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meerblick

Bewertungen

Insgesamt 467 Bewertungen
Bewertung vom 17.03.2025
Pelt, Louise

Die Anatomie der Einsamkeit


ausgezeichnet

Vererbte Einsamkeit

Louise Pelt ist eine große Meisterin darin, die Lebensabschnitte ihrer Protagonisten durch die Einführung und den Ausbau verschiedener Handlungsstränge in einem faszinierenden, unerwarteten Finale geschickt miteinander zu verbinden. Einfühlsam und authentisch thematisiert sie in ihrem Roman 'Die Anatomie der Einsamkeit', ob die stete Wahrnehmung des Alleinseins ein Gefühl ist, welches sich über Generationen hinweg vererbt und wie man diesem einengenden, beängstigenden Zustand entfliehen kann.
Während wir von Mathilde tief bewegende Gedichte lesen, die von grenzenloser Traurigkeit der Einsamkeit des Herzens berichten und viele Fragen zur Einordnung in die Fiktion aufwerfen, begegnen wir der ambitionierten, erfolgreichen New Yorker Rechtsanwältin Claire, die ihren ganz privaten Lebenstraum schwinden sieht, ins bodenlose stürzt und schließlich die Nachricht vom Tod ihrer verschwunden geglaubten Zwillingsschwester zum Anlass nimmt, sich eine Auszeit vom Alltag zu nehmen zur Aufarbeitung vergangener Zeiten. Sie ergreift die Flucht in eine ihr unbekannte Welt, setzt sich mit ihr unbekannten Menschen auseinander, die offensichtlich Antworten auf lang gestellte Fragen haben.
Schließlich und endlich lernen wir Olive kennen, die sich als gute Journalistin sieht und ihr Können in ihrer Wahlheimat London unter Beweis stellen möchte, raus aus dem öden Trott billigem Boulevard-Amüsement hin zu seriöser Berichterstattung interessanter und interessierender Geschichten. Das Erbstück ihrer Großmutter scheint ein erfolgversprechender Einstieg in das gewünschte Metier zu sein. Doch auch sie muss sich auf einer Reise der Nachforschungen mit den Dämonen ihrer Vergangenheit ernsthaft auseinandersetzen, um ihrem Leben einen Sinn zu geben.
Die Autorin vermag es ihren Charakteren das pralle Leben einzuhauchen, welches beim Lesen durch Glaubwürdigkeit besticht und somit eine Sogwirkung erzeugt. Dieser Roman mit Tiefgang bietet reichhaltiges Potential für Diskussionen. Die vielfach eingestreuten philosophierenden Wahrheiten über das Leben haben mich begeistert. Mein Fazit zur im Buch gestellten Frage, ob die Einsamkeit im Herzen über Generationen hinweg weitervererbt werden kann, lautet: Ja, es ist möglich. Unterbewusst spiegeln wir Menschen die Last, die auf unserer Seele liegt, die manchmal erkannt und im Gespräch aufgearbeitet werden kann. Allzu oft jedoch bleiben wir mit offenen Fragen zu einem unerkannten Komplex hilflos zurück.
Dieser Roman möchte gelesen werden und bekommt von mir eine Empfehlung. Die Leinenstruktur des Schutzumschlages mit dem farbenfrohen Aquarell ist für sich gestellt schon ein bezaubernder Blickfang.

Bewertung vom 14.03.2025
Strubel, Antje Rávik

Der Einfluss der Fasane (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die Herausforderungen der medialen Verantwortung

Antje Rávik Strubel stellt in ihrem Roman 'Der Einfluss der Fasane' die geradlinige, gestandene Journalistin Hella Karl in den Mittelpunkt des Geschehens. Sie leitet bei einer Berliner Zeitung das Ressort Feuilleton. Als der Tod von Kai Hochwerth publik gemacht wird, ein bekannter Name in der Kulturwelt, gerät sie in den Verdacht durch ihren einst kritischen Artikel über ihn, schuldhaft beteiligt an diesem Selbstmord zu sein. Sie gerät in den Fokus einer öffentlichen und beruflichen Empörungswelle, die ihre Nerven arg strapaziert. Doch Hella ist es gewohnt zu kämpfen und gibt nicht so leicht auf.
Die Autorin vermag es, die dunklen Seiten der kommerziellen Verurteilung einer Person treffend zu thematisieren, den schnelllebigen Wandel allgemein gefasster Meinungen durch gezielte Einflussnahme darzustellen. Sie trifft den Nerv des medialen Zeitgeschehens und zeigt die Schwachstellen des Umgangs von verletzenden Wortschlachten und natürlich resultierend daraus die toxischen Auswirkungen auf die menschliche Psyche.
Eine Leseempfehlung, die ich sehr gern weitergebe

Bewertung vom 14.03.2025
Wieland, Yngra

Der geheimnisvolle Garten und das Wunder der Versöhnung


sehr gut

Wege der Versöhnung

Ynga Wieland schreibt in ihrem Buch 'Der geheimnisvolle Garten und das Wunder der Versöhnung' über die Protagonistin Julia, die ihre Schwierigkeiten in der Kommunikation mit ihrer leiblichen Mutter sieht und seit dem Tod ihrer Großmutter, die einst ihre Vertraute und Ratgeberin war, glaubt sie sich allein gelassen und ist bereit, in ein tiefes seelisches Loch zu fallen. Doch da trifft sie auf die Freundin der Großmutter. Charlotte ist eine Frau, die in sich ruht und durch Selbstdisziplin aber auch durch erklärende Worte Wege zur Versöhnung, in erster Linie jedoch durch Selbsterkenntnis, bereithält. Dabei spielt in einer ganz besonderen spirituellen Weise die Kraft der blühenden Natur eine bedeutende Rolle, die aus uralten Überlieferungen immer wieder aufs Neue im Glauben an die Wirkung Energiequellen findet und diese öffnet.
Unterhaltend und gleichzeitig erklärend, ohne belehrend zu sein, führt uns die Autorin den Spiegel des eigenen Ichs vor Augen und deutet Möglichkeiten an, die aus einer scheinbar unüberwindbaren Einbahnstraße zermürbender Gedanken und Gefühle herausführen kann.

Bewertung vom 14.03.2025
Bauer, Wolfgang Maria

Kaltblut


sehr gut

Raue Bergwelt

Wolfgang Maria Bauer, bekannt aus der Theater- und Fernsehwelt, präsentiert in seinem Debütroman 'Kaltblut' die Gemeinschaft einer rauen Bergwelt, die in ihrer durch hohe schroffe Felswände ein eher abgeschiedenes Leben führt. Man kennt und bewertet sich gern untereinander, drückt den Menschen seinen Stempel auf. Es gibt natürlich auch die dorfbekannte Klatschtante, Meinungsmacher, Rituale, Aberglaube. Ungewöhnliche oder nicht erklärbare Dinge werden in eine Außenseiterposition des alltäglichen Geschehens gedrängt. Das Leben selbst ist herausfordernd in der von extremen Wetterbedingungen bestimmten Landschaft.
Als bei einer nächtlichen Sprengung in einer Berghütte elf Menschen ums Leben kommen, wird zunächst der eigenwillige, aber durchaus sich für die Extreme menschlicher Charaktere zu begeisternde Sprengmeister Stubber verdächtigt. Doch der junge, sehr siegessicher wirkende Staatsanwalt verfolgt die falsche Spur, wie sich nach einer dramatischen Wendung des Geschehens herausstellt.
Der Autor spricht Themen wie abnormes krankheitsbedingtes Verhalten, gestörtes Sozialverhalten und Suizid an, die zum Teil sehr verstörend wirken, die jedoch die Ausweglosigkeit des Ausbrechens aus dem eingefahrenen Kreislauf des Lebens widerspiegeln sollen. Die sehr kurzen Kapitel springen im zeitlichen Verlauf der Handlungsschiene, verlangen ein konzentriertes Lesen und tasten sich Stück für Stück heran an die Darstellung des exzentrischen Gesamtbildes.

Bewertung vom 11.03.2025
Miethig, Martina

Baedeker SMART Reiseführer Kuba


ausgezeichnet

Reiseführer über Kuba, die exotische Insel der Gegensätze smart erläutert

Die ewige Frage ob der Reiseführer digital oder im Printformat vorliegen sollte, stellt sich für mich nicht! Den Baedeker SMART Reiseführer Kuba möchte ich in gedruckter Form in den Händen halten, in ihm blättern. Das Haptische hilft mir dabei, das Gelesene besser zu verarbeiten, mir Wesentliches besser zu merken und schließlich am Ort einzuordnen.
Der Baedeker SMART Reiseführer Kuba zeigt auf, dass diese Insel so viel mehr ist als nur Zigarren, alte amerikanische Oldtimer, Kuba-Krise und Buena Vista Social Club. Ich konnte gut eintauchen in den von der Autorin Martina Miethig geschriebenen Reiseführer, in welchem sie die emotionale, bewegende Welt dieser sonnenverwöhnten Insel vortrefflich beschreibt. Die morbide und doch gleichzeitig immer noch beeindruckende Kolonialarchitektur zieht den Betrachter stets in seinen Bann. Und natürlich - Kuba ist auch Strandurlaub an weißen Stränden mit einem eisgekühlten Cuba libre, Mojito oder Daiquiri. Touristen sollten sich vom Lebensgefühl der Inseleinwohner anstecken lassen, den Rhythmus spüren, um Kuba wirklich zu erleben und die Faszination des Fremdartigen zu genießen. Für Abenteurer hält die Inselmitte, viele schöne, sehenswerte Plätze parat.
Der Baedeker SMART hilft kompetent und unterhaltend, den Urlaub zu einem Erlebnis werden zu lassen.

Bewertung vom 11.03.2025
Gaines, Joanna

Was wir zu erzählen haben


sehr gut

Herausforderungen im Leben

Joanna Gaines schreibt in ihrem Buch 'Was wir zu erzählen haben' über die Herausforderungen in ihrem Leben, die in ihrer frühesten Jugend oft sehr schmerzlich und unerklärbar für sie waren, sich im Laufe der Zeit durch die Praktik des ehrlichen, konzentrierten Niederschreibens in hilfreiche Erkenntnisse wandelten. Heute ist sie eine bekannte Unternehmerin, die in Texas (USA) ein über die Ländergrenzen hinaus erfolgreiches Familienunternehmen, basierend auf der Fernsehserie 'Fixer Upper', gemeinsam mit ihrem Ehemann aufgebaut hat, eine große Familie gründete und schließlich aus ihrem Drang Gedanken zu Papier zu bringen, hilfreich als Ratgeberin unterwegs ist.
Wenn man ihren Zeilen folgt, gelangt man unweigerlich zu der Erkenntnis, dass die Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich ein schmerzhafter, letztendlich in jedem Fall ein erfolgversprechender Weg ist, der mit Zuversicht in die Zukunft blickt und die Vergangenheit milde bewertet, ohne sie zu verklären. Sie verfolgt mit ihrem Tipp aufzuschreiben was einem den ganzen Tag über bewegt, als eine Möglichkeit, um sich selbst aus der Spirale anhaltender Unzufriedenheit zu befreien und positive Motivation für die Gestaltung eines erfolgreichen Alltags zu gewinnen.

Bewertung vom 11.03.2025
Schroeder, Steffen

Der ewige Tanz


sehr gut

Exzessiver Drang nach Befreiung

Anita Berber war anders. Ihr unbändiger Drang sich auszuprobieren, an die Grenzen zu gehen und darüber hinaus, führte sie in die Welt des Künstlerdaseins mit all seinen Herausforderungen, wo der Glanz im Rampenlicht allzu oft von einer verhängnisvollen Schattenseite begleitet wird. Drogen, Alkohol und sexuelles Ausprobieren forderten ihren Tribut. Bereits mit neunundzwanzig Jahren verstarb sie an den Folgen einer Tuberkuloseerkrankung.
Steffen Schröder lässt uns Leser in seinem Roman 'Der ewige Tanz' teilhaben an der wilden, tabulosen Zeit der goldenen Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Die Menschen dürstenden nach immer neuen Sensationen, spektakulären Darbietungen, um sich abzulenken von den entbehrungsreichen Kriegsjahren und den Neuanfang der Weimarer Republik zu spüren. Anita Berber lieferte ab, gab sich ungezwungen und befreit vom engen Korsett bürgerlicher Vorstellungen. Der Autor gestattet uns durch seine bildhafte Sprache tief in das Geschehen einzutauchen, welches als gedankliche Rückblende der Protagonistin selbst dargestellt ist.
Leicht und flüssig fliegt man über die Zeilen. Für Liebhaber jener Zeit ist das Buch eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 09.03.2025
Lohmann, Eva

Wie du mich ansiehst (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Verändertes Lebensgefühl

Johanna ist in den Vierzigern und bemerkt an sich zunehmend äußere Alterserscheinungen, mit denen sie sich nicht arrangieren kann. Sie stellt fest, dass die Blicke der Männerwelt sie nicht mehr erreichen, an ihr vorbeigleiten. Ihr Erscheinungsbild scheint durch eine tiefer werdende Zornesfalte auf der Stirn geprägt zu sein, welche zunehmend als anwachsender Störfaktor von ihr wahrgenommen wird. Ihrer fünfzehnjährigen Tochter gegenüber betont sie in Gesprächen stets, dass die inneren Werte den Menschen prägen und letztendlich zählen. Entgegen dieser geäußerten Meinung unterzieht sie sich Schönheitsbehandlungen, die in der Familie zum heiß diskutierten Thema werden.
Eva Lohmann befasst sich in ihrem Roman 'Wie du mich ansiehst' mit dem Thema altern auf eine sympathische und kluge Art, welche Gefühle und Handlungen es auslösen kann und wie die unmittelbare Umgebung auf Eingriffe, die dem vermeintlichen Schönheitsideal folgen, reagiert. Dabei setzt sie geschickt gegensätzliche Meinungen der Generationen in Szene.
Diese leise erzählte Geschichte wirft Fragen auf, mit denen sich unsere moderne Gesellschaft intensiv beschäftigt, dabei mitunter den Reiz der Erfahrungen zunehmenden Alters außer Acht lässt und oberflächliche Erscheinungsbilder höher bewertet.

Bewertung vom 07.03.2025
Knoll, Jessica

Bright Young Women


ausgezeichnet

Aufbegehren gegen das Wegsehen

Jessica Knoll platziert in ihrem Roman 'Bright Young Women' zwei mutige Frauen in den Mittelpunkt des Geschehens, die gegen vorherrschende gesellschaftliche Regeln aufbegehren und damit nicht nur ihr eigenes Leben in große Gefahr bringen, sondern obendrein durch ihr eigenmächtiges Handeln in den Fokus der Rechtsstaatlichkeit gelangen, welches schließlich mit ausgeprägten patriarchalen Befindlichkeiten kollidiert. Die Geschichte ist fiktional einer wahren Begebenheit nachempfunden, die sich Ende der siebziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts in den USA zugetragen hat. Aus verschiedenen Erzählperspektiven und Zeiträumen nähert sich die Autorin der Festsetzung eines brutal agierenden Serienmörders, ohne seinen Namen zu nennen, um den Opfern ein Denkmal zu setzen, ihnen eine Stimme zu geben.
Pamela, eine der Protagonistinnen, ist in der Lage, den Verdächtigen einer bestialischen Mordserie im Haus einer studentischen Verbindung zu identifizieren. Allerdings gerät ihre Glaubwürdigkeit bei der Polizei in Schieflage durch eine Aussage, die sie versucht zu korrigieren. Die Ermittlungen geraten daraufhin ins Stocken durch Verschweigen von Indizien, weshalb Pamela gemeinsam mit Tina, die vor Jahren ihre Freundin auf ähnliche Weise verlor, auf Verbrecherjagd geht.
Der Roman zeigt sich durch seine Darstellung frauenfeindlicher Verhaltensweisen in Verbindung mit einem kritischen Blick auf Meinungen aus der Bevölkerung zum vorliegenden Fall äußerst gesellschaftskritisch.

Bewertung vom 07.03.2025
Schmitt, Andie G.

Deckung wie ein Boxer


sehr gut

Szenen aus dem Alltag

In seinem Gedichtband 'Deckung wie ein Boxer' nimmt Andie G. Schmitt Szenen aus dem Alltag genauer unter die Lupe. Dabei fängt er den Augenblick gekonnt, rhetorisch geschickt, in einer modernen, klaren, allgemein verständlichen Sprache ein und lässt dabei viel Freiraum zur eigenen Interpretation. Die Vielfalt der angesprochenen Themen laden ein zum Lächeln, präsentieren sich melancholisch, geben Zuversicht, sind unerbittlich ehrlich, gehen auf Entdeckungsreise in vertraute, menschliche Verhaltensmuster und tummeln sich in urbanen Lebensräumen.
Die Lyrik der eingefangenen Momente erwacht in einer Lebendigkeit, die begeistert.