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kerstin_aus_obernbeck
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Ostwestfalen

Bewertungen

Insgesamt 87 Bewertungen
Bewertung vom 03.05.2025
Ogawa, Ito

Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen


gut

"Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen" erzählt von Hatoko, einer 25-jährigen Frau, die nach dem Tod ihrer Großmutter in ihren Heimatort Kamakura zurückkehrt und den traditionsreichen Schreibwarenladen der Familie übernimmt. Mit dem Geschäft übernimmt sie auch das Amt der öffentlichen Schreiberin. Im Laufe eines Jahres, das in vier Kapiteln den Jahreszeiten gewidmet ist, schreibt Hatoko Briefe für andere Menschen: Liebesbriefe, Trennungsbriefe, Trauerbriefe und vieles mehr. Sie schließt Freundschaften, sieht ihre Vergangenheit aus einer anderen Perspektive und lernt ihr Leben anzunehmen.

Ruhig, oft detailverliebt beschreibt Ito Ogawa das Leben von Hatoko, lässt uns an ihren Gedanken und ihrem täglichen Leben teilhaben. Die Autorin nimmt sich Zeit für die Beschreibungen der Natur, der Umgebung und der Arbeitsgeräte, die Hatoko für ihre Schreibarbeiten verwendet.

Ito Ogawa's "Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen" ist in bester Gesellschaft mit anderen feel-good Büchern aus Japan, es hat mich jedoch weder begeistert noch berührt. Die Liebe zum Detail, die mitunter sehr ausgeprägten Beschreibungen habe ich als etwas langatmig, einige Szenen gar als befremdlich empfunden und es hat sich für mich beim Lesen mitunter zusammengewürfelt angefühlt.

Die Autorin vermittelt das japanische Lebensgefühl, lässt die Lesenden viel über japanische Traditionen und die Religion erfahren, die Karte zu Beginn des Buches gibt einen schönen Überblick über Kamakura und die Briefe in allerfeinsten Schriftzeichen sind hübsch anzusehen. Und die Tradition jährlich Post von Herzensmenschen mit einem Ritual zu verbrennen, finde ich wirklich wunderbar!

Auch wenn mir der Zauber dieser Geschichte ein wenig verborgen geblieben ist wird es bestimmt viele Lesende geben, die sich in Hatakos wunderbarem Schreibwarenladen wohlfühlen werden – und das ist gut so!

Bewertung vom 03.05.2025
Sampson, Freya

Ms Darling und ihre Nachbarn


ausgezeichnet

Ms Darling und ihre Nachbarn / Freya Sampson

In der Poet’s Road im beschaulichen Chalcot steht das 1891 erbaute und nun etwas in die Jahre gekommene Shelley House. Zur viktorianischen Zeit wohnte dort die Familie eines Industriellen, nun befinden sich in dem Haus Mietwohnungen. Wohnung 5 und 6 im Dachgeschoss sind an Tomasz Wojcik und Gloria Brown vermietet, in der mittleren Etage wohnen Omar Siddig und seine Tochter Ayesha sowie der Mann, den alle nur den Störenfried nennen. Die Mieter*innen im Erdgeschoss wohnen am längsten im Haus, in Wohnung 2 Joseph Chambers und Dorothy Darling in Wohnung 1.
Ms Darling (auf das Ms legt sie großen Wert!) lebt seit 34 Jahren in dem Haus, die ehemalige Englischlehrerin verlässt es nur selten und widmet sich mit Hingabe der Beobachtung der Nachbarschaft, dem Protokollieren von Vergehen und der Zurechtweisung der Übeltäter*innen. Dies trägt nicht zu einer außerordentlichen Beliebtheit bei, aber das ist Ms Darling egal. Ganz besonders piesepamelig wird sie, wenn es um ihren Nachbarn Joseph geht – und als dieser widerrechtlich in seiner Wohnung die pinkhaarige Kat als Untermieterin aufnimmt, ist für Dorothy Schluss mit lustig.

Aber Kat ist nicht der einzige Grund zur Aufregung – per Post werden die Bewohnenden von Shelley House aufgefordert auszuziehen, da das Haus abgerissen werden soll. Während Dorothy den Brief ignoriert, beschließt Joseph dagegen zu protestieren. Kurz danach wird er bewusstlos in seiner Wohnung aufgefunden – und schon bald überschlagen sich die Ereignisse.

Wer hat Joseph angegriffen und kann Shelley House gerettet werden?

Eine spannende Wohlfühlgeschichte mit Herz und wunderbaren Momenten – so würde ich das wohl nennen, was Freya Sampson in „Ms Darling und ihre Nachbarn“ erzählt, und es liest sich wie eine Geschichte mitten aus dem Leben, die so oder so ähnlich passieren kann, wenn eine bunt zusammengewürfelte Mieter*innengruppe aufeinandertrifft und das Zuhause bedroht ist, da es zu exklusivem Wohnraum umgestaltet werden soll.

Ohne Frage ist Ms Darling gewöhnungsbedürftig, ihre Protokolle und die Zurechtweisungen der Nachbarschaft alles andere als sympathienobelpreisverdächtig – und doch ist sie mir im Laufe der Geschichte ans Herz gewachsen und das nicht nur wegen diesem Moment:

„Heute hatte Dorothy diese Kombi durch einen altmodischen Regenmantel und grüne Gummistiefel ersetzt, obwohl es ein herrlich sonniger Tag war. Ein schwarzes Kopftuch, das sie unter dem Kinn zusammengeknotet hatte, bedeckte ihr silbernes Haar. Es war ein widersprüchliches Outfit, irgendwo zwischen einer Nonne und der Queen…“ (S.106)

Oder weil sie insgeheim herausfinden möchte, wer Joseph überfallen hat:

„Sie hatte genug Agatha-Christie-Romane gelesen, um zu wissen, dass es die Details waren, die den Mörder am Ende verrieten.“ (S.76)

Die einzelnen Charaktere der Geschichte sind vielleicht ein wenig stereotyp, die Handlung in gewisser Weise vorhersehbar – und doch hat mich das Buch begeistert und in manchen Momenten auch berührt, weil ich schöne Erzählungen über Mut und Freundschaft und das es nie für was auch immer zu spät ist, einfach gerne mag.

Ich wäre auch gern als Untermieterin bei Joseph eingezogen, aber auch ohne Wohnsitz in der Poet’s Road habe ich mich in Shelley House sehr wohl gefühlt.
Ein schönes Buch, das einfach angenehm zu lesen ist, Spaß macht und mit viel Wärme erzählt, dass jeder von uns seine/ihre eigene Geschichte hat und sich immer ein Blick hinter die Fassade lohnt.

Herzliche Leseempfehlung!

Bewertung vom 03.05.2025
Hopkinson, Deborah

Von einem Mädchen, das das Schreiben liebte. Jane Austen


ausgezeichnet

Von einem Mädchen, das das Schreiben liebte – Jane Austen / Deborah Hopkinson, Qin Leng

Es ist eine allgemein anerkannte Tatsache, dass Jane Austen eine der brillantesten Schriftstellerinnen aller Zeiten ist (Klappentext).
Das Bilderbuch „Von einem Mädchen, das das Schreiben liebte“ erzählt von den frühen Jahren der Autorin, von ihrem einfachen Leben auf dem Land und den Kindertagen in einem turbulenten Haushalt mit vielen Geschwistern.
Jane war ein schüchternes Mädchen, das nicht gern im Mittelpunkt stand, jedoch aufmerksam das Geschehen um sie herum beobachtete und davon oftmals amüsiert war. Sie war geschickt beim Federball und hat begeistert bei den Vorbereitungen für die vorweihnachtlichen Theateraufführungen der Familie Austen geholfen.
Schon als Kind liebte Jane das Lesen und wusste genau, was ihr gefällt und was nicht. Sie hat das Gelesene mit kleinen Notizen und witzigen Bemerkungen ergänzt, ihr Vater erkannte ihr Talent und unterstützte sie und schon bald entstanden kurze Geschichten und auch der erste Roman ließ nicht lange auf sich warten.
Jane Austen wäre bestimmt begeistert, wenn sie wüsste, wie sehr ihre Geschichten auch noch heute geliebt werden - und all das begann mit einer Kindheit in Steventon.

Zauberhaft und wunderschön ist dieses Buch aus der Bilderbande-Reihe des E. A. Seemann Verlags. Die Texte sind kindgerecht, jedoch nicht kindisch, sondern vermitteln verständlich, wie man zu der damaligen Zeit lebte. Wunderhübsch sind auch die Zeichnungen, die für den Betrachtenden viele kleine Details bereithalten und farblich sehr stimmig sind. Eine auf der aktuellen Forschung basierende Zeittafel, weist auf die wichtigen Momente in dem Leben der Autorin hin und in „Janes Bücherregal“ finden sich Informationen zu ihren sechs Büchern.

Deborah Hopkinson @deborah_hopkinson erzählt lebendig die Geschichte von Jane Austen, von ihren klugen Beobachtungen und ihrem ganz eigenen Charme und Witz. Illustriert wurde das Buch von Qin Leng @qinillustrations und die Bilder sind einfach nur wunderbar. Die Übersetzung ist von Nora Schröder. Das Buch ist für Kinder ab 4 Jahren gedacht – aber ich bin überzeugt, dass es ein Hingucker in jedem Austen-Regal ist.

„Von einem Mädchen, das das Schreiben liebte“ ist voller Begeisterung für Jane Austen, mit viel Liebe gestaltet und es ergänzt eine Austen Büchersammlung ganz hervorragend.

Es ist wunderbar und wird #janeites allen Alters begeistern.
Ganz große Leseempfehlung!

Bewertung vom 03.05.2025
Kramer, Christoph

Das Leben fing im Sommer an


ausgezeichnet

Kennt ihr noch „Ein ganzer Sommer“, dieses wunderbare Lied von Virginia Jetzt! ?
 
„Zuerst kommt der Blitz,
dann kommt der Donner
und am Ende ein ganzer Sommer“
 
Immer, wenn ich den Titel „Das Leben fing im Sommer an“ höre oder lese habe ich unwillkürlich das Lied im Kopf. Okay, Virginia Jetzt! erzählen 2004 von einem unvergesslichen Sommer, das Buch von Christoph Kramer vom Sommer 2006. Aber das ist ja quasi ähnlich.
 
„Noch in keinem Sommer meines Lebens hatte sich die Sonne so mächtig angefühlt.“ (S.129)
 
Sommer 2006. Christoph spielt zwar ziemlich gut Fußball und ist ein echt netter Typ, aber leider reicht das nicht, um in der Popularitätsskala bei den Mädchen der Schule ganz oben mitzumischen. Insbesondere Debbie, die in seinen Augen die Beste von allen ist, scheint ihn kaum wahrzunehmen, Wenn sie aufeinandertreffen, läuft das eher unkoordiniert und die wirklich großartigen, schlagfertigen und coolen Antworten fallen ihm natürlich erst später ein - und so ist die große Liebe ebenso einseitig wie maximal unwahrscheinlich. Aber dann: durch eine seltsame Aktion gelingt es Chris auf eine Party eingeladen zu werden, bei der sich alles ändern soll – und wird, denn Debbie scheint tatsächlich Interesse an ihm zu haben.
 
Aber sind Kino und Küssen echt - oder ist doch alles nur ein Traum?
 
„Für große Träume muss man im Leben anscheinend auch mal große Umwege gehen. Nach den Sommerferien würde ich bei Fortuna Düsseldorf spielen…“ (S.13)
 
Tja, ich kenne mich mit Fußball jetzt nicht so richtig aus, aber das ist auch gar nicht wichtig, denn in dem Roman von Christoph Kramer geht es nicht um Fußball. Es geht ums Erwachsenwerden, es geht um die Sorgen, die wohl jede(r) kennt, die/der mal 15 war, cool sein und dazugehören wollte. Lebhaft und lesbar beschreibt Christoph Kramer das großartige Gefühl am Rande des Unbesiegbaren, wenn es scheint, dass Wünsche wahr werden – und ebenso den Herzschmerz.
Ich habe heftig die Daumen für eine SMS von Debbie gedrückt, die Extra-Portion 8x4 vor dem Kinobesuch erahnen, das Gefühl von Freiheit bei dem wilden Ritt nach Düsseldorf nachvollziehen können, aber vor allem die Momente, die Chris mit seinen Freunden Johnny und Salvo verbracht hat, als ehrlich und authentisch empfunden.

„…und zu viel Liebe gibt es nicht, hatte mein Opa mir kurz vor seinem Tod gesagt.“ (S.63)
Was für schöne und wahre Worte, die für diesen Roman, der voller Liebe steckt, mehr als passend sind. Natürlich ist da die Geschichte eines 15-jährigen, der von der großen Liebe träumt, aber vor allen Dingen ist es ein Buch über Liebe und Freundschaft in vielerlei Hinsicht, und jede davon ist warmherzig und wunderbar beschrieben.
„Das Leben fing im Sommer an“ erinnert wunderbar an die Zeit des Erwachsenwerdens, an die des Autors - aber auch an die eigene, wenn man denn mag.
Abschließend möchte ich noch sagen, dass mich die Widmung berührt hat. So ehrlich und so echt.
 
Dieses Buch hat mich auf vielerlei Wegen und in vielerlei Hinsicht erreicht und berührt … und meine Meinung ist natürlich völlig unbeeinflusst von der Tatsache, dass Chris zu der Party Chucks trägt. #lifeisbetterinchucks

„Gebt euch mal die Atmosphäre!“ - Ganz große Leseempfehlung!

Bewertung vom 08.04.2025
Christie, Agatha

Die Tote in der Bibliothek


ausgezeichnet

„Die Tote in der Bibliothek“ ist zurecht ein echter Klassiker und der Atlantik-Verlag hat diese zeitlos gute Geschichte in einer schicken Schmuckausgabe herausgebracht, die ich unbedingt für meine Sammlung haben musste.
 
Eines Morgens findet das Ehepaar Bantry in ihrer Bibliothek in ihrem Landhaus Gossington Hall eine tote, junge Frau vor. Ihnen ist die auffällig geschminkte Blondine in billiger Abendgarderobe nicht bekannt. Die Bantrys, die in der Gegend als angesehene Mitglieder der Gesellschaft gelten, sind schockiert über den Fund und benachrichtigen nicht nur die Polizei, sondern sie bitten auch ihre Freundin Miss Marple um Unterstützung.
Schnell stellt sich heraus, dass es sich bei der Toten um Ruby Keene handelt, eine Tänzerin aus dem Majestic Hotel in der nahegelegenen Küstenstadt Danemouth.
 
Miss Marple beginnt mit ihren Nachforschungen und stellt fest, dass es eine lange Liste von Verdächtigen gibt. Neben dem Hotelgast und Geschäftsmann Conway Jefferson, der Ruby protegierte, haben seine Schwiegertochter Adelaide und sein Schwiegersohn Mark, George Bartlett, ein weiterer Hotelgast, sowie Basil Blake, ein Filmproduzent ein Interesse am Tod der jungen Frau.
 
Im Laufe der Ermittlungen wird eine weitere Leiche entdeckt, es handelt sich um die Pfadfinderin Pamela Reeves, die in einem ausgebrannten Fahrzeug entdeckt wird.  
Gibt es eine Verbindung zwischen den beiden toten Frauen, warum mussten Ruby Keene und Pamela Reeves sterben; wer hat ein Motiv und verfügt über ausreichend kriminelle Energie, für zwei Verbrechen?
 
Wird Miss Marple die Morde aufklären?

Eine komplexe Handlung und unerwartete Wendungen – Agatha Christie ist in diesem Krimi von 1942 in Höchstform.
Bei diesem klug konzipierten Verbrechen hat man immer wieder das Gefühl der Lösung auf der Spur zu sein, und dann kommt es doch ganz anders, als man denkt.
Ein großartiger, klassischer Krimi, eine wunderbare Miss Marple und all das in einer schicken Schmuckausgabe. Wunderbar!
 
Große Leseempfehlung!  
 

Bewertung vom 23.03.2025
Kling, Marc-Uwe;Kling, Johanna;Kling, Luise

Die Spurenfinder und das Drachenzepter / Der Spurenfinder Bd.2


ausgezeichnet

Sie haben es wieder getan, die Klings haben einen neuen Roman geschrieben!
„Der Spurenfinder“ geht weiter und ich habe mich sehr über die Fortsetzung „Die Spurenfinder und das Drachenzepter“ gefreut!
 
„…und jetzt ist das Zepter der Ahnen, das legendäre Artefakt, welches Königin Iria dem Kaiser Harkan entrissen hatte, durch dessen Aura sich alle Provinzen unter ihrer Führung vereinten, das heiligste Erbstück aus der Schatzkammer entwendet worden.“ (S.37)
 
Genau so steht es in dem Brief, den der Spurenfinder Elos von Bergen vom königlichen Schatzmeister erhält. In drei Tagen findet das große Unabhängigkeitsfest statt, traditionell zeigt sich König Fredlaff dem Volk mit seinem Zepter – aber es wurde gestohlen.
Der Schatzmeister hat die besten Spurensucher des Landes nach Irandira gerufen, um das Drachenzepter zu finden. Ausgerüstet mit Glotzoskop, Schnüffeltrichter und Schdip macht sich Elos ebenfalls auf den Weg, begleitet von seinen 13jährigen Zwillingen Ada und Naru.
 
In der Hauptstadt trifft Elos den Meister der Spurensuchergilde Utlaff Landriet, sowie Regnar, den Furchtlosen, Fania Furrante und den ehrgeizigen Jurlik Lohenstien. Die illustre Gesellschaft wohnt in dem Hotel von Cassia Selantis und macht sich gleich auf die Suche nach dem Zepter und auf die gefährliche Mission.
 
Silas von Berenstein, königlicher Spurensucher und Freund der Familie von Bergen ist ebenfalls an der Suche beteiligt. Es gilt herauszufinden, ob es sich um einen Diebstahl oder gar um eine Intrige handelt – und Silas scheint etwas zu verbergen.
Elos findet schon bald eine Spur zu dem Zepter, aber daraus ergeben sich neue Probleme. Was haben die Traumflüsterer und Steinflüsterer mit dem Diebstahl zu tun, wer ist das Nachtkind und strickt Minna einen Schal oder eine Mütze?
 
Mit „Die Spurenfinder und das Drachenzepter“ erzählen die Klings erneut eine großartige Geschichte voller Spannung und Phantasie, die mich von der ersten bis zur letzten Seite aller bestens unterhalten hat.
So ein zweiter Teil kann ja mitunter eine Herausforderung sein - Elisabeth, Johanna, Luise und Marc-Uwe Kling scheinen jedoch ein hervorragendes Team zu sein, dass sich gut auf den gemeinsamen künstlerischen Weg einigen kann, denn „Die Spurenfinder und das Drachenzepter“ ist eine rundum gelungene Geschichte mit vielen wunderbaren kleinen und großen Details, die darauf schließen lassen, dass der Schreibprozess mit viel Liebe und Begeisterung verbunden war.
Mir hat die erneute Begegnung mit Elos von Bergen und seinen Kindern sehr gut gefallen, die Geschichte ist klug konzipiert und toll erzählt!
 
Die Beschreibungen sind lebhaft, ich habe Orte und Personen bildhaft vor mir gesehen, fand es unheimlich in dem Mausoleum und noch gruseliger in dem Turm. Ich bin ein großer Fan von Minna, auch wenn vor meinem inneren Auge ihre Rüstung immer irgendwie aussieht, als ob sie aus leeren Erbsendosen zusammengedengelt worden.
 
Und natürlich müssen auch die tollen Zeichnungen von Bernd Kissel erwähnt werden, die die Geschichte noch lebhafter machen und abrunden.
 
Das Buch lässt Fragen offen … ich gehe also davon aus, dass Familie Kling einen weiteren Teil plant und das ist wunderbar.
Mit „Der Spurenfinder und das Drachenzepter“ erzählen die Klings erneut eine großartige Geschichte voller Spannung und Phantasie, die mich von der ersten bis zur letzten Seite aller bestens unterhalten hat.
 
Große Leseempfehlung!
 

Bewertung vom 23.03.2025
Arth, Julius

Die Brücke von London


sehr gut

Ich liebe London und wenn ich dort bin, stelle ich mir oft vor, was an den Orten, die ich besuche, wohl schon alles passiert ist. Die Stadt steckt voller Geschichten und mit „Die Brücke von London“ erzählt Julius Arth die Geschichte der London Bridge und der Menschen, die mit ihr verbunden sind.
 
„Die Brücke von London“ ist ein historischer Roman, der in zwei Zeitebenen angesiedelt ist. In der ersten Zeitebene im Jahr 1202 wird die Geschichte der Schwestern Estrid und Sibilla erzählt, die durch ihre hellseherischen Fähigkeiten die Zukunft der Brücke voraussehen. Der Bau der Brücke beginnt 1202, viele Menschen finden dadurch Arbeit, so auch Stephen, der Mann von Estrid. Ihre Schwester hängt dem alten Glauben an, lebt allein im Wald und durch ihre Weissagung, dass ein Unglück auf der Baustelle passieren wird, zieht sie den Unwillen der Baumeister auf sich und wird als Hexe für die Schwierigkeiten auf der Baustelle verantwortlich gemacht.
 
Im Jahr 1749 herrscht reger Verkehr auf der London Bridge und die dort ansässigen Geschäftsleute machen gute Geschäfte. Die verwitwete Tuchhändlerin Juliana Hamley führt das Geschäft ihres Mannes weiter, hat jedoch viele Schwierigkeiten und ist ständig vom Ruin bedroht. Unerwartet bekommt sie Hilfe von dem Straßenjungen Alder, dieser hat sich mit anderen Straßenkindern zusammengetan, jedoch ist ihr Handeln oftmals nicht mit dem Gesetz zu vereinbaren und so gerät auch Juliana in illegale Machenschaften – und als ob das nicht genug wäre droht der Bau einer neuen Brücke die Geschäfte zu beeinträchtigen.
Oliver Morris ist neu in London. Mit seinem Job im Bridge House ist er nicht zufrieden und schon bald ist er einem Komplott auf der Spur, in das auch Juliana verwickelt ist.
 
Wird Juliana ihr Geschäft retten können, ihren Weg und ihr Glück finden?
 
Geschickt verbindet der Autor in seinem Roman die beiden Zeitstränge, die Charaktere sind lebendig beschrieben, so dass ich mich gut in die Geschichte hineinversetzen konnte. Besonders die Entwicklung von Juliana von der verzweifelten Witwe zu einer selbstbewussten Frau hat mir gut gefallen.
Der historische Roman „Die Brücke von London“ bietet interessante, gut lesbare, spannende und kurzweilige Unterhaltung und die London Bridge spielt eine zentrale Rolle. Ich hätte mir ergänzend als Nachwort des Autors eine Einordnung von Fakten und Fiktion gewünscht – und da es am Ende offene Fragen gibt, gehe ich davon aus, dass es eine Fortsetzung geben wird, die ich mit Spannung erwarte.
 
Leseempfehlung für alle Buchmenschen, die London und historische Romane lieben!

Bewertung vom 16.03.2025
Broad, Chris

Abroad in Japan


ausgezeichnet

Die ruhige und kluge Art des Erzählens japanischer AutorInnen begeistert mich und über diese Begeisterung ist auch ein Interesse für Land und Leute entstanden. Einer der Land und Leute kennt ist Chris Broad und in seinem Buch „Abroad in Japan“ erzählt er von seinen Abenteuern im Land der aufgehenden Sonne.
 
Es war mir nicht bewusst das Englisch in Japan eine Fremdsprache ist, die nur von wenigen Menschen gesprochen wird. Mittels des JET-Programms lädt das Land englische MuttersprachlerInnen ein, um in den Schulen die Lehrkräfte im Unterricht zu unterstützen. Chris Broad erfährt eher zufällig von dem Programm, bewirbt sich aus einer Laune heraus und wird nach einem erfolgreichen Interview im Januar 2012 angenommen.
Im Juli 2012 reist er von London nach Tokio und zwischen den beiden Metropolen liegen nicht nur 8 Zeitzonen – es ist eine Reise in einen anderen Kulturkreis, in eine andere Welt. 
 
Chris wird in der Präfektur Yamagata im Norden des Landes, an der Sakata Senior-High-School eingesetzt werden. Mit sehr dürftigen japanischen Sprachkenntnissen trifft er am Flughafen zum ersten Mal auf einige seiner neuen Kolleginnen und Kollegen und das Abenteuer Hilfslehrer in Japan beginnt.
 
Ganbatte ne, Chris-sensei! がんばってね、クリス先生!
 
Mir waren Chris Broad und sein im November 2012 gegründeter YouTube-Kanal „Abroad in Japan“ bisher nicht bekannt. Nachdem ich das Buch gelesen habe, habe ich mir einige seiner Beiträge angesehen.
Klar, da ist zum einen der Chris Broad, der sich über die Winzigkeit seines Appartements mokiert oder die speziellen Spezialitäten der japanischen Küche mit britischem Humor zum Besten gibt. Videos, die man eben mag oder nicht.
 
Im Buch gibt aber auch die anderen Momente - die, in denen er mit dem japanischen Bildungssystem hadert oder von Mobbing in den Schulen und den traurigen Folgen berichtet. Die, in denen er Fukushima bereist, sich mit den Problemen der Region und den Geschichten der Menschen, die dort leben, auseinandersetzt. Er erzählt auch davon, dass er als Ausländer Diskriminierung erlebt hat, z.B. war die Wohnungssuche für ihn nicht einfach. Und nicht zuletzt berichtet er von einem Erdbeben, dass er erlebt hat.
 
Aus „ich gehe mal als Hilfslehrer nach Japan und gucke was so passiert“ wird schnell eine Liebe zu Leuten und Land, er reist umher, lernt die Sprache und Kanji und kommt zu der Erkenntnis:
 
„Ich war aber ein ganz anderer Mensch geworden.“ (S.249)
 
In „Abroad in Japan“ erzählt Chris Broad unterhaltsam und kurzweilig, mitunter lustig, aber auch (selbst)kritisch von seiner Zeit in Japan. Das Buch beginnt im Januar 2012 und endet im März 2022.
In 29 überschaubar langen Kapiteln nimmt uns Chris mit in Restaurants, erzählt von einem interessanten Besuch beim Arzt, berichtet von den Menschen, denen er begegnet und ich habe von Seite zu Seite erlebt, wie er sich immer mehr in Land und Leute verliebt hat und angekommen ist. Dabei war es aber nicht immer alles rosaroter Kirschblütentraum, sondern es gibt auch nachdenkliche und kritische Momente und genau das macht das Buch zu einem großartigen, ehrlichen und nachvollziehbaren Leseerlebnis!
 
Und nur, dass wir uns richtig verstehen, ich mag das Buch nicht nur, weil das Kapitel 16 „Doctor Who“ (August 2013) heißt (und wirklich lustig ist), Mary Poppins drin vorkommt oder sein Freund Natsuki so ein großartiger Typ ist – ich mag es, weil ich die Berichte als authentisch empfunden und die Zeit mit Chris in Japan genossen habe.
 
Ganz große Leseempfehlung!

Bewertung vom 09.03.2025
Dara, Domenico

Die Bibliothek der verlorenen Geschichten


gut

Domenico Dara nimmt uns in seinem Buch mit in das fiktive Dorf Timpamara in Kalabrien. Dort lebt und liebt man Literatur, viele Namen erinnern an literarische Figuren und allen ist es eine Herzensangelegenheit schöne Geschichten und Bücher vor der Presse der Papierfabrik zu retten.

„Über all in Timpamara, auf Fensterbrettern und Bänken, auf Kofferräumen und Müllsäcken, ja sogar auf den Hüten der Damen, konnte eine Seite aus einem Roman landen. Wenn sie jemand aufhob, sie las, und wenn sie ihm nicht gefiel, warf er sie nicht weg, sondern legte sie irgendwo ab, im Blumenkasten auf dem Bürgersteig oder, mit einem Stein beschwert, auf einer Stufe, damit jemand anderes sie aufhob…“ (S.12)

Einer von ihnen ist Astolfo Malinverno, leidenschaftlicher Leser und Bibliothekar. Das beschauliche Bücherleben von Astolfo gerät ins Wanken, als er unerwartet neben seiner Aufgabe als Bibliothekar auch noch zum Friedhofswärter ernannt wird. Pflichtbewusst übernimmt er die Tätigkeit und wird mit den Geschichten der Verstorbenen und Hinterbliebenen konfrontiert. Ein namenloses Grab mit einem Foto hat es ihm besonders angetan, er verliebt sich in das Bild der unbekannten Frau, die ihn an Emma Bovary erinnert und er beginnt nach ihrer Geschichte zu suchen.

Auf der Suche begegnet er Ofelia, die der Unbekannten ähnlichsieht und einem Tontechniker, der die Stimmen der Verstorbenen aufnimmt.
Wird Astolfo die Geschichte der unbekannten Frau finden?

„Wir sind es, die entscheiden, was wahr ist und was nicht, wir allein.“ (S.38)

„Die Bibliothek der verlorenen Geschichten“ ist eine Hommage an die Literatur. Domenico Daro erzählt behutsam von der Macht der Bücher und der Liebe, überwindet die Grenzen zwischen Literatur und Realität und nimmt den Lesenden mit an einen besonderen Ort. Ich mag Geschichten, die die Liebe zum Buch widerspiegeln und der Autor bringt viele kleine und große Hinweise auf wunderbare Werke der Literatur in seine Erzählung ein, die Atmosphäre des Buches ist stark von der Liebe zu Büchern geprägt. Lebhafte Beschreibungen der Charaktere und Orte, die rätselhafte Suche nach der Geschichte einer unbekannten Frau und gediegene Figuren … alles wunderbare Zutaten für eine besondere Geschichte, die bestimmt viele Buchmenschen begeistern wird.

Bewertung vom 09.03.2025
Haig, Matt

Ich und die Menschen


ausgezeichnet

„Dieses Buch… spielt genau hier, auf der Erde. Es handelt vom Sinn des Lebens und von überhaupt nichts. Es handelt davon, was passieren muss, damit man auf die Ewigkeit verzichtet und sich der Sterblichkeit überlässt. Es handelt von Liebe und toten Dichtern und Erdnussbutter mit ganzen Nüssen. Es handelt von Materie. Und Antimaterie, von allem und nichts, von Hoffnung und Hass. … Es handelt davon, wie man ein Mensch wird.“ (S.11)
 
Andrew Martin, Mathematikprofessor aus Cambridge, erscheint eines Tages wie ausgewechselt. Nicht nur, dass er unbekleidet unterwegs ist und damit ziemliches Aufsehen erregt, alle Lebensmittel, die nicht Erdnussbutterbrote sind, verursachen bei ihm Übelkeit, ebenso kann er mit den meisten Lebewesen, seine Frau Isobel und sein Sohn Gulliver eingeschlossen, wenig anfangen. Lediglich mit Newton, dem Hund der Familie, kommt er irgendwie klar.
 
Was ist passiert? Hat eine Überdosis Primzahlen die Verwandlung des Mathematikers herbeigeführt oder treibt ihn der große Wille zur Lösung der Riemannschen Vermutung zielstrebig in den Wahnsinn?
Oder gibt es gar eine völlig andere Erklärung? 
 
Antwort: ja, die gibt es. Aber ich werde sie hier nicht munter ausplaudern und so womöglich den Spaß an der Geschichte ruinieren. Auf keinen Fall.
Für „Ich und die Menschen“ gilt: nur selbst lesen bereitet Vergnügen!
 
Mit der ihm eigenen Lässigkeit erzählt Matt Haig eine kluge, wunderbare Geschichte, die leicht und mitunter witzig, jedoch nicht platt daherkommt. Er erzählt vom Leben, vom Miteinander und von der Liebe und wie es ist, all das zu lernen und zu verstehen. Haig verbindet nicht nur Fußball und Liebesgedichte, sondern auch die großen und kleinen Fragen und Momente des Lebens zu einer schönen Geschichte, die ein wenig wie ein Blick in den Spiegel erscheint, ergänzt mit 97 klugen Ratschlägen an einen Menschen, die durchaus beherzigenswert sind.

Ich liebe die Art und Weise von Matt Haig Geschichten zu erzählen und lasse mich immer wieder gerne von ihm in seine Welt mitnehmen. „Ich und die Menschen“ hat für mich nicht die Wucht und hallt nicht nach wie die Mitternachtsbibliothek, aber es hat eigene Momente, die wunderbar sind. Es bietet kurzweilige Unterhaltung, ist eine schöne Geschichte mit einer nicht neuen, jedoch allzeit erwähnenswerten Botschaft und ich empfehle das Buch sehr gern für gemütliche Lesestunden.