und bringt der Leserin/ dem Leser durch eine geschickte Mischung aus Fakten und Fiktion das Conchieren und damit den Anfang des Siegeszugs der Lindt-Schokolade nahe. Die Autorin schafft es, ein Gefühl für die damalige Zeit zu vermitteln und beschreibt anschaulich die damals vorherrschenden patriarchalen Strukturen, die unterschiedlichen Rollen von Mann und Frau, die Arbeitsverhältnisse und die Ungleichheit zwischen Unter- und Oberschicht.
Wie schon Band 1 ist auch Band 2 eine Geschichte über große Träume, über den Glauben an sich selbst und seine Ideen sowie den Mut zur Selbstbestimmung, für Kreativität und Erfindungsreichtum. Die Rivalität zwischen Lindt und Sprüngli, die der Titel ankündigt, bleibt jedoch sehr verhalten und ist eher ein Teaser für den abschließenden dritten Band "Lindt & Sprüngli - Zwei Dynastien, ein Vermächtnis", der voraussichtlich im Herbst 2026 erscheinen wird.

Bewertung vom 05.11.2025
Rum, Etaf

Evil Eye


sehr gut

Yara stammt aus einer palästinensischen Familie und ist in New York aufgewachsen. Als sie 19 Jahre alt ist, arrangiert Ihr Vater eine Hochzeit mit dem Sohn eines guten Freundes, der in den Südstaaten lebt. Yara ist froh, ihrem Elternhaus mit einem dominanten Vater und einer unglücklichen Mutter entfliehen zu können.
Knapp zehn Jahre später unterrichtet Yara Kunst an der örtlichen Hochschule, kümmert sich um den Haushalt und die beiden Töchter und stellt ihrem Ehemann pünktlich das Abendessen auf den Tisch.
Offensichtlich geht es ihr so viel besser als ihrer Mutter, die sich um sechs Kinder kümmern musste und nie einen Beruf ergriffen hat und trotzdem ist Yara unzufrieden. Von ihrem Mann erntet sie nur Unverständnis und an ihrem Arbeitsplatz wird sie nach einer impulsiven Reaktion auf eine rassistische Beleidigung zu psychotherapeutischen Sitzungen verpflichtet. Nach anfänglicher Skepsis beginnt sich Yara zu öffnen und in sich hineinzuhören. Mit Hilfe eines Tagebuchs lässt sie die Erinnerungen an ihre Kindheit zu und setzt sich mit der Vergangenheit auseinander, um nicht in das gleiche Fahrwasser wie ihre Eltern zu geraten.

Yara ist arabische Amerikanerin und fühlt sich nirgendwo zugehörig. Das Land ihrer Eltern existiert nicht und in Amerika gilt sie auf ewig als Einwanderin. Selbst in der arabischen Gemeinde fühlt sie sich nicht wohl. Yara ist einsam und statt Dankbarkeit gegenüber ihrem Mann zu zeigen, der für die Familie sorgt und sie dennoch arbeiten lässt, kocht in Yara eine Wut, die ihr Leben immer mehr bestimmt und ihr intaktes Familienleben bedroht.

Yara erwartet mehr vom Leben. Sie hat Träume und wünscht sich, frei zu sein. Ihre Gefühle sind eindringlich geschildert. Es fällt leicht, sich in ihre Situation hineinzuversetzen und ihre Hoffnungen und Wünsche, aber auch ihre Hilflosigkeit und Wut nachzuvollziehen.
Erschütternd sind die Tagebucheinträge, die nicht nur Einblicke in die toxische Ehe ihrer Eltern liefern, sondern auch zeigen, welchem Druck Yara als kleines Mädchen ausgesetzt war und wie ein Geheimnis ihrer Mutter sie überforderte.

Der Roman handelt von Alltagsrassismus, patriarchalen Strukturen, kulturellem Druck und Traumata, die über Generationen weitergegeben werden. Es ist eine Geschichte über Selbstfindung, Vergangenheitsbewältigung und die Notwendigkeit, sich von den Erwartungen anderer zu befreien, um ein freies, selbstbestimmtes Leben zu führen.
Es ist kein ereignisreiches Buch, aber ein Buch, das sich intensiv mit der Psyche und der Gefühlswelt einer innerlich zerrissenen Frau auseinandersetzt. Vieles was Yara erleidet, kann einer Frau jeder Ethnie passieren. Hier kommt allerdings verschärfend hinzu, dass Yara und ihr Umfeld von einer Kultur geprägt ist, in der Männer die alleinige Macht und Kontrolle ausüben. Das Ende gleicht einem Befreiungsschlag, zieht sich über das letzte Drittel allerdings sehr in die Länge.

Bewertung vom 03.11.2025
Edenberg, Sophie

Das Schweigen der Geliebten


sehr gut

In der Ehe von Karolin und Rolf hat es schon länger gekriselt und nach einem Fehltritt hat sich Rolf von seiner Frau getrennt. Karolin bereut, was sie getan hat und möchte ihren Mann am liebsten zurück. Auch ihre gemeinsame Tochter Elly leidet unter der Trennung, während sich der jüngere Sohn Matteo bereits mit der neuen Freundin seines Vaters arrangiert hat. In den Osterferien möchte Rolf mit Mischa und seinen beiden Kindern eine Auszeit im einem Ferienhaus im Wald in der Steiermark verbringen. Er selbst kommt verspätet an und Karolin, die zeitgleich einen Wellnessurlaub mit ihrer besten Freundin Nina verbringen wollte, muss aufgrund einer Panne selbst in dem Waldhaus übernachten. Die Stimmung zwischen den Frauen ist angespannt, die Teenager machen Ärger und Geheimnisse belasten die noch junge Beziehung von Karolin und Rolf.

Der Roman wird aus wechselnden Perspektiven von Karolin, Mischa und Elly geschildert. Daneben gibt es Szenen aus einem, in dem eine junge Frau von einem Mann festgehalten wird. Wie diese Entführung mit den Ferien im Wald zusammenhängt, erklärt sich erst später. So lange kann auch spekuliert werden, was Mischa zu verbergen und warum Rolf gelogen hat. Daneben geben auch die Dinge, die Elly und Matteo ihren Eltern verschweigen, der Handlung neue Impulse.

Geschildert wird ein Familiendrama um eine unglückliche Trennung, das durch die erzwungene Nähe von Ehefrau und Geliebten noch verschärft wird. Thrillerelemente gibt es durch den weiteren Handlungsstrang, der allerdings hintergründig bleibt. Ab der zweiten Hälfte erreicht jedoch auch der Aufenthalt in dem Waldhaus eine neue Dynamik und so dann erschließen sich auch die Zusammenhänge mit der Entführung.

"Das Schweigen der Geliebten" ist ein unblutiger Spannungsroman, der durch die Geheimnisse der Hauptfiguren fesselt. Es ist kein Thriller, der Nervenkitzel verursacht, denn sehr lange steht das Familiendrama und die unguten Beziehungen untereinander im Vordergrund. Die recht gewöhnliche Trennungsgeschichte macht das Buch authentisch und auch die Hintergründe des Verbrechens sind nachvollziehbar dargestellt. Auch wenn sich die Geschichte am Ende mit der Wiederaufnahme des Ehedramas in die Länge zieht, überrascht sie mit einer perfiden Wende, die dem Roman noch etwas Würze verleiht.

Bewertung vom 29.10.2025
Ware, Ruth

Hinter diesen Türen


sehr gut

Rowan Caine ergattert einen Traumjob als Kindermädchen in einem viktorianischen Haus in den schottischen Highlands einer Familie mit vier Kindern. Während die älteste Tochter auf ein Internat geht, ist Rowan für zwei Mädchen im Grundschulalter und ein Baby verantwortlich. Schon an ihrem zweiten Arbeitstag ist Rowan auf sich allein gestellt, da die Eltern kurzfristig auf Geschäftsreise müssen. Ganz allein ist jedoch nicht, denn alle Räumen in dem Smart Home werden von Kameras überwacht, auf die die Eltern Zugriff haben und der hilfsbereite Gärtner Jack wohnt gleich nebenan.
Rowan hat sowohl mit der Technik des Hauses als auch mit den aufmüpfigen Kindern zu kämpfen, die sie offensichtlich ablehnen. Schon vier Nannys zuvor hatten Heatherbrae House schnell wieder verlassen. Rowan lockte die lukrative Bezahlung und so hatte sie alle Warnungen ignoriert. Nun fürchtet sie sich nachts von den Geräuschen im Haus und ist verängstigt von den Schauermärchen, die über das Haus erzählt werden, in dem bereits ein Kind gestorben ist.

Das Ende des Romans wird gleich zu Beginn vorweggenommen. Das Kindermädchen ist inhaftiert, da sie für den Tod eines der Töchter der Elincourts verantwortlich gemacht wird. Sie erzählt rückblickend in einem Brief an einen Strafverteidiger, von dem sie sich Hilfe erhofft, ihre Geschichte. Sie beteuert darin ihre Unschuld, auch wenn sie zugibt, Fehler gemacht zu haben.

Die Atmosphäre in dem Haus, das aufgrund seines Alters eine eigene Geschichte mit düsterer Vergangenheit hat und gleichzeitig ein hochmodernes Smarthome ist, in dem nahezu alles technisch gesteuert ist, ist beklemmend. Dazu kommen des Nachts schlürfende Geräusche, die vermuten lassen, dass sich noch jemand im Haus aufhält, Gegenstände, die verschwinden und woanders wieder auftauchen, und die Erzählungen über ein Kind, das in dem Haus vergiftet wurde.

Auch wenn die Geschichte einem bekannten Konzept aus Horrorhaus und locked-room-Szenario folgt und im Wesentlichen nur Alltagsszenen eines überforderten Kindermädchens geschildert werden, ist die Geschichte spannend und abwechslungsreich, durch die Geheimnisse, die allmählich offenbart werden - über das Haus, über die Familie und über Rowan selbst.

"Hinter diesen Türen" ist ein atmosphärischer Psychothriller, der in ruhigem Tempo erzählt wird und durch den subtilen Grusel und interessante Wendungen fesselt. Am Ende geht es allerdings ein wenig schnell und auch wenn alle Fragen geklärt werden ist die Auflösung in Form eines Briefes enttäuschend profan.

Bewertung vom 27.10.2025
Moyes, Jojo

Das Haus der Wiederkehr


gut

Lottie und Celia sind in der englischen Küstenstadt Merham wie Schwestern aufgewachsen, nachdem Lottie während des Zweiten Weltkrieges aus London zur Familie Holden gekommen war. Gerade erwachsen, fühlen sie sich von dem modernen Haus Arcadia am Meer angezogen, das von Künstlern bewohnt wird, die so ganz anders sind, als die engstirnigen Menschen in dem verschlafenen Ort.
Als Celia ihrer Familie ihren Verlobten vorstellt, den sie in London kennengelernt hat, ist es für Lottie Liebe auf den ersten Blick. Sie kann Guy nicht widerstehen, auch wenn sie gegenüber der Familie Skrupel hat, die über zehn Jahre für sie gesorgt hat.
50 Jahre später wird Innenarchitektin Daisy beauftragt, das alte Haus am Meer zu einem Hotel umzubauen. Mrs. Bernard, die sich um das Haus gekümmert hat, soll sie dabei unterstützen, sein ursprüngliches Wesen zu erhalten. Privat steht Daisy als junge, vom Vater ihres Kindes verlassene Mutter, vor einem Scherbenhaufen und auch in Merham stößt sie wegen der geplanten Eröffnung des Hotels, das für mehr Leben in dem Ort sorgen wird, auf Ablehnung einiger Bewohner.

Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen, die nicht kapitelweise abwechselnd dargestellt werden. Nach einem Drittel erfolgt der Wechsel von der Vergangenheit in die Gegenwart, die wiederum aus wechselnden Perspektiven der handelnden Personen erzählt wird.
Roter Faden ist dabei das Haus Arcadia, das in beiden Zeitebenen eine Rolle spielt sowie Trennungen und unglückliche Liebesgeschichten. Die Stimmung ist deshalb vor allem in Bezug auf die dramatische Vergangenheit gedrückt und von Bitterkeit und Frustration geprägt.

Während der Erzählstrang der Gegenwart zugänglicher ist, fällt es schwer, sich in der Vergangenheit in die Charaktere hineinzuversetzen. Weder ist eine Freundschaft zwischen Lottie und Celia zu spüren, noch ist die Liebe, die Lottie bei der ersten Begegnung mit Guy empfindet und sie alles vergessen lässt, nachzuvollziehen. Auch ihre Annäherung im weiteren Verlauf ist gefühllos und das Ende der Romanze klischeebeladen.
Die Gegenwart fühlt sich authentisch an, und auch wenn die Hauptfiguren darin mit Problemen zu kämpfen haben, ist der Teil der Geschichte nicht so sehr mit negativen Schwingungen besetzt. Allerdings entwickelt sich die Handlung kaum weiter und kann nicht mit Überraschungen oder Aufdeckung von Geheimnissen aufwarten. Wie sich die Schicksale zwischen Vergangenheit und Gegenwart verbinden, ist eher belanglos.

"Das Haus der Wiederkehr" ist einer der ersten Romane von Jojo Moyes, der neu erschienen ist. Hierbei stand offenbar der kommerzielle Faktor im Vordergrund, die Geschichte erreicht nicht die Qualität ihrer späteren Romane. In zwei Erzählsträngen aufgeteilt, fehlt es insbesondere der Vergangenheit an dem typischen Charme und Witz der Autorin, liebenswerten Charakteren und echten Emotionen. Die plausiblere Gegenwart hat nahbare Figuren, entwickelt sich zu ereignislos und hätte dementsprechend gestrafft werden können, klärt aber zumindest alle noch offenen Fragen im Hinblick auf den Verbleib der Personen aus dem Jahr 1955.

Bewertung vom 26.10.2025
Berman, Ella

Before we were innocent


sehr gut

Vor zehn Jahren haben die drei Freundinnen Bess, Joni und Evangeline nach dem Highschool-Abschluss einen Sommer auf dem Anwesen von Evangelines Familie auf der griechischen Insel Tinos verbracht, der tragisch endete. Nur Bess und Joni kehrten wieder nach Kalifornien zurück. Auch wenn sie von einer Schuld am Tod Evs freigesprochen worden waren, haftete den Teenagern das durch die Medienberichterstattung verursachte negative Image an, die sich auf die privilegierten Mädchen stürzten und sie als gefühlskalt, rücksichtslos und verdorben darstellten.
Während Joni als Motivationsrednerin Berühmtheit erlangt und ein Buch geschrieben hat, hat sich Bess zurückgezogen und ein Leben in der Öffentlichkeit vermieden. Als Joni unerwartet vor ihrer Tür steht und sie um ein Alibi bittet, als ihre Lebensgefährtin spurlos verschwunden ist, kommen Erinnerungen in Bess hoch, die Joni noch etwas schuldet. Auch die Medien sehen Parallelen in dem Fall um die vermisste junge Frau.

Der Roman wird aus der Perspektive von Bess erzählt, wobei zwischen der Vergangenheit im Jahr 2008 und der Gegenwart im Jahr 2018 gewechselt wird. Aufgrund der eingeschränkten Sicht ist ungewiss, ob es sich bei Bess um eine unzuverlässige Erzählerin handeln könnte.
Die Geschichte wird spannend aufgebaut, denn die Umstände des Todes der dritten Freundin Ev werden erst im weiteren Verlauf der Handlung offenbart. Zudem ist unklar, ob Joni etwas mit dem Verschwinden ihrer Lebensgefährtin zu tun hat, denn sie ist die einzige, die sich nicht um sie sorgt. Auf beiden Zeitebenen droht die Situation zu eskalieren, was die Spannung und Dramatik steigert. Unterstützt wird dies durch die andauernden Schuldgefühle und Gewissensbisse von Bess.

Eifersucht, Misstrauen und der Hang zu gegenteiligen Verletzungen prägen den Sommerurlaub auf Tinos, der eigentlich ein unbeschwerter letzter Girlstrip vor dem Collegebeginn werden sollte. Die Allianzen der drei wechseln mehrfach, während zwischen Langeweile und Trinkgelagen häufig gestritten wird.
Der vermeintliche Unfalltod verändert alles, macht alle Zukunftspläne zunichte und belastet Bess auch noch zehn Jahre später. Im Glauben, immer noch in Jonis Schuld zu stehen, lässt sie sich überreden, ihr ein falsches Alibi zum Zeitpunkt des Verschwindens ihrer Freundin zu geben.

Der Roman handelt von fragilen, toxischen Freundschaften, von Manipulation und verhängnisvollen Entscheidungen. Offensichtlich ist, dass die Mädchen sich nach Wochen der Langeweile an einem entlegenen Urlaubsort nicht gut getan haben, weshalb man sich die Frage stellen muss, wie viel Schuld sie am Tod von Ev haben - direkt oder indirekt. Spannend ist die Parallele in der Gegenwart, als sich die Geschichte in Teilen zu wiederholen scheint und sich eine Schuldfrage erneut stellt. Eindrücklich ist dabei die Rolle der Medien dargestellt, die eine Hetzjagd eröffnen und Unsicherheit schüren. Auch wenn der Roman etwas langatmig beginnt, entwickelt er sich zunehmend zu einer fesselnden Mischung aus True Crime, Drama und Thriller über die Dynamik und Vertrauensbasis von Freundschaften sowie die Konsequenzen unserer Handlungen.

Bewertung vom 22.10.2025
Stone, Emily

Mein Dezember mit dir


sehr gut

Nach einer herben Enttäuschung hat Lexie in den letzten zehn Jahren den Kontakt zu ihrem Vater, der die Familie verlassen hatte, als Lexie noch ein kleines Mädchen war, gemieden. Auch seine letzten Annäherungsversuche hat sie zurückgewiesen, ohne zu wissen, dass Richard schwer krank ist. Umso überraschter ist sie, als sie nach seinem Tod die Hälfte seines Reiseunternehmens in Bath erbt. Die andere Hälfte erhält Theo, Richards Geschäftsführer, mit dem ihn auch eine Freundschaft verband. Lexie, die am liebsten auf Reisen ist, sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält und bislang nicht daran gedacht hat, sesshaft zu werden, möchte die Firma am liebsten verkaufen. Das Testament sieht jedoch vor, dass Lexie und Theo das Reiseunternehmen ein Jahr gewinnbringend weiterführen müssen, bis sie eine Entscheidung treffen dürfen.

"Mein Dezember mit dir" ist kein klassischer Winter-/ Weihnachtsroman, denn man verfolgt die Entwicklung Lexies im Verlauf eines Jahres, wobei Ende und Anfang zeitlich im Dezember angesiedelt sind. Der Titel im englischen Original "A Winter Wish" trifft die Handlung deshalb besser, denn Lexies Wunschglas, das sie seit ihrer Kindheit überallhin mit sich führt, spielt eine nicht unerhebliche Rolle.

Lexie, die selbst am liebsten unterwegs ist und ein ungebundenes Leben führt, erbt ein Reiseunternehmen, das sie an einen Ort bindet. Reisen ist in dem Roman nicht nur im wörtlichen Sinn gemeint, sondern auch als Symbol für Lexies persönliche Reise. Lexie wurde von ihrem Vater als junges Mädchen verlassen und auch später vor den Kopf gestoßen, was Narben hinterlassen hat. Aus Angst vor Schmerz und Enttäuschungen kann sich Lexie nicht fest binden und führt deshalb lieber ein Nomadenleben. Durch das Erbe erhält sie allerdings die Chance, auch eine andere Seite ihres Vaters kennenzulernen, was ihr den Weg eröffnet, sich mit der Vergangenheit auszusöhnen.

Der Roman handelt von Trauer, Abschiednehmen, zweiten Chancen und einem Neuanfang. Lexies widerstreitende Gefühle hinsichtlich ihres Vaters sind dabei authentisch und nachvollziehbar geschildert. Ihre Rolle als vermeintlich zweite Geige hinter Richards neuer Familie ist nur allzu verständlich. Romantische Gefühle bleiben hingegen aus, denn die Funken zwischen Lexie und Theo wollten schon nach der anfänglich eher aufgesetzten Rivalität nicht wirklich überspringen.
"Mein Dezember mit dir" ist der dünnste der bisher vier erschienenen Romane von Emily Stone und gleichzeitig der einfallsloseste. Die Geschichte ist sowohl in Bezug auf den Fortgang des Reiseunternehmens als auch die Liebesgeschichte zwischen Lexie und Theo vorhersehbar. Es gibt die erwartbaren Höhen und Tiefen, Erfolge und Misserfolge sowie Missverständnisse bis zum Happy End. Das erfolgt dann geballt für alle handelnden Charaktere, was jedoch gerade in Bezug auf Weihnachten und einen friedlichen Jahresabschluss ein anheimelndes Gefühl hinterlässt.

Bewertung vom 19.10.2025
Sloane, Hannah

The Freedom Clause


sehr gut

Daphne und Dominic haben jung geheiratet und, stellen nach drei Jahren Ehe fest, dass ihr Sexualleben nicht befriedigend ist. Dominic schlägt deshalb nach einer Silvesterfeier vor, ihre Ehe zu öffnen. Auch wenn Daphne von der Idee wenig angetan ist, stimmt sie unter der Einhaltung von Regeln zu. Sie dürfen nur eine Nacht im Jahr mit einer Person verbringen und nicht darüber sprechen. Die Freiheitsklausel soll zudem auf fünf Jahre befristet sein.
Daphne nutzt die Chance, ihre eigenen Wünsche in den Vordergrund zu stellen und baut zusehends mehr Selbstbewusstsein auf. Daphne und Dominic haben auch wieder zusammen mehr Spaß im Bett, aber das ist nicht die einzige Veränderung in ihrer Ehe.

Der Roman wird abwechselnd aus der Sicht beider Ehepartner geschildert, so dass man Einblicke erhält, wie sie jeweils die Freiheitsklausel interpretieren und wie der emotionale Umgang damit ist. Die Erzählweise ist dynamisch, denn oft erfolgt der Wechsel schon nach einem kurzen Abschnitt.

Die Entwicklung beider Charaktere ist authentisch und nachvollziehbar dargestellt. Die Folgen der Abkehr von einer rein monogamen Ehe führen nicht nur zu einer Veränderung der Sexualität, sondern sind schon bald in allen Bereichen des Lebens zu spüren. Das eigene Freizeitverhalten ändert sich, neue Freundschaften werden geknüpft und berufliche Ziele überdacht. Sie probieren sich aus, gehen Risiken ein, ernten Erfolge, müssen aber auch mit Rückschlägen umgehen.

Anders als das etwas frivole Cover vermuten lässt, stehen explizite Sexszenen in dem Roman nicht im Vordergrund. Er handelt vielmehr von den Folgen des Sexperiments für die Personen selbst und die Beziehung zueinander.
Der Roman schildert die fünf Jahre, für die diese besondere Freiheit in der Ehe gelten soll. Nach einem ausgeglichenen Beginn, bei dem beide Charaktere gleichermaßen positive und negative Aspekte feststellen, entwickelt sich die Geschichte im weiteren Verlauf recht einseitig und zugunsten der weiblichen Sicht. Daphne, die anfangs skeptisch war, kann mit der gewonnen Freiheit viel besser umgehen und Vorteile daraus ziehen, während Dominic sich zunehmend als Verlierer entpuppt.

Der Roman beschreibt ein mutiges Experiment mit weitreichenden und überraschenden Auswirkungen. Kann mehr Freiheit eine Ehe retten oder wird sie sie zerstören? Ist Exklusivität nicht der Sinn einer Ehe? Läutet der Gedanke eines Aufbrechens nicht schon das Ende ein?
"The Freedom Clause" ist ein Buch, das zum Nachdenken anregt und zeigt, wie wichtig Vertrauen, Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung in einer Beziehung sind. Darüber hinaus handelt der Roman von einer persönlichen Weiterentwicklung und davon, seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu kennen und für sie einzustehen.