Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
buchmachtkluch
Wohnort: 
Siegen

Bewertungen

Insgesamt 20 Bewertungen
12
Bewertung vom 13.03.2023
Dalee
Gastmann, Dennis

Dalee


ausgezeichnet

Tief wie das Meer und rau wie der Wind
Ein rostiger Dampfer bringt Menschen vom indischen Festland auf die Andamaneninseln. Von der Schönheit der Eilande hat man ihnen erzählt, von einem sorglosen Leben. Unter den Hoffnungsfrohen sind auch der junge Bellini, seine Eltern und sein kleiner Bruder Du, der Glückliche, der kleine, verlauste Liebling der Götter. Die Männer sind Mahuts, Elefantenführer. Wie all ihren Vätern in den viertausend Jahren zuvor, ist auch Bellini die Zukunft als Mahut vorbestimmt, als Mahut ihres Arbeitselefanten, des Großen Grauen „Dalee“. Noch ahnt keiner von ihnen, was sie auf dem Archipel erwartet: undurchdringlicher Dschungel, Morast, giftige Tiere, Katastrophen und unberechenbare Ex-Sträflinge eines ehemaligen Kolonialgefängnisses.
Was für ein Roman! Wann habe ich das letzte Mal so großartige Literatur genießen dürfen? Opulent und überbordend die Szenerien, detailversessen und mitreißend die Handlung, eine kaum zu überbietende Wortschatzfülle, eine zutiefst wunderbare Sprache. Mit feinfühliger Intimität und Wärme erlebt man bedingungslose Freundschaft zwischen Mensch und Tier, aber auch Tragik und schmerzliches Abschiednehmen. Alt ist Dalee, uralt für einen Arbeitselefanten, aber immer noch stark und kräftig. Er trägt Bellini sieben Meilen schwimmend auf die Orangeninsel, versteht jede Anweisung, jeden noch so kleinen Wink – bis er beginnt, sein Gedächtnis zu verlieren und zur Gefahr zu werden. Basierend auf tatsächlichen Begebenheiten hat Dennis Gastmann einen in jeder Hinsicht exzellenten Roman geschrieben. Einfach nur großartig!

Bewertung vom 09.01.2023
Frankie
Köhlmeier, Michael

Frankie


ausgezeichnet

Bis zur letzten Seite unglaubwürdig
Laut Klappentext erzählt Michael Köhlmeier „von einer Initiation, von Rebellion und Befreiung und der ewigen Faszination des Bösen – von einem Duo, das man nie wieder vergisst.“ Nie wieder? Im Gegenteil: so schnell wie möglich! Es ist keineswegs der erste Roman, den ich von Köhlmeier lese. Umso mehr enttäuscht mich eine derart absurde, unlogische, hanebüchene und völlig unglaubwürdige Geschichte wie die von Frankie und seinem Opa, der als ausgesprochener Kotzbrocken seinen 26 im Gefängnis verbrachten Jahren mit seinem Verhalten Tribut zollen muss. Da passt für mein Empfinden überhaupt nichts zusammen. Mag sein, dass der vaterlos aufwachsende Vierzehnjährige eine Ersatzfigur in seinem Leben benötigt. Aber was ihn, der gerne kocht und zu Mama ins Bett huscht, an seinem Opa, den er so gut wie gar nicht kennt, fasziniert, liegt jenseits meiner Vorstellungskraft. Den ungehobelten Flegel als Vorbild, der mit Enkel und Tochter nach seinem Gusto umspringt, seinen Enkel schlägt, in seinem Beisein ein Auto klaut, ihm „das Fahren beibringt“, ihn allein auf der Autobahn zurücklässt mit der Begründung, er könne ja jetzt selbst nach Wien zurückfahren, der seine Mitschüler durchgängig als „Arschlöcher“ tituliert, der alles und jeden „beschissen“ findet (vielleicht zählt mal jemand, wie oft dieses Wort im Text vorkommt). Höhepunkt des Ganzen: Er schenkt dem Jungen eine Pistole. Da mögen mir die Entwicklungspsychologen mit Erklärungen über Initiation, Rebellion und Befreiung weiterhelfen. Auch Details wirken äußerst unlogisch. Der Alte wohnt nach seiner Entlassung ein paar Tage bei Tochter und Enkel. Am ersten Tag klaut er den Reserveschlüssel zur Wohnung. Nach dem Bezug der eigenen Wohnung und der Gewalt gegen den Enkel, taucht er vor der ersten Wohnung auf, will unbedingt hinein und droht, die Tür einzutreten. Mit dem Schlüssel in der Tasche? Als er Tage später (dank des Schlüssels) mitten in der Nacht im Schlafzimmer des Enkels steht, will dieser, dass sein Opa ihn mitnimmt. Wie bitte? Anschließend läuft das eigenartige Duo weit über eine Stunde durch den 4. Bezirk bis über Schloss Schönbrunn hinaus, ohne dass ein Mensch sie sieht. Mag ja sein, dass Wien nachts so tot ist wie die letzte im 16. Jahrhundert verendete arme Kirchenmaus im Stephansdom, aber … Ich merke, ich bade jetzt förmlich in meiner maßlosen Enttäuschung über diesen neuen Köhlmeier. Vielleicht hat er aber auch etwas Gutes: Mit „Frankie“ habe ich möglicherweise den schlechtesten Roman des neuen Jahres schon im Januar hinter mich gebracht!? Wär das schön!

Bewertung vom 07.01.2023
Das glückliche Geheimnis
Geiger, Arno

Das glückliche Geheimnis


sehr gut

Sich Teilzeit in die Gosse werfen …
.. gibt mit Arno Geigers eigenen Worten treffend wieder, wie er sein Handeln, sein glückliches Geheimnis selbst empfindet. Als Student in heruntergekommenen Wohnverhältnissen lebend, streift er durch die Straßen Wiens und klaubt aus Papiercontainern Bücher, Fotos, Dokumente zusammen. Aus purer Neugier, aber auch aus der Not heraus geboren, schließlich sichert ihm der anschließende Verkauf doch zugleich den Lebensunterhalt. Es gehört für ihn dazu, für sein Tun eine gewisse Scham zu empfinden. In Dingen zu wühlen, die andere weggeworfen haben, entsprich nicht den Konventionen seiner Herkunft. Die Einblicke, die Geiger in sein Leben und seine Gedanken gewährt, sind von einer überraschenden, geradezu hemmungslosen Offenheit. Das macht die besondere Stärke dieses Buches aus. Den Spuren seines Doppellebens, unerwarteten Lebenswendungen, schmerzlichen, traurigen, aber auch wunderbaren Begegnungen zu folgen – darauf sollten und können sich die Leser*innen vorbehaltlos einlassen. Selbst als erfolgreichen Schriftsteller lässt ihn diese Obsession des Sammelns, des Suchens und Findens nicht los, und die Vorstellung, dass ein mehrfach ausgezeichneter und finanziell unabhängiger Autor kopfüber in einem Papiercontainer steckt, hat mehr als nur groteske Züge. Mag sein, dass es nicht Geigers bestes Buch ist, sein persönlichstes ist es allemal.

Bewertung vom 28.10.2022
Feldpost
Borrmann, Mechtild

Feldpost


gut

Schicksale in Zeiten der Diktatur
Es gibt sie überaus zahlreich: Romane aus der unsäglichen Zeit der Nazi-Diktatur. Aber jedes dieser realen oder fiktiven Schicksale berührt immer wieder und lässt einen oft fassungslos zurück. Wie war das möglich? Wie konnte all das Unglaubliche passieren? Wie wurden aus Freunden Feinde und Denunzianten? Eine Antwort darauf kann auch Mechthild Borrmanns neuer Roman „Feldpost“ nicht geben. Sie lässt uns teilhaben am Schicksal der Familie Kuhn, insbesondere ihrer Kinder Adele und Albert. Ein Stapel Feldpostbriefe, den eine zunächst Unbekannte der Kasseler Anwältin Cara Russo übergibt, löst Nachforschungen aus, die ein bis dato gehütetes Geheimnis an den Tag bringen: die Liebe zwischen Albert Kuhn und dem heute verheirateten Richard Martens. Gleichgeschlechtliche Liebe in Zeiten von Rassenwahn und Gefasel von deutschem Blut und deutscher Ehre, „Widernatürliches, abartiges Verhalten“ unter dem Hakenkreuz. Für die Machthaber undenkbar, für die Betroffenen ein Martyrium. Die Schatten reichen bis in die Gegenwart, die Frage nach der eigenen Schuld und Mitverantwortung ist plötzlich wieder da, wenngleich sie nie wirklich weg war.
Die Autorin erzählt die Geschichte auf zwei Zeitebenen, anfangs der 2000er-und der 1930/40er-Jahre, und weckt eine tiefe Empathie für die Protagonisten. Mitunter leidet der Erzählfluss an einem eher sachlich-referierenden Sprachstil, der den Eindruck erweckt, als gelte es, möglichst viel Rechercheergebnisse in möglichst schneller Folge unterzubringen. Da fehlt es mir an Charaktertiefe. Etliche Passagen hätte ich mir weniger betulich, dafür intensiver gewünscht, auch gerne auf Kosten eines allumfassenden Panoramas. Ansonsten erweist sich die Autorin, wie auch in ihren vorhergehenden Romanen, als genaue und detailreiche Beobachterin. Ein handwerklich passabler Roman, für Borrmann-Fans sicher ein Muss.

Bewertung vom 21.10.2022
Café Leben
Leevers, Jo

Café Leben


sehr gut

Jetzt ist er tot, Terry Vickerson – zugegeben, ein ziemlich unschöner Tod. Aber für seine Witwe Annie die Gelegenheit, etwas Neues zu beginnen und Versäumtes nachzuholen, die jahrzehntelange Ehe mit einem unberechenbar-tyrannischen Mann hinter sich zu lassen. Und dann das: Pankreaskrebs im Endstadium! Neben Annie bringt die Autorin Jo Leevers mit Henrietta nicht nur ihre zweite Protagonistin ins Spiel, sondern auch ihre faszinierende Lebensbuch-Idee. Die verschlossene Henrietta lebt allein mit ihrem Hund Dave in ihrer Komfortzone, die sie eher widerwillig verlässt. Sie hat einen ungewöhnlichen Job angenommen, trifft sich mit Menschen, deren Lebenszeit absehbar sehr begrenzt ist, im Café Leben und zeichnet ihre persönlichen Geschichten auf. Für die Zurückbleibenden, die Trauernden, zur Erinnerung. Annie und Henrietta, zwei gegensätzliche Charaktere, die erst einmal zueinander finden müssen. Jo Leevers gelingt es trefflich (von wenigen entbehrlichen Längen abgesehen), die Leser:innen an der wechselvollen Biografie der beiden teilhaben zu lassen. Durch geschickt eingefügte Rückblenden und chronologisch erzählte Gegenwartsereignisse entsteht das Bild zweier letztlich starker Frauen, aber auch ihrer verpassten Chancen. Mit einem besonderen Kniff greift die Autorin einen roten Faden auf, der sich durch ihren gesamten Debütroman zieht und die Handlung vorantreibt. Annies geliebte Schwester Kathleen ist vor Jahrzehnten spurlos verschwunden, alles deutet auf ihren Tod hin. Henrietta macht es sich zur Aufgabe, Licht in das Dunkel zu bringen, den ungeklärten Fall noch zu Annies Lebzeiten zu lösen. Das bringt manche überraschende Wendung, immer nachvollziehbar, durchaus stringent und nicht, wie man befürchten könnte, an den Haaren herbeigezogen. So ist eine Mischung entstanden aus berührenden, traurigen, beeindruckenden Schicksalen und einem obskuren Vermisstenfall. So viel sei verraten: Henriettas Beharrlichkeit führt zum Ziel, aber überraschend anders, als man vermutet hätte. Ein lesenswertes Buch für kommende Herbstabende, das Cover ein echter Hingucker!

Bewertung vom 30.04.2022
Kaltherz
Faber, Henri

Kaltherz


ausgezeichnet

Gänsehaut und Spannung pur
Nur für acht Minuten lässt Clara Lipmann ihre Tochter Marie allein im Auto. Als sie zurückkommt, ist die Fünfjährige spurlos verschwunden. Klassischer Fall von Kindesentführung, denkt man. Falscher Name, falscher Pass und ebenfalls verschwunden: Maries Kindermädchen gerät schnell ins Visier der Ermittler. Wer jetzt glaubt, dass die folgenden 400 Seiten der Jagd nach der Verdächtigen gewidmet sind, kennt Henri Faber schlecht. Der Autor hat mit der Kommissarin Kim Lansky einen Charakter geschaffen, dem man als Leser:in nur zu gerne folgt. Was haben Medea, ein ominöser Pater, Lanskys Kollege und Jugendfreund Rizzi und Carlas kaltschnäuziger Ehemann Jakob mit diesem Fall zu tun? Vorsicht: Wer sich auf der vorgegebenen Fährte sicher wähnt, kommt anschließend um ein Wechselbad der Gefühle nicht herum. Und gerade das macht die Spannung dieses Thrillers aus. Die Wendungen des Falls schlagen immer dann überraschend zu, wenn die Spur über alle Zweifel erhaben zum Ziel zu führen scheint. Es ist wie im realen Leben: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Bis zum Schluss die Bombe platzt, als plötzlich … Keine Sorge, hier wird nichts verraten! Gänsehaut und spannende Lesestunden (wahlweise auch schlaflose Nächte) seien jeder Leserin und jedem Leser gegönnt. Henri Faber lässt die Protagonisten in jedem Kapitel wechselweise aus ihrer Perspektive in der Ich-Form erzählen. Das garantiert Abwechslung und treibt die Handlung kurzweilig voran. Der schnörkellose Erzählstil des Autors, seine Gradlinigkeit ohne unnötiges Abschweifen sorgen dafür, dass man das Buch nur widerwillig aus der Hand legt und bis zur völlig überraschenden Auflösung gerne am Ball bleibt.

Bewertung vom 03.02.2021
Der Solist
Seghers, Jan

Der Solist


ausgezeichnet

Maulfaul und unfreundlich
… sei er, und außerdem arbeite er am liebsten allein. So die Selbsteinschätzung des Frankfurter Ermittlers Neuhaus, der als „Solist“ ins Team der neugegründeten Berliner „Sondereinheit Terrorabwehr“ berufen wird. Auch wenn Teamarbeit nun gar nicht sein Ding ist, muss er doch erkennen, dass Alleingänge nicht immer das Nonplusultra sind. Man schreibt den September 2017, und der verheerende Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz liegt noch kein Jahr zurück. Die drei Morde, die die Hauptstadt jetzt in kurzer Folge erschüttern, lassen offenbar nur einen Drahtzieher erkennen: der islamistische Terror aus dem Umfeld des skrupellosen Anis Amri. Die Story, die Jan Seghers in seinem neuen Roman entwickelt, hat es in sich. Das ist Spannung von Anfang bis Ende, wie vom Autor zu erwarten in schneller Abfolge, ohne Schnörkel und Weitschweifigkeit, prägnant, auf den Punkt, atemlos. Trotz größtenteils fiktionaler Elemente erweisen sich Handlung und Hintergründe als höchst aktuell. Die Partei „Die Aufrechten“ weist mit ihren Strukturen, ihrem Personal und ihren Phrasen eindeutig in die Richtung der rechtspopulistischen und rechtsextremen Demagogen. Aber da tun sich noch ganz andere Abgründe und Vernetzungen auf, die in jüngster Zeit die Schlagzeilen bestimmten und die Lösung der Fälle gar nicht so überraschend erscheinen lassen. Ich konnte das Buch einfach nicht aus der Hand legen, es wurde eine lange, überaus spannende Lesenacht! Klasse!

Bewertung vom 02.10.2020
Flo, der Flummi und das Schnack (eBook, ePUB)

Flo, der Flummi und das Schnack (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Vorlesebuch vom Feinsten
Noch ein Vorlesebuch? Ja, und ein ganz besonderes! „Flo, der Flummi und das Schnack“ sind – wie es im Untertitel völlig zu Recht heißt – Vorlesegeschichten für Kinder und Eltern, „die sich nicht langweilen möchten“. Zu ergänzen wäre: auch für Enkel und Großeltern! Auf über 200 Seiten finden sich 31 Geschichten, erzählt von bekannten Autorinnen und Autoren mit einem sicheren Gespür und einem großen Herz für ihre (Leser- und) Zuhörerschaft. Von A wie Anton dem König der Äpfel bis Z wie Zappelchen der Hausspinne gilt es, kindgerechte spannende, humorvolle, witzige und nachdenklich stimmende Erzählungen für Kinder von 3 bis 6 Jahren zu entdecken. Zwei Geschichten für Acht-/Neunjährige sprengen den Altersrahmen ein wenig. Neben den Altersangaben ist die jeweils genannte Vorlesedauer eine wertvolle Hilfe. Jede Geschichte ist ein Schatz für sich in dieser mit viel Liebe und Sorgfalt zusammengestellten Sammlung. Meine persönliche Lieblingsgeschichte ist und bleibt diejenige, die dem Buch seinen Titel gab. Die Geschichte von Flo, der unfreiwillig die Buchstaben verwechselt, deshalb für kuriose Situationen sorgt und bei seinen Mitschülern als Sonderling gilt, weckt große Empathie – und geht natürlich gut aus. Wunderbar erzählt!
Besonders hervorzuheben sind die großartigen Illustrationen von Martina Liebig. Sie dürften neben den Geschichten selbst für nachhaltigen Gesprächsstoff mit den kleinen Zuhörern sorgen. Sie sind einfach ein ästhetischer Genuss!
Also, liebe Eltern und Großeltern: Vorlesen ist angesagt, an jedem Tag des Monats eine der 31 Geschichten. Und dann? Garantiert heißt es dann unisono: Wieder von vorne anfangen!

Bewertung vom 22.09.2020
Bis wir uns wiedersehen
Bailey, Catherine

Bis wir uns wiedersehen


sehr gut

Zutiefst widerwärtige Ideologie

1944: Die Brüder Konrad und Robert Vorhof, vier und zwei Jahre alt, sitzen in einem Wagen, der sie in ein Waisenhaus bringen soll. Eigentlich heißen die beiden Corrado und Roberto Pirzio-Biroli. Das System des größen- und auch sonst wahnsinnigen Diktators hat ihnen ihre Identität und sie selbst ihren Eltern entzogen. Warum? Fey, ihre Mutter, ist die Tochter des Widerstandskämpfers und Nazigegners Ulrich von Hassell, der, zum Kreis der „Verschwörer des 20. Juli“ gehörend, später hingerichtet werden wird. Für die nahen Angehörigen dieser „Verräter“ kennen die Nazis nur eines: Sippenhaft.
Wer beim Titel „Bis wir uns wiedersehen“ ausschließlich die Spurensuche nach den verschwundenen Kindern erwartet, liegt falsch. Catherine Bailey begleitet vielmehr Fey Pirzio-Biroli auf ihrer mehrmonatigen Odyssee durch die Konzentrationslager Stutthof, Buchenwald und Dachau. Neben zahllosen historischen Details (im ersten Teil des Buches fast zu viel des Guten!) fesseln die gründlichen, aufwändigen Recherchen im weiteren Verlauf umso mehr, lassen den Leser mitleiden und – obwohl er um die Gräueltaten der Nazis weiß – fassungslos und wütend werden. Es übersteigt die Vorstellungskraft immer wieder aufs Neue, zu welchen Taten Menschen fähig sind. Dabei „genießen“ Fey und ihre „prominenten Mitgefangenen“ einen Sonderstatus. Heinrich Himmler hält die Hand über sie, schließlich plant er ja, sie wohlbehalten als Faustpfand zu behalten, um selbst heil aus diesem grausamen Desaster herauszukommen..
Zahlreiche größtenteils private Fotos, Karten, Fußnoten und Quellenangaben runden dieses fundierte Buch ab. Und im Gegensatz zu tausenden anderen Schicksalen geht das Drama für Fey und ihre Söhne letztlich gut aus.

Bewertung vom 02.08.2020
Mein Puste-Licht-Buch: Wenn im Dunkeln Sterne funkeln
Nömer, Christina

Mein Puste-Licht-Buch: Wenn im Dunkeln Sterne funkeln


ausgezeichnet

Fuchs und Bär, Ente und Maus werden liebevoll von Mama, Papa und Oma zu Bett gebracht. Zauberhafte Illustrationen in warmen Farben, kurze, ansprechende Texte über Erlebnisse, die jedem Kind nur allzu bekannt und vertraut sind, Gelegenheit für Entdeckungen und Raum für die eigene Fantasie. Ja, und dann kommt auf jeder Seite das Besondere dieses Buches: Das Kind zündet durch Pusten die Sterne am Himmel an! Im Halbdunkel des Zimmers ist der Aha-Effekt jedes Mal aufs Neue zu spüren und die Abendstimmung einfach faszinierend. Dass man Büchern durch Knopfdruck Töne entlocken kann, ist ja nicht ungewöhnlich. Aber Sterne durch Pusten zum Leuchten bringen, das ist für mich völlig neu. Und so gibt es für Lina (2) abends zurzeit nur eines: „Dunkeln Sterne funkeln!“ Eine zauberhafte Idee, ein wunderbares Gute-Nacht-Buch!

12