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Gurke
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Berlin

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Insgesamt 176 Bewertungen
Bewertung vom 06.05.2025
Bär, Matthäus

Drei Wasserschweine wollen's wissen / Die Wasserschwein-Reihe Bd.2


sehr gut

Die Angst geht im Tierpark um, denn seit letzter Nacht fehlt von den Flamingos jede Spur. Emmy, Raul und Tristan sind die einzigen Tiere, die sich nachts frei auf dem Gelände bewegen können, und die Raben bitten sie um Hilfe. Die drei Freunde könnten unterschiedlicher nicht sein, aber gemeinsam sind sie ein unschlagbares Team. Werden sie das Rätsel um die Flamingos auflösen können?

Im Hauptteil hatte ich etwas Sorge, dass die Handlung für die kleinen Leser möglicherweise eine etwas zu grobe Richtung einschlägt. Es wurden ausgerissene Federn gefunden und vermutet, dass Raubtiere sich an pinken Zoobewohnern vergriffen haben. Im Grunde natürlich der wahre Lauf der Natur, aber nicht unbedingt der favorisierte Plot von Eltern, die sich auf ein lustiges Abenteuer mit friedliebenden Wasserschweinen eingestellt haben. Diese Sorgen wurden im Laufe der Geschichte jedoch nicht bestätigt.

Die großflächigen Zeichnungen haben einen wichtigen Anteil im Kinderbuch. Die Weggefährten werden liebevoll und mit ausdrucksstarken Mienen zu Papier gebracht. Elefanten und Flamingos hat wahrscheinlich jedes Kind schon einmal live gesehen, aber bei Katzenpandas und Baumstachlern dienen die Bilder als hilfreiche Unterstützung für das Gelesene. Die Kapitel haben eine ideale Länge von durchschnittlich sieben Seiten, die in angenehmer Schriftgröße abgedruckt sind.

Besonders lobend erwähnen möchte ich die eingebauten Wortwitze á la „die Gestreiften“ für Zebras oder „die Aufrechtgehenden“ für Menschen sowie kluge Schweineweisheiten, die auch mir als erwachsenem Leser ein Schmunzeln ins Gesicht gezaubert haben. Nicht zu vergessen ist mein persönliches Highlight, als Tristan in einem Rap-Battle gegen die Waldrappe antrat.

In Vorbereitung auf die Buchbewertung habe ich mich selbst gefragt, ob „Die Wasserschweine wollen’s wissen“ als Gute-Nacht-Lektüre zu empfehlen ist, womit der erste Band der Reihe jedenfalls beworben wird. Ich komme zu keinem eindeutigen Ergebnis. Einerseits wird die Detektivarbeit von Emmy, Raul und Tristan sehr spannend erzählt, sodass an Schlaf streckenweise nicht zu denken ist, aber andererseits enden viele Kapitel auch damit, dass die Helden müde und erschöpft auf der Wiese in die Traumwelt gleiten, was eine gute Überleitung für die Zuhörer wäre. Man muss es wahrscheinlich einfach selbst probieren, ob das eigene Kind zügig zur Ruhe kommt.

Capybaras gehören wahrscheinlich eher nicht zu den Tieren im Zoo, bei denen Kinder stundenlang vor dem Gehege verweilen möchten. Die Protagonisten sagen schließlich selbst, dass ihre liebsten Hobbys von der gemütlichen Sorte sind: schlafen, fressen und im Tümpel baden. Umso mehr freue ich mich, dass Matthäus Bär den possierlichen Nagetieren eine Bühne geschaffen hat und ihnen somit nach der Lektüre sicherlich mehr staunende Blicke und Bewunderung ihrer treuen Fans gesichert ist.

Bewertung vom 23.04.2025
Miler, Zdenek;Nettingsmeier, Simone

Der kleine Maulwurf als Maler


sehr gut

Mein Mann wollte dieses Kinderbuch unbedingt für unseren Sohn haben, damit wir ihn an den kleinen Helden aus seinen eigenen Kindertagen heranführen können. Nun war er als Erwachsener allerdings ein wenig enttäuscht, dass die Hauptfigur nur einen recht kleinen Anteil an den Bildern hatte und der listige Fuchs deutlich mehr im Fokus stand.

Die Zeichnungen sind für Nostalgie-Fans jedoch eine wahre Freude, denn beim Schmökern der Seiten scheint die Zeit regelrecht stehen geblieben zu sein. Wir begleiten die tierischen Freunde bei ihrem kunterbunten Spiel mit den Farbtöpfen, sodass der Wald in allen Nuancen der Farbpalette leuchtet und mit Punkten, Streifen & Co. kreativ verziert wird. Eltern sollten entsprechend vorbereitet sein, denn die kleinen Leseratten bekommen bestimmt sofort wieder Lust, ihre Tuschkästen und Filzstifte zu benutzen.

Die Aufteilung des Textanteils auf den Seiten im Verhältnis zu den Bildern ist gut gewählt, um die Aufmerksamkeit der Kinder nicht zu überfordern. In klaren Sätzen wird das Gezeichnete in Worte gefasst und mit kurzen Einschüben in der Form der direkten Rede optimal zum Vorlesen verpackt.

Als Bonus wären ein Ausmalheft, kleine Farbtöpfchen oder Buntstifte sicherlich gelungen gewesen, um hier die Thematik der Kunstlehre greifbarer zu machen, was dann aber natürlich das Produkt insgesamt auch preisintensiver macht.

Maulwürfe sind bei uns im Garten auch hin und wieder aktiv beim Auftürmen der Erdhügel und ich bin mir sicher, dass wir alle wieder einen etwas milderen Blick auf diese Schönheitsfehler mitten auf der grünen Wiese haben werden.

Bewertung vom 11.04.2025

tiptoi® - Kennst du diese Tiergeräusche?


ausgezeichnet

Ich bin vollkommen jungfräulich an die Bedienung des TipToi-Stiftes gegangen und habe im Vorfeld gar nicht darüber nachgedacht, wie die Audiodateien in einem Papierbuch zur Verfügung stehen könnten. Umso größer war zu Beginn die Herausforderung, dem Buch auch die entsprechenden Spezialeffekte zu entlocken. Mangels Laptops oder PCs konnten wir den TipToi-Manager nicht herunterladen und mussten einen kleinen Umweg gehen, der sich aber nach dem erfolgreichen Download der Datei via Smartphone als völlig simpel erwies. Dafür wird lediglich ein USB-Kabel benötigt, um beide Komponenten miteinander zu koppeln. Eine Alternative wäre wohl auch der Kauf einer Ladestation, aber notwendig ist das eben nicht für einen Betrieb.

Mein 2-Jähriger drückte anfangs immer nur auf den An-/Ausschalter am TipToi-Stift und freute sich wie verrückt über die Ansage des Akkustands.
Einige Versuche, ihn für die Tiergeräusche zu begeistern, scheiterten, weil er den Stift grundsätzlich lieber falsch herum hielt. Nach kurzer Zeit gelang es ihm aber, die Spitze des Stifts zielgenau auf die bunten Bilder der Tiere zu halten und dadurch die täuschend echten Tierstimmen ertönen zu lassen.
Tiefes Blöken, freudiges Bellen und emsiges Piepsen, die thematisch geordnet nach Urwald oder heimischen Arten aufwarten, sind jedoch nicht die einzigen Effekte, die Ravensburger für die junge Leserschaft bereithält.
Mit einer Berührung der Tiernamen gibt es eine kurze Beschreibung der jeweiligen Spezies – vorschulischer Bio-Unterricht für kleinste Entdecker sozusagen. Besonders erfreulich finde ich, dass das Erzählte nicht abrupt endet, sobald das Kind den Stift nicht mehr auf das Feld drückt – der spielerische Charakter wird somit mehr in den Vordergrund gerückt, weil nicht streng auf den durchgängigen Druck durch den Stift geachtet werden muss.

Überrascht wurde ich durch die Möglichkeit, an der Buchleiste mit dem Würfelsymbol ein kleines Quiz zu starten, um gemeinsam die Tierlaute zu erraten. Im Laufe des nächsten Jahres wird hier sicherlich mit Mama und Papa ordentlich um die meisten Treffer konkurriert.
Daneben besteht auch die Option lustige Kinderlieder mit einem Notensymbol anzuhören. Hier ist das „Kikeriki“-Lied vom Bauernhof ein Garant für strahlende Tänzchen.

Mittlerweile ist auch schon das zweite TipToi-Produkt aus dem Ravensburger Verlag bei uns eingezogen und ich befürchte, dass mein Sohn süchtig nach dem coolen orangen Stift mit den vielen Möglichkeiten ist. 😉

Bewertung vom 04.03.2025
Engelmann, Gabriella

Der Gesang der Seeschwalben / Die Bücherfrauen von Listland Bd.1


sehr gut

Anna ist freischaffende Autorin aus Hamburg und auf dem Weg nach Listland zu ihrem nächsten Coup. Nach dem großen Erfolg ihres Podcasts mit dem Gast Fenja Lorenzen, die ihr Leben den Büchern verschrieben und sich zeitlebens für eine Stiftung und zahlreiche Museen eingesetzt hat, möchte Anna nun ein Buch über das Leben der Bücherfrau verfassen, das ihre private Seite näher beleuchtet. Schnell zeigt sich, dass aus dem kurzen Aufenthalt für Interviews und Recherchen ein längeres Unterfangen wird, bei dem dunkle Familiengeheimnisse wie Muscheln und Treibholz im Wattenmeer bei Ebbe zum Vorschein kommen.

In abwechselnden Perspektiven springen wir zwischen der Vergangenheit in den Kriegsjahren des Nationalsozialismus und der Gegenwart hin und her. Ich mag den Schreibstil von Gabriella Engelmann sehr gerne, denn manchmal wurden aus alltäglichen Beobachtungen kleine Schätze in Sätzen verpackt, die mich auch noch nach der Lektüre nachdenklich begleitet haben.

„Ich verweilte noch einen Moment vor der Buchauslage und sinnierte darüber, dass Daniel Kathrins Porridge als legendär bezeichnete, wohingegen ich gar nicht wusste, dass meine Tochter Haferbrei mochte. (S. 228)“

Die Zuneigung der Autorin zu ihren Bücherfrauen wurde durchweg schön herausgearbeitet und tatsächlich sind Bücher bei „Der Gesang der Seeschwalben“ der heimliche Star. Sie zeigen eindrucksvoll, welche Mythen sie umspielen, welche Gefühle sie auslösen und schlichtweg ein ganzes Leben beeinflussen können. Ein Zitat ist mir dabei besonders im Gedächtnis geblieben, was die innere Zerrissenheit der älteren Dame bildlich beschreibt:

„Für mich waren wohl die Bücher meine Familie, aber das war mir nie so richtig klar. Romane konnten mir nicht wehtun, sie waren immer für mich da. (S. 202)“.

Die Autorin gönnt uns Lesern und ihren Protagonisten allerdings wenig Müßiggang oder gar eine Verschnaufpause, denn selbst in den vermeintlichen Momenten der Entspannung bei einem Strandspaziergang überschlagen sich plötzlich die Ereignisse. Nun sollte man sich eigentlich nicht über ein „Überangebot“ beschweren, aber aus meiner Sicht hätte dieser erste Band der Dilogie durchaus Potenzial für einen weiteren Teil gehabt, der dann vielleicht auch nicht so gehetzt wirkt. Zudem würde man einer anbahnenden Liebesgeschichte auch deutlich mehr Glaubwürdigkeit und Raum geben, wenn die Etappen nicht im Galopp überrannt werden. Nichtsdestotrotz habe ich mich sehr gut unterhalten gefühlt und erwarte die Fortsetzung gespannt, um mehr über Martje, die ältere Schwester von Fenja, zu erfahren.

Bewertung vom 05.02.2025
Höck, Maria

Play+ Mein allererstes Soundbuch Im Park - ab 12 Monate


ausgezeichnet

Wir sind immer auf der Suche nach sinnvollen Beschäftigungen für unseren kleinen Sohn, der sich auf längeren Autofahrten natürlich schnell langweilt. Umso erfreuter waren wir, als wir seine Vorliebe für Bilderbücher entdeckten und als leidenschaftliche Leserin unterstützt Mama den kleinen Schatz natürlich gerne in seinem neuen Hobby.

Soundbücher sind die A-Klasse unter den Bilderbüchern und mit dem eher untypischen Thema „Im Park“ gelingt es die Vorfreude auf baldige Aktivitäten im Freien bei der ganzen Familie zu steigern.

Wir hören sowohl lautes Hundegebell und quakende Enten wie auch Gitarre spielende Parkbesucher und fröhliches Fahrradklingeln beim Blättern in den dicken Buchseiten, die kindgerecht sehr haptisch und stabil sind. Auf der Rückseite befindet sich ein An/Aus Schalter, um den Sound gelegentlich auch zum Verstummen zu bringen, sofern die kleinen Bücherfreunde noch nicht motorisch in der Lage sind selbst den Schalter zu betätigen.

Die Mischung von kurzen Texten, die das Geschehene und Gesehene auf den bunt bedruckten Doppelseiten in Worte fassen sowie gleichzeitig kleinen eingebauten Suchspielen, die ausgewählte Gegenstände benennen und somit zur Sprachförderung beisteuern, finde ich gut und innovativ. Für meinen Geschmack würde das Suchspiel allerdings etwas losgelöster von den Textpassagen optisch schöner aussehen, wenn man es z.B. auf der unteren rechten Ecke abdrucken würde statt direkt im Anschluss an den Haupttext, um es so räumlich besser aufzuteilen.

Mein kleiner Bücherfreund hat manchmal die Angewohnheit im Spielrausch die Buchseiten nach außen zu drücken, sodass der Buchrücken teilweise arg in Mitleidenschaft gezogen wird und von mir bei anderen Bilderbüchern auch schon geklebt werden musste. Hier bei diesem Exemplar aus dem Ravensburger Verlag wirkt der gesamte Aufbau stabiler, weil die Buchseiten beim Aufklappen bündig mit dem dicken Batteriefach abschließen. Bis heute musste ich noch keine Reparaturmaßnahmen ergreifen, wobei die Play+ Reihe mit 9,99€ günstiger als andere Soundbücher auf dem Markt sind, die dagegen nicht so lange dem Spieltrieb standgehalten haben.

Mein 2-jähriger Sohn und die zufriedene Mama sprechen eine klare Kaufempfehlung aus!

Bewertung vom 05.02.2025
Höck, Maria

Play+ Mein allererstes Soundbuch Im Kindergarten - ab 12 Monate


ausgezeichnet

Ravensburger hat mit der Reihe Play+ neue Soundbücher auf den Markt gebracht, die für Kleinkinder ab 12 Monaten geeignet sind. Das vorliegende Buch beschäftigt sich mit den täglichen Geräuschen im Kindergartenalltag und ist dadurch für die kleinen Racker auch eine geeignete Gelegenheit, um die Erlebnisse in der Krippe Revue passieren zu lassen.

Insgesamt fünf Sounds stehen zur Auswahl, die im Vergleich zu anderen Geräuschen in ähnlichen Bilderbüchern für verhältnismäßig kurze Zeit ertönen. Hier hat der Verlag wahrscheinlich an die leidgeprüften Eltern gedacht, welche die prägnanten Sounds irgendwann nicht mehr hören können, außerdem haben die Kinder somit noch häufiger die Möglichkeit mit ihren kleinen Fingern die Seiten zum Leben zu erwecken. Lediglich die tonale Umsetzung des weinenden Jungen empfinde ich als nicht gut umgesetzt, da es in meinen Ohren zum Ende hin eher einem Lachen ähnelt.

Textpassagen und Bilder sind vollkommen altersgerecht und letztere regen mit ihren bunten Farben alle Sinne zum kreativen Entdecken an. Besonders positiv möchte ich die glänzende Oberfläche der Seiten hervorheben, da auf diese Weise gewährleistet wird, dass auch mal ein Schokofinger oder andere Kleckereien problemlos abgewischt werden können.

Mein Sohn wird demnächst 2 Jahre alt und liebt es in Bilderbüchern mit solchen Spezialeffekten zu schmökern. Wir haben teilweise kaum eine Chance uns auf die geschriebenen Passagen zu fokussieren, weil ihn die Wiederholungen der Töne so sehr amüsieren. Einen kleinen Menschen dabei zu beobachten, wie er mit dem Bilderbuch auf der Couch sitzt und aus vollem Herzen kichert, wenn das Rutschauto hupt oder die Toilettenspülung ertönt, empfinde ich persönlich als das höchste Lob für die Autorin und ihre Illustratorin. Die Altersklasse der kleinen Bücherfreude lässt sich eben nicht beeinflussen. 😉

Bewertung vom 03.01.2025
Engler, Michael

Meck und Schneck. Meck ist weg!


ausgezeichnet

Das Bilderbuch „Meck ist weg“ aus der gleichnamigen Reihe „Schneck und Meck“ vom Michael Engler und Matthias Derenbach ist bereits der dritte Teil von dem lustigen Duo.

In sanften Aquarelltönen mit dem farblichen Fokus auf Orange, Grün und Blau werden wir kurzweilig durch das Abenteuer der Freunde geführt. Selbst kleinen Lesern gelingt es somit sicherlich gut sich auf das Gezeichnete zu konzentrieren, da sie zusätzlich noch durch leichte, altersgerechte Sätze beim Verstehen unterstützt werden. Die Aufmachung macht generell schon Lust auf den Frühling und wieder selbst barfuß über Wiesen zu stromern, denn beispielsweise die Zeichnung der Blumenwiese mit Klatschmohn und Pusteblumen finde ich wunderbar detailverliebt, sodass ich mir auch vorstellen könnte davon ein gerahmtes Bild an die Wand zu hängen. Mancherorts schaut uns dann Schneck mit seinen großen Kulleraugen direkt ins Herz und an anderer Stelle lässt sich aus dem Vorlesen ein regelrechtes Suchspiel von Meck zelebrieren, da er sich verlässlich auf jede Seite gemogelt hat.

Die einfache Botschaft zwischen den Zeilen verweist auf das Zuhören im täglichen Miteinander, weil man ansonsten schnell wichtige Informationen verpasst und dadurch buchstäblich ein ganzer Tag ruiniert werden kann. Natürlich gibt es für die Kinder ein Happy End á la „Friede, Freude, Eierkuchen“ und wir freuen uns zum Schluss mit den beiden über ihr Wiedersehensglück.

Positiv hervorheben möchte ich zum Schluss noch das Format des Bilderbuchs, denn hier wurde auf ein etwas überdurchschnittlich großes A3 Format (Maße ca. 19cm x 19cm) gesetzt, was prima auf der Couch beim gemeinsamen Schmökern in der Hand liegt und zusätzlich einen stabilen Druck aufweist, der auch eine Weile dem motorischen Übermut standhalten wird.

Bewertung vom 09.12.2024
Nesbø, Jo

Der König


ausgezeichnet

Die beiden Brüder Roy und Carl Opgard leben in der kleinen Gemeinde Os, im norwegischen Hinterland. Es geschehen dort seltsame Todesfälle, die zwar offiziell unter dem Deckmantel der suizidalen Ursachen bei der Polizei abgeschlossen sind, aber allesamt auf das Konto der Opgard-Brüder gehen. Dorfpolizist Kurt Olsen will Roy unbedingt die Morde nachweisen und ihn nach Jahren hinter Gittern bringen, schließlich ist sein Vater eines der tragischen Opfer. Roy hingegen ist frisch verliebt in Nathalie, die er in jungen Jahren vor sexuellen Übergriffen durch ihren Vater beschützt hat. Gemeinsam planen sie das größte Projekt was Os je gesehen hat – die höchste Holzachterbahn nach Plänen von Roys verstorbener Partnerin Shannon. Das Projekt steht jedoch unter keinem guten Stern, denn weitere Todesfälle bringen die Opgards Stück für Stück der Verdammnis näher.

Jo Nesbø ist einer der wenigen Autoren, die in mir sofort das Krimifieber wecken, wenn eine Neuerscheinung angekündigt wird. Der Vorgänger „Ihr Königreich“, der im September 2020 erschien, ist leider aus unerklärlichen Gründen nicht bei mir im Bücherregal gelandet, was dem Lesevergnügen der aktuellen Lektüre aber keinen Abbruch bietet, weil eine Zusammenfassung über die Kapitel hinweg eingeflochten wird.

Der Kriminalroman wird aus der Sicht von Roy erzählt und seine kühle Art, mit der er uns Leser direkt zu Beginn zu der geplanten Bestechung eines Mitglieds von GeoData mitnimmt, die Firma, die Os mit einem möglichen Tunnelbau sowohl zum strahlenden Glanz als auch zum Verderben bringen kann, strahlt die Attitüde eines abgebrühten Serienkillers aus. Als Analphabet hatte es Roy im Unterricht sicherlich nicht immer einfach, aber seine Kommunikationsstärke ist eine Gabe, für die es kein eigenes Fach in der Schule gibt. Beinahe mühelos lenkt er Dialoge mit einem Geschick in die Richtung, die er für seine Zwecke benötigt und führt seine naiven Gesprächspartner wie zahme Lämmer vor die sprichwörtliche Schlachtbank. Der Autor legt seinen Fokus hier auf gesellschaftskritische Aspekte, denn die Bewohner von Os zeigen reihenweise, dass jeder sich selbst der Nächste ist und man mit den richtigen Argumenten jegliche Moralvorstellungen zu Fall bringt und der eigene Schutz unbezahlbar ist.

„Der König“ war ein Highlight, da der Plot diverse Verzweigungen und Nebenschauplätze bietet, die das Gesamtkonstrukt aber in keiner Weise unglaubwürdig oder aufgesetzt wirken lassen. Man staunt lediglich, wie bravourös Roy die kleinen und großen Probleme aus dem Weg räumt und ihn der ehrgeizige Dorfpolizist aber irgendwie immer ein wenig in seiner Raffinesse unterschätzt. Wird es für den Serienkiller aus dem friedlichen Os schlussendlich eine Quittung geben? Lest selbst und lasst euch in das Mörderdorf Os und seine gesellschaftlichen Abgründe entführen.

Bewertung vom 02.09.2024
French, Tana

Feuerjagd


ausgezeichnet

Tana French gehört seit meiner ersten Begegnung in „Grabesgrün“ zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen und auch mit ihrem neuesten Werk hat sie mich nicht enttäuscht.

In Ardnakelty herrscht aufruhe, denn Johnny Reddy wurde in der alten Heimat gesehen. Früher zu Schulzeiten war er als Schlitzohr bekannt und hinterließ seine Frau mit den gemeinsamen Kindern als alleinerziehende Mutter, um in England den Puls der großen Stadt zu fühlen. Nun kehrt er mit Rushborough im Schlepptau zurück, denn der edle Geschäftsmann hat von seiner Großmutter vor ihrem Tod das Geheimnis erfahren, dass Ardnakelty unentdeckte Goldvorräte im Boden bevorratet, die nur darauf warten von kräftigen Männern ausgegraben zu werden. Gemeinsam will das Duo nun die Farmer, die in diesem Sommer von einer Dürre geplagt werden, reich machen. Das Dorf bleibt skeptisch, investiert aber trotzdem in die Unternehmung. Kurze Zeit später wird einer der Männer tot am Fuße des Berges gefunden und das ganze Dorf wird verdächtigt.

Der Autorin gelingt es erneut auf 500 Seiten einen fesselnden Roman mit Tiefgang und literarischer Raffinesse auf den Markt zu bringen. Ihre Beschreibungen der kargen, ausgedörrten Natur lassen uns regelrecht die staubige Luft auf der Haut spüren und nach einem Glas von Cal`s Eistee lechzen, den der ehemalige US-Cop im Kühlschrank lagert. Sein Verhältnis zu Trey, der ältesten Tochter von Johnny Reddy, steht neben der Goldgräbergemeinschaft ebenfalls im Mittelpunkt. Das ungleiche Duo wirkt zunächst wie ein Sozialarbeiter mit seiner störrischen Betreuungsperson, aber schon bald zeigt sich wie harmonisch die beiden im Umgang sind.

Das Dorf entwickelt zusehends seine eigene Dynamik und es fühlte sich teilweise so an, als ob die Autorin lediglich die Funktion der „Marionette“ übernimmt und sich völlig auf die Charaktere einlässt. Sie sind es, die ihr scheinbar vorgeben, wie die fiktive Geschichte gesponnen werden soll – allen voran Mart, der kauzige Nachbar von Cal, der zwar körperlich beeinträchtigt, aber geistig gewieft, wie kein anderer ist. Einige Überraschungen warten während der Ermittlungen auf die Leserschaft, sodass das Rätselraten um den Mord trotz der oberflächlichen Ruhe zwischen den Zeilen ordentlich brodelt. Diesen Effekt beim Lesen finde ich überwältigend, weil ich es in der Form noch nicht bei anderen Romanen gespürt habe und spiegelt die große Sprachgewalt von Tana French wider.

Auf Grund von Zeitmangel habe ich den Vorgängerband „Der Sucher“ leider nicht mehr rechtzeitig lesen können, weil ich den Zusammenhang schlichtweg auch erst beim Durchstöbern der Rezensionen zu „Feuerjagd“ nachvollzogen habe. Das Verständnis der verschiedenen Charaktere funktioniert trotzdem wunderbar, wenngleich ich mir vorstelle könnte, dass sich besonders bei Lena, der zurückhaltenden Partnerin von Cal, einige Lücken nach der Lektüre noch besser schließen würden.

Bewertung vom 30.07.2024
Metzner, Michaela

Mittsommercamp zum Verlieben


gut

Bea ist eine fleißige und perfektionistische Sekretärin mit einer schönen Wohnung und ihrem langjährigen Partner Thomas an der Seite. Sie leben den deutschen Durchschnittsalltag eines kinderlosen Paares. Die Begegnung mit der Fitnesstrainerin Susi lässt Thomas jedoch aus diesem Trott ausbrechen und einen Neustart in Ulm wagen. Für Bea bleiben nach der Trennung lediglich der Van und ein kleines Ferienhaus in Schweden, welches zwar sehr hyggelig (gemütlich), aber eben auch recht marode ist. Der Traum von einem besseren Leben in Schweden ist geboren, aber der Arbeitsmarkt in der ländlichen Idylle bietet wenig Chancen für deutsche Gründlichkeit oder etwa doch?

Neben Bea übernimmt Ed die männliche Hauptrolle in dem Roman, der das besagte Camp aus dem Titel für Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen aufbauen möchte. Allen Widrigkeiten zum Trotz kämpft er für die Auszeit der Stockholmer Kids, wenngleich ihm kurz vor der Eröffnung noch zwei Betreuer*innen fehlen und er von seiner Chefin gehörig Druck bekommt. Mangels anderer Möglichkeiten schnell einen gut bezahlten Job in Schweden zu bekommen, übernimmt Bea eine tragende Rolle im Camp, obwohl sie Kindern eigentlich gar nichts Positives abgewinnen kann.

Unseren Jahresurlaub in Schweden vor Augen habe ich mich als Einstimmung auf zwei entspannte Wochen sehr auf die Lektüre von dem „Mittsommercamp zum Verlieben“ gefreut. Meine Erwartungen konnte die Autorin allerdings leider nicht erfüllen. Die Handlung ist kaum überraschend und fesselte mich insgesamt zu wenig.

Der Schreibstil ist locker und leicht und manchmal gelingt es Michaela Metzner auch den Zauber der schwedischen Weite zu Papier zu bringen, speziell an lauen Sommerabenden am See und beim Vernaschen der ofenwarmen Zimtschnecken. Hier gibt es für alle Naschkatzen auch ein Rezept im Anhang, was zwar ziemlich aufwendig wegen der Ruhezeiten erscheint, aber definitiv von mir gebacken wird. Im Nachwort erklärt die Autorin, dass Bea auch viele biographische Charakterzüge aufweist und sie selbst als junge Mutter frohen Mutes nach Skandinavien ausgewandert ist. Dafür hätte ich mir mehr Reisefieber und Entdeckungsgeist von Bea gewünscht.

Mein persönliches Manko ist zudem die Beschreibungen der romantischen Zweisamkeit in ungestörten Momenten, um es mal kinderfreundlich auszudrücken und möglichst wenig zu spoilern. Ich hatte wahrlich kein erotisches Feuerwerk erwartet, aber die Wortwahl wiederholt sich in den intimen Szenen extrem, sodass ich schon zwischenzeitlich genervt war, wenn erneut „die Erektion zu spüren“ war.