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TochterAlice
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Köln

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Insgesamt 1453 Bewertungen
Bewertung vom 20.07.2025
Teige, Trude

Wir sehen uns wieder am Meer


ausgezeichnet

Heftig, berührend, fesselnd: Das sind nur drei - allerdings die stärksten - Emotionen, von denen ich während der Lektüre dieses Romans gepackt wurde und zwar so, dass ich - gelobt seien freie Sonntage - ihn in einem Zug gelesen habe, ja lesen musste!
Diesmal steht vor allem Krankenschwester Birgit, eine enge Freundin der im Regen tanzenden Großmutter Thekla aus dem ersten Band der "lockeren" Trilogie der Autorin Trude Teige um Schicksale im Zweiten Weltkrieg, im Mittelpunkt.

Birgit begibt sich als Krankenschwester in den Norden Norwegens und wird dort Zeugin diverser grauenvoller Kriegshandlungen, die vor allem durch die deutschen Besatzer vollzogen werden. Doch sie begegnet auch der Liebe...

Neben ihr stehen aber vor allem andere Frauen im Zentrum der Handlung: vor allem die erst 16jährige Zwangsarbeiterin Nadja aus der Ukraine, aber auch deren Freundin und Schicksalsschwester und eine Kollegin von Birgit. Wieder ist Trude Teige ein packender Roman gelungen, in dem ich viel Neues über Norwegen im Zweiten Weltkrieg erfuhr - wie immer verpackt in eine spannende Handlung. Auch die Figuren sind sehr gelungen; ich hatte Birgit und die anderen während der Lektüre stets vor Augen.

Wer zu diesem Buch greift, sollte sich allerdings im Klaren darüber sein, dass es stellenweise so grausam zugeht, dass man es während der Lektüre kaum verarbeiten kann - die Leser werden nicht geschont, das Leid der Bevölkerung Norwegens wie auch der aus anderen Teilen Europas dorthin verschleppten Menschen wird ausgesprochen eindringlich dargestellt. Ein Buch, das viele Leser verdient!

Bewertung vom 20.07.2025
Fonthes, Christina

Wohin du auch gehst


sehr gut

Das ist meiner Ansicht nach eines der Ziele dieses Romans - sicher wird manch einer nun sagen, dass der Feminismus bereits seit Jahrzehnten auf dem Weg zu wasauchimmer ist und es vom jeweiligen persönlichen Hintergrund abhängt, ob und in welcher Form dies angenommen wird. Das ist zweifellos bei uns der Fall, ebenso in zahlreichen Ländern Westeuropas und anderer westlicher Länder, doch in dem Umfeld, in dem dieser Roman angesiedelt ist, nämlich im Kongo und unter kongolesischen Emigranten, findet dies deutlich weniger statt.Wobei die Handlung des Romans in den 1980er und den 2000er Jahren spielt, aber auch da tickten die Uhren in vielen der genannten Länder schon deutlich anders.

Die Männer beherrschen die Politik wie auch das Heim in vielen Fällen, zudem hindert das soziale Gefüge sowohl im Land selbst als auch außerhalb die Frauen daran, sich in vielerlei Form freizuschwimmen.

Im vorliegenden Roman lernen wir Bijou kennen, die irgendwann von ihren Eltern aus Kinshasa zu ihrer Tante Mireille nach London verfrachtet wird und dann einfach nicht wieder zurückgeholt wird. Das Tantchen bezieht sie in ihr Leben ein, wozu vor allem eine intensive Anbindung zur kongolesischen Gemeinde der Stadt wie auch generell zu Gepflogenheiten des Landes, seinen es Speisen, Traditionen oder auch die Achtung Älteren gegenüber gewahrt werden sollen. Bijou fühlt sich darin überhaupt nicht wohl, zumal sie zum ersten Mal so richtig verliebt ist und eine Beziehung pflegt - und zwar zu einer Frau. Und dann soll sie auf einmal einen Mann heiraten, einen, den die Gemeinde ihr ausgesucht hat.

Bijou will sich von allem lösen, doch irgendwie klappt das nicht...

Ein eindringlicher Roman, den ich mit Interesse, teilweise auch mit Faszination gelesen habe, wenn ich auch einigen Darstellungen nicht ganz folgen konnte bzw. mehr Zeit brauchte, um diese zu verstehen bzw. in Gänze nachvollziehen zu können. Ein Familienroman, der stellenweise schockiert, dann aber wieder richtig warmherzig daher kommt. Etwas für Leser*innen, die auch gern mal Neues kennen lernen!

Bewertung vom 13.07.2025
Moriarty, Liane

Vorsehung


ausgezeichnet

Dieser Roman, in dem die australische Autorin Liane Moriarty ihre Hauptfigur, eine alte Dame namens Cherry Lockwood auf einem Flug viele Mitfliegenden über ihren Todeszeitpunkt und die jeweilige Todesursache informiert und sich nachher nicht mehr daran erinnern kann, hat mich unerwarteterweise sehr begeistert.

Es geht hier nicht um einen Klamauk, sondern um einen Prozess, der sich im Laufe des inzwischen langen Lebens von Cherry entwickelt hat und darum, wie die Empfänger der Nachricht damit umgehen. Und natürlich auch darum, ob ihnen nun der Sensenmann entgegentritt oder nicht.

Moriarty blickt hinter die menschlichen Fassaden und demaskiert diese auf eine gewisse, sehr menschliche Art, die vor Humor und Ironie nur so strotzt - aber auch vor Liebe. Und zwar von der Liebe zu den (meisten) von ihr geschaffenen Figuren und auch zum Leben! Dasjenige ihrer jeweiligen Charaktiere entzieht sie ihnen nicht einfach so, nein, es hat alles seine Logik, seine eigene Bewandtnis. Ich muss sagen, ich bin begeistert - ob nur von diesem, oder auch von anderen Werken der Autorin Liane Moriarty, das wird sich zeigen!

Bewertung vom 07.07.2025
McConaghy, Charlotte

Die Rettung


sehr gut

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TochterAlicevor 3 Minuten

Nur noch eine Teilfamilie ist auf einer von verschiedenen Übergriffen der Natur bedrohten Forschungsinsel verblieben, um aufzuräumen: Dominic mit seinen drei Kindern; Raff und Fen, die fast erwachsen sind und dem Nesthäkchen Orly. Eines Tages wird eine vollkommen erschöpfte, ja halbtot wirkende Frau an Land gespült - es stellt sich heraus, dass es sich um Rowan handelt, die ihren Mann Hank, vor Monaten zu Forschungszwecken auf die Insel gekommen, sucht. Zunächst wird sie von der Familie betreut, dann bringt sie sich selbst in deren Alltag ein - man kommt einander näher, rückt zusammen.

Doch Rowan kann Hank nicht vergessen - ist er von dieser eigenbrötlerischen, jedoch freundlichen Familie umgebracht worden? Oder hat er sich aus dem Staub gemacht, ohne Rowan zu benachrichtigen.

Der Insel droht der Untergang, der Tag, an dem die Verbliebenen abreisen müssen, rückt näher und näher... was steckt hinter alldem? Ein Roman, der über weite Strecken ruhig daher kommt, bis sich am Ende alles die Bahn bricht und eine rasante Entwicklung nimmt. Unabhängig von diesen Entwicklungen ist das Werk - der dritte Roman der Autorin - ausgesprochen kraftvoll und zwar durchgehend. Das Zusammenspiel und die Gegenwirkungen von Mensch und Natur - sowohl Flora als auch Fauna werden so plastisch geschildert, dass man die Szenen während der Lektüre vor Augen hat.

Das Zusammenführen aller Enden ist dem langsam erfolgtem Aufbau der Geschichte nicht ganz gewachsen, aber im Großen und Ganzen durchaus stimmig.

Bewertung vom 02.07.2025
Lüthen, Alexandra

Nu Jork, Nu Jork!


ausgezeichnet

Hier rufen die Reiseschuhe bzw. in Hennis Fall die Reisekrallen, denn sie ist ein Huhn und zwar ein sehr unternehmungslustiges. Im Stall beim Bauern gibt es nix Neues mehr für sie - wenn sie sich abends auf das Stalldach begibt, trifft sie immer den Fuchs und auch musikalisch herrscht die Eintönigkeit; der Bauer spielt immer dieselbe Musik.

Also landet Hennie auf der Reling eines dieser Ozeanriesen, die die Menschen - und diesmal eben auch ein Huhn - nach Übersee, nämlich nach New York bzw. in Henniespeech Nu Jork bringen.

Sie hat tolle Begegnungen auf dem Schiff: gleich zu Beginn trifft sie dessen lebensmüden Eigentümer, der während der Überfahrt zu ihrer Frühstücksgesellschaft wird und ihr auch sonst so manchen Weg ebnet. Und sie trifft Fränk, der Abend für Abend das tolle Sinatra-Lied Nu Jork, Nujork singt - es ist zwar ein falscher Fränk, aber Henni stört das nicht.

Weitere Bekanntschaften eröffnen ihr diverse Möglichkeiten - man darf gespannt sein, denn Autorin Alexandra Lüthen hat sich so einiges einfallen lassen. Und da Peter Gaymann, mein erklärter Lieblingskarikarturist, die Illustrationen dazu zu verantworten hat, kann hier gar nichts schiefgehen. Es ist sozusagen ein Bilderbuch für Erwachsene und zwar ein ausgesprochen gelungenes.

Unglaublich witzig, aber auch sehr herzlich sind sowohl Text als auch Zeichnungen gestaltet - ein herrliches Bilderbuch für Menschen jeden Alters, die ein bisschen Sonne - und Huhn - im Leben gebrauchen können!

Bewertung vom 16.06.2025
Myers, Benjamin

Strandgut


sehr gut

Alt und krank: So fühlt sich der 70jährige Bucky aus Chicago schon länger und insbesondere, seit seine Frau vor einem Jahr für immer verschwand. Nein, durchgebrannt ist sie nicht, sondern gestorben und seitdem mag Bucky auch nicht mehr dem Leben trotzen, zumal er nur noch durch Tabletten überlebt. Wenn er sich selbst mal so richtig fest in die Augen schaut, muss er gestehen, dass er gar nicht sooo krank ist. Nein, er ist süchtig und das wird immer schlimmer.

Jetzt fliegt er aber erstmal nach Yorkshire, England und zwar auf Kosten eines Veranstalters. Irgendwann, in grauer Vorzeit, hat Bucky nämlich ein paar - mehr sind es tatsächlich nicht, sie sind an einer Hand abzählbar - geschrieben und auch performed, es gibt auch Aufnahmen. In den Vereinigten Staaten kräht kein Hahn danach - aber in England gibt es ein paar Leute, die Fans von ihm sind und ihn extra für einen Auftritt rüberfliegen lassen.

Bucky war noch nie außerhalb der USA, hat noch nie das Meer gesehen und sonst auch nicht sonderlich viel - wir Leser;innen begleiten ihn auf seiner ersten Tour - wird es auch die letzte sein? Vergnüglich zu lesen ist der Roman, wenn auch ein wenig flach - keineswegs kann er mithalten mit den Vorgängern des Autors Benjamin Myers "Offene See" und "Der perfekte Kreis", die für mich wahrhaftige Offenbarungen waren. Da Myers meiner Meinung nach schreiben kann und niemals richtig schlecht ist, hat sich aber auch diese Lektüre gelohnt!

Bewertung vom 16.06.2025
Thoben-Labs, Inga M.

Zuhause am Meer


weniger gut

Ich kann die Begeisterung anderer Leser nicht teilen, denn dieses Buch wirkt für mich mehr oder weniger wie ein aufgepeppter Werbekatalog. Ich hatte mir tolle Bastel- und Dekotipps erhofft; diese Hoffnungen sind leider nicht erfüllt worden.

Nur wenige Designideen sind gut gelungen, die meisten wirken doch sehr plakativ - wie sagt man? Ohne Seele. Wie eine von sehr vielen einander ähnelnden Wohnungen/Lofts, bspw, für Dauermieter, wo der Eigentümer bemüht ist, ein wenig Gemütlichkeit reinzubringen. Was durchaus gelingt, aber eben nur unter der Prämisse, dass dies kein dauerhafter Wohnsitz ist.

In meinen Augen ist die Zielsetzung leider nicht erfüllt worden!

Bewertung vom 16.06.2025
Willbrand, Klaus;Razumovych, Daria

Einfach Literatur


sehr gut

Das Buch "Einfach Literatur" von Klaus Willbrand und Daria Razumovich handelt im Wesentlichen von (oft alten oder zumindest älteren) Büchern, wobei das eine sehr vereinfachte Beschreibung des Inhalts ist. Wesentlich zutreffender ist, dass es sich hier um die Darstellung eines Lebens mit und für Bücher handelt. Denn Klaus Willbrand, den ich jahrelang jede Woche hinter Glas sah, konnte nicht ohne sie leben und so wählte er in unterschiedlichen Lebensphasen verschiedene Arten des Zusammenseins mit Büchern.

Vertraut war er mir durch den allwöchentlichen Blick in sein Antiquariat - Woche für Woche eilte ich daran vorbei auf meinem Weg ins Qi Gong-Studio, das sich wenige Häuser weiter befindet. Dabei sah ich stets einen Menschen in einer anderen Welt - eigentlich blickte er immer in ein Buch.

Anfang dieses Jahres war es dann ein trauriger Anblick ohne den Chef, ein Blick in ein mit Kerzen, Blumen und Beileidsbekundungen geschmücktes Fenster. Ein Leben mit Büchern hatte ein Ende gefunden und es gab viele Menschen, die hier, am letzten Lebensmittelpunkt von Klaus Willbrand, Abschied nehmen wollten.

Im vorliegenden Buch wird die Geschichte seines Lebens mit Büchern und seine Sicht auf selbige beschrieben und das ist aus meiner Sicht spannender als jeder Roman. Das Buch enthält auch manche Liste mit Büchern aus verschiedenen Kulturkreisen oder auch Listen mit Büchern bestimmter Autoren. Dass diese dort ganz kommentarlos in den Text eingebaut sind, finde ich schade. Ein ganz kleiner Makel an einem größtenteils bezaubernden Buch, das Daria Razumovich, im letzten Lebensjahr Willbrands seine Partnerin in seinem Buchblog - mehr dazu im Buch - mit ihm gemeinsam verfasste und nach seinem Tod fertig stellte.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.06.2025
Bonnet, Sophie

Provenzalisches Licht / Pierre Durand Bd.11


sehr gut

Cyril Fontanel ist ein bekannter Modeschöpfer, aber das reicht ihm nicht: er möchte unvergesslich werden! Nicht allein deswegen plant er eine Modenschau der ganz besonderen Art und will auch nicht davon lassen, als Morddrohungen gegen ihn laut werden - sehr zum Mißfallen von Ermittler Pierre Durant und einiger seiner Kollegen. Leider nicht seiner Vorgesetzten, die auf die Durchführung mit besonderer Sicherung besteht.

Ein warmherziger, wenn auch ziemlich umständlicher Krimi, den man nur lesen sollte, wenn man nicht gerade auf Diät ist. Darin werden nämlich die köstlichsten Speisen nicht nur erwähnt, sondern auch im Detail beschrieben und beanspruchen mindestens so viel Platz wie der eigentliche Kriminalfall, in dem auch in der Vergangenheit "gestochert" werden muss. Gerade dieser kulinarische Aspekt sagt mir so zu, dass ich am liebsten meinen Arbeitsplatz selbst dorthin verlegen würde, um opulente Mittagspausen zu genießen - am liebsten natürlich in Gesellschaft von Pierre Durant!

Auch wenn er für meinen Geschmack gern um ein Drittel kürzer sein dürfte, lohnt sich die Lektüre dieses Krimis unbedingt und insbesondere bei düsterem Regenwetter, denn wenn man sich dort hinein vertieft, bekommt man davon gar nichts mehr mit!

Bewertung vom 11.06.2025
Foley, Lucy

Mittsommer


ausgezeichnet

Ein neues Ressort im Süden von England: insbesondere wegen seiner direkten Lage am Meer und der sensationellen Aussicht ist es besonders faszinierend. Und besonders elitär: das bekommen vor allem die Dorfbewohner zu spüren, die bisher selbst einen direkten Zugang zum Meer hatten. Der ihnen jetzt verwehrt bleibt, außer, sie sind als Angestellte im Ressort beschäftigt und das trifft auf die meisten zu. Wobei sie behandelt werden wie der letzte Dreck und höchstens gelegentlich einen kurzen Blick auf die Aussicht, die eigentlich die ihre sein solte, werfen können. Vom Schwimmen und Sonnen, wie sie es früher getan haben, können sie nur träumen. Und wie es aussieht, wird es für immer dabei bleiben.

Die Handlung wird aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt und enthält sowohl Darstellungen aus der Gegenwart als auch Rückblicke. Was zunächst sehr unübersichtlich zu sein scheint, erweist sich nach und nach als ausgesprochen strukturiert - mit fortschreitender Entwicklung der Handlung blickt der/die Lesende immer weiter hinter die Fassade, wobei bis zum Schluss immer wieder Überraschendes geschieht.

Ein Thriller, bei dessen Lektüre man sich ordentlich konzentrieren muss, sonst gerät man aus dem Flow und einige wichtige Zusammenhänge gehen flöten. Wenn man jedoch den Überblick durchgehend behält, wird man belohnt mit intelligenten und psychologisch dicht konstruierten Handlung ausgesprochen reich belohnt!