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Nina [libromanie.de]
Über mich: 
Medienstudentin :: 20something :: verschlingt alles, was aus Buchstaben besteht und schreibt darüber

Bewertungen

Insgesamt 115 Bewertungen
Bewertung vom 19.02.2011
Grimm
Marzi, Christoph

Grimm


weniger gut

Seit der Scheidung ihrer Eltern – einem erfolgreichen Regisseur und einer weltweit gefeierten Konzertpianistin – lebt die 17jährige Vesper Gold in ihrer eigenen kleinen Wohnung in Hamburg. Abgesehen von den typischen Problemen, die man als Teenie, der nicht mit dem Strom schwimmen will, eben so hat, kann sich Vesper nicht beklagen – bis sie plötzlich innerhalb weniger Tage beide Elternteile verliert, sämtliche Kinder auf Erden in einen Tiefschlaf fallen und die Erwachsenen von grausamen Albträumen heimgesucht werden.
Mithilfe des Studenten Leander Nachtsheim, (k)einer Zufallsbekanntschaft, macht Vesper sich auf die Suche nach der Lösung des Rätsels und stößt auf einen mysteriösen Geheimbund, deren Mitglieder gnadenlos verfolgt werden…

Es war einmal eine Zeit, da gehörte Christoph Marzi zu meinen Lieblingsautoren. Weil er so fantasievolle Geschichten schrieb und mich mit seinem eigenwilligen, poetischen Stil von der ersten bis zur letzten Seite verzauberte. Wie gesagt, das war einmal.
Heute kann ich mit Beschreibungen wie »ein schneller Schmerz aus Zähnen im Eis« oder Vergleichen wie »wie wütende Eiskristalle im sterbenden Schnee« nicht mehr viel anfangen. Wallendes Greisenhaar, ein junger Mann, der »mit beschwingtem Schritt aus einem Raum latschte« oder ein Boot, »das einzige […], das verlassen auf dem tiefgrauen Wasser schaukelte und einsam, ziellos und verlassen wirkte«… Es mag Absicht gewesen sein, aber mich haben diese Stilblüten reichlich irritiert.

Auch die Charaktere – so schön ihre Namen auch klingen – blieben mir fremd. Zu Beginn war mir Vesper mit ihrer rebellischen Art und der frechen Schnauze zwar durchaus sympathisch. Doch dann tauchte Leander auf und knackte ihre harte Schale mit albernen Sprüchen und einer unzähmbaren Lockentolle.
Und so richtig und wichtig es auch ist, dass man sein Lachen nicht verliert – in manchen Situationen (Tod der Eltern, Bedrohung der Menschheit etc.) ist ständiges Kichern vielleicht nicht ganz die angemessene Reaktion. Mal abgesehen davon, dass jede noch so wilde Verfolgungsjagd an Spannung verliert, wenn die beteiligten Figuren währenddessen ständig Smalltalk betreiben.

Doch es ist nicht alles schlecht in »Grimm«, nein. Es gibt viele (teils recht originelle) Anspielungen auf bekannte Märchen und Mythen, kleine, bezaubernde Geschichten in der Geschichte… Nur die Geschichte selbst ist eben etwas flach, die Idee hinter der Rebellion der Märchenfiguren gut, die Auflösung allerdings zu knapp und das Ende höchst unnötig hochdramatisch. Das ganze Konstrukt wirkte auf mich halbfertig, zu wenig durchdacht.
Erstaunlich auch, dass Christoph Marzi sich nicht an seine eigenen, eigentlich ganz einfachen Regeln hält. Denn, wie hieß es noch in seinem Erstlingswerk? »Die Hölle ist die Wiederholung.« Warum lässt der Autor seine Leser dann aber erneut auf verängstigte Kinderscharen und Spiegelscherben treffen, die wir aus der Uralten Metropole doch bereits kennen?
Große Schrift, kurze, abgehackte Sätze und Absätze, die manchmal nur aus einem einzigen Wort bestehen, bekräftigen den Eindruck, dass hier eine Geschichte, die durchaus ausbaufähig gewesen wäre, künstlich aufgebauscht wurde.

FAZIT: Ein Mädchen, das anders ist. Ein Junge, der sich verliebt. Ein undurchsichtiger Mentor. Eine geheime Gesellschaft. Früher die Zutaten für mein literarisches Leibgericht, an dem ich mich mittlerweile leider satt gegessen habe.
Nach »Somnia« und »Lyra« nunmehr der dritte enttäuschende Marzi und damit mein vorerst letzter.

5 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.02.2011
Smaragdgrün / Liebe geht durch alle Zeiten Bd.3
Gier, Kerstin

Smaragdgrün / Liebe geht durch alle Zeiten Bd.3


ausgezeichnet

Im Dezember war es endlich so weit: »Smaragdgrün«, der dritte und damit leider letzte Teil der Edelstein-Trilogie kam in die Buchläden. Und gleich vorweg: Das lange Warten hat sich gelohnt. Auch wenn die wenigen Stunden, in denen man in das Buch abtauchen kann, natürlich wieder viel zu schnell vorbei sind.

Zum Inhalt möchte ich an dieser Stelle nicht viel sagen, um denjenigen, die die ersten beiden Bände noch vor sich haben, nichts vorwegzunehmen. Nur so viel: Es beginnt dramatisch mit einem gebrochenen Herzen und geht auch höchst dramatisch weiter.
Die Handlung, die über die gesamte Trilogie an nur wenigen Tagen spielt, knüpft – wie auch schon bei »Saphirblau« – direkt an den Vorgänger an, kurze Rückblicke erleichtern den Wiedereinstieg in die Geschichte. Für alle Fälle gibt es am Ende auch wieder ein Personenverzeichnis, welches man aber definitiv erst anschließend zurate ziehen sollte.

Ich muss gestehen, dass ich vorab etwas skeptisch war, ob Kerstin Gier es schaffen würde, sämtliche Stränge zufrieden stellend aufzudröseln, denn mit der Zeit wurde es doch ziemlich kompliziert: Lucy, Paul und die Chronographen, der Graf von Saint Germain, Blutkreise und dunkle Prophezeiungen, Gideons seltsames Verhalten, die Wächter und die Frage, wem man denn nun trauen kann… Mal abgesehen vom Zeitreiseparadox generell.
Alles in allem aber kann ich aus vollster Überzeugung sagen: Ja, sie hat es geschafft. Alle Fragen sind geklärt und ich konnte das Buch nach der letzten Seite mit einem wohligen Seufzer zuschlagen. Ob letzten Endes wirklich alles bis ins kleinste Detail logisch war, vermag ich zwar nicht zu sagen. Aber ehrlich? Das ist mir in dem Fall auch herzlich egal, denn ich war so verzaubert von Gwennys und Gideons Abenteuern und habe dermaßen mit ihnen mitgefiebert, dass ich gar nicht auf die Idee gekommen bin, nachzugrübeln, ob sich vielleicht irgendwo ein Logikfehler verstecken könnte.

Auch wenn die Geschichte nun erzählt ist, es fällt schwer, sich von all den wunderbaren Charakteren zu verabschieden. Sie sind alle so liebenswert, schrullig und einzigartig – ob nun Zitronendropstante Maddy, der vorlaute Wasserspeierdämon Xemerius oder James, der blasierte Geist, der meint, er sei nur in einem Fiebertraum gefangen… Allesamt sind sie mir ans Herz gewachsen und obwohl ich locker 1o Jahre über der Zielgruppe liegen dürfte, konnte ich mich wieder spielend leicht in die jugendlichen Hauptfiguren mit all ihren Freuden und Sorgen hineinversetzen; allen voran natürlich in Gwendolyn, die ihre Geschichte auf ihre ganz eigene, allerliebste und amüsante Art erzählt und die ich um ihre treue und verrückte Freundin Leslie fast schon ein bisschen beneide.
Und obwohl sich manche meiner Vermutungen bestätigt haben, ist es Kerstin Gier dennoch gelungen, mich zu überraschen und sie hat mir mit einer ganz bestimmten Szene, die in der Danksagung auch erwähnt wird, weshalb man diese auf keinen Fall vorher lesen sollte, sogar einen ordentlichen Schrecken eingejagt.

FAZIT: Um es mit den Worten von Xemerius zu sagen: Alter Falter! Eine emotionsgeladene, spannende und einfach wahnsinnig süße Geschichte, die schon alleine wegen der tollen Aufmachung in das Bücherregal eines jeden Marzipanherzen-Mädchens gehört.

5 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.02.2011
Garou / Schaf-Thriller Bd.2 (5 Audio-CDs)
Swann, Leonie

Garou / Schaf-Thriller Bd.2 (5 Audio-CDs)


ausgezeichnet

Nachdem die Schafe in »Glennkill« ihren ersten Mordfall aufgeklärt haben, lassen Sir Richfield, Cloud, Miss Maple und Co. Irland hinter sich und beziehen im Schatten eines unheimlichen Schlosses ihr Winterquartier in Frankreich. Sieht man über den Schnee und die vorlauten Ziegen auf der Weide nebenan hinweg, sind die Schafe dort eigentlich auch ganz glücklich. Rebecca, die Tochter ihres verstorbenen Schäfers George erweist sich als recht passable Nachfolgerin, die ihnen aus den bei den Schafen sehr beliebten Pamela-Romanen vorliest und das Kraftfutter manchmal ungewollt großzügig verteilt. Da stört man sich als Schaf auch nicht an einem einsamen Schrank auf der Weide oder dem noch einsameren Ungeschorenen, bei dem man sich nicht sicher ist, ob es sich nun um ein Schaf handelt oder nicht.
Eines Tages jedoch wird im umliegenden Wald ein totes Reh entdeckt – zu Tode gehetzt und zerfetzt. Es folgen weitere Rehe. Und dann ein Mensch. Ist das tatsächlich das Werk eines Loup Garou, wie die Ziegen behaupten? Die Schafe beginnen zu ermitteln. Doch sie sind bald schon nicht mehr die Einzigen, die dem vermeintlichen Werwolf auf die Schliche kommen wollen und geraten selbst ins Visier des Bösen…

War »Glennkill« noch eine süße Geschichte, die hauptsächlich von ihren wolligen Protagonisten und deren charmanten Eigenheiten getragen wurde, spielt der Kriminalfall in »Garou« eine deutlich größere Rolle, wenngleich er auch diesmal wieder etwas stark konstruiert wirkt und das Auftreten etlicher menschlicher Mitspieler leicht für Verwirrung sorgen kann. Hier ist definitiv Konzentration gefordert, um nicht den Faden zu verlieren und den teils sehr verworrenen Handlungssträngen noch folgen zu können.
Hinzu kommt, dass die Geschichte ohne viel Vorgeplänkel ins Rollen kommt. Ein möglicher Verdächtiger wird eingeführt, das erste Opfer wird gejagt und so herrscht schon von Anfang an eine düsterere Atmosphäre als noch auf der Weide in Irland.

Auch die Schafe werden weniger ausführlich vorgestellt. In diesem Punkt ist es hilfreich, wenn man den Vorgänger bereits gelesen hat, allerdings erschließt sich auch Ersthörern mit der Zeit, welches Schaf welche Rolle einnimmt. Ihre Charaktere sind noch ausgeprägter als im ersten Teil und vor allem im Vergleich zu den menschlichen Figuren wesentlich stärker gezeichnet.
Obwohl die Schafe eine treuherzige und naive Sicht auf die Dinge haben und einer ihrer größten Träume es zum Beispiel ist, das Gras wachsen zu hören, kommen sie auf ziemlich verquere Weise nicht selten zum richtigen Ergebnis oder bieten dem Hörer Hinweise auf eine mögliche Lösung des Falles. Das ist nicht nur spannend bis zum Schluss, sondern in erster Linie äußerst amüsant und einfach nur entzückend. Schon nach wenigen Kapiteln möchte man die Schafe nicht mehr missen und wünscht sich in einen dritten Teil herbei. Oder vielleicht auch ein Buch über Ziegen, denn die wachsen dem Hörer mit ihrer liebenswert-verrückten Art nicht minder ans Herz.

Und als ob das alles nicht schon genug wäre, setzt Andrea Sawatkzi mit ihrer brillianten Betonung dem Ganzen auch noch das Sahnehäubchen auf. Ob meckrige Ziegen, verwirrte Schafe oder schrullige Schäferinnenmütter – kaum eine Sprecherin ist in ihrer Stimme so wandelbar und verleiht den Figuren so viel Leben und Herz wie die charismatische Schauspielerin. Da trüben auch die zwischenzeitlichen Aufnahmefehler, bei denen ein Satz gleich zwei Mal gesprochen wird, das Vergnügen nicht.

FAZIT: Ein origineller Hörgenuss der ganz besonderen Art!

Bewertung vom 19.02.2011
Die Totengräberin
Thiesler, Sabine

Die Totengräberin


weniger gut

Bereits in früher Kindheit hat Magda gelernt: Wenn einer den anderen betrügt, ist das Leben zu Ende. Deshalb muss ihr Gatte Johannes, der seit wenigen Monaten eine Affäre mit Carolina hat, sterben. Und so endet der - zumindest aus seiner Sicht - als Versöhnungsurlaub geplante Aufenthalt in ihrem Ferienhaus in der Toskana für Johannes im Gemüsebeet. Nach den ersten 50 Seiten liegt er mausetot unter einem hübschen kleinen Olivenbaum begraben.
Bis dahin – und nur so viel hatte der Klappentext ja auch über die Handlung verraten – war ich der festen Überzeugung, einen gut geschriebenen, spannenden Thriller in den Händen zu halten. Zügig zu lesen, mit interessanter Ausgangslage und durch gelegentliche Einschübe italienischer Sätze mit einem Hauch südländischen Flairs.

Ich hatte mich getäuscht. Zwar blieb der Schreibstil durchweg angenehm und auch vor unnötigen Längen blieb ich verschont, jedoch konnte die weitere Geschichte leider nicht halten, was der starke Anfang versprach.
Vielmehr bot sich mir letztlich eine eindimensionale Kriminalgeschichte, die einzig durch ihre unglaublich unglaubwürdigen Charaktere überraschen konnte; angefangen bei der Hauptfigur, die im einen Moment völlig kaltblütig den Mord an ihrem Mann zu vertuschen versucht, indem sie ihn als vermisst meldet und fälsche Fährten legt, und im nächsten Augenblick selbst eine verzweifelte Suchaktion startet.
Denkt man am Anfang noch, dass sie ihre Rolle als besorgte Ehefrau erstaunlich gut spielt, wundert man sich nach und nach über immer mehr Ungereimtheiten - bis man erfährt, dass Magda einfach ganz plötzlich von einer Seite zur nächsten eine schwere Geisteskrankheit entwickelt hat, die sie glauben lässt, Johannes wäre tatsächlich spurlos verschwunden.
Wenige Rückblenden in Magdas Vergangenheit sollen hierfür zwar eine Erklärung liefern, bieten aber kaum eine Grundlage. Ebenso wenig wie das Drama um ihren Sohn, das auf wenigen Seiten abgehandelt wird und höchst unrealistisch wirkt.

Doch Magda ist nicht die einzige Person, deren Verhalten nicht nachvollziehbar ist. Es fängt schon bei ihrer Chefin in der Apotheke an und zieht sich bis hin zu ihrem Schwager, der seit fast 20 Jahren in sie verliebt ist und auf die Tatsache, dass seine Traumfrau ihn plötzlich mit ihrer großen Liebe verwechselt, alles andere als normal reagiert. Er spielt das Spiel nämlich einfach mit. Nutzt seine Chance. Vermisster Bruder hin oder her. Aber Menschenleben sind sämtlichen Figuren in diesem Roman ohnehin nichts wert.
Die Polizeiarbeit ist - auch für italienische Verhältnisse - gänzlich unrealistisch beschrieben und der mit dem Fall beauftragte Commissario ist in seiner Unfähigkeit so überzeichnet, dass er fast schon lächerlich wirkt. Der plötzlich auftretende Erpresser wird zwar ausführlich als ganz schön Fieser vorgestellt, treibt den Puls aber auch eher dadurch in die Höhe, dass man sich über ihn ärgert. Schließlich sollte er doch eigentlich für ein bisschen Spannung sorgen. Dass er wie alle anderen nur falsche Vermutungen anstellt, während der Leser die Lösung schon längst kennt, macht die Sache auch nicht besser.

FAZIT: Es bleiben ein süffiger Erzählstil und eine interessante Idee, die vermuten lassen, dass die Autorin es eigentlich besser kann - insgesamt aber nicht genug für ein gutes Buch.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.02.2011
Scatterheart
Wilkinson, Lili

Scatterheart


gut

London 1814: Als ihr Vater mitten in der Nacht ein paar Sachen zusammenpackt, ihr noch schnell ein Geschenk in die Hand drückt und sie dann alleine in ihrem großen Haus zurücklässt, glaubt Hannah noch an eine Geschäftsreise. Doch schon bald muss sie erfahren, dass ihr Vater nicht der geschätzte Gentleman ist, für den sie ihn gehalten hat, sondern ein Lügner und Betrüger, der seine Tochter auf der Flucht vor dem Galgen einfach im Stich lässt. Hannah möchte das nicht wahrhaben und lehnt – als Tochter eines vermeintlichen Ehrenmanns – den Heiratsantrag ihres Hauslehrers Thomas Behr ab.
Nun ist das 14jährige Mädchen völlig auf sich allein gestellt und gerät bei dem Versuch, einen Teil ihres Schmucks zu Geld zu machen, in die Fänge der Justiz, die sie für ein Verbrechen beschuldigt, das sie nicht begangen hat. Unschuldig und hilflos wird sie zunächst ins Gefängnis gesteckt und später zu sieben Jahren Strafarbeit in einer australischen Kolonie verurteilt. Es folgt eine monatelange Seereise, die Hannah und ihre Mitreisenden an ihre Grenzen bringt…

Gleich vorneweg: Der kurze Klappentext, das verträumte lila-glitzernde Cover und die Einschübe des Märchens vom Mädchen Scatterheart vor den einzelnen Kapiteln wecken leider völlig falsche Erwartungen. Wer eine London-Story à la Charles Dickens erwartet, wird – wie ich – zunächst einmal enttäuscht sein und sich wundern, warum der Großteil des Buches auf dem Schiff Richtung Australien spielt. Da ist das Cover der im Januar 2o11 erscheinenden Taschenbuchausgabe deutlich passender gewählt.
Hat man sich aber erstmal damit abgefunden, dass man vielmehr eine »Rosamunde Pilcher für Jugendliche« in den Händen hält, bekommt man eine tragische (Liebes)Geschichte geboten, die durch ihre historische Authentizität besticht. Hier hat die Autoren ganze Arbeit geleistet und offenbar gründlich recherchiert.
Im Vordergrund stehen die Behandlung von Frauen und deren Stellung in der damaligen Gesellschaft sowie die Unterschiede zwischen den Klassen. Dabei mutet Lili Wilkinson ihren Lesern so einiges zu, sodass ich das Buch – auch aufgrund der teils vulgären Ausdrücke – nicht für allzu junge Mädchen empfehlen würde. Das Schicksal der Gefangenen ist geprägt von Gewalt, Leid und Unterdrückung und so manches Mal möchte man aufschreien ob so viel Ungerechtigkeit und Grauen. Es überrascht nicht, dass nicht jeder das Ziel der Reise miterleben darf.

Während die äußeren Umstände sehr glaubwürdig und bildhaft dargestellt sind, kränkelt die Figurenzeichnung allerdings ein wenig. Hannahs Charakter ist über die gesamten knapp 450 Seiten nur schwer greifbar. Die längste Zeit ist das Mädchen unsagbar naiv und auch wenn sie in den Monaten auf See an Reife gewinnt, bleibt ein fader Beigeschmack, da man ihr das verzogene Gör zu Beginn irgendwie nicht richtig abnehmen konnte. Der abgelehnte Heiratsantrag wirkt aufgesetzt, ist scheinbar einzig dazu da, die Liebesgeschichte in Gang zu bringen, die – auch das ist leider zu bemängeln - insgesamt etwas gekünstelt rüberkommt.
Wird die Zeit auf dem Schiff noch sehr ausführlich beschrieben, geht es an Land dann ziemlich schnell. Fast schon zu schnell, denn bevor man sich versieht, steuert man auf ein Ende zu, das nur einem übermäßig großen Zufall zu verdanken ist und daher ebenfalls nicht ganz überzeugt.

FAZIT: Im Hinblick auf die historische Darstellung erschütternd und beeindruckend zugleich, aber alles in allem dann leider doch nur Mittelmaß.

Bewertung vom 19.02.2011
Ich schreib dir morgen wieder
Ahern, Cecelia

Ich schreib dir morgen wieder


sehr gut

Die 16jährige Tamara führt als verwöhnte Tochter reicher Eltern ein sorgloses Leben – bis zu dem Tag, an dem ihr Vater Selbstmord begeht, weil er das gesamte Familienvermögen verloren hat. Plötzlich heißt es Abschied nehmen von der riesigen Villa in der Nähe von Dublin, von Jacuzzis und ausschweifenden Beachparties mit ihren Freunden.
Tamara und ihre Mutter müssen ihr altes Leben komplett zurücklassen und ziehen zu Verwandten in ein abgelegenes kleines Dorf. Während sich ihre Mutter dort immer mehr in sich zurückzieht und kaum noch ansprechbar ist, macht sich Tamara auf, ihre neue Umgebung zu erkunden.
Eines Tages findet sie auf ihren Ausflügen ins nahegelegene Schloss ein leeres Buch, das sie als Tagebuch verwenden will. Doch als sie ihren ersten Eintrag verfassen möchte, muss sie feststellen, dass auf den Seiten schon etwas steht: Ihr Tagebucheintrag von morgen.

Eigentlich ist »Ich schreib dir morgen wieder« ein typisches Cecelia-Ahern-Buch. Und eigentlich auch wieder nicht. Einerseits erhält man – wie gewohnt – eine rührende Geschichte mit einem Hauch Übersinnlichen, dessen Ursache nicht aufgeklärt wird, und eine schöne Botschaft am Ende über den Wert des Lebens. Wie immer also. Anderseits hat es die irische Bestsellerautorin diesmal aber erstaunlich spannend gemacht und am Ende fast einen Krimi geschrieben; zumindest aber eine Familientragödie, die man so nicht erwartet hätte.
Der Anfang jedoch zieht sich. Bis das mysteriöse Tagebuch auftaucht, dauert es eine ganze Weile. Letztlich spielt es aber ohnehin nur eine Nebenrolle. Vielmehr steht Tamaras Entwicklung im Vordergrund, deren Charakter auch als einziger wirklich ausgearbeitet ist. In flapsigem, vorlauten Ton erzählt sie ihre Geschichte und erkennt dabei auch selbst, dass sie in ihrem früheren Leben kein besonders netter Mensch war - eine Einsicht, die schnell kommt, sie aber dennoch nicht immer klug und nett agieren lässt, was sie durchaus glaubwürdig und menschlich macht. Ebenso wie die Tatsache, dass sie nach außen hin stets sehr tough wirkt und ihre wahren Gefühle nur dem Tagebuch anvertraut. Hier muss man als Leser/Hörer manchmal wirklich schlucken.

Neben dem Aus-dem-Snob-wird-ein-liebes-Mädchen-Aspekt und zwischen der einen oder anderen kleinen Liebelei kommt mit der Zeit aber auch der Krimipart ins Rollen. Nur dass Tamara - abgelenkt von ihrer Trauer und den beiden schmucken Jungs aus dem Dorf - lange Zeit bloß mit sich selbst beschäftigt ist und der Leser dank geschickt gestreuter Hinweise lange vor ihr ahnt, dass irgendetwas mit ihrer Familie nicht stimmt – wie sich in einem spannenden und dramatischen Showdown dann auch zeigt. In diesem Punkt hat mich Cecelia Ahern völlig überrascht (positiv!), auch wenn die Auflösung letztendlich etwas übertrieben und wenig realistisch scheint.
Aber so sind ihre Bücher nun mal: Irgendwie gekünstelt süß und mehr oder weniger erfolgreich bemüht, nicht oberflächlich zu sein, aber insgesamt trotzdem wunderbar unterhaltsam und einfach schön.
»Irgendwie gekünstelt süß« trifft im Übrigen auch auf die Vortragsweise der Sprecherin Josefine Preuß zu. Während mich die aufgesetzte Lieblichkeit am Anfang allerdings noch störte, konnte ich mir am Ende keine andere Stimme für Tamara vorstellen.

FAZIT: Ein schönes modernes Märchen, das trotz der Kritikpunkte gut gefällt.

5 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.02.2011
Allerliebste Schwester
Lorenz, Wiebke

Allerliebste Schwester


gut

Nach dem plötzlichen Tod ihrer Zwillingsschwester Marlene beschließt Eva, das Leben ihrer Schwester für diese weiterzuleben und schlüpft kurzerhand einfach in Marlenes Rolle: Sie übernimmt Marlenes Job in einer kleinen Buchhandlung. Und heiratet Marlenes Mann Tobias!
Nach anfänglichem Entsetzen haben sich drei Jahre später alle mit der neuen Situation abgefunden und Eva und Tobias scheinen glücklich. Doch dann verliert Eva ihr Kind und plötzlich bricht alles um sie herum zusammen…

Mit »Allerliebste Schwester« hat Wiebke Lorenz, die als Teil des Autorenduos Anne Hertz eigentlich für ihre romantischen Komödien bekannt ist, ein Psychodrama geschrieben, das den Leser gnadenlos hineinzieht in einen Strudel aus verstörenden Emotionen und menschlicher Abgründe.
So abwegig die Ausgangssituation auf den ersten Blick auch anmutet, mit jeder weiteren Seite erfährt man mehr über Evas Charakter und ihre Beweggründe. Auch wenn man ihr Handeln vielleicht nicht befürwortet, so kann man doch nachvollziehen, was sie zu dieser Heirat veranlasste.
Mit ihrer Hauptfigur ist der Autorin ein Glanzstück an Charakterzeichnung gelungen. Man spürt förmlich, wie zerrissen Eva ist. Mal ist sie die starke Frau, die sich nimmt, was sie will. Mal ist sie völlig am Boden. Rückblenden in eine Kindheit voller Ungerechtigkeit und Gewalt beleuchten nicht nur das Verhältnis zu ihrer Schwester, sondern tragen noch zu der ohnehin sehr beklemmenden Atmosphäre der Geschichte bei, die mich beim Lesen hin und wieder zu Pausen zwang. So eindringlich erzählt die Autorin und lässt ihre Leser mit Eva leiden - und fürchten, worauf sie da so zielstrebig zusteuert.

Leider ist es Wiebke Lorenz aber nicht gelungen, das hohe Niveau bis zum Ende zu halten. Das letzte Drittel enttäuscht durch eine abrupte Verlangsamung des Erzähltempos, die fast schon wie ein Bruch in der Geschichte wirkt. Zudem ist das Ende in einem Punkt nur wenig überraschend und riecht in einem anderen viel zu sehr nach Hollywood, was so gar nicht zu der ansonsten großartigen Geschichte passt.
Darüber hinaus habe ich mich besonders zum Schluss hin an den Gesprächen Evas mit Marlene gestört, denn während diese zunächst noch als Wahnvorstellungen interpretiert werden können, enthalten sie mit der Zeit immer mehr Informationen, über die eigentlich nur Marlene selbst verfügen kann. Das kann man zwar als dichterische Freiheit abtun, aber ich persönlich habe mich leider sehr daran gestört.

FAZIT: Eine Frau auf der Suche nach ihrer Identität. Über 2/3 hinweg nahezu brillant, am Ende leider enttäuschend.

Bewertung vom 18.02.2011
Ach so!
Yogeshwar, Ranga

Ach so!


sehr gut

Als Kind lehrte einen die Sesamstraße, dass man manchmal Fragen stellen muss, um die tausend schönen Sachen, die es überall zu sehen gibt, auch zu verstehen. In fortgeschrittenerem Alter vergisst man das allerdings leider häufig und manchmal ist es einem vielleicht auch peinlich, eine Frage zu stellen, weil man Angst hat, sich bloßzustellen. Dabei ist es enorm wichtig, Fragen zu stellen.
Hierzu möchte Ranga Yogeshwar, Moderator und Wissenschaftsjournalist, seine Leser/Hörer motivieren. In »Ach so!« gibt er deswegen erneut Antworten auf eine ganze Reihe von Fragen, die ihn u.a. als Leserbrief erreichten.

Die behandelten Themen sind - wie schon in seinem ersten (Hör)Buch »Sonst noch Fragen?« - breit gefächert: Biologie, Physik, Psychologie… Alles, was in unserem Alltag eine Rolle spielt, wird unter die Lupe genommen. Ob es nun um die Frage geht, ob es im Weltraum laut ist, ob Mehl explodieren kann, warum der Apfel vom Baum fällt oder was Vorurteile bewirken - all diese Phänomene erklärt Ranga Yogeshwar leicht verständlich und amüsant und lässt hier und da auch persönliche Informationen einfließen.
Nach einer etwas komplizierteren Erklärung, in dem vielleicht doch mal ein Wort vorkommt, das man nicht kennt (oder an das man sich dunkel aus dem Biounterricht erinnert), folgt ein simpleres Thema, sodass nie Gefahr droht, dass der Kopf zu sehr rauchen könnte.

Dass manche Antworten relativ oberflächlich bleiben, liegt daran, dass jeder Frage nur wenige Minuten gewidmet werden. Den einen oder anderen mag das stören, für mich jedoch passt es ins Konzept. Immerhin ist es Ranga Yogeshwars erklärtes Ziel, »ein Fenster aufzumachen für eine Kultur des Fragens«. Interessierte Leser/Hörer sind also angehalten, auf Grundlage des (Hör)Buchs weiter nachzuforschen, wenn ihnen die gebotenen Antworten nicht ausreichen.

Ranga Yogeshwars Vortrag ist ruhig, seine Stimme angenehm. Trotzdem sollte man den Griff zum Hörbuch überdenken, da dies gekürzt ist und einige Kapitel fehlen. Daher auch nicht die volle Punktzahl.

FAZIT: Wissen macht Spaß! Vor allem, wenn es so sympathisch vermittelt wird.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.02.2011
Mein Herz so wild
Eagland, Jane

Mein Herz so wild


sehr gut

»Andere auf Geisteskrankheit hinweisende Faktoren, die mir von Außenstehenden mitgeteilt wurden: Exzessives Bücherlesen und Studieren, welches zu einer Schwächung des Geistes führt. Das Verlangen, Männer nachzuäffen, besessen vom Ehrgeiz, eine Ärztin zu werden.« (Seite 3o7)

England um 187o: Die 17jährige Louisa Cosgrove wird von zu Hause fortgeschickt, um fortan bei einer anderen Familie zu leben. Dort kommt sie jedoch nie an. Stattdessen liefert man sie in eine Irrenanstalt ein, in der man ihr weismachen möchte, dass sie in Wirklichkeit eine junge Frau namens Lucy Childs sei.
Zunächst glaubt Louisa noch an eine Verwechslung, aber jeder Versuch, den Irrtum aufzuklären, wird nur als weiteres Indiz für ihren kranken Geisteszustand gewertet…

Während dem Leser recht schnell klar ist, dass es sich hier um ein Komplott gegen Louisa handeln muss, reagiert Louisa selbst zu Beginn noch ziemlich unaufgeregt auf ihre missliche Lage und macht damit einen naiven und reservierten ersten Eindruck, der – lernt man sie im Laufe der Zeit besser kennen – eigentlich gar nicht zu ihr passt.
Regelmäßige Rückblenden im ersten Teil des Buches nehmen uns mit in Louisas Kindheit, wir lernen ihre strenge Mutter, den eifersüchtigen Bruder und ihren unkonventionellen Vater (einen Arzt) kennen. Louisa war schon immer ein aufgewecktes, intelligentes Mädchen, das Fragen stellt und ihrem Vater nacheifert. Sie träumt schon früh von einem Medizinstudium, liest alles, was sie in die Finger bekommt und macht kleinere Experimente.
Aber je älter sie wird desto deutlicher macht man ihr klar, dass sich ein solches Verhalten für eine Frau einfach nicht schickt. Hinzu kommt, dass Louisa Gefühle für ihre Cousine entwickelt und sich weigert, eine Ehe einzugehen, weil sie mehr von ihrem Leben erwartet und selbst über ihr Schicksal entscheiden möchte. Eine Einstellung, die damals schlichtweg undenkbar war.

Sätze wie der oben zitierte haben mich - ebenso wie die erniedrigende Behandlung der Patienten in der Irrenanstalt – sprachlos und wütend gemacht, zumal es damals wohl tatsächlich passierte, dass ungemütliche Personen, die sich den gesellschaftlichen Konventionen nicht anpassten, abgeschoben wurden. Besonders mit diesem Wissen im Hinterkopf hat mich Louisas Geschichte sehr bewegt und auch wenn ich ihr Handeln zu Beginn nicht immer nachvollziehen konnte, habe ich sie als starke und sympathische Figur empfunden. Ihr Leidensweg ist gut durchdacht, die Auflösung zufrieden stellend.
Sprachlich ist die Geschichte eher einfach gehalten, kurze Sätze und eine schnörkellose Erzählung erlauben ein zügiges Lesetempo.

Die Einbindung des Themas der gleichgeschlechtlichen Liebe schien mir auf den ersten Blick zu viel des Guten, hätten Louisas Wissensdurst und ihre ablehnende Haltung doch genügt um deutlich zu machen, dass sie aus dem gesellschaftlichen Rahmen fällt. Die sich entwickelnde Liebesgeschichte war dann allerdings so zart und glaubwürdig erzählt, dass ich mir einen anderen Verlauf gar nicht hätte vorstellen wollen. Ich kann nur hoffen, dass sich potentielle Leser nicht davon abschrecken lassen, denn es ist einfach eine rührende und schöne Liebesgeschichte, bei der nicht das Geschlecht der Figuren, sondern die Liebe an sich im Vordergrund stehen sollte.

FAZIT: Ein gut erzählter, bewegender historischer Jugendroman, der interessante Themen aufgreift. Jane Eagland werde ich ab sofort im Auge behalten.

Bewertung vom 23.03.2010
Onkel Montagues / Schauergeschichten Bd.1
Priestley, Chris

Onkel Montagues / Schauergeschichten Bd.1


sehr gut

Ein geisterhaftes Haus hinter dem Wald, umgeben von dichten Nebelschwaden, ein geheimnisvoller Diener, der ungesehen durch die kalten, dunklen Gänge schleicht, unheimliche Geräusche und ein Raum voller rätselhafter Gegenstände, die allesamt eine Rolle in den Schauergeschichten spielen, die Onkel Montague seinem neugierigen Neffen Edgar erzählt - Chris Priestley arbeitet mit klassischen Gruseleffekten und schafft mit einfachen erzählerischen Kniffen eine angenehm-gespenstische Atmosphäre, die auch dem erwachsenen Leser den einen oder anderen Schauer über den Rücken jagt.

Geschickt werden die jeweils wenige Seiten umfassenden Gruselgeschichten, in denen Kinder im Alter von Edgar auf mysteriöse Weise ums Leben kommen oder vor Angst fast den Verstand verlieren, in die Rahmenhandlung eingebunden.
Als Leser findet man sich schnell in der Position Edgars wieder, der den Geschichten des Onkels gebannt lauscht und natürlich vorgibt, sich überhaupt nicht zu gruseln, insgeheim aber doch ordentlich mit den Knien schlottert. Vor allem weil man sich fragt, warum der kauzige Onkel seine Erzählungen so ernst nimmt und Edgars Einwürfe, die Geschichten seien doch alle bloß erfunden, nur mit einem merkwürdigen Lächeln quittiert.

Mit jeder Geschichte lädt sich die Spannung immer mehr auf und am Ende schlägt einem das Herz ganz schön schnell, als man erfährt, in welchem Zusammenhang Onkel Montague mit seinen Erzählungen steht. Hier wäre in einem Punkt jedoch eine etwas umfassendere Erläuterung wünschenswert gewesen, sodass das Ende nicht vollends zufrieden stellend ist.
Trotzdem ist das Buch ein kurzer, aber gelungener Gruselspaß, der auf unblutige Art und Weise für Gänsehaut sorgt und an die Abende erinnert, an denen man sich als Kind gegenseitig Spukgeschichten erzählt und um den Schlaf gebracht hat.

FAZIT: Kleine, aber feine Gruselmomente, die Lust auf mehr machen. Unterstützt wird das Unbehagen des Lesers noch durch die düsteren Illustrationen von David Roberts.

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.