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KristallKind

Bewertungen

Insgesamt 240 Bewertungen
Bewertung vom 10.06.2024
Verräterisches Lavandou / Leon Ritter Bd.10
Eyssen, Remy

Verräterisches Lavandou / Leon Ritter Bd.10


sehr gut

Der Rechtsmediziner Leon Ritter wollte eigentlich die Idylle der südfranzösischen Landschaft genießen, als ein fürchterlicher Mord die Gegend um Lavandou erschüttert. Die Einwohner erinnern sich noch an ein ähnliches Verbrechen vor etlichen Jahren, allerdings befindet sich der damals ermittelte Täter noch in der Nervenheilanstalt unter Verschluss. Als ein weiterer Mord in gleichem Muster geschieht, wird Leon klar, dass er nun sein Bestes geben muss, um den Serienmörder zu stoppen.

Da mir bisher noch kein Lavandou-Krimi aus der Feder von Remy Eyssen zwischen die Finger geraten war, stieg ich mit diesen zehnten Band kurzerhand in die Reihe ein, was auch problemlos gelang. Ich war allerdings ein wenig erstaunt, da ich einen moderaten Krimi mit viel kulturellem Flair erwartet hatte, der Autor jedoch spannungs- und härtetechnisch ganz schön auf den Putz haute. Die Handlung trug stellenweise eine ziemlich brutale Handschrift, die das verträumte Cover nicht annähernd widerspiegelte und, meiner Meinung nach, für einen Krimi auch nicht unbedingt verhältnismäßig war.

Nichtsdestotrotz fesselten mich die Vorkommnisse in Lavandou. Kein Wunder, denn als (Drehbuch-)Autor scheint mir Remy Eyssen ein sicheres Gespür für Dramatik zu haben. Er erzählte die Geschichte in einem unaufdringlichen Ton, in dessen Hintergrundfeld die Brisanz aber spürbar darauf wartete, das Zepter zu übernehmen. Dieses Spannungsfeld wurde bis zuletzt aufrechterhalten, auch über die privaten Schwierigkeiten hinweg, die vom Protagonisten bewältigt werden wollten und damit perfekt in die latent aufgeladene Atmosphäre des Geschehens passten.

Dass der sympathische, kluge Rechtsmediziner mit seinen aufschlussreichen Beobachtungen und Schlussfolgerungen zum Dreh- und Angelpunkt während der Untersuchungen wurde, konnte ich zwar gut verstehen, doch die Arbeit der polizeilichen Ermittler trat mir dafür etwas zu sehr in den Hintergrund. Ich hätte mir mehr Ausgewogenheit während der Zusammenarbeit gewünscht, denn so wirkten die Behörden mehr oder weniger hilflos auf mich. Als störend empfand ich diese Konstellation allerdings nicht, denn der Rechtsmediziner ging sehr in seiner Arbeit auf und agierte unaufgeregt und bestimmt, während er die Beweise erarbeitete. Zudem konnte man im Geiste immer wieder die Luft der Provence schnuppern, was durch Leons Freude, in dieser malerischen Gegend leben zu dürfen, mühelos transportiert wurde. Generell konnte ich mich auch mit den Einblicken in Leons Privatleben anfreunden, die ohne Vorkenntnisse gut nachvollziehbar waren. Vor allem gefiel mir seine Aufmerksamkeit im Hinblick auf das überraschende Auftreten eines unbekannten Fremden und sein bedachter, entschlossener Umgang mit der Situation.

Angesichts der Handlung, die über lange Zeit den „großen Unbekannten“ in sich trug, und damit viele fesselnde Verdachtsmomente und Möglichkeiten in den Raum stellte, war mir der Showdown allerdings deutlich zu kurz geraten. So fehlte am Ende, mit der dramatischen Enthüllung des Täters, der gewisse letzte Schliff, meiner Meinung nach, was im Ideen-Gesamtpaket aber letztlich nicht allzu schwer ins Gewicht fiel.

„Verräterisches Lavandou“, ein Krimi, der mehr klotzt als kleckert, einen scharfsinnigen Protagonisten auf die Bühne stellt, sowie das Idyllische südfranzösische Flair mit dem Nervenkitzel eines ernstzunehmenden Thrillers perfekt zusammenbringt – was will man mehr? Ich hatte jedenfalls mit diesem Buch eine aufregende Lesezeit und werde die Krimireihe daher künftig weiter verfolgen. / 4,5 Sterne

Bewertung vom 04.06.2024
Flawless / Chestnut Springs Bd.1
Silver, Elsie

Flawless / Chestnut Springs Bd.1


gut

Rhett Eatons Karriere liegt wegen eines PR-Skandals vorerst auf Eis. Um dessen Ruf wiederherzustellen reist Summer, die Tochter seines Managers unverzüglich an, um auf den Sportler aufzupassen. Anfangs zeigt sich Rhett überaus genervt von seinem Babysitter, doch nach und nach beginnt ihm die junge Frau mehr als zu gefallen.

Nach einer selbst auferlegten New-Adult-Pause, reizte mich "Flawless", wegen der versprochenen Ranch-Atmosphäre, die auch wunderbar transportiert wurde, und der Welt des Rodeo-Sports. Im Grunde ein bisher seltenes und spannendes Umfeld innerhalb des Genres, dazu anschaulich geschrieben und angenehm zu lesen, zudem ohne überzogenes Drama ausgearbeitet. 

Mit den Protagonisten Rhett und Summer war ich allerdings nicht so ganz auf einer Wellenlänge. Obwohl mit Rhett endlich einmal wieder ein kerniger Kerl auf der literarischen Bildfläche erschien, erfüllte er vor allem anfangs alle möglichen Klischees, die sein Cowboy-Hintergrund hergab. Überraschenderweise ließ er mit der Zeit vor Summer, die sich durchaus behaupten konnte, die Maske fallen, was eine andere Energie in die Beziehung der beiden brachte. Zugegeben, diese Entwicklung war durchaus herzerwärmend, doch dies, und auch mancher amüsante Moment, konnte mir den Zugang zu den Figuren nicht erleichtern. Sie blieben mir bis zuletzt fremd.

Vielleicht lag es an der schon früh gestreuten Verbalerotik, die mir damit gleich vermittelte, worauf es eigentlich hinauslief, wie es in diesem Genre mittlerweile üblich ist und mich unendlich langweilt. So blieb mir die Story zu oberflächlich, was ich sehr schade fand, denn Potenzial und Ausarbeitungspunkte waren definitiv gegeben. Ich hätte beispielsweise gerne mehr über die Eatons erfahren oder ausgiebiger in Summers familiäre Strukturen geschaut.

Ich sehe „Flawless“ somit nicht unbedingt als neue NA-Sensation, der Roman klettert für mich höchstens ins Mittelfeld meiner persönlichen Bestenliste. Die Ranch-Atmosphäre hatte zwar das gewisse Etwas, war jedoch nicht prägend für den Rest der Handlung. Ich finde es immer schade, wenn der Fokus zu sehr auf die Körperlichkeit gelegt wird, worunter in meinen Augen oft die Qualität der jeweiligen Geschichte leidet. Ich sage daher: Kann man lesen, muss man aber nicht. / 2,5 Sterne

Bewertung vom 03.06.2024
Funny Story
Henry, Emily

Funny Story


gut

Daphne wird von ihrem Verlobten Peter verlassen, der plötzlich gemerkt hat, dass er seine Kindheitsfreundin Petra liebt. Nun sitzt Daphne in Peters Heimatstadt in Michigan fest, und obwohl sie dort einen fantastischen Job hat, fühlt sie sich verloren. Miles, der von Petra verlassen wurde, teilt Daphnes emotionales Chaos. Mit dieser Gemeinsamkeit im Gepäck lernen sich die beiden Verlassenen näher kennen und verbringen viel Zeit miteinander. Ob dieser vermeintliche Schicksalsschlag am Ende vielleicht ein Glücksfall für Daphne war?

Ich habe zu diesem viel beworbenen Buch gegriffen, weil mir Emily Henrys Geschichten schon mehrfach empfohlen wurden. Rückblickend bin ich allerdings etwas enttäuscht, denn die ungewöhnliche, humorvolle Liebesgeschichte, die ich erwartete, wollte sich für mich leider einfach nicht einstellen.

In erster Linie störten mich die vielen uninteressanten, manchmal bemüht witzigen Dialoge und die langatmige Handlung, die vor allem vom endlosen Hin und Her zwischen Daphne und Miles gekennzeichnet war. Obwohl es regelmäßig tiefere Einblicke in das Seelenleben einzelnen Figuren gab, konnte ich der Story nicht wirklich viel abgewinnen. Dementsprechend schleppend ging dann auch mein Lesefortschritt voran. Was aber nicht bedeuten soll, dass ich Daphne und Miles nicht mochte. Die Charaktere an sich fand ich interessant und sympathisch, doch zusammen sah ich die beiden nicht, da ich die Anziehung zwischen den beiden nicht so richtig nachvollziehen konnte.

Die Beschreibung des Handlungsortes in Michigan fand ich dann aber wiederum sehr schön, ebenso wie Daphnes beruflicher Bezug zur Literatur. Außerdem mochte ich das gewählte Alter der Hauptfiguren, denn die entsprechende Lebenserfahrung machte die Geschichte umso interessanter.

Doch insgesamt hatte ich mir von „Funny Story“ mehr versprochen. Eine nette, allerdings langwierige Erzählung, die mich nie so richtig packte, mit einem Humor, der mir stellenweise zu gewollt wirkte. Ich habe definitiv schon unterhaltsamere romantische Komödien gelesen. / 2,5 Sterne

Bewertung vom 22.05.2024
Mord stand nicht im Drehbuch
Horowitz, Anthony

Mord stand nicht im Drehbuch


ausgezeichnet

Anfangs hatte ich diese Buchreihe eher kritisch beäugt und ihr wenig Beachtung geschenkt, da ich aufgrund der spärlichen Klappentexte und der edlen, aber unaufgeregten Cover am Unterhaltungswert zweifelte. Doch ich täuschte mich gewaltig! So stieg ich mit dem Vorgänger, dem dritten Band, etwas später in die Serie ein, in der mir Horowitz und Hawthorne als außergewöhnliches Ermittlerduo auf Anhieb gefielen. „Mord stand nicht im Drehbuch“ ließ mich nun sogar zur begeisterten Anhängerin der Reihe werden, denn der detailgetreue Schreibstil, mit viel Witz und konstantem Spannungsbogen, fand in meinem Leserherz wiederholt Anklang.

Den Autor selbst als Verdächtigen in den Raum zu stellen, fand ich sehr erfrischend. Die Idee steigerte zum einen meine Neugier auf den wirklichen Übeltäter, zum anderen erfuhr ich dadurch mehr über Anthonys Schaffenswelt und Privatleben. Neben den durchaus kniffligen Überlegungen zur Überführung des Täters, schätzte ich auch die Romanpassagen in diesem Krimi, die während der Zeugenbefragungen erschütternde Einzelschicksale und menschliche Abgründe bereithielten. Diese Reisen durch Erinnerungen, Wut und Reue, empfand ich überraschend spannend und berührend, weil dabei auch vereinzelt gesellschaftliche Streitfragen in den Raum geworfen wurden. Zur Auflockerung hob sich aber regelmäßig der Vorhang für Horowitz und Hawthorne, deren Beziehung sich durch eine leise Hassliebe definierte und mit entsprechenden Kabbeleien bei mir immer für großes Vergnügen sorgte.

Die schalkhafte Atmosphäre des Kriminalromans resultierte überwiegend aus Anthonys Persönlichkeit, die oft in Form von kindlicher Selbstbezogenheit und einem nahezu rührenden Geltungsbedürfnis in Erscheinung trat, meiner Ansicht nach. In diesem Sinne legte sich, mit einem missmutigen oder maulenden, aber auch sanftmütigen, neugierigen, und auf entwaffnende Art aufrichtigen Protagonisten eine fabelhafte Situationskomik ins Geschehen. Es war für mich fast herzergreifend und überaus spaßig mitzuerleben, wie treuselig Anthony dem schlagfertigen und aufmerksamen Detektiv folgte und ihn darüber hinaus mit einer Mischung aus Neid und Bewunderung betrachtete. Nachvollziehbar, denn Hawthornes scharfe Kombinationsgabe, die man im Anfangsstadium der Untersuchungen als Leser nur erahnen konnte, und die immer für eine überraschende Wende gut war, schien mir ziemlich beachtlich, vor allem hinsichtlich der unerwarteten, komplexen Auflösung des Rätsels! Leider wurde auch in diesem Band die geheimnisvolle Vergangenheit des Detektivs nicht komplett aufgedeckt, was sich wie ein roter Faden durch die Buchreihe hangelt und sich, ebenso wie die freundschaftliche Beziehung zwischen den Protagonisten, nach und nach entwickelt.

Letzten Endes hat mich „Mord stand nicht im Drehbuch“ großartig unterhalten! Der Krimi vereinte Spannung, kriminalistischen Spürsinn und viel britischen Humor mit einzigartigen Protagonisten. Vor allem Leser von Agatha Christies Werken werden ganz sicher ihre Freude daran haben. Klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 20.05.2024
Was der See birgt / Ermittlungen am Gardasee Bd.1
Koppelstätter, Lenz

Was der See birgt / Ermittlungen am Gardasee Bd.1


weniger gut

Gianna Pitti, Lokalreporterin in Riva am Gardasee, ist entsetzt. Erst gestern sprach sie noch mit dem jungen Mann, der tot am Jachthafen entdeckt wurde! Natürlich möchte sie zu den Ermittlungen beitragen und beginnt privat zu recherchieren. Unterstützt von ihrem Onkel Francesco und ihrer Chefin Elvira führen die Spuren zu einem prominenten, prunkvollen Anwesen, auf dem regelmäßig opulent gefeiert wird. Mysteriös wird es zudem, als man im Rachen des Ermordeten einen goldenen Anhänger findet. Aber all das schreckt Gianna nicht ab, ganz im Gegenteil. Ihre Neugier könnte aber auch zur Gefahr werden, denn hier scheinen sich einige ungelöste Fälle zu kreuzen.

Bisher hatte ich noch kein Buch aus Lenz Koppelstätters Feder gelesen, doch sein klarer Erzählstil und die unmittelbar präsente Atmosphäre gefielen mir bereits in der vorab verfügbaren Leseprobe außerordentlich gut. Ich mochte die Inszenierung der norditalienischen Kultur und der Einheimischen, die genau im richtigen Maß einfloss, um das Ambiente zu unterstreichen.

Allerdings empfand ich die Protagonistin Gianna und ihren Onkel Francesco, die beide aus einem verarmten Adelsgeschlecht stammten, nicht ausreichend auf Augenhöhe mit mir als Leserin. Gianna lebte zwar ein „normales“ Leben, aber ihren gesellschaftlichen Stand und die damit verbundenen Privilegien hatte sie in meinen Augen nie wirklich aufgegeben, was durch den kompletten Roman spürbar war und mich durch eine dezente Arroganz stets auf Abstand hielt. Dies mag vom Autor durchaus beabsichtigt gewesen sein, bei mir persönlich kam das Ganze aber nicht gut an und erzeugte eher eine Art Antipathie für die entsprechenden Figuren. Vor allem empfand ich Giannas wiederholt vernichtende Gedanken und Aussagen über Touristen sehr befremdlich und störend.

Zudem erschien mir die Erzählung generell eher wie eine Rohfassung, da mir Handlung und Spannungsbogen unwahrscheinlich reduziert vorkamen. Im Grunde mag ich keine langen Ausschweifungen im Geschehen, aber ohne die eine oder andere Ausschmückung, wäre es letzten Endes wohl eine sehr kurze Geschichte geworden. Auf mich wirkten Giannas Entdeckungen, aber auch Francescos private Untersuchungen, irgendwie lose, und für die Brisanz der Situation thematisch vernachlässigt. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass mehr oder weniger nur das mysteriöse Treffen erzählt werden wollte, das mich verdächtig nahe an Szenen aus Stanley Kubricks „Eyes Wide Shut“ erinnerte. Mir war dieser Showdown letzten Endes, im Verhältnis zu den dürftigen Ermittlungen im Vorfeld, zu ausgedehnt und nicht erklärend genug. Strenggenommen fehlte mir schlussendlich das befriedigende Gefühl eines Abschlusses.

Insgesamt war ich etwas überrascht über die Umsetzung dieses Kriminalromans. Meiner Meinung nach hätte man an vielen Ecken mehr Informationen fließen lassen und interessante Spuren ausgiebiger verfolgen können. Die Geschichte las sich, stilistisch gesehen, zwar hervorragend, Figuren und Umsetzung hätten meiner Meinung nach allerdings ein Upgrade vertragen können. Eine klare Leseempfehlung gebe ich hier daher nicht. / 2,5 Sterne

Bewertung vom 17.05.2024
Promise Boys - Drei Schüler. Drei Motive. Ein Mord.
Brooks, Nick

Promise Boys - Drei Schüler. Drei Motive. Ein Mord.


ausgezeichnet

Diese Story las sich fabelhaft, was nicht nur an der abwechslungsreichen Gestaltung der Kapitel lag, die sich vor allem anfangs sehr sachlich, durch Befragung der Beobachter, aber auch der Verdächtigen selbst, kennzeichnete. Die Veranschaulichung der Sichtweisen von Kläger und Beklagten förderte meines Erachtens einen etwas objektiveren Blick auf den Stand der Dinge, was der Bildung einer eigenen Meinung bezüglich der Situation, spielerisch zugutekam. Ich empfand diesen außergewöhnlichen Kniff spannend und herausfordernd, wobei aber manchmal etwas Konzentration gefragt war, um die verschiedenen Wahrnehmungen und Vorgänge gedanklich zu sortieren.

Zudem hatte Nick Brooks im Chaos der Mutmaßungen viele gewichtige Aspekte in die Erzählung eingebunden, wie Vorurteile, persönliche Dissonanzen oder auch Rassismus. Ich mochte die Art und Weise wie dies kommuniziert wurde, nämlich unmissverständlich und unverkrampft, ohne Überthematisierung der jeweiligen Punkte, was dabei half, den Fokus auf das Kerngeschehen, nämlich die Überführung des Täters, zu richten. In dieser Hinsicht waren falsche Fährten und viele Theorien am Start, die vom Autor ausgezeichnet anvisiert und mit perfiden Machenschaften, wie Machtmissbrauch, Veruntreuung von Geldern oder Korruption in Verbindung gebracht und prima für jüngere Leser in Form gebracht wurden.

Sehr gelungen fand ich außerdem die Darstellung der Protagonisten, die sich für mich nicht nur nahbar, sondern auch entwicklungsfähig und charakterstark zeigten, trotz der tiefgreifenden Torturen, welche ihnen in dieser Schule auferlegt wurden. Die jungen Leute wirkten alle sehr glaubhaft auf mich, was unter anderem durch den passenden Schreibstil verdeutlicht wurde, der regelmäßig Umgangssprache in die Dialoge einbezog und somit auch für eine authentische Atmosphäre außerordentlich hilfreich war. Außerdem mochte ich das allmähliche, sich gegenseitige Annähern der drei Schüler, mit dem Ziel, sich vom Tatverdacht reinzuwaschen. Die Angst, die alle umtrieb, war förmlich greifbar, aber Mut und Zusammenhalt triumphierten ziemlich schnell, als jeder seine Stärken einbrachte, um sich gemeinsam ihrer persönlichsten Mission zu stellen. Schön, dass den Beschuldigten immer verständnisvolle Freunde zur Stelle waren, die ihre Loyalität bewiesen, indem sie ihnen in jeder Lage zur Seite standen und zum Ende hin mehr und mehr ihre Nebenrolle ablegen durften, was meines Erachtens die Weitsicht des Autors kennzeichnete. So zeigte sich auch, dass diese Kids über unglaubliche Talente verfügten, welche aber unter dem Druck von Verboten und Regeln verscharrt, doch im Laufe des Geschehens, aber spätestens während des berührenden Showdowns ins Rampenlicht gebracht wurden, was mich sehr berührte.

Am Ende hätte ich mir für den Moment der Wahrheit einen Überraschungseffekt gewünscht, der sich für mich aber leider nicht einstellte. Zudem wirkten manche Einzelheiten in der Rückschau des Gesamtgeschehens nicht ganz glaubwürdig, was für mich jedoch kaum ins Gewicht fiel, da mir die Aufklärung am Ende in sich logisch erschien.

Insgesamt hat „Promise Boys“ allerdings einen richtig guten Eindruck bei mir hinterlassen, und daher empfehle ich das Buch gerne weiter! Ein spannender Jugendthriller, vollgepackt mit denkwürdigen Inhalten, Verdachtsmomenten und Entwicklungen. Aufregend, authentisch, lehrreich, und gut zu lesen. / 4,5 Sterne

Bewertung vom 15.05.2024
French Kissing in New York
Jouhanneau, Anne-Sophie

French Kissing in New York


gut

Margot und Zach lernen sich in Paris kennen und verbringen eine denkwürdige Nacht miteinander. Als sie sich trennen, tauschen sie keine Telefonnummern aus, sondern lassen das Schicksal über ihr Wiedersehen entscheiden. Und so verabreden sie sich für ein Treffen in New York – ein Jahr später. Als die Zeit gekommen ist, hat Margot schon erste Erfahrungen in der Restaurantszene der Stadt gemacht, und macht sich auf den Weg, um Zach zu finden. Zum Glück gibt es Margots charmanten Kollegen Ben, der mit ihr auf die Suche geht, und der sie mit ganz anderen Augen sieht, als sie ahnt.

Den Beginn dieser Liebesgeschichte fand ich unfassbar schön und atmosphärisch. Anne-Sophie Jouhanneau hat Margots und Zachs Nacht in Paris sehr gefühlvoll, ja schon fast magisch, erzählt. So war es leicht, sich in die Möglichkeiten hinein zu träumen, welche die nahe Zukunft für die Protagonistin bereit halten könnte. Kitschig wurde die Geschichte jedoch nie, denn das raue Arbeitsleben in einer Restaurantküche, in welches Margot hineingeworfen wurde, bildete einen interessanten und realitätsnahen Gegenpol zu den sehnsuchtsgeprägten Erwartungen einer nahezu perfekten Liebe.

Im Laufe des Geschehens war Margot gezwungen sich zu entwickeln und zu wachsen, denn ihre Vorstellung von einem kometenhaften Aufstieg als Sterneköchin konnte sie ziemlich schnell unter ihren Töpfen und Pfannen begraben. Aber nicht nur der Beruf, sondern auch Beziehungen jeglicher Art entpuppten sich als Herausforderung für die junge Frau, was zwar Dynamik ins Spiel brachte, mir aber auch eine Seite der Protagonistin zeigte, mit der ich bis zuletzt nicht warm wurde, was mir das Leseerlebnis ziemlich verleidete. Für mich war Margot viel zu egozentrisch und daran gewöhnt, dass sich alle um sie kümmerten. Diese Charakterzüge wurden beispielsweise auch durch ihren Umgang mit dem reizenden Ben deutlich, dessen Gefühle sie phasenweise bewusst ignorierte und ihn stets dann für ihre Zwecke einsetzte, wann immer es ihr passte. Eine erinnerungswürdige Persönlichkeit war die junge Frau für mich daher bis zum Schluss nicht, ganz im Gegensatz zu Ben, über den ich gerne etwas mehr gelesen und erfahren hätte. Diesbezüglich gefielen mir die Abschnitte außerordentlich gut, in welchen Ben Margot "sein" New York erleben ließ, während er sich überaus aufmerksam und hilfsbereit zeigte.

Die Idee an sich hatte allerdings wirklich etwas für sich. Es fanden sich viele spannende Aspekte innerhalb des Romans, wie die Arbeitsweise in einer Restaurantküche oder die bunte Kultur in New York, außerdem die zarten Bande, die Ben mit Margot zu knüpfen versuchte, sowie die lebendigen Momente, welche beide miteinander teilten. Auch die überraschende Wende im Schlussakkord wäre wohl aufregend geworden, hätte die Autorin das Ganze nicht so schnell abgehandelt. Doch so ich nahm das Ende eher konstruiert wahr, das Margots Entscheidung im emotionalen Bereich nur sehr oberflächlich abhandelte.

Daher bleibt für mich „French Kissing in New York“ ein eher durchschnittliches Jugendbuch, dessen Potenzial einfach nicht ausreichend ausgeschöpft wurde. Interessierte Leser erwartet hier allerdings ein ansprechender, emotionaler Schreibstil und eine spürbar freundschaftliche, interkulturelle Verbindung zwischen Frankreich und den USA, die ich als sehr stimmig empfand. Von mir gibt es daher eine Leseempfehlung mit Einschränkungen.

Bewertung vom 11.05.2024
Die Verlierer
Hammesfahr, Petra

Die Verlierer


weniger gut

Kommissarin Rita Voss wird auf einen undurchsichtigen Fall angesetzt. Fred Keller wird beschuldigt, seine Frau umgebracht zu haben. Er selbst erklärt, dass diese ihm während des gemeinsamen Urlaubs weggelaufen ist, was sie vor Monaten schon einmal getan hat. Auch sein Stiefsohn Till taucht plötzlich nicht mehr auf, und niemand weiß, wo er sich aufhält. Versteckt sich dahinter eine Entführung mit Lösegelderpressung? Doch Rita Voss vermutet mehr dahinter, vielleicht sogar Mord. Als plötzlich eine weitere Frau nach dem gleichen Muster verschwindet, gibt dem Fall nun eine ganz andere Dimension.

Für diesen Thriller hatte ich mich nach einer Leseprobe entschieden, die mir aufgrund des Auftretens der Kommissarin Rita Voss und dem natürlichen Schreibstil der Autorin sehr gut gefiel. Zudem kannte ich bis dahin noch kein Werk aus der Feder von Petra Hammesfahr, habe seitens ihrer Bücher allerdings schon viele begeisterte Stimmen aus der Leserwelt wahrgenommen. Mit „Die Verlierer“ konnte ich mir nun ein eigenes Bild machen.

Rückblickend hatte ich allerdings nur wenig Spaß an der Lektüre, nach Psycho-Spannung, wie auf dem Cover angepriesen, suchte ich bis zum Schluss vergeblich. Ich würde diese Geschichte eher als Kriminalroman deklarieren, denn mir raubte nicht eine Szene wirklich den Atem oder spannte mich auf die Folter. Ganz im Gegenteil, je näher ich dem Ende des Buches kam, desto gelangweilter war ich vom Geschehen, und selbst die eine wirklich überraschende Wende im Zuge der Auflösung, konnte mir nur ein müdes Augenrollen entlocken.

Mit der Zeit empfand ich die Erzählweise monoton und ausschweifend, wobei die Figuren für mich auf Distanz blieben. Ich fühlte mich auch nicht von den Entwicklungen und Erlebnissen der Charaktere mitgenommen, betrachtete alles nur von Außen und wunderte mich zudem, dass mir Rita Voss lediglich als Nebenfigur erschien, deren Präsenz mir kaum in Erinnerung blieb. Die Geschichte erzählte sich daher, meiner Meinung nach, mehr oder weniger von selbst, während die Ermittlungsarbeit des Teams auf mich eher lose und oberflächlich wirkte. Schlussendlich fesselte mich dieser Fall überhaupt nicht, lediglich die Neugier hielt mich bis zuletzt bei der Stange.

Allerdings gefiel mir die Perspektive und die Idee, aus der das Verbrechen geschah. Der Hinweis, dass vermeintliche Opfer vielleicht auch Täter sein könnten, fand ich erfrischend. Jedoch hat mir die Umsetzung insgesamt einfach nicht zugesagt.

Somit konnte mich „Die Verlierer“ als Psycho-Thriller leider überhaupt nicht erreichen und meine Erwartungen diesbezüglich nicht erfüllen. Dies war für mich kein eindrückliches Buch, sondern eine eher langatmige Geschichte, ohne ausreichende Ermittlungsarbeit der Kommissare, fehlendem Nervenkitzel und einer, zwar überraschenden, aber auch unspektakulären Auflösung, die mich unzufrieden zurückließ.

Bewertung vom 10.05.2024
The Summer of Broken Rules
Walther, K. L.

The Summer of Broken Rules


weniger gut

Meredith hat vor einiger Zeit ihre Schwester Claire bei einem Autounfall verloren und diesen Verlust bisher nicht überwunden. Doch nun ist sie fest entschlossen nach Vorne zu schauen und will damit auf der Hochzeit ihrer Cousine auf Martha`s Vineyard beginnen. Die Familie befasst sich während ihrer Treffen seit jeher mit einem Spiel, welches Meredith dort für Claire gewinnen will. Doch sie hat nicht mit Wit gerechnet, einem gutaussehenden Trauzeugen, der sie gehörig vom Spiel ablenkt. Dabei hatte sie doch überhaupt kein Interesse daran ihr Herz zu verlieren...

Von diesem Roman bin ich im Nachhinein sehr enttäuscht. Ich erwartete eine mitreißende Liebesgeschichte, gespickt mit sensiblen Momenten der Trauerbewältigung, plus lebendigen Spaß und Turbulenzen hinsichtlich der im Klappentext angekündigten Sommerhochzeit. Kurz gesagt: Eine Mischung mit Tiefgang. Doch leider bekam ich nur eine Prise davon, denn mir fehlte insgesamt der Zugang zu der Geschichte, die mich somit emotional nur im Mindestmaß erreichen konnte. Schuld daran war zum größten Teil der Schreibstil, der mir sehr distanziert und nüchtern vorkam, wobei mancher Dialog durch seine unerwartete Schärfe die gemütliche Atmosphäre empfindlich störte.

Überraschenderweise nahm das traditionelle Familienspiel unheimlich viel Raum ein, was mich im Laufe des Geschehens immer mehr langweilte. Außerdem wurde der Wettbewerb von den meisten Teilnehmern außerordentlich ernst genommen, was ich absolut nicht nachvollziehen konnte. Zusätzlich spielte die Sommerhochzeit leider nur eine kleine Nebenrolle und schien nur Aufhänger für die Anwesenheit der zahlreichen Figuren vor Ort zu sein. Ich hatte tatsächlich Schwierigkeiten mir die einzelnen Charaktere einzuprägen, wie auch deren Wohnsituation auf dem Anwesen, was am Ende aber ziemlich unerheblich schien. Allerdings tröstete mich der wundervolle Handlungsschauplatz und das Flair des Insellebens über einiges hinweg.

Außerdem konnten die Protagonisten Meredith und Wit keinen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Das Kennenlernen der beiden und die Festigung ihrer Beziehung entwickelte sich viel zu schnell und gefühlt in Sprüngen, wobei sie manchmal ein etwas schräges Verhalten an den Tag legten, was mich mehr als einmal verwirrt innehalten ließ. Denn zwischen den Zeilen konnte ich das Aufblühen und das Wachstum der Liebe zwischen den jungen Leuten leider nicht fühlen.

Aus meiner Sicht war „The Summer of Broken Rules“ daher ein ziemlicher Reinfall. Ich hatte wenig Freude an der Geschichte, die sich zwar mit einem einmaligen Handlungsschauplatz, meines Erachtens aber auch mit Distanziertheit und seltsamen Handlungsschwerpunkten auszeichnete. Schlussendlich werde ich in diesem Fall auf eine Leseempfehlung verzichten.

Bewertung vom 04.05.2024
Gnadenlose Provence / Commissaire Leclerc Bd.8
Lagrange, Pierre

Gnadenlose Provence / Commissaire Leclerc Bd.8


ausgezeichnet

Erneut steht die „Tour de France“ an und auch Ex-Kommissar Albin Leclercs Heimatort soll zur Fanmeile werden. Doch wenige Tage vor dem Eintreffen der prominenten Radsportler treibt im Umkreis ein Serienmörder sein Unwesen und zielt ausgerechnet auf einzelne Radrennfahrer. Die Beamten Theroux und Castel zeigen sich entsetzt über die Vorfälle und holen sich Leclerc ins Boot. Als erfahrener Ermittler hat er nämlich bereits Ahnungen, die zum Täter führen könnten und nimmt sich dem Fall wie gewohnt in eher unkonventioneller Weise an.

Diesen achten Band um den eigenwilligen Albin Leclerc fand ich großartig und einen der besten der Reihe. Rückblickend schien mir die Idee des Falls gut ausgearbeitet, vor allem was die erschütternden Hintergründe betraf, wobei die anstehende Etappe der Tour de France zusätzlich für einigen Termindruck sorgte.Tempo und Brisanz hatten hier also augenscheinlich das Heft in der Hand, wobei Leclerc fast auf sich allein gestellt war, als er mehrmals knapp am Tod vorbeischrammte, denn die Kommissare Theroux und Castel erschienen mir eher hilflos, und rückten daher dieses Mal eher in den Hintergrund.

Meinem Empfinden nach konnte das Konzept von später Rache in diesem Krimi eindeutig fesseln. Der Autor forderte mich auf dem Höhepunkt der Gefahr nämlich ziemlich heraus, indem er mich am Schicksal des Täters in sehr emotionaler Art und Weise teilhaben ließ und die Frage nach wirklicher Gerechtigkeit in den Raum stellte. Außerdem zog während der Ermittlung immer eine geheimnisvolle Atmosphäre mit, für die eine elitäre Gruppe verantwortlich war, die eine Art Treueeid verband. Meiner Meinung nach fantastisch umgesetzt.

Natürlich fehlten auch die herzerwärmenden Momente nicht, vor allem jene innerhalb der Freundschaft zwischen Albin und Matteo. Ich mochte diese besondere Männerfreundschaft, die nie viele Worte brauchte, und trotz politisch gegensätzlicher Ansichten immer ihre Stabilität und ihre spürbare Herzlichkeit behielt. Die brummig-liebevollen Dialoge zwischen den beiden brachten mich auch dieses Mal immer wieder zum Schmunzeln.

Am Ende entpuppte sich „Gnadenlose Provence“ als themen- und temporeicher Krimi, der mich in jeder Hinsicht unterhalten und begeistert hat. Ich spreche somit eine eindeutige Leseempfehlung aus, auch für interessierte Leser, welche die Vorgänger-Bände noch nicht kennen. Der Fall lässt sich gut reihenunabhängig lesen.