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carola1475

Bewertungen

Insgesamt 209 Bewertungen
Bewertung vom 29.12.2021
Kliesch, Vincent

Im Auge des Zebras / Olivia Holzmann Bd.1


sehr gut

Spannender Reihenauftakt mit viel Action und ein Wiedersehen mit Severin Boesherz

Über Deutschland verteilt, an verschiedenen Orten, werden zeitgleich und von ein und demselben Täter sieben Jugendliche entführt und deren Eltern kurze Zeit später ermordet. Was physikalisch unmöglich ist, stellt Kommissarin Olivia Holzmann vom LKA Berlin vor das größte Rätsel ihrer Karriere. Sie riskiert viel mit der Verhaftung eines Verdächtigen und steht dann doch wieder mit leeren Händen da. Widerwillig wendet sie sich schließlich an ihren früheren Kollegen und Mentor Boesherz.

Der Entführer und sein berufliches Umfeld sind früh namentlich bekannt, seine Beweggründe werden erst allmählich klar. Der Thriller bleibt abwechslungsreich durch verschiedene Perspektiven, einen flüssigen Schreibstil und einige Wendungen, die allerdings für den geübten Krimileser teilweise vorhersehbar sind. Trotzdem ist das Buch spannend und vom Hintergrund der zu Grunde liegenden Verbrechen her grauenerregend, es gibt am Schluss keine losen Enden. Und auch das auf dem düsteren Cover abgebildete Zebra spielt eine Rolle.

Was bei Severin Boesherz vielleicht zu viel war, kam mir bei anderen Protagonisten etwas zu kurz: nur Boesherz und seine ungewöhnliche geniale Beobachtungsgabe und seine Fähigkeit, daraus absolut logische Schlüsse zu ziehen, werden ausführlich beschrieben. Das mag daran liegen, dass Boesherz auch dem Autor vertrauter ist. Die beiden bereits 2013 und 2015 erschienenen Severin-Boesherz-Thriller werden im nächsten Jahr neu aufgelegt. Bei den anderen Protagonisten, vor allem Olivia, hätte ich mir eine tiefer gehende Charakterisierung gewünscht. Aber das kann ja in den nächsten Bänden dieser neuen Olivia-Holzmann-Reihe noch kommen.
Insgesamt hat mich das Buch gut unterhalten. Ich empfehle es Lesern, die sich für ungewöhnliche Ermittler interessieren und sich auch über ein Wiedersehen mit Severin Boesherz freuen.

Bewertung vom 27.12.2021
Persson Winter, Fredrik

Der Gräber


gut

Mehr Horror-Roman als Thriller

Das Cover passt zur Erzählung und deutet Düsteres und Gruseliges an.

Jedes Jahr am 6. November schlägt der Gräber zu: er kommt durch den Kellerboden ins Haus seines Opfers, von dem nur eine blutige Spur zum Loch im aufgebrochenen Boden bleibt. Es gibt keine Leiche und keine Spuren des Täters.

Die Lektorin Annika findet ein Manuskript, das sich wie eine autobiografische Erzählung eines unter der Erde lebenden Serienmörders liest und trotz moralischer und rechtlicher Bedenken beschließen sie und der von der Insolvenz bedrohte Verlag, das Buch zu veröffentlichen.

Das Buch beginnt spannend am aktuellen Tatort, die Ermittlerin Cecilia und auch Annika werden authentisch beschrieben und der Schreibstil ist flüssig und angenehm zu lesen. Gelegentlich haben mich Ausdrücke wie „ein zorniges Vibrieren des Handys“ irritiert, aber vielleicht sollen sie Annikas Empfinden wiedergeben...
Die Spannung lässt leider relativ schnell nach, indem neben Annikas beruflichem Umfeld die private Situation und die psychischen Schwierigkeiten beider Frauen in den Mittelpunkt rücken. Die Ermittlungen kommen kaum voran und bleiben ergebnislos.
Kapitelweise wechselt die auktoriale Erzählperspektive zwischen Annika und Cecilia und später kommt in Rückblenden die auktoriale Perspektive des Gräbers dazu. Verstörende Zitate aus seinem Manuskript leiten jedes Kapitel ein.

Annikas psychische Entwicklung und auch die des Gräbers kann ich nicht nachvollziehen, irgendwann hat der Roman mich verloren. Schade um das verschenkte Potential der Geschichte.

Bewertung vom 06.12.2021
Fox, Candice

606


ausgezeichnet

Mitreißend, fesselnd, überzeugend

Alle 606 Häftlinge eines Hochsicherheitsgefängnisses in der Wüste von Nevada werden freigepresst, indem Unbekannte den vollbesetzten Bus mit Angehörigen des Gefängnispersonals in ihre Gewalt bringen.

Schon das Cover deutet Dynamik, Hitze und die große Anzahl Entflohener an. Nach dem Chaos und der Dramatik des Ausbruchs konzentriert sich das Buch in verschiedenen Handlungssträngen auf ein halbes Dutzend Häftlinge und deren Flucht, sowie auf die Todestrakt-Schließerin Celine Osbourne, die aus persönlichen, zunächst unbekannten Gründen einen besonderen Hass auf John Kradle hegt, der den Ausbruch nutzen will, um seine Unschuld zu beweisen und den tatsächlichen Mörder seiner Familie zu finden.

Ich hatte von der Autorin noch nichts gelesen und war sehr neugierig. Ich wurde nicht enttäuscht, Candice Fox schreibt bildhaft, mitreißend und fesselnd, der spannende Plot ist voller Überraschungen. Die Atmosphäre im Gefängnis und dann die Charaktere, die der Leser teilweise lieber gar nicht näher kennenlernen will, werden authentisch, glaubhaft und überzeugend beschrieben. Ich war manchmal gleichzeitig abgestoßen und fasziniert. Und auch ein Grinsen konnte ich mir des öfteren nicht verkneifen, angesichts des humorvollen, auch mal sarkastischen Schreibstils.
Verschiedene Erzählperspektiven und Rückblenden vervollständigen das Bild, das sich der Leser von den Protagonisten macht und so können im Lauf der Geschichte tatsächlich, eher unerwartet, Sympathien geweckt werden.

Die Handlung bleibt raffiniert und spannend bis zum Schluss. Ich empfehle das Buch den Lesern von intelligenten Thrillern voller Action, die sich auch von teilweise brutalen Schilderungen nicht abschrecken lassen.

Bewertung vom 06.12.2021
Bryndza, Robert

So eiskalt der Tod / Kate Marshall Bd.2


ausgezeichnet

Spannende Ermittlungen
Der Fund einer Leiche im Stausee Shadow Sands wird ohne Ermittlungen durch die Polizei schnell als Unfall abgetan, obwohl der Tote ein hervorragender Schwimmer war. Das macht die frühere Polizistin Kate Marshall, inzwischen Universitätsdozentin, misstrauisch und sie beginnt, zusammen mit ihren Assistenten Tristan, zu ermitteln.
Trotz Widerstandes seitens der Behörden finden die beiden heraus, dass bereits seit den späten 80er Jahren wiederholt Leichen im Stausee gefunden worden – ein Serienmörder scheint seit Jahrzehnten unentdeckt zu töten.

Das Buch ist der zweite Teil einer Reihe um Kate, aber Rückblenden und Gedankengänge in die Vergangenheit vermitteln Kates beruflichen und privaten Hintergrund und ich hatte keine Schwierigkeiten, mich auch ohne Kenntnis des ersten Bandes zurecht zu finden.
Das Privatleben der Protagonisten und die Ermittlungsarbeit werden in ausgewogenem Verhältnis geschildert, wobei die Charaktere glaubhaft und authentisch sind und die Nachforschungen durchgehend spannend. Der Schreibstil ist bildhaft und angenehm zu lesen, ausgesprochen nervenaufreibend gelingen Robert Bryndza die dramatischen Textpassagen, in denen Menschen um ihr Leben kämpfen, hier fiebert der Leser atemlos mit. Der Spannungsbogen steigt mit jeder weiteren ermittelten vermissten oder im See gefundenen Person und bleibt bis zum Schluss erhalten, einige falsche Fährten lassen auch den Leser bis zum Ende mit rätseln.
Der Epilog rundet den Krimi mit letzten Einzelheiten zum Fall ab und deutet Kates Zukunftspläne an.

Das Buch hat mich sehr gut unterhalten und ich freue mich auf ein Wiedersehen mit Kate und Tristan im nächsten Band.

Ich vergebe 4,5 Sterne.

Bewertung vom 01.12.2021
Korten, Astrid

Die Täuschung


ausgezeichnet

Perfekt und überzeugend

Beim Illusionisten Victor Adams hat ein Narkosemittel nach einer Zahnwurzelbehandlung starke Auswirkungen, er verirrt sich auf dem Rückweg und trifft auf sonderbare Häuser, die etwas in ihm auslösen. In der Folge treten Albträumen, Halluzinationen, Flashbacks und Erinnerungsaussetzer auf.

Damit nicht genug, verliert der weltbekannte Magier während einer Show seine Assistentin Julia, sie taucht am Ende einer Nummer einfach nicht mehr auf und mehr noch als das Verschwinden selbst beunruhigt Victor, dass er nicht nachvollziehen kann, wie Julia es angestellt hat.

Der Wechsel zwischen Rückblenden in Victors Kindheit und Jugend und den Ereignissen in der Gegenwart lässt den Leser Victors Egozentrik und vollständige Konzentration auf seine Fähigkeiten und deren Perfektion erkennen, die Menschen um ihn spielen nur in Bezug auf seine Illusionen eine Rolle in seinem Leben. Psychologisch sehr gekonnt und glaubhaft entwickelt Astrid Korten die Charaktere bis zuletzt und gibt auch Einblicke in die Welt der Illusionisten, auch das hat mir sehr gefallen. Der Schreibstil ist bildhaft und auf den Punkt, jede Zeile ist von Bedeutung, nichts ist überflüssig, der Spannungsbogen bleibt bis zum Ende erhalten. Die Auflösung ist unerwartet und nicht vorhersehbar und hat mich überrascht.

Der Klappentext verspricht nicht zu viel, ich kann das Buch mit dem schönen, bezaubernden und magischen Cover uneingeschränkt jedem Leser von Psychothrillern empfehlen. Mich hat das Buch bestens unterhalten.

Bewertung vom 19.11.2021
Lankers, Katharina

Nicht ganz dicht


ausgezeichnet

Unterhaltsam und kurzweilig

Dieser sehr unterhaltsame Gedichtband macht schon mit seinem bunten fröhlichen Cover und dem sprichwörtlichen Titel gute Laune. Das Gedicht auf der Rückseite ist eine treffende Einladung zum Buch. Einem gereimten Prolog folgen Gedichte zu den verschiedensten Themen wie „In der Natur“ oder „Rund um die Liebe“, sie eröffnen aber auch fantasievoll ganz neue Sichtweisen auf zum Beispiel Zigaretten oder Regentropfen.

Ob einfacher Reim, Sonett, Ode, Limerick, die Gedichte sind humorvoll, modern, witzig oder auch tiefsinnig, sie sind schräg, mit Pointe, nonsense-Verse, die mich schmunzeln oder lachen lassen oder mich auch zum Nachdenken bringen. Die Gedichte sind ehrlich und auf den Punkt. Sie sind stimmungsvoll und machen Spaß, eine willkommene Ablenkung vom Alltagstrott.

Katharina Lankers ist Mathematikerin und Autorin, sie hat bereits Romane, einen Reisebericht und Kinderbücher veröffentlicht und ihre Texte finden sich auch in verschiedenen Anthologien. Ich freue mich, dass ich diese Schriftstellerin entdeckt habe.

Bewertung vom 18.11.2021
Hjorth, Michael;Rosenfeldt, Hans

Die Früchte, die man erntet / Sebastian Bergman Bd.7


sehr gut

Ein fesselnder Krimi

Ein Heckenschütze tötet scheinbar wahllos Menschen in Karlshamn, es sind weder Motive noch Spuren auszumachen und deshalb rückt die Reichsmordkommission an und nimmt die Ermittlungen auf. Die aus den Vorgängerbänden bekannten Mitglieder der Mordkommission werden kurz eingeführt und der Leser auf den aktuellen Stand gebracht. Nicht nur im echten Leben, auch im Buch sind 3 Jahre vergangen seit dem letzten Fall. Für Vanja ist es der erste große Fall seit sie die Leitung übernommen hat. Ihr Vater Sebastian Bergman arbeitet wieder als Therapeut und unterstützt sie bei der Betreuung ihrer kleinen Tochter Amanda.
Vor allem die Liebe zur Enkelin und auch zu Ursula, die ebenfalls bei der Mordkommission arbeitet, haben Sebastian verändert, er ist nicht mehr das rücksichtslose Ekel der Vergangenheit.

Der Heckenschützenfall ist relativ schnell aufgeklärt und es geht mit den zwei anderen Erzählsträngen weiter, die sich um den Ermittler Billy, der bald Vater wird, und seinen unheilvollen Zwang drehen und um Sebastians unerwartetes Zusammentreffen mit einem Klienten, der auch 2004 den Tsunami in Thailand erlebt hat und wie Sebastian unter einem Trauma leidet. Besonders gut hat mir gefallen, wie Sebastian seinen wiederkehrenden, sich allmählich verändernden Traum analysiert und er dennoch nicht aus seiner Haut kann.

Die zweite Hälfte des Buchs ist noch spannender als die erste und steuert auf einen nervenaufreibenden Höhepunkt zu. Hier fiebert der Leser wirklich mit, geht es doch um die gesamte Reichsmordkommission sowie Vanjas Familie. Zweifellos ist es ein großer Pluspunkt der Reihe, dass der Leser die Entwicklung der Protagonisten und ihre wechselnden Beziehungen zueinander über Jahre mitverfolgen kann. Die Ausarbeitung der Charaktere geht in diesem Band nicht weiter in die Tiefe, außer bei Sebastian vielleicht.

Das Cover zeigt wie die anderen Bände der Reihe Sebastian Bergmans Umriss und hat so einen hohen Wiedererkennungswert. Der Schreibstil der Autoren ist flüssig und gewohnt angenehm zu lesen, die beiden verstehen ihr Handwerk. Kurze Kapitel und verschiedene Perspektiven sorgen für anhaltende Spannung. Und zwei Cliffhanger am Ende des Buchs lassen den Leser eindringlich hoffen, dass der nächste Band nicht wieder jahrelang auf sich warten lässt.

Ich vergebe 4,5 Sterne

Bewertung vom 14.11.2021
Sandberg, Ellen

Das Geheimnis


sehr gut

Unverarbeitete Traumata und ihre Auswirkungen

Ulla steht kurz vor ihrem 60. Geburtstag und hat ihr Leben lang darunter gelitten, dass ihre Mutter Helga sie als Sechsjährige verlassen und den Kontakt völlig abgebrochen hat, als sie neun war.
Ulla beschließt im Corona-Sommer 2020, in dem Häuschen ihrer Mutter am Chiemsee, das sie geerbt hat, Urlaub zu machen und stößt unerwartet auf Kassetten, die Helga 1975 für sie besprochen hat, um sich und ihr Verhalten zu erklären.

Helga erzählt auf den Kassetten von sich ab ihrer Jugend. Nach der Trennung von Mann und Tochter lebt sie als Künstlerin in einer Hippiekommune, malt Bilder, die sich dem Betrachter nicht erschließen und veranstaltet verstörende Performances, von denen es Fotos und Filme gibt.
Sie ist nur mit sich und ihrem Trauma beschäftigt, das sich Ulla nur langsam erschließt. Der Spannungsbogen bleibt erhalten, da Ulla die Kassetten nicht chronologisch hört, sondern so, wie sie sie findet.

Die dritte Protagonistin ist Luise, sie stellt eine Verbindung zwischen 1975 und 2020 dar, da sie Helga kannte. Es bleibt lange unklar, welche Rolle die verbitterte, neidische und auch raffinierte Frau spielt.

Ellen Sandberg hat einen flüssigen, lebendigen Schreibstil, wechselnde Erzählperspektiven und Zeitebenen sorgen für Spannung. Jedem Kapitel ist der Name einer der Protagonistinnen und das Jahr der Handlung vorangestellt. Manche für den Handlungsverlauf eher unwichtige Details sind zu ausführlich beschrieben, was meine Leselust zwischendurch auch mal gedämpft hat. Kritisch möchte ich auch anmerken, dass Ullas aktuelle Lebenssituation mir klischeehaft und nicht wirklich realistisch erscheint.

Die Themen des Romans sind Schuld und die Auswirkung unverarbeiteter Traumata innerhalb einer Familie. Die Autorin lässt Geschichte lebendig werden und das gelingt ihr überzeugend. Die Zeitgeschichte der verschiedenen Jahrzehnte finde ich authentisch wiedergegeben, auch die Charaktere sind psychologisch spannend beschrieben. Alle drei Protagonistinnen kreisen um sich selbst und lassen so keine Nähe zu. Dennoch haben sie und ihre Geschichte mich berührt und auch erschüttert.

Bewertung vom 10.10.2021
Golch, Dinah Marte

Die andere Tochter


sehr gut

Spannende Traumabewältigung in mehr als einer Hinsicht

Antonia, genannt Toni, verliert durch einen Arbeitsunfall fast ihr Augenlicht und kann dank einer Hornhauttransplantation wieder sehen. Ihr Dankesbrief an die Familie der Spenderin wird versehentlich nicht anonymisiert und so kommt es zum persönlichen Treffen. Toni hat eigentlich genug eigene Probleme psychischer und sozialer Art und sieht sich allmählich auch mit denen der Spenderfamilie konfrontiert.
Eine Spirale immer neuer Wendungen, Überraschungen und Entdeckungen entwickelt einen starken Sog, der mich als Leser nicht mehr losgelassen hat, nachdem einige Längen im Mittelteil des Buchs überwunden waren.
Das Cover passt perfekt: Toni deckt ein Puzzleteil nach dem anderen auf und nicht nur die Geheimnisse der Spenderfamilie treten zu Tage, sondern auch die ihrer eigenen Familie.

Geschickt gestaltet, gibt es zwei sich abwechselnde Zeitebenen, die nur sechs Monate auseinander liegen und sich am Schluss vereinen. Die Ereignisse in der Vergangenheit werden von einem personalen Erzähler aus Tonis Perspektive geschildert, während in der Gegenwart Toni die Ich-Erzählerin ist und schon der Auftakt „Ich bin nicht mehr Toni. Ich bin jetzt eine andere.“ erzeugt große Spannung und nimmt den Leser von Beginn an gefangen.
Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, sehr angenehm zu lesen. Dinah Marte Golch ist eine erfolgreiche und preisgekrönte Drehbuchautorin, die ihr Können auch in diesem Roman unter Beweis stellt.
Das Buch behandelt eine Vielzahl von Themen, die alle plausibel zur Erzählung beitragen und mir gut recherchiert erscheinen. Als besonders hilfreich und glaubwürdig empfand ich die Ausführungen von Tonis Therapeuten und auch das Nachwort der Autorin.

Eine Identifikationsfigur gibt es für mich im Roman nicht, aber alle Protagonisten sind authentisch und glaubhaft beschrieben, vor allem Tonis schmerzhafte Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit, ihren Gefühlen und den Träumen ist völlig nachvollziehbar und hat mich sehr berührt.

Ich kann das Buch allen Lesern empfehlen, die sich für Familiengeschichten und -geheimnisse interessieren, für Traumabewältigung und mögliche psychische Folgen von Organtransplantationen.

Bewertung vom 28.09.2021
Freytag, Anne

Reality Show


sehr gut

Sehr spannend und unterhaltsam

Zehn superreiche mächtige Personen werden ausgerechnet an Heiligabend in ihrem Zuhause als Geisel genommen. In einer auf allen Sendern live übertragenen „Reality Show“ werden diese einflussreichen Menschen, die die Politik und das wirtschaftliche Geschehen in Deutschland bestimmen, einzeln zur Rechenschaft gezogen und die Fernsehzuschauer stimmen darüber ab, ob und wie sie bestraft werden sollen.
Das Geschehen spielt in einer nahen Zukunft, die Corona-Pandemie ist vorbei und es hat einen politischen Rechtsruck gegeben.

Das Cover passt hervorragend zum Buch mit der Signalfarbe Orange im schummrigen Dunkel und dem ungehinderten Blick durch eine Fensterfront in ein Zimmer, in dem ein bewaffneter Mann drohend steht.
Das Buch besteht aus vielen Kapiteln, die auf zwei Zeitebenen spielen, die Überschriften machen klar, wer hier wann im Mittelpunkt steht, so dass ich gut den Überblick behalten habe.
Der Schreibstil ist flüssig und angenehm zu lesen.

Durch den ständigen Perspektivwechsel entwickelt die Geschichte eine große Dynamik und es fällt zunehmend schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Der Anfang des Buchs, in dem die Geiseln einzeln vorgestellt werden, zieht sich etwas, aber mit der Vorstellung der jungen Leute, die den Plan nicht nur zur Geiselnahme und der Reality Show, sondern auch zu einem „Systemneustart“ austüfteln und nach jahrelanger Vorbereitung akribisch durchführen, fesselt die spektakuläre Geschichte immer mehr und lässt bis zum Ende nicht mehr los.
Der Roman ist spannend, abwechslungsreich und sehr geschickt angelegt, immer wieder werden zum Beispiel auch die Gedanken und Reaktionen der Fernsehzuschauer eingestreut, was am Ende zu einem runden Schluss beiträgt.

Die jungen Protagonisten werden durch Rückblenden in ihrer Entwicklung glaubhaft dargestellt und durch die jeweilige Ich-Perspektive sieht der Leser die anderen Gruppenmitgliedern aus verschiedenen Blickwinkeln, wodurch die Charaktere sehr nahbar und authentisch erscheinen.

Anne Freytag kann offensichtlich nicht nur Jugendbücher, sondern auch Thriller schreiben und ich empfehle das Buch jedem Leser intelligenter Spannungsliteratur und durchdachter Utopien. Mich hat es bestens unterhalten.