Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
robertp
Wohnort: 
Guntramsdorf

Bewertungen

Insgesamt 21 Bewertungen
Bewertung vom 17.12.2023
Die sieben Monde des Maali Almeida
Karunatilaka, Shehan

Die sieben Monde des Maali Almeida


gut

Das Titelbild, eine bunte Orgie verschiedener Farben zeigt ein Gesicht, eine Maske oder den Teufel. Es zieht die Aufmerksamkeit auf sich und entführt den Leser in ein exotisches Land – Sri Lanka.
Der Sri Lanker Fotograf Malinda (Maali) Almeida ist tot und steht nun in der Schlange vor der Himmelstür , einem Tresen wie im Krankenhaus und versucht sich in diesem Traumzurechtzufinden. Er weiß nicht weshalb er gestorben ist und hat nun sieben Monde ( 7 Tage) Zeit, um sich in diesem Labyrinth zurechtzufinden und seine brisanten Informationen weiterzuleiten.
in Sri Lanka herrscht 1983 (bis 2009) Bürgerkrieg und er hat als Journalist und Fotograf einige brisante Aktionen der Kriegsparteien dokumentiert. Seine Fotos können viele prominente Emporkömmlinge stürzen, vielleicht sogar den Krieg beenden. Warum und wie er gestorben ist wird ihm erst am Ende des Romans enthüllt.
Es ist ein schwierig zu lesender Roman. Die verschiedenen Kriegsparteien und die Lage in Sri Lanka erfordern etwas Vorabinformation. Eine Hilfe dazu findet sich am Ende des Buches, wo die handelnden Personen und ein Glossar aufgelistet sind. Auch die Religion (Hinduismus) wird im letzten Kapitel (Mond) angeschnitten und als erlösendes Element von Maali angenommen.
Der Schreibstil eine Art Icherzählung im Genetiv erfordert einiges an Gewöhnung und bleibt für mich bis zum Schluss anstrengend zu lesen.
Das Thema des vor der Himmelstür Wartenden wird in vielen anderen Büchern verarbeitet (z.B Klune: Das unglaubliche Leben des Wallace Prize). Das vorliegende Buch ist sicherlich eines der am schwierigsten zu Lesenden dieses Genre.
Zu empfehlen für alle die sich exotische Abenteuer mit etwas Phantastik zumuten wollen.

Bewertung vom 14.11.2023
Jil Sander. Eine Annäherung
Wiesner, Maria

Jil Sander. Eine Annäherung


ausgezeichnet

Das ist keine Autobiografie. Die Autorin Maria Wiesner – Journalistin u.a. bei FAZ und Publizistin – nennt ihr Buch eine „Annäherung“. Aus Meldungen, Dokumenten, Interviews und persönlichen Gesprächen wird ein Lebenswerk dokumentiert, welches die deutsche Modewelt geprägt und über Europa hinaus bekannt gemacht hat (auch in Wien gibt es noch ein kleines Geschäft mit den Insignien Jill Sander auf der Kärntnerstraße).
Heidemarie Jiline Sander kommt in Wesselburen (Schleswig-Holstein) zur Welt und die einfache und raue Landschaft in der sie die ersten Lebensjahre verbringt, ehe sie nach Hamburg übersiedelt, prägen das Mädchen. Die Mutter lässt sich scheiden und mit dem neuen Mann an ihrer Seite beginnt ein neues Leben in der Großstadt. Jiline – ein Name der nur selten gewählt wird – wird Textilingenieurin und zieht danach in die USA. An der Westküste studiert sie, an der Ostküste beginnt sie beim drittgrößten Verlag Amerikas zu arbeiten. Als ihr Stiefvater schwer krank wird, kehrt sie nach Deutschland zurück und beginnt eine Karriere, die für Deutschland und Europa außergewöhnlich ist. Jil Sander macht sich mit 24 Jahren selbstständig, erweitert ihr Unternehmen um Beautyprodukte (Parfum, Creme) und bringt es an die Börse. Sie ist die erste Frau in Europa der all das gelang.
Was eine Seminararbeit für die Uni werden kann, wird durch den persönlichen Eindruck der Beschreibenden zu einem stimmungsvollen Buch. Das Leben der Designerin wird ergänzt um Eindrücke zu den Befindlichkeiten und Lebensumständen mit denen sie konfrontiert wird. Viele Exkurse beschreiben die Akteure der Modewelt, die Welt der fashion shows und (nur kurz) ihr Privatleben.
Die „Sander“ ist eine Ikone wie Coco Chanel oder Helena Rubinstein. Mit dem klaren schlichten Design „erlöst“ sie die erfolgreichen Frauen vom opulenten Stil der Nachkriegsjahre.
Es ist erstaunlich welche ihrer Ideen (shop in shop, Boutique Design, Design der Parfumflakons) bis heute Einfluss auf die Modewelt haben.
Das Buch liest sich unterhaltsam und ich finde viele neue Informationen aus der Modewelt darin. Hunderte von Anmerkungen zeigen den Aufwand, den die Autorin für die Recherchen gemacht hat. Allen, die über die Modewelt (nicht nur Deutschland) mehr wissen und das Leben einer Persönlichkeit näher kennen lernen wollen, ans Herz gelegt.

Bewertung vom 27.10.2023
Dieses schöne Leben
Brammer, Mikki

Dieses schöne Leben


sehr gut

Leben und Lieben lernen
Mikki Brammer, die Schriftstellerin aus Australien nunmehr NYC, schreibt in ihrem Debutroman von der Liebe und dem Tod. In der ersten Hälfte des Romans vor allem über den Tod, denn die Hauptperson Clover nennt sich „Sterbe-Doula“, eine Person, welche die letzten Tage und Stunden des Lebens mit Sterbenden verbringt.
Welch schönes Wort „Doula“ für Dienerin - ein alter Name für die Unterstützung die Frauen bei der Geburt erhalten – ich kannte es zuvor nicht.
Clover ist dabei oftmals allein, keine Freunde und Verwandte schließen sich ihr an, um den Tod etwas weniger einsam zu machen - .ja, sie wird von Angehörigen bezahlt diese Aufgabe zu übernehmen. So auch von Sebastian, der sie verpflichtet seiner Großmutter Claudia beizustehen. Er möchte aber nicht nur Auftraggeber sondern auch mehr als ein Freund für Clover sein.
Diese ist in ihren 36 Lebensjahren noch keine Liebesbeziehung eingegangen und kennt Küsse nur aus den Liebesfilmen, die sie sich allabendlich auf der Couch, gemeinsam mit Hund und Katzen, ansieht.
Kontakt hält sie nur zu Leo, einem 80+ Nachbarn, und notgedrungen mit der neuen Nachbarin Sylvie.
Claudia erzählt ihr von ihrem Leben und ihrer unerfüllten Liebe. Bei ihren Recherchen findet Clover in Hugo einen Mann, der ihr Leben auf den Kopf stellt.
Die Protagonistin wird mir bereits nach einigen Seiten sympathisch. Ihr einsames Leben und der seltsame Beruf machen wissbegierig. Die Autorin hat sich viele Gedanken über Einsamkeit und das Sterben gemacht (s. Danksagungen) und diese in einem lesenswerten Roman verpackt. Ab dem letzten Drittel bemerkt man, dass es sicher ein Happy End für Clover geben wird, dies aber anders als gedacht. Ein Buch, das sich an den kommenden langen Abenden rasch und neugierig lesen lässt (und wenn man am Wasser gebaut hat, dann fließen auch noch ein paar Tränen).

Bewertung vom 04.10.2023
Glutspur / Liv Jensen Bd.1
Engberg, Katrine

Glutspur / Liv Jensen Bd.1


ausgezeichnet

Ich nehme das Buch in die Hand und bemerke gleich den rauen, erhabenen Druck der beiden Umschlagbilder. Eine Erfahrung, die sich nur dem Leser des Buchers erschließt und dieses zu etwas besonderem macht.
Die Autorin Katrine Engberg ist mir schon mit ihren vorangegangenen Krimis bekannt und auch geliebt. Nun stellt sie also eine neue Ermittlerin – Liv Jensen - vor.
Der Inhalt wird am Buchrücken sehr genau beschrieben. „Der Selbstmord eines Häftlings auf Freigang, der Tod einer Museumsangestellten und der Mord an einem Journalisten.“ Die Fälle liegen Jahre auseinander, aber Liv Jensen wird eine Lösung finden, die auch ihr eigenes Leben in Gefahr bringt.
Ein Geheimnis umgibt die Ermittlerin und es werden nur winzige Andeutungen über die 400 Seiten verstreut warum sie ihre Arbeit als Polizistin aufgeben musste und nun als Privatdetektivin in Kopenhagen arbeiten muss. Ihre alltäglichen Versicherungsrecherchen lässt sie hintenanstehen, um dem Geheimnis am Tod des Journalisten Gert auf die Spur zu kommen.
Langsam lernt man die Verdächtigen kennen und noch länger dauert es die Verbindungen zwischen den Fällen zu finden. Wie so oft liegen diese in den Jahren des zweiten Weltkrieges begraben, aber nicht vergessen.
Liv Jensen ist eine Frau mit großen Ängsten, die sie oftmals überwinden muss, aber auch viel Zorn, der noch nicht ausgebrochen ist. Eine neue Detektivin aus dem Norden, die sicherlich noch in vielen Romanen auftreten wird. Die Spannung entsteht langsam und hält einen dazu an immer weiterzulesen.
Für alle welche die nordische Länder und deren Kriminalfälle lieben ein lesenswertes Buch.

Bewertung vom 30.08.2023
Der Glanz der Zukunft. Loulou de la Falaise und Yves Saint Laurent
Marly, Michelle

Der Glanz der Zukunft. Loulou de la Falaise und Yves Saint Laurent


ausgezeichnet

Für die junge Louise Le Bailly de la Falaise, genannt Loulou, ist das Leben eine schwierige Auswahl aus möglichen Lebensläufen. Soll sie Ballettschülerin werden, Bücher schreiben, einen reichen Lord heiraten? Ihre Familie billigt alles außer einen „normalen“ Beruf wie Verkäuferin oder Sekretärin zu ergreifen.
Die junge Frau heiratet ein Mitglied der irischen Oberschicht (Desmond Fitzgerald, Knight of Glin) und muss feststellen, dass das Leben auf einer kalten und zugigen Burg nicht nur im Winter unangenehm ist. In Freundschaft trennt sie sich von ihrem Ehemann und führt ein Leben, das sie nach New York, Paris und Marokko führt. Immer im Umfeld von Mode und Kunst beginnt sie ein Leben in scheinbarer Schwerelosigkeit der 60iger Jahre. Alsbald tritt sie dem Bekanntenkreis vom schon damals berühmten Yves Saint Laurent (YSL) bei und wird ihn über 30 Jahre (bis zu seinem Tod) als Freundin und Mitarbeiterin begleiten.
Loulou wird einem rasch sympathisch. Ihre Unbekümmertheit und Freude an der Mode. Ihre Ideen sich von der Uniformität der Gesellschaft mit bunten Accessoires abzugrenzen verschaffen ihr Zugang zu neuen Bekanntschaften und ein ungeregeltes Einkommen. Ihr gelingt es ein Leben in der Modewelt zu führen, als Selbstschaffende und andere inspirierende Quelle.
Die Welt scheint ein Dorf zu sein, verschiedene Wirkungskreise überlappen sich. Popmusik (Rolling Stones, Beatles) trifft auf Londoner Adel und Millionäre (Getty II) trifft auf die Mode- und Kunstwelt (Hockney, Mary Quant, Nurejew).
Es ist interessant zu lesen wie nahe sich diese Welten gekommen sind, welche Freundschaften entstanden und welche Liebschaften.
Für mich unbegreiflich ist es, dass scheinbar alles möglich war (Geld spielt keine Rolle). Flugreisen waren problemlos zwischen den Kontinenten abzuwickeln, Wohnungen wurden zu Übergangsquartieren (Airbnb aus Freundschaft) und Geld verdiente man mit Kurzzeitjobs im Modebereich.
Die Geschichte Loulous ist spannend und gibt einen guten Überblick über eine spezielle Schicht der Gesellschaft in den 60iger Jahren. Das Buch liest sich über Strecken wie gute Schokolade, man will gar nicht aufhören, so stark gerät man in den Bann der Geschichte. Obwohl YSL prominent am Buchdeckel angeführt wird spielt er nur in einem Drittel der Geschichte eine Rolle. In diesem Buch ist ausnahmsweise einmal eine Frau aus der zweiten Reihe die Hauptperson.
Ich empfehle das Buch allen die etwas über das Leben in den 60iger Jahren und dessen Mode wissen wollen. Es ist außerdem ein Buch über die Emanzipation einer jungen Frau in einer modernen Welt (seltsamerweise erscheint das heute wieder wie ein neuer Lebensentwurf). Zusätzlich informiert ein kurzes Glossar über die handelnden Personen und ihre Lebensläufe.

Bewertung vom 14.07.2023
Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe
Knecht, Doris

Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe


sehr gut

Das Titelbild kann sich nicht entscheiden. Stellt es ein Buch dar in dessen Hintergrund ein Strauß Blumen steht oder eine Vase in Form eines Buches? Wobei der Blumenstrauß auch von dunklen Blättern dominiert wird, also alles nicht so eindeutig.
Doris Knecht, eine lange Zeit in Wien lebende Kolumnistin und Autorin, schreibt über eine Autorin, die aus dem „Ländle“ (Vorarlberg) nach Wien zieht. Nicht nur diese Übereinstimmung lässt mich als Leser an eine Autobiografie denken. Über Dekaden habe ich die Kolumnen von Frau Knecht im Falter (Wiener Wochenzeitung) gelesen und so vieles von dem Leben das sie führt und preisgibt erfahren. Vieles davon habe ich in diesem Buch – mit einem Titel so lang wie mein Arm – wiedergefunden. Aber vergessen wir einmal, was ich schon alles zu wissen glaube und konzentriere mich nur auf das Buch.
Die Erzählerin ist als Mädchen von Paaren umgeben. 2 Elternteile, bemüht dem Mädchen eine schöne Zukunft zu ermöglichen, Studium ist zunächst keines vorgesehen. 2 mal 2 Zwillingsschwestern, die mit ihrer Perfektion ihr in den späteren Lebensjahren als Vorbild der Eltern gepriesen werden. Weshalb? Sie haben geheiratet, Häusele gebaut, Kinder bekommen, im Ländle geblieben. All das ist unserer Protagonistin nur teilweise „geglückt“.
Zwillinge hat sie geboren, aber allein aufgezogen. Haus hat sie keines, aber ein kleines Studio und Häuschen am Land und als die Kinder ausziehen, muss sie ihre Wohnung aufgeben. Ein vermurkstes Leben also? Nein, denn sie hat sich allen Widerständen entgegengestellt und hat ihr Leben nach eigenem Geschmack geführt (und noch ist es nicht zu Ende!).
Doris Knecht gelingt es die Geschichte einer jungen Frau zu erzählen, die sich aus eigenem Antrieb ein Leben geschaffen hat, mit dem sie selbst zufrieden ist. Mit Höhen und Tiefen wie überall (wohl auch bei Eltern und Schwestern) aber immer selbstbestimmt.
„Die Frau, über die ich berichte, gibt es nicht mehr, auch wenn ich darüber schreibe, ….Es ist alles so oder so nicht mehr wahr, …“ (S 89). Und das gilt auch für den Titel, denn ich finde die Liste gar nicht vollständig.

Bewertung vom 23.06.2023
Die Zeitreisende
Lemper, Ute

Die Zeitreisende


sehr gut

Ich gestehe gleich im Vorfeld, ich kenne Ute Lemper nicht. Seit den 90igern habe ich nichts von ihr gehört. Nunmehr, nach der Lektüre dieses Buches, ist mir die Person Lemper wieder etwas nähergekommen. Die Künstlerin hat hier ihre Persönlichkeit vor dem Leser ausgebreitet und sich und ihre Familie über 60 Jahre hinweg dargestellt. Ich erfahre viel Unbekanntes und stelle fest, dass diese Frau auf Fotos nicht altern kann.
Das Buch enthält eigentlich 2 Bücher. Die ersten dreißig Jahre werden als Rückblick auf ihre erste Biographie (Unzensiert, Henschel Verlag 1995) mit Zitaten und aktuellen Ergänzungen beschrieben. Die Zeit ab 1992 beschreibt sie dann im „neuen“ Buch. Ein Trick, gewiss aber er funktioniert.
Das Leben der Ute Lemper besteht aus einem Reigen immer wiederkehrender Tätigkeiten mit dem großen Ziel die Musik der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg (z.B. Kurt Weill) nicht vergessen zu lassen. Sie kämpft mit Reisekrankheiten, Bandscheibenvorfällen und Stimmversagen – ausgelöst durch Überbeanspruchung. Sie heiratet zweimal und hat jeweils zwei Kinder, die sie alle abgöttisch liebt.
Nach Jahren des sich Selberfindens in Wien, Berlin und Paris findet sie ihre Heimat in den USA, wo sie seit Jahrzehnten lebt.
Vielleicht habe ich sie deshalb aus den Augen verloren, denn ihr Kampf für die „verlorene Musik“ führt sie durch die Konzertsäle der Welt – aber an Österreich vorbei. Dieses Buch ist für alle, die eine Frau im Showbusiness kennenlernen wollen, die keine Kompromisse gemacht hat, sowohl auf der Bühne als auch im Privatleben.

Bewertung vom 17.04.2023
Samuels Buch
Finzi, Samuel

Samuels Buch


sehr gut

Im Dezember 1989 landet eine Maschine der bulgarischen Fluggesellschaft Balkan in Berlin. An Bord der 23ige Samuel Itzhak Finzi am Beginn seiner Karriere im „Westen“.
Wie es dazu gekommen ist, schildern die rund 200 Seiten des Buches – Samuels Buch. Es sind kurze Geschichten aus der Kindheit mit seinen Großeltern in der Provinz Bulgariens, seinen Eltern in der Hauptstadt Sofia und seinen MitschülerInnen der Schulen, die er besucht hat.
Sancho wie er genannt wird erlebt eine wunderbare Zeit in einer Künstlerfamilie, zunächst ein Einzelkind hat er viel Spaß am Landleben, verliebt sich (überwiegend unbemerkt vom Gegenüber) und lernt viele (auch später bedeutende) Leute kennen. Samuel findet bis zur Einberufung zum Militärdienst sein Auslangen mit einfachem Leben (in den Tag hinein). Aber dann muss er einen Studienplatz nachweisen und diesen findet er an der Theater- und Filmakademie in Sofia. Somit stehen „nur“ 2 Jahre Dienst für das Volk an. In dieser Zeit merkt er, dass er auf die Bühne will, als Sänger oder Schauspieler. Nemski ist bulgarisch für Deutsch – eine Sprache die der junge Finzi nicht beherrscht. Als die Mauer fällt hat er 6 Wochen Zeit zu lernen, denn er ist an eine Berliner Bühne engagiert worden.
Nun er ist rasch „deutscher“ Schauspieler geworden und mit der Serie „Lemming“ auch einer meiner Lieblingsschauspieler. Die Autobiografie hat mir gut gefallen. Sie geht weit über „WIKI-Einträge“ ins Detail und unterhält.

Bewertung vom 10.04.2023
Abschied auf Italienisch / Commissario Grassi Bd.1
Bonetto, Andrea

Abschied auf Italienisch / Commissario Grassi Bd.1


ausgezeichnet

Zwei Tote innerhalb weniger Tage. So hat sich der Commissaro Vito Grassi seine Versetzung nach Ligurien nicht vorgestellt. Mit dem letzten Watt Strom im Tank beim Haus seines verstorbenen Vaters angekommen, wird er bereits vor Dienstbeginn auf einen seltsamen Todesfall aufmerksam. Nachdem die Zuständigkeiten geklärt sind wird ihm der Fall übertragen und er findet alsbald nahe seinem neuen Zuhause eine weitere Leiche.
Mit seiner neuen Kollegin Marta und mit der Mitbewohnerin seines Vaters Toni – die er da facto geerbt hat - kommt er auf keinen grünen Zweig. Seine Familie in Rom vermisst ihn auch nicht, also steckt er alle Energie in die Lösung der Morde. Tatsächlich auch seinen geliebten Roadster, der (den Batterien sei Dank) in Flammen aufgeht. Wie er die Fälle und seine Anfangsschwierigkeiten mit der Umgebung auflöst ist lesenswert.
Der Autor (ein Pseudonym eines deutschen Lektors) kennt die Gegend hat er doch zahlreiche Jahre in Italien verbracht. Er beschreibt die Typen so lebendig, dass man sie alle beim Lesen vor Augen hat.
Die verschiedenen Handlungsstränge werden gekonnt miteinander verknüpft und alsbald auch aufgelöst. Die Handlung ist plausibel. Sobald man sich eingelesen hat, will man von diesem Eck Italiens gar nicht mehr weg. Einzig mit dem Titel kann ich bisher nichts anfangen. Für handelt es sich eher um einen italienischen Anfang in Ligurien.
Ich habe die Geschichte sehr gern gelesen. Sie hat mich bei den Personen und in der Handlung immer bei der Stange gehalten. Einige Dinge sind offengeblieben und werden in einem Folgeband weitererzählt.
Somit geeignet für Krimifans - die keine brutalen Morde brauchen, und für Italienfans sowieso!

Bewertung vom 07.03.2023
Der Kuss des Kaisers
Neumeyer, Christine

Der Kuss des Kaisers


ausgezeichnet

„Der Kuss des Kaisers“ in „Art Noveau“ Buchstaben. Fadenheftung und fester Einband. Schon beim Auspacken freue ich mich auf die kommenden Stunden.
Am Buchdeckel eine Kutsche, unscharf in der Dunkelheit, die auf ein großes Gebäude zufährt. Ein Stelldichein des Kaisers mit seiner Mätresse? Der Umschlag des Buches lässt mich zunächst als Spekulant dastehen, aber nach wenigen gelesenen Seiten habe ich den Buchtitel verstanden.

Ein Mord im Garten des Schlosses Belvedere ruft die Geheimpolizisten Pospischil und Frisch in die Moderne Galerie des Kaisers im Unteren Belvedere. Nur kein Aufsehen bitte, wohnt doch der Thronfolger im Oberen Belvedere (Schloss).
Teile einer zerstückelten männliche Leiche wurden in diversen Brunnen des Schaugartens deponiert, aber der Kopf fehlt. Wer war der Tote? Die Ermittlungen führen immer wieder zu den Angestellten des Museums - der Bedienerin (= Putzfrau) Rena Kührer und dem k. und k. Amtssekretär und Museumsdirektor Josef Krzizek, sowie deren Familien. Ein kleines Kammerspiel also mit viel lokalem Kolorit und anschaulichen Beschreibungen des Wiens kurz nach 1900.
Die Mitwirkenden sind einem quasi gleich sympathisch und lebensnah beschrieben. Der wienerische Dialekt und die Stadt werden ausführlich gewürdigt. Auch die Spannung bleibt über 200 Seiten lang aufrecht und ich habe das Buch gern gelesen.
Zur Autorin Christine Neumeyer sei gesagt, dass sie einige Zeit im Direktionsbüro der Öst. Galerie Belvedere gearbeitet und somit einen starken Bezug zum Ort „ihres Verbrechens“ hat.