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easymarkt3
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Insgesamt 850 Bewertungen
Bewertung vom 31.07.2024
Verbrannte Gnade / Die Punkrock-Nonne ermittelt Bd.1
Douaihy, Margot

Verbrannte Gnade / Die Punkrock-Nonne ermittelt Bd.1


weniger gut

Als Krimi nicht überzeugend.
Das außergewöhnlich farbenprächtige Cover ähnelt einem Buntglasfenster mit der Hauptfigur eingearbeitet – sehr kreativer Blickfang, inhaltlich passend. Die Szenerie spielt in New Orleans mit tropischem Klima. Die ungewöhnliche Nonne, Schwester Holiday, entspringt der Punkrock-Szene als ehemalige Gitarristin mit Tattoos, lesbisch, Kette rauchend, wie Rückblicke in ihre Vergangenheit verraten. Das Gelände der Saint Sebastian’s, Sitz des Ordens der "Schwestern vom Erhabenen Blut" mit katholischer Klosterschule, vertreten durch drei weitere Ordensschwestern, zwei Hausmeister und zwei Lehrer, bildet das spärliche Romangerüst. Leider entpuppt sich Schwester Holiday nicht als zielstrebige Detektivin neben der Brandermittlerin Magnolia Riveaux und weiteren Ermittlern. Ihre Verdächtigungen und Geheimnisse gegenüber ihren Mitschwestern und Mitmenschen versanden in spannungsloses Dahinplätschern. Auch die finale Aufklärung verläuft teils unrealistisch, wenig mitreißend im Schreibstil. Die Charaktere sind zwar originell bis skurril, der gesamte Plot aber ist ohne raffinierte, kreative Twists und Turns.

Bewertung vom 30.07.2024
Ava liebt noch
Zischke, Vera

Ava liebt noch


sehr gut

Botschaft: Wichtig ist nur, was Menschen von mir denken, die ich mag.
Das Cover zeigt die gemalte Gesichtshälfte einer jungen Frau in interessanter experimenteller Farbgebung. Der Gesichtsausdruck wirkt entspannt, verträumt, leicht lächelnd. Ist sie verliebt hier? Der Roman schildert eindrucksvoll ein Familienleben mit drei Kindern. Die Ehepartner befinden sich in der Lebensmitte, Ralf beruflich erfolgreich, Ava mit 43 Jahren erschöpft, unzufrieden, leer, immer wie auf Autopilot als Mutter funktionierend. In bildhafter, klarer Sprache geht es um Ava als Frau mit ihren eigenen Bedürfnissen in einer Ehe, deren verzerrte Umrisse nur noch schemenhaft zu erkennen sind und Ava sich unverstanden fühlt. Auf zwei Erzählebenen offenbaren im Wechsel Ava und Kieran als Ich-Erzähler ihre Emotionen und Gedanken, ihre familiären Bedürfnisse und gesellschaftlichen Problematiken. Dabei steht die Liebe im Mittelpunkt, zu den Kindern, zum männlichen Geschlecht und zu sich selbst mit all ihrem Verlangen. Über viele Jahre mit vielen Abschieden und großen persönlichen und familiären Veränderungen verfolgt man die Entwicklung einer besonderen Beziehung mit großem Altersunterschied, die nicht den gesellschaftlichen Normen entspricht. Das große Verlangen um Kieran – nicht nur eine Wiederbelebungsmaßnahme für Ava -. aber auch viel Verzweiflung und Schmerz ist empfindsam beschrieben mit glaubhaften, realistisch stilisierten Charakteren.
Ein tiefgründiger Roman über Liebe, die alles erhellt.

Bewertung vom 30.07.2024
Der unendliche Gipfel
Heijmans, Toine

Der unendliche Gipfel


ausgezeichnet

Viel mehr als nur ein Kletterabenteuer!
Der Ich-Erzähler Walter Welzenbach berichtet fesselnd vom Klettern, von seinen Anfängen bis zu seinem letzten Gipfel, auch von seiner tiefen Freundschaft zu Lenny. In diesem Roman-Gerüst verwoben ist Alpin-Geschichte mit Rückblicken auf bedeutende Bergsteiger - Legenden wie Edmund Hillary oder Reinhold Messner. Reflexionen über den Sinn des Lebens, über Gefühle der Einsamkeit trotz großer Leidenschaft zu diesem Alpinsport lassen manchen Leser nachdenklich zurück. Der Schreibstil ist so lebendig, in seinen Details so mitreißend beschreibend und dadurch emotional bewegend. Insgesamt ein spannender Roman mit Gedanken zu unseren unstillbaren Sehnsüchten, Antrieben bis zu innerer Leere.

Bewertung vom 29.07.2024
Glutmoor / Janosch Janssen ermittelt Bd.2
Engels, Lars

Glutmoor / Janosch Janssen ermittelt Bd.2


sehr gut

Spannung pur
Die Szenerie spielt in Grimmbach, in der Rhön mit viel Moor und am Point Alpha, dem Stützpunkt der Amerikaner an der deutsch-deutschen Grenze am 12. August 1983 und 39 Jahre später. Auf zwei Erzählsträngen geht es aktuell um vier Morde an einer Familie, deren Flucht- Vergangenheit in 1983 mit Verwicklungen an dieser ehemals gefährlichen Grenze beleuchtet wird. Außerdem ergibt eine weitere Aufklärung um Vandalismus an einem Kreuz eines ehemaligen DDR-Flüchtenden weitere Spannung mit vielen Verdächtigen, die in komplexer Ermittlungsarbeit realistisch beschrieben wird Das Team um Janosch Janssen, seine Chefin und Schwiegermutter Diana Quester etc. wird mit all seinen Kanten und Eigenheiten inclusive dem jeweiligen Privatleben detailliert und kreativ eingeflochten. Interessant ist der menschliche Einblick in vergangene deutsche Zeitgeschichte entlang der Zonengrenze. Die Einbeziehung der Neo-Nazi-Szene ist dagegen aktueller in der Thematik. Einige Fragen zu verdeckten Mitgliedern der Wicked Vikings und zu einem weiteren finalen Mord sorgen für überraschende Cliffhänger. Der direkte, schnörkellose Schreibstil gefällt. Spannende Lektüre!

Bewertung vom 28.07.2024
Juli, August, September
Grjasnowa, Olga

Juli, August, September


sehr gut

Lou wollte Ordnung in ihre Erinnerungen bringen.
Über drei Monate hinweg an drei verschiedenen Standorten dreier Länder findet die Hauptperson Lou wichtige Informationen zu Vorfahren ihrer jüdischen Familie, alles Russlanddeutsche aus der Sowjetunion. Diese Zeit verhilft ihr zu einem besseren Selbstverständnis. Geht es zunächst im Juli um ihre kleine Familie inclusive Müttern in Berlin, folgt sie im August mit ihrer Mutter und Tochter Rosa einer Einladung zum Familientreffen auf Gran Canaria anlässlich Mayas Jubiläum, dem 90. Geburtstag. Dieser Verwandten reisen extra aus Israel an und Erinnerungen über die Kriegsereignisse und das Überleben der jüdischen Vorfahren in Russland zwischen 1941 und 1945 werden meist als Lügen enttarnt. Nicht nur um der Wahrheitsfindung willen reist Lou alleine weiter nach Israel, begibt sich in Jerusalem, Haifa und Tel-Aviv auf Spurensuche. Im Archiv der Yad-Vashem-Holocaust-Gedenkstätte findet sie viele Wahrheiten, auch endlich Antworten ihrer dortigen missgünstigen Verwandtschaft. Ein Roman mit Tiefgang in ausdruckstarkem Schreibstil:
»Wir geben uns so viel Mühe für eine Religion, obwohl wir nicht an Gott glauben, für eine Vergangenheit, an der kaum etwas gut war, für eine Zukunft, die maximal ungewiss ist, und für eine Identität, die wir selbst nicht mehr verstehen. .«
»Deutschland hat es nicht geschafft, unsere Familien auszurotten, aber die Sowjetunion hat es geschafft, dass sie alles vergessen haben, dass kaum noch etwas übrig geblieben ist.«

Bewertung vom 27.07.2024
Finster
Menger, Ivar Leon

Finster


gut

Das Cover zeigt einen Fahrrad fahrenden Jungen, der im Mondschein in Richtung Wald fährt. Farblich passt das grelle Gelb auf schwarzer Umgebung ebenso gut zum Buchinhalt wie das Gegenständliche. Die ländliche, langweilige Dorfgemeinde im Odenwald ab 1986 mit ihren sehr seltsamen, älteren Einwohnern wird sehr gut beschrieben. Sowohl die genannten Musiktitel als auch die technischen Geräte im Bereich Fotografie versetzen den Leser passend in diese längst vergangene Zeit. In jeweils kurzen Kapiteln kommt nur Oskar als Ich-Erzähler zu Wort im Gegensatz zu weiteren Charaktere inclusive Hans J. Stahl, Kriminalkommissar a. D. als Ermittler. Mit der Einbeziehung einer örtlichen psychiatrischen Klinik lassen sich neben mysteriösen Geheimnissen der Dorfbewohner auch hier einige ermittlerische Sackgassen einbauen. Die amourösen Bande zwischen Hans J. Stahl und der Wirtin Geli kommen etwas unrealistisch rüber aufgrund des Alters beider Helden. Der ruhige Schreibstil und auch die Wortwahl könnten kreativer gewählt werden, um mehr Spannung zu erzeugen.

Bewertung vom 23.07.2024
Tode, die wir sterben / Svea Karhuu & Jon Nordh Bd.1
Voosen, Roman;Danielsson, Kerstin Signe

Tode, die wir sterben / Svea Karhuu & Jon Nordh Bd.1


gut

Eine sehr komplexe Aufklärung vielschichtig verzahnt.
Der frisch verwitwete Kommissar Jon Nordh und die strafversetzte nordschwedische Polizistin Svea Karhuu ermitteln in einem sehr komplexen Fall. Daneben hadern beide mit ihrer ganz persönlichen, auch emotionalen Befindlichkeit, die ausreichend beschrieben wird. Dabei wird der verschiedene Charakter der beiden Hauptfiguren gut beleuchtet neben ihrer diversen Lebenssituation. Das Lokalkolorit in und um Malmö mit kriminellen Stadtteilen wie z.B. Hermodsdal, mit rivalisierenden Gangs, mit Drogenhandel und ihren gewalttätigen Strukturen stellt die Bühne dar für mehrere Morde und Verhaftungen. Umfassend thematisiert werden Armut, Gettoisierung und zunehmende Gewalt auf den Straßen in Stadtvierteln mit Migrationshintergrund. Daneben finden sich aber auch eingestreute Kapitel in Kursivschrift, die die besondere Freundschaft zwischen Shishi und Taqi beschreiben. Die detailreiche Ermittlungsarbeit ist nachvollziehbar, kommt realistisch rüber. Der Schreibstil könnte jedoch etwas straffer geformt werden, um den Spannungseffekt zu verbessern. Nicht alle Stränge und Fäden sind aufgeklärt. Da hilft vielleicht die Fortsetzung.

Bewertung vom 21.07.2024
Die Blütenfreundinnen Bd.1
Martin, Ellen

Die Blütenfreundinnen Bd.1


sehr gut

Eine leichte Sommerlektüre
Das Cover in seiner floralen Gestaltung - mit violett blühendem Heidekraut und ähnlichen Blüten - weist ideal auf den hauptsächlichen Schauplatz des Romans hin: die Lüneburger Heide. Mit vier Frauen in einer zufälligen Zweckgemeinschaft entwickeln sich zunächst samstägliche gemeinsame Kochtreffs, bei denen ihre jeweiligen Probleme mit Partner, Familie, Arbeitsplatz oder beruflicher Selbständigkeit mit eigener Apotheke bzw. als Innenarchitektin offen zur Sprache kommen. Deren unterschiedliche Charaktere werden sympathisch vermittelt in teils humorvollen bzw. direkten Dialogen. Aus wechselnden Perspektiven erzählen diese Frauen in reiferem Alter in kurzen Kapiteln oberflächlich z.B. über ihre Arbeitssituation im Altersheim, über die Wohnverhältnisse mit verheirateter Tochter und Familie im Haus und sehr großem Garten, über Auftrags- und Finanzsituation bei Selbständigen. Als spannender Höhepunkt für dieses Frauenquartett entwickelt sich ein Lottogewinn, der frischen Wind und mehr Lebenslust herbei zaubert. Das Ende kommt zu unerwartet bei einigen offenen Strängen. Der Buchtitel ist nicht optimal gewählt für diese realistisch beschriebene, besondere Freundschaft.

Bewertung vom 21.07.2024
Pi mal Daumen
Bronsky, Alina

Pi mal Daumen


sehr gut

Mathematik schert sich nicht um Fragen der Herkunft, des Alters und des Aussehens – wohl wahr!
Der Romantitel entspricht dem Titel der Schülerzeitschrift der berühmten Kolmogorov Schule, einem Gymnasium mit dem berühmtesten Absolventen wie Daniel Johannsen, dem James Dean der Mathematik. Er nimmt in diesem universitären Ambiente eine sehr negative Rolle ein, während die endlose, tiefe Freundschaft zwischen beiden Außenseitern Monika Kosinsky, 53, und dem hochbegabten Oscar Maria Wilhelm Graf von Ebersdorff, 16, humorvoll in bildlichem Sprachstil präsentiert wird. Das Studienfach MATHEMATIK - mit Erwähnungen von der Taylor-Formel, dem Fixpunktsatz von Banach, der Regel von de L`Hospital oder der Klassifizierung der bereits bekannten sechs vierdimensionalen Politope - steht im Mittelpunkt zusammen mit dem äußerst ungleichen Freunde-Paar Moni und Oscar. Bis zur Verteidigung von Monis Bachelorarbeit im Uni-Hörsaal folgt der Leser dem Sonderling Oscar, dem Ich-Erzähler, wie ihn diese ungewöhnliche Freundschaft zu einem Wir-Gefühl befähigt. Der Plot über zwei Menschen aus zu unterschiedlichen Welten und Generationen wirkt zwar unrealistisch, gefällt jedoch durch die originellen Darstellungen der schillernden, warmherzigen Moni samt Anhang und dem alltagsuntauglichen Oscar mit elitärem Stammbaum.
Ein unterhaltsamer Roman mit entscheidenden, zwischenmenschlichen Wendungen.

Bewertung vom 19.07.2024
Im Unterholz
Strömberg, Sara

Im Unterholz


sehr gut

Mordaufklärung durch eine Journalistin
Das Cover zeigt verzweigtes Wurzelwerk des Waldes, quasi wie die tiefgehende Recherchearbeit der Hauptperson Vera Bergström, farblich größenteils in Schwarz-Weiß-Schattierungen gehalten. Die Kälte in Schwedens nördlichen Wäldern ist hier fast fühlbar. Diese freiberufliche Investigativ-Journalistin, die keine Ermittlerin sondern Aushilfslehrkraft ist nach Schließung ihrer Zeitungszweigstelle. Ihr Leben mit 56 Jahren, mit Wechseljahren in ihrem beschaulichen Alltag und mittlerweile emotional verloren nach gescheiterter Beziehung, versprüht wenig Lebensfreude. Durch einen Mord in der Nähe ihres Wohnortes ergibt sich für sie die unerwartete Chance einer Hintergrundstory für ihre frühere Zeitung, bei deren Recherchen sie tief in die Vergangenheit des Mordopfers, risikoreich aber auch für sie und ihre Mitmenschen, verwickelt wird. Erzählt größenteils aus Veras Perspektive erhält man Einblicke in die dortige Kultur mit Elchjagd, Aktivitäten im Gemeindehaus etc. Über Landschaftsbeschreibungen, den Tourismusboom aus Norwegen mit Auswirkungen nicht nur auf den Immobilienmarkt und über die Wesensart dortiger Einheimischer im Raum Are erhält der Roman Lebendigkeit. Insgesamt wird der komplexe Sachverhalt, in dem das Mordopfer selbst nicht unschuldig ist, gut verständlich und nachvollziehbar realistisch dargestellt. Der ruhige Schreibstil hätte ein paar zusätzliche kreative Twists zwecks Erhöhung der Spannung vertragen.